TE Bvwg Beschluss 2019/9/4 W193 2148704-1

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Veröffentlicht am 04.09.2019
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Entscheidungsdatum

04.09.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W193 2148704-1/11E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Michaela RUSSEGGER-REISENBERGER über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch Mag. Georg Bürstmayr, Rechtsanwalt in 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , beschlossen:

A)

Das Verfahren wird gemäß § 28 Abs. 1 und 31 Abs. 1 VwGVG eingestellt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

I.1. Der Beschwerdeführer, Staatsangehöriger Afghanistans, reiste in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 29.01.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.

I.2. Bei der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 29.01.2016 gab der BF an, dass er am XXXX geboren worden sei, der Volksgruppe der Hazara angehöre und schiitischer Moslem sei. Er stamme aus Afghanistan, Provinz Daikundi, XXXX , wo er acht Jahre die Schule besucht und im Lebensmittelbereich gearbeitet habe. Er habe in Afghanistan seine Eltern und sei ledig. Er habe Afghanistan verlassen, weil er als schiitischer Hazara von den Taliban und den DAESH verfolgt werde und nicht weiter zur Schule gehen könne.

I.3. Mit Befund vom 02.03.2016 des Dr. Axel Gebauer, Röntgen am Ring, ergab sich "Schmeling 3, GP 29".

I.4. Mit Vollmacht des Landes Niederösterreich als Kinder- und Jugendhilfeträger vom 22.03.2016, Zl. GS6-K-12862/003-2016, wurde der Verein menschen.leben in 2500 Baden zur Vertretung im asyl- und fremdenrechtlichen Verfahren bestimmt.

I.5. Am 28.09.2016 wurde der BF von dem zur Entscheidung berufenen Organwalter des BFA und in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Dari niederschriftlich einvernommen und gab dabei an, aus Afghanistan, Provinz Daikundi, XXXX , zu stammen, schiitischer Moslem und Hazara zu sein und acht Jahre die Schule im Heimatort besucht zu haben. Er habe auf der Baustelle und im Lebensmittelgeschäft seines Vaters gearbeitet. Sein Vater sei getötet worden, er habe noch eine Mutter, einen Bruder und eine Schwester, diese hielten sich im Iran auf. Zuletzt habe er in der Provinz Herat, XXXX , gelebt und dort Kurse besucht; schließlich sei er über die Stadt Kabul aus nach Europa gelangt. Er habe die Flucht angetreten, weil in seinem Heimatort die Sedaqat das Sagen gehabt hätten und die Schulen geschlossen hätten und Bombenanschläge und Brunnenvergiftungen verursacht hätten. Er sei schließlich nach Herat gegangen, um dort Kurse zu besuchen und sei von dort in den Iran und nach Europa gelangt. Sein Vater sei von den Sedaqat weiterhin bedroht worden, damit er Erträge seiner Grundstücke abliefere. Da der Druck immer größer geworden sei, habe sein Vater nach seiner eigenen Abreise seine Grundstücke veräußert und sei mit der Familie in den Iran gegangen, wo er bei der Behebung seines Geldes aus dem Verkauf der Grundstücke überfallen und erwürgt worden sei. Seine Mutter und Geschwister seien nunmehr im Iran gestrandet.

I.6. Laut Befund des Landesklinikums Wiener Neustadt vom 08.04.2016, AZ: XXXX , wurde mitgeteilt, dass ein (aus einer Bombenexplosion stammender) Metallsplitter unter Lokalanästesie aus dem linken Sprunggelenk entfernt worden ist.

I.7. Mit Bescheid vom XXXX , Zl. XXXX , wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) abgewiesen und ihm der Status des subsidiär Schutzbedürftigen zuerkannt (Spruchpunkt II.).

I.8. Gegen den angeführten Bescheid erhob der BF mit Schreiben vom 20.02.2017 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Infolge beantragte der BF die Behebung des Bescheides hinsichtlich Spruchpunkt I.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl übermittelte dem Bundesverwaltungsgericht die eingebrachte Beschwerde samt dazugehörigen Verwaltungsakten.

I.9. Mit Schreiben seiner Rechtsvertretung vom 23.08.2019, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am selben Tag, zog der BF seine Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des Bescheides vom XXXX zurück.

I.10. Mit Schreiben vom 26.08.2019 wurde den Verfahrensparteien mitgeteilt, dass die für den 16.09.2019 anberaumte mündliche Verhandlung nicht stattfindet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Mit Bescheid vom XXXX , Zl. XXXX , wies die belangte Behörde den Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) ab und erkannte ihm den Status des subsidiär Schutzbedürftigen zu (Spruchpunkt II.).

Gegen diesen Bescheid richtete sich die verfahrensgegenständliche Beschwerde vom 20.02.2017.

Mit Schreiben seiner Rechtsvertretung vom 23.08.2019 zog der BF seine Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des Bescheides vom XXXX zurück.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestritten Inhalt des vorliegenden Verfahrenssaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichts; die Zurückziehung der Beschwerde insb. aus dem Schreiben der Rechtsvertretung des BF vom 23.08.2019.

3. Rechtliche Beurteilung:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte (mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes) ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg cit). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl Nr 51/1991 idF BGBl I Nr 161/2013, mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl Nr 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl Nr 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (vgl. insbesondere § 1 BFA-VG).

§ 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I Nr 87/2012 idF BGBl I Nr 144/2013, bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG 2005 und FPG bleiben unberührt.

§§ 16 Abs. 6 und 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.

Mit 1. Jänner 2006 ist das AsylG 2005 in Kraft getreten, welches auf die ab diesem Zeitpunkt gestellten Anträge auf internationalen Schutz in seiner jeweils geltenden Fassung, sohin auch auf den vorliegenden, anzuwenden ist.

Zu Spruchpunkt A)

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG die Entscheidungen und Anordnungen des Bundesverwaltungsgerichtes durch Beschluss.

In welchen Fällen das Verfahren einzustellen ist, regelt das VwGVG nicht. Dazu stellte der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 29.04.2015, Zl. Fr 2014/20/0047, klar: "Bezogen auf nach dem AVG geführte Berufungsverfahren ist davon auszugehen, dass - auch ohne diesbezügliche ausdrückliche gesetzliche Anordnung - eine Verfahrenseinstellung (ua.) dann vorzunehmen ist, wenn die Berufung rechtswirksam zurückgezogen wurde (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 66 Rz 56, mit Hinweisen auf die hg. Rechtsprechung). Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes hat diese Auffassung auch für das von Verwaltungsgerichten geführte Beschwerdeverfahren Platz zu greifen (vgl. Fuchs in Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren, § 28 VwGVG Anm 5; die Einstellung in Beschlussform im Fall der Zurückziehung der Beschwerde bejahend auch Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte § 28 VwGVG Rz 7, Schmied/Schweiger, Das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten erster Instanz S 112, Grabenwarter/Fister, Verwaltungsverfahrensrecht und Verwaltungsgerichtsbarkeit4 S 232, Hengstschläger/Leeb, AVG, § 13 Rz 42, Hauer, Gerichtsbarkeit des öffentlichen Rechts3 Rz 191) (so auch VwGH 09.06.2016, Zl. Ra 2016/02/0137, Rz 4).

Gemäß § 13 Abs. 7 AVG können Anbringen in jeder Lage des Verfahrens zurückgezogen werden.

Eine Zurückziehung der Beschwerde durch die beschwerdeführende Partei ist in jeder Lage des Verfahrens ab Einbringung der Beschwerde bis zur Erlassung der Entscheidung möglich. Mit der Zurückziehung ist das Rechtsschutzinteresse der beschwerdeführenden Partei weggefallen, womit einer Sachentscheidung die Grundlage entzogen und die Einstellung des betreffenden Verfahrens - in dem von der Zurückziehung betroffenen Umfang - auszusprechen ist (vgl. Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2015, § 7 VwGVG, Rz 20; Eder/Martschin/Schmid,

Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2013, § 7 VwGVG, K 5 ff.).

Die Zurückziehung einer Berufung ist ebenso wie ein Rechtsmittelverzicht eine unwiderrufliche Prozesserklärung, die mit dem Einlangen der betreffenden Erklärung bei der Behörde rechtsverbindlich und damit wirksam wird, und zwar ohne dass es einer formellen Annahmeerklärung der Behörde bedürfte. Ob die Partei im Zeitpunkt, da sie die Zurückziehung der Berufung erklärte, anwaltlich vertreten war oder nicht, spielt keine Rolle (vgl. VwGH 18.11.2008, Zl. 2006/11/0150). Ebengleiches gilt nunmehr im Beschwerdeverfahren.

Die Annahme, eine Partei ziehe die von ihr erhobene Beschwerde zurück, ist nur dann zulässig, wenn die entsprechende Erklärung keinen Zweifel daran offen lässt. Maßgebend ist daher das Vorliegen einer in dieser Richtung eindeutigen Erklärung (vgl. zu Berufungen Hengstschläger/Leeb, AVG, § 63, Rz 75 mit zahlreichen Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).

Durch die im Schreiben der Rechtsvertretung des BF vom 23.08.2019 erfolgte Zurückziehungen der Beschwerde wurde unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass ein rechtliches Interesse des BF an einer Entscheidung über die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des BFA vom XXXX , Zl. XXXX , nicht mehr besteht (vgl. auch VwGH 26.11.2004, Zl. 2003/20/0397). Das Beschwerdeverfahren war daher mit Beschluss einzustellen.

Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl Nr 10/1985 idF BGBl I Nr 122/2013, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Nach Art. 133 Abs. 9 iVm Abs. 4 B-VG ist gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn dieser von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 9 iVm Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da keiner der vorgenannten Fälle vorliegt. Auch sind keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage ersichtlich. Die Rechtslage ist eindeutig, und die vorliegende Entscheidung folgt der zitierten höchstgerichtlichen Judikatur.

Schlagworte

Verfahrenseinstellung, Zurückziehung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W193.2148704.1.00

Zuletzt aktualisiert am

31.01.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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