Entscheidungsdatum
02.10.2019Norm
BFA-VG §22a Abs1Spruch
W 154 2223797-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. KRACHER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Flüchtlingsdienst, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.09.2019, Zahl: 821797910 - 190958648/BMI-BFA_NOE_AST_02, sowie die Anhaltung in Schubhaft seit 19. 09.2019 zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.
II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 76 Abs. 3 FPG wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.
III. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abgewiesen.
IV. Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG i.V.m. § 1 Z. 3 und Z. 4 VwG-AufwErsV hat der Beschwerdeführer dem Bund Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer (BF), ein Staatsangehöriger Afghanistans, brachte nach der illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 09.12.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz ein.
Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.04.2013 bezüglich der Zuerkennung sowohl des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als auch des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 AsylG abgewiesen, wogegen der BF Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) erhob.
Mit Erkenntnis des BVwG vom 21.07.2015, Zl. W187 1435390-1/7E und -2/4E, wurde dem BF der Status eines Asylberechtigten versagt, ihm jedoch letztlich gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt und gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 21.07.2016 erteilt.
Mit Urteil des LG Wr. Neustadt vom 08.08.2017 wurde der BF zu Zahl 41Hv 19/17f, wegen Suchtgifthandels gemäß § 28a Abs. 1, 5. Fall SMG (Verbrechen), und unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften gemäß §§ 27 Abs. 1 Z. 1, 1. und 2. Fall (Vergehen) und 27 Abs. 2 a, 2. Fall (Vergehen) zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 12 Monaten, bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren, rechtskräftig verurteilt.
Aufgrund dieser Verurteilung leitete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) mit Aktenvermerk vom 17.04.2018 von Amts wegen ein Verfahren zur Aberkennung des subsidiären Schutzes ein.
In der Folge wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.05.2018 der dem BF mit Erkenntnis des BVwG vom 21.07.2015, Zahl W187 1435390-1/7E und W187 1435390-2/4E, zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen aberkannt, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung des
BF gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei. Gleichzeitig wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise des BF im Ausmaß von zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt.
Die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 01.04.2019 in allen Spruchpunkten abgewiesen. Die gegen dieses Erkenntnis erhobene Revision wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 22.07.2019, Zl. Ra 2019/01/018-7, zurückgewiesen.
Am 06.08.2019 wurde gegen den BF ein Festnahmeauftrag gemäß § 34 Abs. 3 Z 2 BFA-VG wegen Nichteinhaltung der Ausreiseverpflichtung erlassen.
Am 19.09.2019, um 15:05 Uhr, wurde der BF im Zuge einer Personenkontrolle in einem näher benannten Park in Wiener Neustadt (Schutzzone) von Beamten einer Streife aufgegriffen, auf Grundlage des Festnahmeauftrages vom 06.08.2019 festgenommen und in das Polizeianhaltezentrum Wien, Hernalser Gürtel, überstellt.
Am 19.09.2019 wurde der BF zur möglichen Anordnung der Schubhaft niederschriftlich einvernommen. Dabei gab der BF an, deshalb noch nicht freiwillig ausgereist zu sein, weil er nicht wisse, wohin er in Afghanistan gehen solle, zumal er dort niemanden kenne. Er wolle nicht nach Afghanistan abgeschoben werden, weil er in Afghanistan niemanden habe. Er sei als Kind mit den Eltern nach Griechenland gekommen. Er sei deshalb nicht freiwillig ausgereist, weil er in Österreich bereits acht Jahre verbracht habe, hier in Österreich sei seine Zukunft, er habe die Sprache erlernt, und seine Freundin befände sich hier, er hätte auch nach Frankreich gehen können. Auf die Frage, warum er seit Mai 2019 nicht amtlich gemeldet sei und deshalb für die Behörden nicht greifbar gewesen sei, beantwortete er dahingehend, dass er kein Geld habe. Seit damals habe er immer wieder bei anderen Freunden gelebt. Eine spezifische Ausbildung in Österreich habe er nur vier Monate gemacht, sechs Monate hätte sie gedauert, er habe sie abgebrochen. Seit zehn Monaten arbeite er bei einem näher genannten Onlinemarketing als Supervisor, dabei habe er im Monat zwischen € 250.- und € 300.- verdient. Einen Arbeitsvertrag habe er jedoch nicht. Seinen Lebensunterhalt in Österreich habe er von den Online-Verdiensten bestritten, über Besitztümer verfüge er nicht. Er sei im Besitz einer Bankomatkarte, auf seinem Konto habe er jedoch nur vier Euro, Kreditkarte besitze er nicht. Von der BAWAG habe er noch eine Shoppingskarte. Legal habe er in Österreich im Jahr 2017 am Praterstern in einem Restaurant gearbeitet, danach habe er bei einer Leihfirma und einer Bäckerei gearbeitet (17 Tage). Über Familienmitglieder in Österreich verfüge er nicht, seine Mutter sei im Jahr 2018 verstorben, seine Schwester lebe in Istanbul und sei dort verheiratet. Er habe einen Freund namens Vincent, er sei bei Militär, ein weiterer Freund sei bei der Polizei. Darüber hinaus habe er noch Kontakt zu einer Familie. In Kranken-, Spitals-oder sonstiger medizinischer Behandlung sei er weder in Österreich noch im Herkunftsstaat bzw. anderswo gewesen.
Mit dem oben im Spruch angeführten Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA) wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Dieser Bescheid wurde dem BF am 19.09.2019 persönlich zugestellt.
Die belangte Behörde begründete die Fluchtgefahr mit dem illegalen Aufenthalt des BF in Österreich, dem Verstreichenlassen der Frist zur freiwilligen Ausreise, mit dem Untertauchen des BF und damit, dass der BF bei der niederschriftlichen Einvernahme angegeben habe, nicht aus Österreich ausreisen zu wollen. Ebenso verfüge der BF über keine ausreichenden Mittel für die Bestreitung seines Lebensunterhaltes. Die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung sei erforderlich, da der BF sich aufgrund seines Vorverhaltens als nicht vertrauenswürdig erwiesen habe. Es sei davon auszugehen, dass der BF auf künftighin nicht gewillt sein werde, die Rechtsvorschriften einzuhalten. Aus seiner Wohn-und Familiensituation, aus seiner fehlenden sonstigen Verankerung in Österreich sowie aufgrund seines bisherigen Verhaltens könne geschlossen werden, dass bezüglich der Person des BF ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliege. Darüber hinaus wurde auch das massiv strafrechtlich Verhalten des BF in die Entscheidung einbezogen und auf die Verurteilung des BF vom 08.08.2017 wegen des Verstoßes gegen das SMG zu einer bedingten Haftstrafe von zwölf Monaten hingewiesen, weshalb von der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft auszugehen sei. Aufgrund der finanziellen Situation des BF und der Tatsache, dass aufgrund seines bisherigen Verhaltens ein beträchtliches Risiko des Untertauchens bestehe, wurde die Anordnung gelinderer Mittel versagt.
Gegen den Mandatsbescheid, die Schubhaftanordnung sowie die fortdauernde Anhaltung in Schubhaft erhob der Rechtsvertreter des BF am 26.09.2019 Beschwerde und ging dabei vom Fehlen der Fluchtgefahr aus. Der BF sei in Österreich stark sozial verankert, lebe in einer Beziehung mit seiner langjährigen Freundin und werde auch von deren Familie unterstützt. Der BF gehe einer Beschäftigung im Onlinemarketing für eine näher genannte Firma nach. Der BF verfüge über ausgezeichnete Deutschkenntnisse und jedenfalls auch über finanzielle Mittel bzw. Unterstützung, um seinen Aufenthalt in Österreich zu finanzieren. Der BF habe des Weiteren auch die Möglichkeit, sich behördlich anzumelden. Der BF habe an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitgewirkt und habe keinesfalls die Rückkehr oder Abschiebung umgangen oder behindert. Der BF habe sich auch nicht dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz entzogen. Ganz im Gegenteil habe der BF ständig an dem Verfahren mitgewirkt. Des Weiteren rügt die Beschwerde die Nichtanwendung eines gelinderen Mittels
In der Beschwerde wurde beantragt, den angefochtenen Bescheid zu beheben, die Anordnung der Schubhaft und die bisherige Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig zu erklären und auszusprechen, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung nicht vorlägen. Weiters wurde die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung sowie Kosten- und Barauslagenersatz beantragt.
Am 27.09.2019 legte die belangte Behörde die Verwaltungsakten vor und erstattete am selben Tag eine Stellungnahme. Darin führte sie im Wesentlichen aus:
"Zum Zeithorizont der Schubhaft:
Zusammenfassend wurde der Obgenannte positiv identifiziert.
Die Ausstellung eines EU Laissez-Passer ist jederzeit möglich.
Es wurde bereits eine begleitete Abschiebung geplant und für 15.10.2019 gebucht.
Zum Verfahrensgang:
Zum Aufenthalt der bP ist festzustellen, dass dieser zu einem der Behörde unbekannten Zeitpunkt im Jahre 2012 illegal in das Bundesgebiet eingereist ist.
Am 09.12.2012 stellte der Obgenannte einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher am 23.04.2013 negativ beschieden wurde.
Mit Erkenntnis des BVwG vom 21.07.2015 wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine befristete Aufenhaltsberechtigung erteilt.
Mit Urteil des LG Wr. Neustadt vom 08.08.2017 wurde der Obgenannte wegen Suchtgifthandelt und unerlaubtem Umgang mit Suchtgiften zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten, bedingt, Probezeit 3 Jahre, verurteilt.
Aufgrund der Straffälligkeit waren die Voraussetzungen für die Gewährung des Status des subsidiär Schutzberechtigten neu zu prüfen und es wurde ein Aberkennungsverfahren eingeleitet.
Mit Bescheid des BFA vom 07.05.2018 wurde Ihm der zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt, eine Rückkehrentscheidung wurde erlassen und die Abschiebung nach Afghanistan für zulässig erklärt.
Dagegen wurde Beschwerde erhoben.
Mit Erkenntnis des BVwG vom 01.04.2019 wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Seit Anfang Mai 2019 verfügt der Obgenannten über keinen aufrechten Wohnsitz in Österreich.
Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 24.05.2019 wurde eine Verfahrenshilfe bewilligt.
Am 03.07.2019 wurde von der RA-Kanzlei Faber und Kühteufel eine außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtsfhof eingebracht.
Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 22.07.2019 wurde die Revision zurückgewiesen.
Am 19.09.2019 wurde der Obgenannte aufgrund eines aufrechten FNA, erlassen von der RD N vom 16.08.2019, festgenommen und niederschriftlich einvernommen.
Es wurde zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängt.
Zur Beschwerde:
Die "Fluchtgefahr" ist in Österreich im § 76 Abs. 3 FPG (oben unter Punkt II.2. wiedergegeben) gesetzlich definiert.
Der Genannte ist auch nach Bekanntwerden der Zurückweisung der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof nicht seiner Ausreiseverpflichtung nachgekommen, sondern ist untergetaucht und war seit Anfang Mai 2019 für österr. Behörden nicht mehr greifbar.
Wie bereits im BVwG- Erkenntnis vom 01.04.2019 abgehandelt, ist die Beziehung zu der österreichischen Freundin nicht dergestalt, das von einem Familienleben iSd. Art. 8 EMRK auszugehen wäre.
Er hat mit dieser Frau noch nie im gemeinsamen Haushalt gelebt, wechselseitige Abhängigkeiten liegen nicht vor, geschweige denn eine finanzielle Abhängigkeit.
Bemerkt werden sollte an dieser Stelle auch noch, das der Obgenannte bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 19.09.2019 - sehr wohl nach Anknüpfungspunkten privater und familiärer Natur in Österreich befragt - mit keinem Satz seine angebliche Freundin erwähnte, dafür einen Polizisten, den er kennen würde und eine andere Person, die sich gerade beim Militär befinden würde. In diesem Zusammenhang ist auch anzumerken, dass er auf die Frage, wo er denn seit 14.05.2019, seitdem er keine Meldeadresse hätte, leben würde, ausführte, dass er seither immer wieder bei anderen Freunden gelebt hätte und kann somit auch deshalb nicht von einer besonderes nahen Beziehung zu seiner Freundin und deren Familie ausgegangen werden.
Wohlwissend, dass sein Asylverfahren rechtskräftig negativ abgeschlossen worden ist, tauchte der Obgenannte unter, um für die Behörden nicht greifbar zu sein.
Auf Grund der deutlichen Fluchtgefahr, die sich im bisherigen Verhalten des Beschwerdeführers manifestiert, überwogen die öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung die Interessen des Beschwerdeführers an der Abstandnahme von der Verhängung der Schubhaft und ist diese als Ultima-ratio-Maßnahme notwendig.
Integration:
Dem Obgenannten war seit Juni 2015 subisidär Schutzberechtigter und somit stand ihm die Möglichkeit einer Arbeitsaufnahme in Österreich offen. Die rechtskräftige Aberkennung des subsidiären Schutzes erfolgte mit April 2019.
In diesen 4 Jahren hat der Obgenannte gerade mal 5 1/2 Monate Vollzeit (im Jahre 2017/2019) und 3 Monate als geringfügig beschäftigter Arbeiter im Jahre 2018 gearbeitet.
Die restliche Zeit lebte er von Sozialleistungen des österreichischen Staates.
Im Übrigen ist noch anzuführen, dass der Beschwerdeführer auch zuletzt keiner legalen Erwerbstätigkeit nachging, konnte er doch diesbezüglich ua. keinen Arbeitsvertrag in Vorlage bringen.
Die in der Beschwerde nur rudimentär begründete Behauptung einer nicht erfolgten einzelfallbezogenen Abwägung lässt sich nicht schlüssig nachvollziehen, eine hinreichende finanzielle Sicherheitsleistung ist der bP nicht möglich.
Sofern auch in der Beschwerde moniert wird, dass aufgrund der fallbezogenen Umstände die entsprechenden Schritte zur raschen Ausstellung eines HRZ nicht nachvollziehbar sind, ist festzustellen, dass auch dies einem anderen Verfahren zu Grunde liegt und in keiner Weise mit dem Sicherungsbedarf korreliert.
Wenn auf S 4 gefordert wird, dass die Schubhaft möglichst kurz zu halten ist und eine zeitnahe Abschiebung zu erfolgen hat, muss festgestellt werden, dass am selben Tag, an dem die Schubhaft verhängt wurde, bereits die Ausstellung des HRZ beantragt und der Flug gebucht wurde. Somit ist der schnellstmögliche Termin für eine Abschiebung gewährleistet.
Zur Anordnung der periodischen Meldeverpflichtung ist festzuhalten, dass sich bereits gezeigt hat, dass die mehrmalige Belehrung über die Meldeverpflichtungen, die Mitwirkungspflicht usw. nicht geeignet war, den Obgenannten von einem Untertauchen ohne Meldeadresse abzuhalten.
Nachdem sich nunmehr aufgrund der bevorstehenden Abschiebung ein verdichteter Sicherungsbedarf ergab, vor allem hinsichtlich der oben ausgeführten Gründe, war die Anordnung der Schubhaft unerlässlich."
In der Stellungnahme beantragte die belangte Behörde die Abweisung der Beschwerde sowie den Ausspruch, dass die Voraussetzungen für eine weitere Anhaltung in Schubhaft vorlägen, sowie den Ersatz der Verfahrenskosten.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist somit Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG.
Die Identität des BF steht nicht fest.
Der BF reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 9.12.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Gegen den BF besteht eine durchführbare und durchsetzbare Rückkehrentscheidung.
Der BF kam seiner Ausreiseverpflichtung bis zur Anordnung der Schubhaft nicht nach.
Der BF war bis 13.05.2019 amtlich in Österreich gemeldet, danach lebte er untergetaucht ohne behördliche Meldung im Bundesgebiet.
Der BF ist in Österreich nicht substantiell integriert, er verfügt in Österreich über keine festen familiären, sozialen und beruflichen Bindungen. Er ist nahezu mittellos und ging in Österreich lediglich kurzfristig legalen Beschäftigungen nach, die zudem länger zurückliegend sind.
Der BF weist in Österreich eine strafgerichtliche Verurteilung auf.
Der BF leidet an keiner nennenswerten Krankheit. Er ist hafttauglich.
Der BF befindet sich seit 19.09.2019 in Schubhaft, die im Polizeianhaltezentrum Wien, Hernalser Gürtel, vollzogen wird.
Die Abschiebung des BF ist für 15.10.2019 organisiert.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA sowie den übrigen asyl- und fremdenrechtlichen Verwaltungsakten sowie aus Gerichtsakten betreffend den BF. Diesen wird in der gegenständlichen Beschwerde nicht inhaltlich entgegengetreten.
Dass der BF nicht österreichischer Staatsbürger ist, ergibt sich aus einer IZR Abfrage.
Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität des BF getroffen wurden, beruhen diese auf den vom BFA im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.
Die Feststellungen hinsichtlich der illegalen Einreise des BF, seiner Asylantragsstellung in Österreich sowie in Hinblick auf das Vorliegen einer durchführbaren und durchsetzbaren Rückkehrentscheidung ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA sowie aus Gerichtsakten betreffend den BF.
Die Feststellung hinsichtlich der Nichtbefolgung der Ausreiseverpflichtung durch den BF ergibt sich aus den eigenen Angaben des BF in der niederschriftlichen Einvernahme vom 19.09.2019
Die Feststellungen hinsichtlich der amtlichen Meldungen des BF ergeben sich aus einer Anfrage beim Zentralen Melderegister sowie aus dem GVS - Auszug.
Die Feststellung zur strafgerichtlichen Verurteilung des BF ergibt sich aus dem Auszug aus dem Strafregister.
Die Feststellungen hinsichtlich der fehlenden familiären, sozialen und beruflichen Integration des BF in Österreich ergeben sich zum einen aus den Aussagen des BF in der niederschriftlichen Einvernahme vom 19.09.2019, zum anderen aus den Feststellungen im Erkenntnis des BVwG vom 01.04.2019, wonach die berufliche und soziale Integration des BF in die österreichische Gesellschaft als noch nicht weit fortgeschritten festgestellt wurde. Der BF besuchte - so die Feststellungen im genannten Erkenntnis - zwar einen Deutschkurs auf dem Niveau A2 allerdings ohne ein Prüfungszeugnis zu erwerben. Der BF versuchte wiederholt Arbeit zu finden, arbeitete auch gelegentlich einige Monate als Reinigungskraft, konnte sich jedoch letztlich beruflich nicht etablieren, auch aus dem Grund, dass seine Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter - offensichtlich aufgrund seiner Straffälligkeit - nicht verlängert wurde. Von Selbsterhaltungsfähigkeit war sohin nicht auszugehen. Was die Beschäftigung des BF im Onlinemarketing für das von ihm genannte Unternehmen anbelangt, gab der BF in der niederschriftlichen Befragung am 19.09.2019 an, dass er diese Tätigkeit seit 10 Monaten ausübe. In der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 20.02.2019 erwähnte der BF diese Beschäftigung jedoch nicht. Eine Datenanfrage beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger ergab, dass der BF von 15.01.2019 - 07.05.2019 als arbeitssuchend geführt wurde und danach keine Daten betreffend den BF mehr aufscheinen.
In Hinblick auf die in der Beschwerde erwähnte langjährige Freundin des BF und die zu jener bestehenden Beziehung erkannte bereits das oben erwähnte Erkenntnis des BVwG vom 01.04.2019, dass zwischen dem BF und der genannten Person, mit der der BF auch nicht im gemeinsamen Haushalt lebt, keine derartige Abhängigkeit besteht, dass eine aufenthaltsbeendende Maßnahme einen Eingriff in das Privat- oder Familienleben des BF bedeuten würde, zumal sich der Kontakt auf Besuche insbesondere an den Wochenenden beschränkt und wechselseitige Abhängigkeiten, wie beispielhaft Pflegebedürftigkeit, nicht vorliegen und aus der Beziehung auch keine gemeinsamen Kinder hervorgegangen sind, woran auch die Tatsache, dass der BF von seiner Freundin fallweise finanziell unterstützt wird, nichts zu ändern vermag. Bereits aus diesem Umstand war von der in der Beschwerde angeregten zeugenschaftlichen Einvernahme der Freundin des BF im gegenständlichen Verfahren abzusehen.
Die Haftfähigkeit ergibt sich aus seinem Gesundheitszustand und wurde in der gegenständlichen Beschwerde auch nicht bestritten. Darüber hinaus ist es notorisch, dass im Falle gesundheitlicher Probleme eine engmaschige gesundheitliche Kontrolle im Rahmen der Schubhaft durchgeführt wird. Falls Haftuntauglichkeit eintritt, wäre die BF jedenfalls sofort zu enthaften.
Die Feststellung hinsichtlich der Anhaltung des BF ergibt sich aus der Anhaltedatei.
Die Feststellung hinsichtlich der für 15.10.2019 organisierten Abschiebung des BF ergibt sich aus der Stellungnahme des BFA vom 27.09.2019.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Der mit "Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft" betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, lautet:
"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn
1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,
2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder
3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.
(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.
(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.
(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.
(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig."
Das Bundesverwaltungsgericht ist somit gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.
Zu Spruchteil A)
Zu Spruchpunkt I. (Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft):
3.2. Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:
"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.
(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."
Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).
Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).
Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).
Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann immer nur dann verhältnismäßig sein, wenn mit der Möglichkeit einer Abschiebung auch tatsächlich zu rechnen ist. Ergibt sich, dass diese fremdenpolizeiliche Maßnahme innerhalb der Schubhafthöchstdauer nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden bzw. ist - wenn sich das erst später herausstellt - umgehend zu beenden (VwGH 28.08.2012, 2010/21/0517; 19.04.2012, 2009/21/0047).
3.3. Zur Frage der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides und der Anhaltung in Schubhaft seit 19.09.2019:
Da der BF seit 07.05.2019 nicht mehr amtlich im Bundesgebiet gemeldet war und daher für die Behörde nach Ende des Aberkennungsverfahrens nicht greifbar war, ist von Fluchtgefahr nach § 76 Abs. 3 Z 1 FPG auszugehen.
Darüber hinaus besteht gegen den BF eine durchsetzbare aufenthaltsbeende Maßnahme, weshalb § 76 Abs. 3 Ziffer 3 FPG ebenso als erfüllt anzusehen ist.
Des Weiteren ist die belangte Behörde vom Fehlen einer sozialen Verankerung des BF in Österreich gemäß § 76 Abs. 3 Z 9 FPG ausgegangen. Demgemäß ist der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen. Das Bundesamt kommt dabei zutreffend zum Ergebnis, dass dieser nur gering ausgeprägt ist. Für substanzielle familiäre oder soziale Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet gab es zum Zeitpunkt der Schubhaftanordnung keinen stichhaltigen Hinweis. Die belangte Behörde kam daher zutreffend zu der Auffassung, dass der BF über keine substantiellen Bindungen in Österreich verfügt, auf Grund welcher anzunehmen sein könnte, dass er sich bis zur geplanten Überstellung den Behörden nicht entziehen werde.
Auf Grund dieser Erwägungen besteht im Falle des BF insgesamt Fluchtgefahr in einem die Anordnung der Schubhaft rechtfertigenden Ausmaß.
3.4. Auf Grund der festgestellten Fluchtgefahr konnte auch nicht mit der Anwendung gelinderer Mittel das Auslangen gefunden werden:
Dem Bundesamt ist darin beizupflichten, dass sich im Falle des BF weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen: Für eine effektive finanzielle Sicherheitsleistung reichen in Anbetracht der Umstände des Einzelfalles die finanziellen Mittel nicht aus. Darüber hinaus konnte aufgrund mangelnder Vertrauenswürdigkeit des BF mit der Unterkunftsnahme in bestimmten Räumlichkeiten und der periodischen Meldeverpflichtung zurecht nicht das Auslangen gefunden werden, war der BF bereits seit Mai 2019 nicht mehr amtlich gemeldet und sohin untergetaucht.
Überdies gab es bei Anordnung der Schubhaft keine erkennbaren Hinweise auf eine Haftunfähigkeit des Beschwerdeführers und wurde sie auch im Beschwerdeverfahren nicht behauptet.
Das erkennende Gericht geht auch davon aus, dass die angeordnete Schubhaft aufgrund der oben angeführten strafgerichtlichen Verurteilung des BF das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt.
Aufgrund des Ermittlungsverfahrens lässt sich aus derzeitiger Sicht nicht zuletzt aufgrund der für 15.10.2019 organisierten Abschiebung des BF erkennen, dass eine zügige Außerlandesbringung des BF als wahrscheinlich anzusehen ist.
Aus diesen Gründen ist die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid und die Anhaltung in Schubhaft ab 19.09.2019 abzuweisen.
Zu Spruchpunkt II. (Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft):
Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
Die Voraussetzungen nach § 76 Abs. 3 Z 1,3 und 9 FPG liegen weiterhin vor.
Für die Durchsetzung der Abschiebung ist die Anwesenheit des BF erforderlich. Es ist angesichts seines bisherigen Verhaltens jedoch davon auszugehen, dass er sich dem behördlichen Zugriff durch Untertauchen entziehen würde, sollte sich eine Gelegenheit dazu bieten. Da er zudem über keine feststellbaren (legalen) beruflichen Anknüpfungspunkte (oder substanzielle Geldmittel für einen auch nur mittelfristigen Aufenthalt) im Bundesgebiet verfügt, ist nicht ersichtlich, was den BF im Falle einer Entlassung aus der Schubhaft von einem Untertauchen abhalten sollte.
In Zusammenschau mit den obigen Ausführungen besteht damit aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts kein Zweifel, dass im gegenständlichen Fall eine zur Anordnung einer Schubhaft hinreichende Fluchtgefahr seitens des BF gegeben ist.
Im Falle des BF kann daher auch weiterhin aufgrund seines bereits geschilderten Vorverhaltens mit der Verhängung gelinderer Mittel nicht das Auslangen gefunden werden.
Es liegt somit auch die geforderte "ultima-ratio-Situation" für die Verhängung der Schubhaft vor und erweist sich diese zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch als verhältnismäßig. Von der Möglichkeit einer Abschiebung im Rahmen der gesetzlichen Fristen ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt auszugehen. Hinweise für eine Haftunfähigkeit oder gesundheitliche Probleme des Beschwerdeführers sind im gesamten Verfahren nicht hervorgekommen.
Es ist daher gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG auszusprechen, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung des BF in Schubhaft vorliegen.
Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.
In der Beschwerde finden sich keine substanziellen Hinweise auf einen möglicherweise unvollständig ermittelten entscheidungsrelevanten Sachverhalt. Aus der Aktenlage haben sich zudem keine Zweifel an der Haftfähigkeit ergeben, wobei diesbezügliche Probleme auch in der Beschwerde nicht thematisiert worden sind.
Zu Spruchpunkt III. und IV. (Kostenbegehren):
Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).
Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.
Dem Beschwerdeführer gebührt als unterlegener Partei daher kein Kostenersatz, die belangte Behörde hat als (vollständig) obsiegende Partei Anspruch auf Kostenersatz im beantragten Umfang.
Zu Spruchteil B) (Unzulässigkeit der Revision):
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
Dies ist im gegenständlichen Fall nicht gegeben. Die Revision war daher nicht zuzulassen.
Schlagworte
Fluchtgefahr, Mittellosigkeit, öffentliche Interessen,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W154.2223797.1.00Zuletzt aktualisiert am
31.01.2020