TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/8 G306 2219372-4

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Veröffentlicht am 08.10.2019
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Entscheidungsdatum

08.10.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §76

Spruch

G306 2219372-4/7E

Schriftliche Ausfertigung des am 22.08.2019 mündlich verkündeten Erkenntnis

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dietmar MAURER in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren zur Überprüfung der Anhaltung in Schubhaft des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit: Ghana, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 22.08.2019 zu Recht erkannt:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Feststellungen:

Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF) reiste am 09.12.2016, mittels eines "D-Visums", in das österreichische Bundesgebiet ein. Das Einreisevisum wurde zur Abholung eines Aufenthaltstitels - BF wollte eine Ausbildung machen - erteilt. In Folge bekam der BF verschiedene Visa - "D" und "C" erteilt. Das "D" Visum hatte eine Gültigkeit bis 01.06.2017 und das "C" Visum bis zum 31.08.2017.

Der BF reiste zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt - spätestens am 06.02.2018 - in die Bundesrepublik Deutschland aus und stellte dort am 07.02.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz. Deutschland berief sich auf die Dublin III - VO und teilte Österreich mit, dass beabsichtigt sei, den BF wieder nach Österreich rückzuführen. Das deutsche Bundesamt für Migration und Flüchtlinge teilte mit Schreiben vom 25.09.2018 mit, dass sich die Überstellungfrist bis auf 18 Monate ausweiten könnte, da der BF untergetaucht sei.

Am XXXX.2019 wurde der BF von der deutschen Bundespolizei nach Österreich rücküberstellt. Im Anschluss daran wurde der BF von Organen der österreichischen Bundespolizei festgenommen und aufgrund Anordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) in das Polizeianhaltezentrum Salzburg eingeliefert. Mittels Mandatsbescheid vom XXXX.2019 wurde über den BF die Schubhaft verhängt.

Am 11.02.2019 stellte der BF im Stande der Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid des BFA vom 26.02.2019 wurde der Antrag abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung iVm mit einem Einreiseverbot für eine Dauer von 3 Jahren erlassen. Eine dagegen erhobene Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) wurde mit Erkenntnis vom 06.05.2019, GZ. I409 2216548-1/20E, als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung ist bereits in Rechtskraft erwachsen.

Der BF hatte bei seiner Einreise sowie bei der Erteilung der Visa, seinen ghanaischen Reisepass bei sich. Nunmehr behauptet der BF seinen Reisepass, auf dem Weg nach Deutschland, verloren zu haben. Aufgrund dessen wurde vom BFA bereits am 16.02.2019 das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates (HRZ) eingeleitet. Am XXXX.2019 wurde eine Urgenz an die ghanaische Botschaft in XXXX durchgeführt.

Am 03.06.2019 fand am BVwG die erste amtswegige Überprüfung über die weitere Anhaltung in Schubhaft statt. Mit mündlichem verkündeten Erkenntnis vom 03.06.2019, GZ. G314 2219372-1/17Z, wurde erkannt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

Der BF gab in der mündlichen Verhandlung zur Frage was er denn machen würde, wenn er aus der Schubhaft entlassen würde, folgendes an:

"Jeder Mensch strebt nach Freiheit. Diese Frage ist für mich schwer zu beantworten, aber ich versuche mein Bestes. Ich bin kein Mensch, der jemanden anderen verletzt oder böse Dinge tut. Ich habe noch niemals eine Droge gesehen. Ich kam hierher um zu studieren, aber dann hat sich mein Schicksal geändert. Würde ich jetzt freigelassen, würde ich versuchen, einige Anrufe zu Menschen zu tätigen, die ich in Europa kenne. Aber ich kann Ihnen versichern, ich würde keine schlimme Sache machen. Ich kann Ihnen garantieren, Sie würden nichts Schlechtes von mir hören. Ich habe Psychologie studiert und weiß, wie man mit schwierigen Situationen fertig wird. Ich würde diese schwierigen Situationen bewerkstelligen.

Ich würde gerne zurückkehren, aber ich kann nicht. Und zwar aufgrund meiner sexuellen Orientierung und wegen Boko Haram. Ich würde auf jeden Fall ins Gefängnis gehen."

Am 26.06.2019 fand am BVwG die zweite amtswegige Überprüfung über die weitere Anhaltung in Schubhaft statt. Mit mündlichem verkündeten Erkenntnis vom 26.06.2019, GZ. G314 2219372-2/4Z, wurde erkannt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

Der BF gab in der mündlichen Verhandlung unter anderem folgendes an:

"Es besteht keine Fluchtgefahr, weil ich mich hier nicht auskenne. Ich habe niemanden, zu dem ich gehen könnte. Ich habe hier keine Familie. Ich war vor meiner Verhaftung in Deutschland. Ich bin schon lange genug in Schubhaft; man könnte mir vielleicht eine Fußfessel (elektronisch überwachter Hausarrest) geben. Wenn man mich freilassen würde, würde ich nicht weggehen. Ich habe weder Geld noch eine Versicherung noch einen Platz zum Schlafen. In XXXX werde ich versorgt. Wenn man mich freilassen würde, würde ich möglicherweise in Versuchung geführt werden, Dinge zu tun, die ich nicht tun darf, Z.B.den Verkauf von Drogen; das möchte ich aber auf keinen Fall."

Am 24.07.2019 fand am BVwG die dritte amtswegige Überprüfung über die weitere Anhaltung in Schubhaft statt. Mit mündlichem verkündeten Erkenntnis vom 24.07.2019, GZ. G314 2219372-3/4Z, wurde erkannt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

Der BF gab unter anderem folgendes an:

"Ich habe eigentlich nicht viel zu sagen. Es ist eigentlich dasselbe wie beim letzten Mal. Das Thema der Fluchtgefahr ist weit hergeholt. Ich habe keine Absicht davonzulaufen, weil wenn ich davonlaufen würde, würde man mich wieder an denselben Ort zurückbringen. Vielleicht hat das BFA eine Unterkunft für mich, wo ich wohnen könnte, evtl. mit der Auflage, mich immer wieder bei der Polizei zu melden, mich an- oder abzumelden, eine Nachtruhe anzuordnen oder mich sonst irgendwie zu kontrollieren. Davonzulaufen machtfür mich keinen Sinn."

Nunmehr langte die vierte Verhältnismäßigkeitsüberprüfung beim BVwG ein.

Am 22.08.2019 wurde an der Außenstelle in Graz eine mündliche Verhandlung durchgeführt an der BF, nach Vorführung von Organen der Bundespolizei, persönlich teilnahm. Am Schluss der Verhandlung wurde gegenständliches Erkenntnis mündlich verkündet.

Mit Eingabe vom 23.08.2019 erbat die ARGE Rechtsberatung um Zustellung der Verhandlungsniederschrift und legte gleichzeitig ihre Vollmachtsbekanntgabe vor.

Mit schriftlicher Eingabe vom 05.09.2019, durch die ARGE Rechtsberatung, wurde der Antrag auf schriftliche Ausfertigung des mündlich ergangenen Erkenntnisses gestellt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Vorweg ist folgendes auszuführen:

Das BFA leitete unmittelbar nach der Inschubhaftnahme ein Verfahren zur Erlangung eines HRZ ein. Für die Ausstellung eines HRZ ist die ghanaische Botschaft in XXXX (Schweiz) zuständig. Bereits am 16.05.2019 erging die erste Urgenz. Seitens der Botschaft wurde mitgeteilt, dass zur Identifizierung eine Vorführung vor die ghanaische Delegation notwendig sei. Diese käme einmal pro Jahr. Für den kommenden Sommer würde bereits ein Termin geplant. Am 19.06.2019 erging eine neuerliche Urgenz. Die Abteilung für HRZ teilte mit, dass mit dem ghanaischen Konsul in Kürze ein Delegationstermin festgelegt würde. Am 20.08.2019 erfolgte nochmals eine Urgenz bei der ghanaischen Botschaft in XXXX. Die Botschaft ist zuständig für Rückführungen und Ausstellungen von HRZ für ganz Europa. Sie koordiniert auch sämtlich Termine mit den einzelnen Ländern.

Aufgrund dessen, dass gegenständlich eine Kopie des Reisepasses, samt der darin befindlichen Visa vorliegt, ist laut Auskunft der HRZ Abteilung der ghanaischen Botschaft in XXXX, mit einer hohen Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass ein HRZ auch tatsächlich ausgestellt wird.

Feststellungen:

Festgestellt wird, dass der BF seit XXXX.2019, 09.20 Uhr, durchgängig in Schubhaft angehalten wird, dass er haftfähig ist und keine Umstände hervorgekommen sind, die eine Änderung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts indizieren oder Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des BF in Schubhaft erwecken. Solches wurde vom Fremden auch nicht, etwa in einer Schubhaftbeschwerde, geltend gemacht. Festgestellt wird, dass vor dem BVwG bereits drei Überprüfungen der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG stattgefunden haben. Der BF zeigte sich bisher nicht als vertrauenswürdig. Der BF reiste zwar legal - Visum "D" - am 09.12.2016 in das österreichische Bundesgebiet ein, missachtete jedoch in weitere Folge sämtliche fremdenrechtliche Vorschriften. Die erteilten Visa, D und C hatten Gültigkeit bis 01.06.2017 bzw. 31.08.2017. Der BF bekam diese Visa erteilt um hier im Bundesgebiet einer Ausbildung nachgehen zu können. Laut Angaben des BF besuchte er bis zum Mai 2017 in XXXX, XXXX, eine Schule. Anstatt das Bundesgebiet wieder in Richtung Ghana zu verlassen, begab sich der BF in Folge in die Bundesrepublik Deutschland und stellte dort am 07.02.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz. Deutschland lehnte die Bearbeitung, unter Hinweis auf die Dublin II Verordnung, ab und beantragte eine Rücknahme des BF durch Österreich. Da der BF in Deutschland untertauchte, teilte die Fremdenbehörde Deutschlands mit Schreiben vom 25.09.2018 Österreich mit, dass es mehrere gescheiterte Überstellungsversuche gegeben habe und dass es daher zu einer Verlängerung der Überstellungfirst bis zu 18 Monate kommen kann. Der BF wurde offensichtlich wieder aufgegriffen und am XXXX.2019 nach Österreich rücküberstellt. Der BF wurde in Folge festgenommen bzw. am XXXX.2019 in Schubhaft genommen. Auch hier stellte der BF in Folge, im Stande der Schubhaft, einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser Antrag wurde im Beschwerdeverfahren am 06.05.2019 vom BVwG ebenfalls als unbegründet abgewiesen. Gegen den BF besteht eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung samt 3-jährigem Einreiseverbot.

Der BF hat sich im bisherigen Verfahren überhaupt nicht vertrauenswürdig erwiesen. Der BF missachtete Rechtsvorschriften in Österreich als auch in Deutschland. Der BF begab sich nach Deutschland, stellte dort einen Antrag auf internationalen Schutz und tauchte in Folge unter. Der BF verblieb nach Ablauf seiner Visa im Bundesgebiet ohne die dafür erforderlichen Aufenthaltsberechtigungen zu verfügen. Der BF weißt vom 14.12.2016 - 18.08.2017 eine Hauptwohnsitzmeldung in der XXXX auf. Ab diesem Zeitpunkt gab es keine aufrechte Meldung mehr im Bundesgebiet. Der BF ist nunmehr seit XXXX.2019 mit Hauptwohnsitz in XXXX gemeldet. Der BF hat im Bundesgebiet keinerlei familiäre bzw. soziale Bindungen. Der BF ist mittellos und hat keine Unterkunft. Der BF weigert sich freiwillig nach Ghana auszureisen. Der BF akzeptiert keinerlei staatliche Entscheidungen. Der BF gab in der mündlichen Verhandlung zur zweite Schubhaftüberprüfung selbst an, dass, wenn man ihn freilasse, besser wäre Fußfesseln anzulegen, da er ja nichts habe und dann vielleicht Drogen verkaufen müsste, was er ja nicht wolle. Auch in der nunmehr durchgeführten Verhandlung zur vierten Schubhaftüberprüfung, gab der BF an, nicht nach Ghana zurückkehren zu wollen. Er gab an, hier viele Dinge machen zu können, aber keinesfalls würde er Österreich freiwillig verlassen.

Festgestellt wird auch, dass die Behörde das Verfahren zur Erlangung eines HRZ rechtzeitig und mit Nachdrücklichkeit geführt hat bzw. immer noch führt Ein HRZ liegt aktuell zwar nicht vor, jedoch hat das BFA bisher alles unternommen um eines zu erlangen.

Der BF hatte bei seiner Einreise einen gültigen ghanaischen Reisepass bei sich. Nunmehr hat er diesen plötzlich bei der Reise nach Deutschland, verloren. Dass der BF alles tun wird, um die Ausreise nach Ghana zu verhindern, ist auch daran zu erkennen, dass er seine Anträge auf internationalen Schutz erst 2 bzw 2 1/2 Jahre nach seiner Einreise stellte. Er zuvor versuchte sich illegal in Österreich und Deutschland aufzuhalten. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Weiterführung der Schubhaft sind zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung nach wie vor, gegeben.

Der BF verfügt über keinerlei berufliche, familiäre oder sonstige soziale Bindungen in Österreich, er hat keinen Wohnsitz und ist in keiner Weise selbsterhaltungsfähig. Der BF ist keinesfalls bereit freiwillig nach Ghana zurückzukehren.

Die Behörde zeigt sich entschlossen ein HRZ für den BF zu erlangen, jedoch war es zum Zeitpunkt dieser Entscheidung noch zu keiner Vorführung zu ghanaischen Delegation gekommen, da diese, wie bereits oben erwähnt, nur einmal pro Jahr nach Österreich kommt. Laut Auskunft der ghanaischen Botschaft (HRZ Abteilung) in Bern, wird es in kürze zu einer Bestätigung eines Delegationstermines kommen. Aufgrund seines bisherigen Verhaltens, ist eine Weiterführung der Schubhaft nicht nur verhältnismäßig, sondern auch dringend erforderlich ist.

Beweiswürdigung:

Den Verfahrensgang, die getroffenen Feststellungen und die Haftfähigkeit des BF ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten der Behörde und dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichts.

Aufgrund des bisherigen Verhalten des BF (zuerst legale Einreise, illegaler Verbleib danach, Reise nach Deutschland, Antrag auf Asyl dort, untertauchen in Deutschland um die Abschiebung nach Österreich zu verhindern, Rückübernahme aus Deutschland, hier abermals Antragstellung auf internationalen Schutz, welcher als unbegründet abgewiesen wurde, und bis dato stetige Verweigerung der freiwilligen Ausreise) steht fest, dass der BF nicht in den Herkunftsstaat zurückkehren möchte, bzw. nicht gewillt ist, sich Rechtsordnungen entsprechend zu verhalten. Sein bisheriges Verhalten und seine Lebensweise lassen keine Zweifel daran, dass der BF in Österreich nicht integriert ist und dass er seine Freilassung nur dazu nützen wird, sich seiner Abschiebung zu entziehen und wiederum unterzutauchen.

Die Behörde ist zutreffend von hoher Fluchtgefahr und akutem Sicherungsbedarf hinsichtlich des BF ausgegangen, was die Verhängung der Schubhaft und das Absehen eines gelinderen Mittels rechtfertigte. Die Schubhaft ist im Hinblick auf sein bisheriges Verhalten und unter Berücksichtigung aller Umstände auch verhältnismäßig.

Im Hinblick auf das zielstrebig betriebene Verfahren zur Erlangung eine HRZ, ist begründet zu erwarten, dass dieses zu Erlangen sein wird und die Abschiebung jedenfalls innerhalb der gesetzlichen Anhaltefrist erfolgen wird. Die Behörde hat das Verfahren bislang rechtskonform geführt.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt A. - Fortsetzung der Schubhaft

Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakte so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakte gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

Gemäß § 76 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn 1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder 2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen. Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit. n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird.

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei ist das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig. Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann. Die Verhängung der Schubhaft darf stets nur ultima ratio sein.

Die Behörde hat im Sinne der angewendeten gesetzlichen Bestimmungen zu Recht die Schubhaft wegen Fluchtgefahr angeordnet, weil aus dem vergangenen Verhalten des BF mit Sicherheit geschlossen werden kann, dass der BF seine Abschiebung mit allen Mitteln zu verhindern oder jedenfalls zu behindern beabsichtigt. Die Behörde hat im Hinblick auf das bisherige Verhalten des BF und seine unzureichende Verankerung im Bundesgebiet zu Recht eine hohe Fluchtgefahr und akuten Sicherungsbedarf angenommen. Der BF hat keine berücksichtigungswürdigen Umstände dargetan, wonach die Schonung seiner Freiheit das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung überwiegen würde, die Schubhaft ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände auch verhältnismäßig. Das Verhalten des BF in der Vergangenheit schließt auch die Anordnung gelinderer Mittel aus. Es besteht nicht nur ein grundsätzliches öffentliches Interesse am effizienten Vollzug des Fremdenrechts, sondern besteht auch ein erhebliches öffentliches Interesse, Fremde nach abgeschlossenem negativen Asylverfahren, die sich ohne Rechtsgrundlage in Österreich aufhalten, außer Landes zu bringen. In diesem Sinne hat die Behörde sichergestellt, dass das Abschiebeverfahren zeitnah und zweckmäßig durchgeführt wird. Die Ausstellung eines HRZ wird nachweisbar vorangetrieben.

Die getroffenen Feststellungen und ihre rechtliche Würdigung lassen im Hinblick auf ihre Aktualität und ihres Zukunftsbezuges keine, die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft ändernde Umstände erkennen. Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Zu Spruchpunkt B. (Unzulässigkeit der Revision):

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen.

Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der einschlägigen Erkenntnisse des VwGH vom 19.02.2015, Zl. Ro 2013/21/0075, vom 23.04.2015, Zl. Ro 2014/21/0077, und vom 19.05.2015, Zl. Ro 2014/21/0071, sowie auch der die Schubhaft betreffenden Erkenntnisse des VfGH vom 12.03.2015, G 151/2014 ua., und E 4/2014.

Schlagworte

Fluchtgefahr, Interessenabwägung, öffentliche Interessen, Schubhaft,
Schubhaftbeschwerde, Sicherungsbedarf

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G306.2219372.4.00

Zuletzt aktualisiert am

31.01.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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