TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/29 W137 2178078-1

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Veröffentlicht am 29.10.2019
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Entscheidungsdatum

29.10.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs1
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z1
VwGVG §35

Spruch

W137 2178078-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Peter HAMMER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Algerien, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst GmbH (ARGE Rechtsberatung), gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.10.2017, Zahl: 1124246804/171193360, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die beschwerdeführende Partei dem Bund (Bundesminister für Inneres) Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

III. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.

IV. Der Antrag auf Erstattung der Eingabegebühr wird zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gem. Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

1. Der Beschwerdeführer stellte am 26.07.2016 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt/BFA) hat diesen Antrag gemäß §§ 3 und 8 AsylG abgewiesen und mit einer Rückkehrentscheidung betreffend den Herkunftsstaat Algerien verbunden. Der Bescheid erwuchs am 04.11.2016 in Rechtskraft.

Am 18.05.2017 stellte die algerische Botschaft (nach Identifizierung des Beschwerdeführers) die Ausstellung eines Heimreisezertifikats in Aussicht.

2. Der Beschwerdeführer wurde in Österreich zweimal zu Freiheitsstrafen verurteilt; zuletzt am 09.10.2017 zu 15 Monaten unbedingter Haft. Das errechnete Strafende ist der 23.11.2019, da eine bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe wieder auflebte.

3. Mit dem im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes vom 23.10.2017, Zahl 1124246804/171193360, wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG die Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Ergänzend wurde schon im Spruch angemerkt, dass die Rechtsfolgen dieses Bescheides erst "nach ihrer Entlassung aus der Gerichtshaft" in Kraft treten. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer sei in Österreich mehrfach straffällig geworden, sei nicht kooperativ und habe sich dem Verfahren auch bereits entzogen. Er verfüge weder über soziale Anknüpfungspunkte noch Mittel zur Existenzsicherung in Österreich. Aufgrund seines bisherigen Verhaltens bestehe Fluchtgefahr und sei auch die für die Verhängung der Schubhaft erforderliche Ultima-ratio-Situation gegeben. Aufgrund der langen Bearbeitungszeiten der algerischen Botschaft und der recht kurzfristigen Bekanntgabe einer allfälligen vorzeitigen Entlassung seitens der Justiz könne eine Abschiebung in diesen Fällen mitunter nicht unmittelbar im Anschluss an die Gerichtshaft (also aus dem Stand der Festnahme erfolgen). Hinweise auf ein Fehlen der Haftfähigkeit gebe es nicht.

Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am durch persönliche Übergabe zugestellt.

4. Mit Schreiben vom 28.11.2017 brachte der Beschwerdeführer eine Beschwerde gegen den unter Punkt I.3. angeführten Bescheid vom 23.10.2017 ein. Im Wesentlichen wurde dabei ausgeführt, dass nicht auf eine "Fluchtgefahr im erheblichen Ausmaß geschlossen werden könne". Auch sei kein hinreichendes Verfahren geführt worden, bei dem der Beschwerdeführer anführen hätte können "dass er eine Therapie in Haft anstrebt, um seine Suchtmittelabhängigkeit zu heilen". Das Fehlen beruflicher Integration und finanzieller Mittel seien nach der Judikatur nicht als Schubhaftgründe zu werten. Eine Schubhaft im Anschluss an die Strafhaft sei überdies nicht erforderlich, weil die Abschiebung angesichts der langen Vorlaufzeit entsprechend organisiert werden könnte. Damit erweise sich die Anordnung der Schubhaft als unverhältnismäßig und rechtswidrig. Überdies könnte allenfalls auch mit der Anordnung des gelinderen Mittels das Auslangen gefunden werden.

Beantragt werde a) eine mündliche Verhandlung durchzuführen; b) den bekämpften Bescheid zu beheben und auszusprechen, dass die Anordnung von Schubhaft in rechtswidriger Weise erfolgte; c) der belangten Behörde den Ersatz der Aufwendungen des BF, der Eingabegebühr sowie von Kommissionsgebühren und Barauslagen aufzuerlegen.

5. Am 29.11.2017 wurde der zugehörige Verfahrensakt vom Bundesamt vorgelegt. Eine Nachschau im Zentralen Melderegister am 06.10.2016 ergab eine seit 04.08.2017 aufrechte Meldung des Beschwerdeführers in der JA XXXX . Einem Strafregisterauszug vom selben Tag ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer am 09.10.2017 (RK 09.10.2017) zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten (bei zusätzlichem Widerruf einer früheren bedingten Entlassung und einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe) verurteilt worden ist.

6. Mit Bescheid vom 28.03.2018 Zahl: 1176230401/180001010, wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung bezüglich seines Herkunftsstaates Algerien und verbunden mit einem Einreiseverbot für die Dauer von 6 Jahren erlassen. Diese Entscheidung erwuchs mangels Einbringung eines Rechtsmittels in Rechtskraft.

Aufgrund der Aktenlage wird folgender Sachverhalt der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt:

Der Beschwerdeführer ist algerischer Staatsangehöriger und reiste 2016 erstmalig nach Österreich ein, wo er zweimal in massiver Weise straffällig und aufgrund dessen zu Freiheitsstrafen von insgesamt 31 Monaten verurteilt wurde. Das errechnete Strafende ist der 23.11.2019 - vorbehaltlich einer vorzeitigen/bedingten Entlassung.

Nach der Entlassung aus der ersten Strafhaft (Dezember 2016) war der Beschwerdeführer unbekannten Aufenthalts, kümmerte sich nicht um die Ausstellung eines algerischen Reisedokuments und wurde aufgrund derselben schädlichen Neigung binnen weniger Monate erneut straffällig. Sein Antrag auf internationalen Schutz (vom 26.07.2016) blieb erfolglos und es wurde die Abweisung des Antrags mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung bezogen auf den Herkunftsstaat Algerien verbunden. Dieser Bescheid erwuchs bereits vor der ersten strafrechtlichen Verurteilung in Rechtskraft.

Am 18.05.2017 erfolgte die Identifizierung des Beschwerdeführers durch die algerische Botschaft. Die algerische Botschaft benötigt zur Ausstellung eines Heimreisezertifikats (HRZ) nach Übermittlung einer Flugbuchungsbestätigung mindestens drei Wochen Bearbeitungszeit - dies hat sie dem Bundesamt auch umgehend mitgeteilt. Die Bekanntgabe vorzeitiger Entlassungen seitens der Justiz erfolgt regelmäßig nicht mit einer Vorlaufzeit von mehr als vier Wochen. Nach Vorabinformation über die vorzeitige/bedingte Entlassung wird eine effektive HRZ-Ausstellung (mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit) nicht binnen drei Tagen nach Haftende - und damit noch innerhalb der zulässigen Dauer einer auf die Festnahme gestützten Anhaltung - erfolgen.

Die alleinige Verantwortung/Schuld für das Erfordernis der Ausstellung eines HRZ trägt der Beschwerdeführer. Am 23.10.2017 wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft angeordnet, wobei ausdrücklich ausgesprochen wurde, dass sich deren Rechtsfolgen erst nach Entlassung aus der "Gerichtshaft" eintreten würden. Zum Zeitpunkt der Erlassung dieser Entscheidung war der Beschwerdeführer nicht Asylwerber und ist dies auch gegenwärtig nicht.

Mit Bescheid vom 28.03.2018 wurde betreffend den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen und mit einem Einreiseverbot verbunden; gegen diese wurde kein Rechtsmittel eingebracht. Zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung liegt eine durchsetzbare (rechtskräftige) Rückkehrentscheidung vor.

Der Beschwerdeführer ist in keiner Form vertrauenswürdig. Im gegenständlichen Fall liegt seitens des Beschwerdeführers eine besonders ausgeprägte Fluchtgefahr vor. Das Bundesamt ist mit Recht davon ausgegangen worden, dass er sich im Falle einer Entlassung aus der Strafhaft (ohne unmittelbar anschließende Schubhaft) dem Zugriff der österreichischen Behörden erneut - wie schon im Dezember 2016 - umgehend entziehen würde. Der Beschwerdeführer ist in Österreich nicht einmal ansatzweise integriert und verfügt weder über nennenswerte soziale noch familiäre Anknüpfungspunkte. Er hielt sich in Österreich ausschließlich zum Zweck der Verübung von Straftaten auf (oder musste aufgrund dessen Freiheitsstrafen verbüßen), war nie legal beschäftigt und verfügt weder über eine Unterkunft noch über hinreichende Mittel um seinen Aufenthalt im Bundesgebiet auch nur kurzfristig zu finanzieren. Mit der Anwendung des gelinderen Mittels - in welcher Form auch immer - konnte im gegenständlichen Fall keinesfalls das Auslangen gefunden werden.

Der Beschwerdeführer ist - trotz glaubhaft gemachten Drogenkonsums - grundsätzlich gesund und jedenfalls haftfähig.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Beweiswürdigung:

1.1. Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes zur Zahl Zl. 1124246804/171193360, dem in der gegenständlichen Beschwerde auch nicht inhaltlich entgegengetreten worden ist, sowie den Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichts. Insbesondere wurden in der Beschwerde die Ausführungen des angefochtenen Bescheides zum Asylverfahren des Beschwerdeführers (Erlassung einer rechtskräftigen Rückkehrentscheidung), zu den strafrechtlichen Verurteilungen sowie zum in Aussicht gestellten Heimreisezertifikat ausdrücklich als "Kurzdarstellung des Sachverhalts" wiederholt und insofern bestätigt. Diese erweisen sich damit effektiv als unstrittig, zumal auch der Beschwerde keine diesbezügliche Einschränkung zu entnehmen ist. Tatsächlich basiert auf diesen Umständen auch die gesamte Argumentationslinie der gegenständlichen Beschwerde.

1.2. Die Feststellungen zu den Modalitäten der HRZ-Ausstellung ergeben sich aus der Aktenlage. Es ist nicht Aufgabe des Bundesamtes, Angaben einer diplomatischen Vertretung eines Drittstaates über die eigene Arbeitsweise in Frage zu stellen oder auf ihre Effizienz sowie Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen oder gar zu korrigieren. Auch bedarf es keiner Ausführungen in einem Bescheid, warum eine Botschaft für sich eine (durchschnittliche) Bearbeitungszeit für die HRZ-Feststellung festlegt. Das Wissen über die Zeitspanne der Vorankündigung einer bedingten/vorzeitigen Entlassung seitens der Justiz ist jedenfalls für den bevollmächtigten Vertreter - zunächst bestellt als amtlich zur Seite gestellter Rechtsberater - als notorisch anzusehen.

Um also eine Abschiebung binnen drei Tagen nach Haftentlassung durchführen zu können, müsste das Bundesamt die entsprechende Information mindestens vier (eher fünf) Wochen vorher erhalten, was regelmäßig auszuschließen ist.

Dass ein HRZ ausgestellt werden muss, ergibt sich aus dem Fehlen eines Reisedokuments des Beschwerdeführers. Da er sich auch nach der rechtskräftigen Entscheidung seines Asylverfahrens (unter Ignorierung der damit verbundenen aufenthaltsbeendenden Maßnahme) nie um ein (Ersatz-)Reisedokument gekümmert hat, trifft ihn die alleinige Verantwortung für die nunmehr erforderliche HRZ-Ausstellung.

1.3. Unstrittig ist eine Rückkehrentscheidung (aus dem Asylverfahren) bereits in Rechtskraft erwachsen. Dazu kommt eine weitere Rückkehrentscheidung (samt befristetem Einreiseverbot) mit Bescheid vom 28.03.2018, die dem Beschwerdeführer am 29.03.2018 nachweislich zugestellt worden und in Rechtskraft erwachsen ist.

In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass sich die im gegenständlichen Verfahren vorgelegte Vertretungsvollmacht vom 21.11.2017 - ihrem unmissverständlichen Wortlaut nach - ausschließlich auf das Beschwerdeverfahren im Zusammenhang mit dem Schubhaft-Bescheid vom 23.10.2017 bezieht und keinerlei Hinweis auf eine darüberhinausgehende (generelle) Vertretung enthält.

1.4. Die gänzlich fehlende Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers ergibt sich aus seinem unstrittigen Vorverhalten. Außerhalb von Haftzeiten konnte ausschließlich eine kriminelle Betätigung im Bundesgebiet - bereits unmittelbar nach Einbringung eines Antrags auf internationalen Schutz - festgestellt werden. Auch in der Beschwerde finden sich keine Hinweise auf Aktivitäten des Beschwerdeführers, die zu seiner Vertrauenswürdigkeit beitragen könnten.

1.5. Ebenfalls unstrittig ist die mit einem Effektuierungsaufschub versehene Anordnung der Schubhaft mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 23.10.2017 (Eintritt der Rechtsfolgen erst nach Ende der "Gerichtshaft"). Die damals bestehende Strafhaft dauert nach wie vor an und endet in wenigen Wochen.

1.6. Die ausgeprägte Fluchtgefahr ergibt sich - wie im angefochtenen Bescheid zutreffend argumentiert - zunächst daraus, dass der Beschwerdeführer im Jahr vor der Bescheiderlassung überhaupt nur fünf Monate nicht in Straf- oder Schubhaft angehalten worden ist und sich in dieser Zeit dem Zugriff der Behörden durch Aufenthalt im Verborgenen entzogen hat. Völlig zu Recht ging das Bundesamt somit davon aus, dass der Beschwerdeführer sich im Falle einer Haftentlassung (seitens der Justiz) umgehend - erneut - dem Zugriff der Behörde entziehen würde. Aus der Aktenlage sind keinerlei Hinweise ersichtlich, die für eine Integration des Beschwerdeführers oder substanzielle soziale oder familiäre Anknüpfungspunkte in Österreich sprechen würden - auch in der Beschwerde werden solche nicht einmal behauptet. Die Feststellung zum Aufenthaltszweck des Beschwerdeführers im Bundesgebiet ergibt sich aus seiner Lebensführung seit der Einreise nach Österreich. Eine legale Beschäftigung des Beschwerdeführers, eine bestehende Unterkunft oder nennenswerte finanzielle Mittel wurden vom Beschwerdeführer nie behauptet, wenn nicht sogar ausdrücklich verneint. Aus der dargelegten Fluchtgefahr und der Aussichtslosigkeit alternativer Sicherungsmaßnahmen ergibt sich auch Verhältnismäßigkeit einer allfälligen (aktuell im Übrigen nach wie vor nicht vollzogenen) Schubhaft - im Übrigen findet sich in der Beschwerde kein einziges konkretes Argument für die Anwendung des gelinderen Mittels (sowie auch keine substanzielle Auseinandersetzung mit der "Ultima Ratio"-Argumentation des Bundesamtes).

1.7. Unstrittig ist die Suchtmittelabhängigkeit des Beschwerdeführers bei Bescheiderlassung. Diese bewirkte aber schon damals offenkundig kein Fehlen der grundsätzlichen Haftfähigkeit und wäre auf diese - soweit überhaupt noch vorhanden - im Zusammenhang mit der Eingangsuntersuchung im Polizeianhaltezentrum zu berücksichtigen.

2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: "Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein."

2.2. Der mit "Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft" betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, lautet:

"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig."

Das Bundesverwaltungsgericht ist somit gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.

Zu Spruchteil A)

2.3. Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 in der bei Bescheiderlassung geltenden Fassung, lautet:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen oder Meldeverpflichtungen gemäß §§ 56 oder 71 FPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder 15a AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

2.4. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

3. Zur Frage der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides:

3.1. Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann immer nur dann verhältnismäßig sein, wenn mit dem der Möglichkeit einer Abschiebung auch tatsächlich zu rechnen ist. Ergibt sich, dass diese fremdenpolizeiliche Maßnahme innerhalb der Schubhafthöchstdauer nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden bzw. ist - wenn sich das erst später herausstellt - umgehend zu beenden (VwGH 28.08.2012, 2010/21/0517; vgl. VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).

Die "Fluchtgefahr" ist in Österreich im § 76 Abs. 3 FPG (oben unter Punkt II.2. wiedergegeben) gesetzlich definiert. Mit der Abschiebung in den Herkunftsstaat ist im gegenständlichen Fall auch tatsächlich zu rechnen - der Beschwerdeführer, gegen den bereits (zumindest) eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen worden ist, ist seit rund zwei Jahren nicht mehr Asylwerber, sein Antrag auf internationalen Schutz ist rechtskräftig abgewiesen worden.

Der Beschwerdeführer wurde auch schon von der algerischen Delegation als algerischer Staatsbürger anerkannt; das Verfahren betreffend die Ausstellung eines Heimreisezertifikats hat allerdings eine von Algerien bestimmte - für das Bundesamt nicht beeinflussbare Vorlaufzeit. Dies wurde auch dem angefochtenen Bescheid zu Grunde gelegt. Zu Recht ist das Bundesamt daher davon ausgegangen, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers binnen zumutbarer Zeit - insbesondere zeitnah zum Ende der gerichtlichen Haft zulässig und auch faktisch möglich ist. Von einer zeitnahen Ausstellung eines Heimreisezertifikats konnte zu Recht ausgegangen werden.

3.2. Zum Zeitpunkt der Anordnung der Schubhaft konnte das Bundesamt aufgrund der Sachverhaltslage davon ausgehen, dass eine Schubhaft - falls überhaupt nur für kurze Zeit erforderlich sein wird. Generelle Zweifel an der Möglichkeit des Erhalts eines Heimreisezertifikats werden in der Beschwerde auch nicht ausgeführt. Das Arbeitstempo der algerischen Behörden ist aber seitens Bundesamtes nicht beeinflussbar; gleichzeitig besteht bei einem (zu) früh ausgestellten Heimreisezertifikat - etwa Monate vor Ende einer Strafhaft - die reale Gefahr, dass eine Abschiebung nicht während dessen Gültigkeitsdauer vollzogen werden kann. Es kann in diesem Zusammenhang von der Behörde nicht verlangt werden, Zeitpläne über Handlungen zu erstellen, auf die sie selbst keinen Einfluss ausüben kann.

Die angeordnete Schubhaft (ab Haftentlassung) hat in das Recht auf persönliche Freiheit im Übrigen bisher nie eingegriffen (und wird dies auch noch einige Zeit - bis zur Haftentlassung - nicht tun). Ob es der Behörde in dieser Zeit gelingen wird, eine Abschiebung unmittelbar im Anschluss an die Strafhaft zu organisieren, war weder bei Schubhaftanordnung absehbar, noch ist es das zum gegenwärtigen Zeitpunkt. Diesbezügliche Versäumnisse können allerdings vom Beschwerdeführer jederzeit nach Umsetzung des nunmehr angefochtenen Bescheides (durch Anhaltung in Schubhaft) releviert werden, weil dies völlig unabhängig von der grundsätzlichen Rechtskonformität des Bescheides zu beurteilen ist. Diesbezüglich wird sich das Bundesamt für allfällige Versäumnisse bei der Vorbereitung der Abschiebung zu rechtfertigen haben. Im Übrigen würde die Annahme, eine Schubhaft im Anschluss an eine Strafhaft sei immer unverhältnismäßig (weil in dieser Zeit immer eine Abschiebung im unmittelbaren Anschluss organisiert werden könnte/müsste) und damit rechtswidrig, eine massive und durch nichts zu rechtfertigende Privilegierung von Kriminellen bedeuten. Umso mehr, als die Justiz weitreichende Möglichkeiten der vorzeitigen Beendigung von Strafhaften hat und diese auch im Vorfeld dem Bundesamt nicht kommunizieren muss.

Wie oben (2.4.) ausgeführt, beziehen sich die grundrechtlichen Beschränkungen des Grundrechts auf persönliche Freiheit auf die Anhaltung - also die faktische Freiheitsentziehung. Eine vorsorgliche (bloße) Anordnung einer Freiheitsentziehung - die konzeptuell eine Sicherung für Notfälle darstellt - bedeutet keinen Eingriff in dieses Grundrecht. Die Frage der Verhältnismäßigkeit einer solchen Anhaltung bleibt von deren grundsätzlicher Zulässigkeit ohnehin unberührt.

3.3. Die belangte Behörde begründete die Fluchtgefahr im Wesentlichen mit der Behinderung einer Abschiebung (durch Aufenthalt im Verborgenen) und der wiederholten Begehung von Straftaten sowie dem Fehlen sozialer wie familiärer Anknüpfungspunkte zum Bundesgebiet, einer Unterkunft und der Mittel zur Finanzierung des weiteren Aufenthalts in Österreich. Das Bundesamt stützte sich dabei erkennbar auf die Ziffer 1 des § 76 Abs. 3 FPG und prüfte zudem den Grad sozialer Verankerung in Österreich gemäß § 76 Abs. 3 Z 9 FPG.

Dem Vorliegen dieser Kriterien konnte auch in der Beschwerde nicht substanziell entgegengetreten werden. Hinsichtlich Ziffer 1 konnte deren Bestehen in der Beschwerde nicht widerlegt werden. Dies wurde vielmehr nicht einmal versucht; die Beschwerde beschränkt sich inhaltlich auf die Behauptung einer "Rechtswidrigkeit der Schubhaft nach Strafhaft" und thematisiert darüber hinaus lediglich das gelindere Mittel.

3.4. Die belangte Behörde stützt den angefochtenen Bescheid auch auf § 76 Abs. 3 Z 9 FPG, wonach der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen sind und kommt zutreffend zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer weder eine legale Erwerbstätigkeit ausübte, noch über hinreichende Barmittel oder über einen gesicherten Wohnsitz gebe. Auch seien keine familiären oder substanziellen sozialen Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet feststellbar. Darüber hinaus spreche auch das bisherige Verhalten des Beschwerdeführers massiv für das Vorliegen einer Fluchtgefahr.

Die belangte Behörde kam daher zutreffend zu der Auffassung, dass der Beschwerdeführer über keine Bindungen in Österreich verfügt, auf Grund welcher anzunehmen sein könnte, dass er sich bis zur Erlassung einer (weiteren) Rückkehrentscheidung samt folgender Überstellung den Behörden nicht entziehen werde. Auf Grund dieser Erwägungen ging das Bundesamt zutreffend davon aus, dass im Falle des Beschwerdeführers insgesamt Fluchtgefahr bestand.

3.5. Auf Grund der gegebenen Fluchtgefahr und der übrigen in der Person des Beschwerdeführers gelegenen Umstände konnte auch nicht mit der Anwendung gelinderer Mittel das Auslangen gefunden werden:

Dem Bundesamt ist darin beizupflichten, dass sich im Falle des Beschwerdeführers weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen: Der Beschwerdeführer ist in Österreich in keiner Form familiär oder sozial gebunden, war hier nie beschäftigt und ist (auch nach eigenen Angaben im Verfahrenshilfeantrag) völlig mittellos. Auch in der gegenständlichen Beschwerde wird dem in keiner Form entgegengetreten. Insgesamt überwogen daher - wie im angefochtenen Bescheid richtig dargelegt - die öffentlichen Interessen an der Sicherstellung der Abschiebung die Interessen des Beschwerdeführers an der Abstandnahme von der Anordnung der Schubhaft und ist diese als Ultima-ratio-Maßnahme auch notwendig. Im Übrigen findet sich in der Beschwerde auch keine nachvollziehbare Begründung, warum vor dem Hintergrund des bisherigen Verhaltens des Beschwerdeführers mit dem gelinderen Mittel das Auslangen gefunden hätte werden können und wird den Ausführungen des Bundesamtes auch nicht argumentativ entgegengetreten.

Eine in der Beschwerde angekündigte Entwöhnungstherapie im Zusammenhang mit der Suchtmittelabhängigkeit des Beschwerdeführers müsste in den vergangenen fast zwei Jahren - so der Beschwerdeführer sie ernsthaft absolviert haben - hinreichende Wirkung entfaltet haben um keine dauerhafte Betreuung zu erfordern oder ein substanzielles Indiz für das Fehlen einer Fluchtgefahr darzustellen.

3.6. Aus diesen Gründen ist die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid abzuweisen.

4. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen. In der Beschwerde finden sich auch keine substanziellen Hinweise auf einen möglicherweise unvollständig ermittelten entscheidungsrelevanten Sachverhalt. Vielmehr beschränkt sich diese - abseits von Fragen, die erkennbar auf fehlender Befassung mit der Aktenlage beruhen - auf rechtliche Fragen. Diese bedürfen zu ihrer Erläuterung aber keiner mündlichen Verhandlung.

5. Kostenersatz

5.1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).

5.2. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

Dem Beschwerdeführer gebührt als unterlegener Partei daher kein Kostenersatz. Die belangte Behörde ist auf Grund der Beschwerdeabweisung vollständig obsiegende Partei, weshalb sie Anspruch auf Kostenersatz (im beantragten Umfang) hat.

Der pauschale Kostenersatz gemäß § 35 VwGVG ist im Übrigen schon ganz grundsätzlich einer Verfahrenshilfe nicht zugänglich.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen. Dies ist im gegenständlichen Fall nicht gegeben.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Fluchtgefahr, Kostenersatz, Mittellosigkeit, öffentliche Interessen,
Rückkehrentscheidung, Schubhaft, Sicherungsbedarf, strafrechtliche
Verurteilung, Untertauchen, Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W137.2178078.1.01

Zuletzt aktualisiert am

31.01.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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