TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/5 W117 2218210-8

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Veröffentlicht am 05.11.2019
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Entscheidungsdatum

05.11.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W117 2218210-8/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Druckenthaner als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Marokko, im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft zu Recht erkannt:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge als BF bezeichnet) reiste zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt unrechtmäßig nach Österreich ein und stellte am 10.07.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge als Bundesamt bezeichnet) vom 30.12.2016 vollinhaltlich abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF nicht erteilt. Gleichzeitig wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Marokko zulässig ist. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.

2. Der BF wurde ab 30.12.2016 in Schubhaft angehalten, aus der er am 03.02.2017 entlassen werden musste, da er durch Hungerstreik seine Haftunfähigkeit herbeigeführt hat.

3. Ab 17.05.2017 befand sich der BF neuerlich in Schubhaft. Den Versuch, ihn am 20.06.2017 nach Marokko abzuschieben vereitelte der BF, da auf Grund seines Verhaltens seine Beförderung verweigert wurde. Am 07.07.2017 vereitelte der BF auch den nächsten Versuch ihn abzuschieben. Da er dabei eine strafbare Handlung beging, wurde er nach den Bestimmungen der Strafprozessordnung festgenommen und befand sich anschließend bis 07.01.2019 in Strafhaft.

4. Während seiner Anhaltung in Strafhaft stellte der BF am 24.07.2018 einen Asylfolgeantrag, der mit in Rechtskraft erwachsenem Bescheid des Bundesamtes vom 02.10.2018 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde.

5. Mit Bescheid vom 03.12.2018 erteilte das Bundesamt dem BF keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Marokko zulässig sei. Gleichzeitig wurde gegen ihn ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.04.2019 abgewiesen.

6. Noch während der BF in Strafhaft angehalten wurde, bereitete das Bundesamt die Abschiebung des BF für den 09.01.2019 vor. Da von der marokkanischen Vertretungsbehörde jedoch nicht rechtzeitig ein Heimreisezertifikat ausgestellt wurde, stornierte das Bundesamt den Abschiebetermin.

7. Mit Bescheid vom 03.01.2019 ordnete das Bundesamt gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung über den BF an. Dieser Bescheid wurde nach der Entlassung des BF aus der Strafhaft am 07.01.2019 in Vollzug gesetzt, der BF wird seither in Schubhaft angehalten.

8. Das Bundesamt bereitete die Abschiebung des BF für den 31.01.2019 vor, die marokkanische Vertretungsbehörde verweigerte jedoch die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den BF.

9. Das Bundesamt urgierte am 12.02.2019, 09.04.2019 und 10.04.2019 die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den BF bei der marokkanischen Vertretungsbehörde.

10. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 07.05.2019 wurde festgestellt, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung des BF in Schubhaft vorliegen.

11. Am 08.06.2019 scheiterte der Versuch, den BF auf dem Luftweg nach Marokko abzuschieben, da der Pilot auf Grund des Verhaltens des BF - "lautstarkes Schreien" - dessen Beförderung verweigerte. Ein Heimreisezertifikat für diesen Abschiebetermin wurde von der marokkanischen Vertretungsbehörde ausgestellt.

12. Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.06.2019 und 02.07.2019 wurde festgestellt, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung des BF in Schubhaft vorliegen.

13. Am 03.07.2019 wurde dem BF mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, ihn am 15.07.2019 nach Marokko abzuschieben. Die Unterschrift zur Bestätigung der Übernahme dieser Information wurde vom BF verweigert. Ein Heimreisezertifikat für diesen Abschiebetermin konnte nicht erlangt werden, da ein solches mindestens vier Wochen vor dem beabsichtigten Termin zu beantragen ist. Der BF behauptete am 15.07.2019 eine Rasierklinge verschluckt zu haben, da er nicht abgeschoben werden wolle. Bei einer anschließenden Untersuchung in einem Krankenhaus konnten keine Verletzungen festgestellt werden.

14. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.07.2019 wurde festgestellt, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung des BF in Schubhaft vorliegen. Die Unterschrift zur Bestätigung der Übernahme dieses Erkenntnisses wurde vom BF verweigert.

15. Am 19.08.2019 legte das Bundesamt den gegenständlichen Akt gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG vor und teilte mit, dass auf Grund der Vielzahl an abgebrochenen Abschiebeversuchen eine "Sonderrückführung" des BF vorbereitet werde. Da im Monat August kein Heimreisezertifikat von der marokkanischen Vertretungsbehörde ausgestellt werde und diese nach erfolgter Flugbuchung weitere vier Wochen für die Ausstellung eines Heimreisezertifikates benötige, werde ein weiterer Versuch für die Außerlandesbringung des BF für den 07.10.2019 oder den 21.10.2019 vorbereitet. Dabei sei vorgesehen, auch zusätzliche Sitzreihen im Flugzeug anzukaufen. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26.08.2019 wurde festgestellt, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung des BF in Schubhaft vorliegen.

16. Am 29.08.2019 langte die Buchungsbestätigung für die Abschiebung des BF auf dem Luftweg am 21.10.2019 beim Bundesamt ein, die Flugdaten wurden am 04.09.2019 zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates an die marokkanische Vertretungsbehörde übermittelt.

17. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.09.2019 wurde festgestellt, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung des BF in Schubhaft vorliegen.

18. Am 03.10.2019 erließ das Bundesamt einen Abschiebeauftrag und informierte den BF von der bevorstehenden Abschiebung. Die Unterschrift zur Bestätigung der Übernahme dieses Schreibens wurde vom BF verweigert.

19. Am 07.10.2019 legte das Bundesamt gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG den gegenständlichen Akt unter Hinweis auf den für 21.10.2019 festgelegten Abschiebetermin vor.

20. Das Bundesverwaltungsgericht sprach mit Erkenntnis, Zahl: W250 2218210-7/7E, vom 14.10.2019 die Zulässigkeit der weiteren Anhaltung aus und begründete seine Entscheidung folgendermaßen:

"1. Feststellungen:

1. Zum Verfahrensgang (I.1. - I.20.)

Der unter Punkt I.1. bis I.29. geschilderte Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.

2. Zur Person des BF und zu den Voraussetzungen der Schubhaft

2.1. Der BF hat keine Dokumente vorgelegt, die seine Identität bescheinigen. Er wurde von der marokkanischen Vertretungsbehörde als marokkanischer Staatsangehöriger identifiziert. Die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Der BF ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

2.2. Der BF wird seit 07.01.2019 in Schubhaft angehalten.

2.3. Der BF ist haftfähig. Es liegen keine die Haftfähigkeit ausschließenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen beim BF vor.

2.4. Der BF wurde bereits von 30.12.2016 bis 03.02.2017 sowie von 17.05.2017 bis 07.07.2017 in Schubhaft angehalten.

3. Zum Sicherungsbedarf und zur Fluchtgefahr

3.1. Der BF hat seine Abschiebung am 20.06.2017, am 07.07.2017 und am 08.06.2019 jeweils dadurch vereitelt, dass sein Verhalten zur Verweigerung seiner Beförderung geführt hat.

3.2. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 30.12.2016 wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung getroffen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Marokko zulässig ist. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen. Der BF stellte am 24.07.2018 einen Asylfolgeantrag, zu diesem Zeitpunkt lag eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor.

3.3. Der BF musste am 03.02.2017 aus der Schubhaft entlassen werden, da er durch Hungerstreik seine Haftunfähigkeit herbeigeführt hat.

3.4. Um seine Abschiebung zu vereiteln beging der BF am 07.07.2017 gerichtliche strafbare Handlungen.

3.5. Am 15.07.2019 behauptete der BF eine Rasierklinge verschluckt zu haben, nachdem ihm am 03.07.2019 seine Abschiebung für den 15.07.2019 angekündigt worden war.

3.6. Der BF verfügt in Österreich über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz, keine Familienangehörigen und über kein soziales Netz. Er geht in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und verfügt über keine eigenen finanziellen Mittel zur Existenzsicherung.

4. Zur Verhältnismäßigkeit der Schubhaft

4.1. Der BF weist nachstehende Verurteilungen in Österreich auf:

4.1.1. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 19.09.2016 wurde der BF wegen Vergehen nach dem Suchtmittelgesetz und des Vergehens des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach den §§ 27 Abs. 1 Z. 1 erster Fall, 27 Abs. 1 Z. 1 zweiter Fall und 27 Abs. 2a Suchtmittelgesetz und §§ 15, 269 Abs. 1 erster Fall Strafgesetzbuch zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten, die unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde, verurteilt. Die letzte dieser Verurteilung zu Grunde liegende Tat hat der BF am 23.08.2016 begangen.

4.1.2. Mit rechtskräftigem Urteil eines Landesgerichtes vom 14.03.2017 wurde der BF wegen der Vergehen des versuchten Diebstahls und Vergehen nach dem Suchtmittelgesetz nach den §§ 15, 127 Strafgesetzbuch, §§ 27 Abs. 1 Z. 1 erster Fall, 27 Abs. 1 Z. 1 zweiter Fall und 27 Abs. 2 Suchtmittelgesetz, §§ 27 Abs. 1 Z. 1 erster Fall, 27 Abs. 1 Z. 1 zweiter Fall, 27 Abs. 1 Z. 1 achter Fall, 27 Abs. 2a Suchtmittelgesetz zu einer Freiheitsstrafe von 5 Monaten verurteilt. Die letzte dieser Verurteilung zu Grunde liegende Tat hat der BF am 07.02.2017 begangen.

4.1.3. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 09.08.2017 wurde der BF wegen des Vergehens des Widerstandes gegen die Staatsgewalt und wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach den §§ 269 Abs. 1, 15, 83 Abs. 1 und 84 Abs. 2 Strafgesetzbeuch zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten verurteilt. Die dieser Verurteilung zu Grunde liegenden Straftaten hat der BF bei der Vereitelung seines Abschiebeversuches am 07.07.2018 begangen.

4.1.4. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 24.01.2018 wurde der BF wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 Strafgesetzbuch zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt. Die dieser Verurteilung zu Grunde liegende Tat hat der BF während seiner Anhaltung in Strafhaft begangen.

4.2. Die Abschiebung des BF ist für den 21.10.2019 vorbereitet, dieser Termin wurde dem BF am 03.10.2019 bekannt gegeben. Die Unterschrift zur Bestätigung der Übernahme des diesbezüglichen Schreibens wurde vom BF verweigert. Die marokkanische Vertretungsbehörde hat schon mehrmals ein Heimreisezertifikat für den BF ausgestellt, weshalb mit der rechtzeitigen Erlangung eines Heimreisezertifikates gerechnet werden kann.

4.3. Eine Änderung der Umstände für die Verhängung der Schubhaft seit 07.01.2019 und seit der Feststellung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.09.2019, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft weiterhin vorliegen, hat sich im Verfahren nicht ergeben.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungs- und Gerichtsakt, in die Akte des Bundesverwaltungsgerichtes das Schubhaftverfahren des BF betreffend, sowie in die Akte des Bundesverwaltungsgerichtes die Asylverfahren des BF betreffend, in das Grundversorgungs-Informationssystem, in das Strafregister, in das Zentrale Fremdenregister sowie in die Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres.

1. Zum Verfahrensgang, zur Person des BF und den Voraussetzungen der Schubhaft

1.1. Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes, dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes, den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes das Schubhaftverfahren des BF betreffend, sowie aus den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes die Asylverfahren des BF betreffend.

1.2. Die Feststellungen zur Identität des BF beruhen auf dem Inhalt des Verwaltungsaktes. Daraus ergibt sich, dass der BF keine Dokumente vorgelegt hat, die seine Identität bescheinigen. Anhaltspunkte dafür, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt sind im Verfahren nicht hervorgekommen, ebensowenig besteht ein Zweifel an der Volljährigkeit des BF. Die Anträge des BF auf internationalen Schutz wurden rechtskräftig ab- bzw. zurückgewiesen. Der BF ist daher weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter. Dass er marokkanischer Staatsangehöriger ist, ergibt sich aus der Zustimmung der marokkanischen Vertretungsbehörde für den BF ein Heimreisezertifikat auszustellen sowie aus den bisher für ihn ausgestellten Heimreisezertifikaten.

1.3. Dass der BF seit 07.01.2019 in Schubhaft angehalten wird, ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes sowie aus der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres.

1.4. Es haben sich keine Anhaltspunkte ergeben, wonach beim BF eine Haftunfähigkeit vorliegen würde. Eine Haftunfähigkeit wurde vom BF nicht behauptet. Auch in sämtlichen Einvernahmen gab der BF an, gesund zu sein. Auch aus der Anhaltedatei ergeben sich keine Hinweise auf Arztbesuche des BF. Vermerkt sind lediglich Ausführungen in ein Krankenhaus, nachdem der BF am 15.07.2019 behauptet hatte, eine Rasierklinge verschluckt zu haben. Hinweise auf tatsächliche Verletzungen des BF finden sich im Verwaltungsakt ebenso wenig wie in der Anhaltedatei.

1.5. Dass der BF bereits von 30.12.2016 bis 03.02.2017 sowie von 17.05.2017 bis 07.07.2017 in Schubhaft angehalten wurde, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt sowie aus der Anhaltedatei.

2. Zum Sicherungsbedarf und zur Fluchtgefahr

2.1. Dass der BF seine Abschiebung am 20.06.2017, am 07.07.2017 und am 08.06.2019 vereitelt hat, ergibt sich aus den im Akt des Bundesamtes einliegenden jeweiligen Berichten der Landespolizeidirektion über den Verlauf der Abschiebeversuche.

2.2. Die Feststellungen zur mit Bescheid des Bundesamtes vom 30.12.2016 erlassenen aufenthaltsbeendenden Maßnahme gründen auf den Eintragungen im Zentralen Fremdenregister.

2.3. Dass der BF am 03.02.2017 wegen Haftunfähigkeit auf Grund eines Hungerstreikes aus der Schubhaft entlassen werden musste, ergibt sich aus den diesbezüglichen Eintragungen im Zentralen Fremdenregister.

2.4. Die Feststellungen zu den vom BF am 07.07.2017 im Zuge des Abschiebeversuches begangenen gerichtlich strafbaren Handlungen ergeben sich aus dem im Verwaltungsakt einliegenden Urteil eines Landesgerichtes vom 09.08.2017.

2.5. Die Feststellungen zu der Behauptung des BF er habe am 15.07.2019 eine Rasierklinge verschluckt, beruhen auf der diesbezüglichen Meldung einer Landespolizeidirektion vom 15.07.2019.

2.6. Die Feststellungen zu der mangelnden sozialen und beruflichen Verankerung des BF im Inland beruhen auf dem Inhalt des Verwaltungsaktes.

3. Zur Verhältnismäßigkeit der Schubhaft

3.1. Die Feststellungen zu seinen strafgerichtlichen Verurteilungen gründen sich auf die Einsichtnahme in das Strafregister.

3.3. Aus der im Verwaltungsakt einliegenden Buchungsbestätigung ergibt sich, dass die Abschiebung des BF für den 21.10.2019 vorbereitet ist. Dieser Termin wurde entsprechend einer im Verwaltungsakt einliegenden internen Mitteilung der Behörde am 04.09.2019 der marokkanischen Vertretungsbehörde bekannt gegeben. Da sich aus dem Zentralen Fremdenregister ergibt, dass die marokkanische Vertretungsbehörde der Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den BF zugestimmt hat und sich im Akt des Bundesamtes Kopien der bisher bereits für den BF ausgestellten Heimreisezertifikate befinden, konnte die Feststellung getroffen werden, dass mit der rechtzeitigen Erlangung eines Heimreisezertifikates gerechnet werden kann. Dass dem BF der Abschiebetermin am 03.10.2019 bekannt gegeben wurde und er die Unterschrift zur Bestätigung der Übernahme des diesbezüglichen Schreibens verweigert hat, ergibt sich aus dem im Verwaltungsakt einliegenden Informationsschreiben vom 03.10.2019.

3.4. Eine Änderung der Umstände für die Verhängung der Schubhaft seit 07.01.2019 ist dem Verwaltungsakt nicht zu entnehmen. Gegenteiliges ist auch im durchgeführten Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchteil A. - Fortsetzungsausspruch

(...)

3.1.3. Der BF besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Ziff. 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Anordnung der Schubhaft grundsätzlich - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - möglich ist. Voraussetzung für die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung ist das Vorliegen eines Sicherungsbedarfes, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft. Zur Sicherung der Abschiebung kommt Schubhaft darüber hinaus nur dann in Betracht, wenn die Abschiebung auch tatsächlich im Raum steht.

3.1.4. Im vorliegenden Fall liegt eine rechtskräftige, durchsetzbare und durchführbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor. Die marokkanische Vertretungsbehörde hat der Ausstellung eines Heimreisezertifikates zugestimmt und derartige Dokumente bereits mehrmals für den BF ausgestellt. Die Abschiebung des BF ist daher möglich und für den 21.10.2019 vorbereitet.

3.1.5. Im vorliegenden Fall geht das Gericht auch weiterhin von Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG aus.

Dabei ist gemäß § 76 Abs. 3 Z. 1 FPG zu berücksichtigen, ob der Fremde die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert. Der BF hat bereits drei Versuche, ihn außer Landes zu bringen, vereitelt. Dadurch hat er den Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z. 1 FPG erfüllt.

(...)

Da gegen den BF eine rechtskräftige, durchsetzbare und durchführbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vorliegt und er seine Abschiebung bereits mehrfach vereitelt hat, ist auch der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z. 3 FPG erfüllt.

(...)

Der BF stellte am 24.07.2018 einen Asyl-Folgeantrag. Zu diesem Zeitpunkt war die mit Bescheid des Bundesamtes vom 30.12.2016 erlassene Rückkehrentscheidung rechtskräftig. Es ist daher im vorliegenden Fall auch der Tatbestand der Z. 5 des § 76 Abs. 3 FPG erfüllt.

(...)

Das Verfahren hat keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, dass im Fall des BF Umstände vorliegen, die wegen seiner Verankerung im Bundesgebiet gegen das Bestehen der Fluchtgefahr sprechen.

Es liegt daher weiterhin Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 Z. 1, 3, 5 und 9 FPG vor.

Bei der Beurteilung des Sicherungsbedarfes ist das gesamte Verhalten des BF vor Verhängung der Schubhaft sowie seine familiäre, soziale und berufliche Verankerung im Inland in einer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen. Diese Beurteilung hat ergeben, dass mehrere Kriterien für das Bestehen eines Sicherungsbedarfes sprechen. Es war daher eine konkrete Einzelfallbeurteilung vorzunehmen welche ergeben hat, dass sowohl das Vorverhalten als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose einen Sicherungsbedarf ergeben haben, da im Fall des BF ein beträchtliches Risiko des Untertauchens gegeben ist. Der BF hat bereits einmal seine Freilassung aus der Schubhaft durch Hungerstreik erzwungen und sich mehrmals seiner Abschiebung entzogen. Er hält sich unrechtmäßig in Österreich auf und es liegt eine den BF betreffende durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor. In diesem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen grundsätzlich weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist (VwGH vom 20.02.2014, 2013/21/0178).

In Österreich befinden sich weder Familienangehörige des BF noch ist er sonst sozial verankert. Der BF verfügt in Österreich über keinen gefestigten Wohnsitz und auch nicht über ausreichende Mittel zur Existenzsicherung. Einer legalen Beschäftigung ging er in Österreich bisher nicht nach. Der BF hat in Österreich strafbare Handlungen begangen. Dieser Umstand zeigt, dass der BF die geltenden Gesetze nicht beachtet. Seine Abschiebung hat der BF bereits drei Mal vereitelt und am Tag seiner für den 15.07.2019 geplanten Abschiebung angegeben, eine Rasierklinge verschluckt zu haben.

Es ist daher auch Sicherungsbedarf gegeben.

3.1.6. Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Der BF hat keinerlei familiäre oder soziale Bindungen in Österreich. Einer legalen Erwerbstätigkeit geht der BF in Österreich nicht nach. Er hat falsche Daten zu seiner Identität im Asylverfahren angegeben.

Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

Der BF weist Vorstrafen nach dem Suchtmittelgesetz auf. Seiner ersten Verurteilung liegt eine Tat zu Grunde, die er nur wenige Wochen nach der Asylantragstellung begangen hat. Trotz seiner rechtskräftigen Bestrafung beging der BF am 07.02.2017 wiederum Vergehen nach dem Suchtmittelgesetz. Es ist daher davon auszugehen, dass der BF auch künftig Straftaten nach dem Suchtmittelgesetz begehen werde, sodass der Aufenthalt des BF die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet und ein besonders hohes öffentliches Interesse an der baldigen Außerlandesbringung des BF besteht, welches durch seine Vorstrafen wegen mehrfachen Widerstands gegen die Staatsgewalt und Körperverletzung weiter erhöht wird.

Die Dauer der Schubhaft ist durch das Verhalten des BF selbst bedingt, da das Bundesamt bereits mehrfach versucht hat, den BF in seinen Herkunftsstaat abzuschieben, diese Versuche durch das Verhalten des BF jedoch jeweils vereitelt wurden. Insgesamt hat der BF bereits drei Versuche ihn abzuschieben vereitelt.

Den persönlichen Interessen des BF kommt daher ein geringerer Stellenwert zu als dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen - insbesondere an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung - zumal der BF bereits in der Vergangenheit gezeigt hat, dass er die ihn treffenden Verpflichtungen nicht einhält und im Verfahren auch keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er dieses Verhalten in Zukunft unter Berücksichtigung der bisherigen Abschiebeversuche und der kurzfristig bevorstehenden Abschiebung ändert.

Das erkennende Gericht geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft auch weiterhin das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt. Dies auch unter Berücksichtigung der Verpflichtung der Behörde auf eine möglichst kurze Dauer der Schubhaft hinzuwirken, da das Bundesamt für den 21.10.2019 einen weiteren Versuch, den BF begleitet in seinen Herkunftsstaat abzuschieben, organisiert hat.

Bei einer im Sinne des § 80 Abs. 4 Z. 4 FPG höchstzulässigen Dauer der Schubhaft von 18 Monaten erscheint die Aufrechterhaltung der seit 07.01.2019 bestehenden Anhaltung des BF in Schubhaft auch unter Berücksichtigung seiner Anhaltung von 30.12.2016 bis 03.02.2017 sowie von 17.05.2017 bis 07.07.2017 verhältnismäßig.

3.1.7. Zu prüfen ist, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt. Eine Sicherheitsleistung kann auf Grund der fehlenden finanziellen Mittel des BF nicht zur Anwendung kommen. Aber auch die konkrete Zuweisung einer Unterkunft oder einer Meldeverpflichtung kann auf Grund des vom BF in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens nicht zum Ziel der Sicherung der Abschiebung führen, da diesfalls die konkrete Gefahr des Untertauchens des BF besteht. Der BF hat bereits drei Abschiebeversuche vereitelt und und dabei sogar gerichtlich strafbare Handlungen begangen.

Auch aus der Weigerung des BF mit seiner Unterschrift den Erhalt der Information über die bevorstehende Abschiebung zu bestätigen zeigt, dass er keinesfalls bereit ist, mit dem Bundesamt zu kooperieren.

Die Verhängung eines gelinderen Mittels kommt daher weiterhin nicht in Betracht.

3.1.8. Die hier zu prüfende Schubhaft stellt daher nach wie vor eine "ultima ratio" dar, da sowohl Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des BF zu gewährleisten.

Es war daher gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festzustellen, dass die angeordnete Schubhaft nach wie vor notwendig und verhältnismäßig ist und dass die maßgeblichen Voraussetzungen für ihre Fortsetzung im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen."

21. Am 04.11.2019 legte das Bundesamt gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG neuerlich den gegenständlichen Akt unter Abgabe folgender Stellungnahme vor:

"Am 15.10.2019 wurde der betroffene Fremde, auf eigenen Wunsch, der marokkanischen Botschaft vorgeführt, wo er gegenüber den Mitarbeitern der Botschaft angab, dass er Probleme mit seinem Auge hat (Augenverletzung stammt aus einer gegenseitigen Körperverletzung durch einen Häftling in der Justizanstalt Korneuburg am 23. September 2017). Aufgrund dessen, stellt die marokkanische Botschaft kein Heimreisezertifikat aus. In einem Befund und Gutachten vom 16.10.2019, welches angefordert wurde, stellte das amtsärztliche Team des PAZ Hernalser Gürtel fest, dass es keine Hindernisse bzgl. der Abschiebung aufgrund der Augenverletzung gibt - dieser Umstand wurde der marokkanischen Botschaft umgehend mitgeteilt Laut HRZ-Abteilung teilte der betroffene Fremde der marokkanischen Botschaft mit, dass er erst fliegen würde, wenn seine Schadenersatzklage gegen den Mithäftling, welcher ihm die Augenverletzung zufügte, welche bereits gemacht wurde, zugesprochen wird - 30.000€ Schadenersatz. Im Falle einer Nichteinbringung werde der betroffene Fremde die Republik Österreich klagen, da die Aufsichtspflicht in der Justizanstalt verletzt wurde. Seitens der marokkanischen Botschaft wird noch über die Ausstellung eines Heimreisezertifikates nachgedacht - die Entscheidung ist noch offen - aufgrund dessen, konnte noch kein neuer Abschiebetermin fixiert werden."

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Feststellungen:

Verfahrensgang und die vom Bundesverwaltungsgericht im obzitierten Erkenntnis vom 14.10.2019, W250 2218210-7/7E, getroffenen und im Verfahrensgang dargestellten Feststellungen werden zum gegenständlichen Sachverhalt erhoben.

Ergänzend wird festgestellt:

Es sind auch aktuell keinerlei Umstände aufgetreten, die zu einem vom Vorerkenntnis abweichenden und für die Freilassung des Beschwerdeführers sprechenden Sachverhalt führen könnten, sodass die ausschließlich vom Beschwerdeführer zu verantwortende Schubhaft - auch die letzte beabsichtigte Abschiebung am 21.10.2019 scheiterte wegen des Verhaltens des Beschwerdeführers, weil er versucht, die Abschiebung zu umgehen, indem er aus den Folgen eines von ihm mitgetragenen Raufhandels während der Anhaltung in Schubhaft Kapital zu schlagen versucht, weiter fortzusetzen ist.

Beweiswürdigung:

Hinsichtlich der vom angeführten Vorerkenntnissen übernommenen Feststellungen ist auf die diesbezügliche zutreffende Beweiswürdigung zu verweisen.

Die ergänzende Feststellung ergibt sich als logische Konsequenz daraus im Zusammenhang mit dem Umstand, dass der Beschwerdeführer aktenkundig weitere im Verfahrensgang angeführte, seine Verbringung nach Marokko erschwerende Verhaltensweisen setzte und sohin zwischenzeitlich keinerlei für den Beschwerdeführer sprechende Änderung des Sachverhaltes eingetreten ist.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt A. (Fortsetzung der Schubhaft):

Gesetzliche Grundlagen:

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß

Die Grundlage zur Überprüfung der Verhältnismäßigkeit einer Fortsetzung der Schubhaft über die Viermonatsfrist im BFA-VG iVm. § 80 FPG lautet:

§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.

Zur Judikatur:

Insbesondere ist in diesem Zusammenhang auf Art 1 Abs. 3 PersFrSchG 1988 hinzuweisen, aus dem sich das für alle Freiheitsentziehungen geltende Gebot der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit ergibt, deren Prüfung im Einzelfall eine entsprechende Interessenabwägung verlangt. Für die Schubhaft ergibt sich das im Übrigen auch noch aus der Wendung "... wenn dies notwendig ist, um ..." in Art 2 Abs. 1 Z 7 PersFrSchG 1988. Dementsprechend hat der VfGH - nachdem er bereits in seinem Erkenntnis vom 24.06.2006, B 362/06, die Verpflichtung der Behörden betont hatte, von der Anwendung der Schubhaft jedenfalls Abstand zu nehmen, wenn sie im Einzelfall nicht notwendig und verhältnismäßig ist - in seinem Erkenntnis vom 15.06.2007, B 1330/06 und B 1331/06, klargestellt, dass die Behörden in allen Fällen des § 76 Abs. 2 FrPolG 2005 unter Bedachtnahme auf das verfassungsrechtliche Gebot der Verhältnismäßigkeit verpflichtet sind, eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Verfahrens und der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen. Der VwGH hat dazu beginnend mit dem Erkenntnis vom 30.08.2007, 2007/21/0043, mehrfach festgehalten, dass die Schubhaft auch dann, wenn sie auf einen der Tatbestände des § 76 Abs. 2 FrPolG 2005 gestützt werden soll, stets nur ultima ratio sein dürfe." (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Eine Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann stets nur dann rechtens sein, wenn eine Abschiebung auch tatsächlich in Frage kommt. Die begründete Annahme, dass eine Aufenthaltsbeendigung erfolgen wird, ist dabei ausreichend. Dass die Effektuierung mit Gewissheit erfolgt, ist nicht erforderlich (vgl. dazu etwa VwGH 07.02.2008, Zl. 2006/21/0389; VwGH 25.04.2006, Zl. 2006/21/0039). Steht hingegen von vornherein fest, dass diese Maßnahme nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden. Anderenfalls erwiese sich die Schubhaft nämlich als für die Erreichung des Haftzweckes (der Abschiebung) "nutzlos". Umgekehrt schadet es - wie sich aus den Verlängerungstatbeständen des § 80 FPG ergibt - nicht, wenn der ins Auge gefassten Abschiebung zeitlich befristete Hindernisse entgegenstehen. Den erwähnten Verlängerungstatbeständen liegt freilich zu Grunde, dass die in Frage kommenden Hindernisse längstens innerhalb der zulässigen Schubhaftdauer beseitigt werden. Ist hingegen bereits bei Beginn der Schubhaft absehbar, dass das Abschiebehindernis nicht binnen dieser Frist zu beseitigen ist, so soll die Schubhaft nach den Vorstellungen des Gesetzgebers von Anfang an nicht verhängt werden. Dasselbe gilt, wenn während der Anhaltung in Schubhaft Umstände eintreten, aus denen erkennbar ist, dass die Abschiebung nicht in der restlichen noch zur Verfügung stehenden Schubhaftdauer bewerkstelligt werden kann. (vgl. VwGH 11.06.2013, Zl. 2013/21/0024, zum Erfordernis einer Prognosebeurteilung, ob die baldige Ausstellung eines Heimreisezertifikates trotz wiederholter Urgenzen durch das Bundesministerium für Inneres angesichts der Untätigkeit der Vertretungsbehörde des Herkunftsstaates zu erwarten ist; vgl. VwGH 18.12.2008, Zl. 2008/21/0582, zur rechtswidrigen Aufrechterhaltung der Schubhaft trotz eines ärztlichen Gutachtens, wonach ein neuerlicher Versuch einer Abschiebung des Fremden in den nächsten Monaten aus medizinischen Gründen nicht vorstellbar sei).

Aufgrund der oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen hat die Behörde nach § 22a Abs. 4 BFA-VG dem Bundesverwaltungsgericht die Verwaltungsakten zur amtswegigen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit der weiteren Anhaltung, welche über die Viermonatsfrist gehen solle, vorzulegen. Dabei hat sie darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig wäre. Es ist Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichtes hierüber im Verfahren eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit durchzuführen und hat sich im Rahmen dieser Überprüfung auch im Hinblick auf die vorzunehmende Zukunftsprognose für das Gericht ergeben, dass eine weitere weiter als verhältnismäßig angesehen werden kann.

Vor dem Hintergrund des aktuell unbestritten feststehenden Sachverhaltes, welcher bereits der angeführten Vorentscheidung zugrunde gelegt wurde, waren, wie ausgeführt, auch keine zwischenzeitlich für den Beschwerdeführer sprechenden Änderungen auf Sachverhaltsebene zu konstatieren; es wird daher die rechtliche Beurteilung des Vorerkenntnisses 14.10.2019, W250 2218210-7/7E zur rechtlichen Beurteilung erhoben. Nochmals ist auf folgenden, seit dem Vorerkenntnis im Akt dokumentierten Umstand hinzuweisen:

"Am 15.10.2019 wurde der betroffene Fremde, auf eigenen Wunsch, der marokkanischen Botschaft vorgeführt, wo er gegenüber den Mitarbeitern der Botschaft angab, dass er Probleme mit seinem Auge hat (Augenverletzung stammt aus einer gegenseitigen Körperverletzung durch einen Häftling in der Justizanstalt Korneuburg am 23. September 2017). Aufgrund dessen, stellt die marokkanische Botschaft kein Heimreisezertifikat aus. In einem Befund und Gutachten vom 16.10.2019, welches angefordert wurde, stellte das amtsärztliche Team des PAZ Hernalser Gürtel fest, dass es keine Hindernisse bzgl. der Abschiebung aufgrund der Augenverletzung gibt - dieser Umstand wurde der marokkanischen Botschaft umgehend mitgeteilt Laut HRZ-Abteilung teilte der betroffene Fremde der marokkanischen Botschaft mit, dass er erst fliegen würde, wenn seine Schadenersatzklage gegen den Mithäftling, welcher ihm die Augenverletzung zufügte, welche bereits gemacht wurde, zugesprochen wird - 30.000€ Schadenersatz. Im Falle einer Nichteinbringung werde der betroffene Fremde die Republik Österreich klagen, da die Aufsichtspflicht in der Justizanstalt verletzt wurde. Seitens der marokkanischen Botschaft wird noch über die Ausstellung eines Heimreisezertifikates nachgedacht - die Entscheidung ist noch offen - aufgrund dessen, konnte noch kein neuer Abschiebetermin fixiert werden."

Im Hinblick auf die gesetzlich mögliche Maximaldauer erweist sich die bisherige Anhaltung jedenfalls auch als verhältnismäßig. Auch ist nochmals festzuhalten, dass ausschließlich der Beschwerdeführer selbst die Dauer der Anhaltung zu verantworten hat.

Es war daher die Fortsetzung der Schubhaft auszusprechen.

3.2. Zu Spruchteil B. - Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Im vorliegenden Akt findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Abschiebung, Einreiseverbot, Fluchtgefahr, Fortsetzung der
Schubhaft, öffentliche Interessen, Rückkehrentscheidung, Schubhaft,
Sicherungsbedarf, strafrechtliche Verurteilung, Überprüfung,
Vereitelung, Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W117.2218210.8.00

Zuletzt aktualisiert am

31.01.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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