TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/11 W186 2222820-2

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Veröffentlicht am 11.11.2019
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Entscheidungsdatum

11.11.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W186 2222820-2/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Judith Putzer als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Nigeria, gegen die weitere Anhaltung in Schubhaft zu Recht erkannt:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge: BF) hat am 02.04.2009 in Österreich einen Asylantrag gestellt. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (ehem. Bundesasylamt) vom 16.03.2010, Zl: 12 03.185-BAI, bezüglich Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG abgewiesen, gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria abgewiesen und der BF wurde gemäß § 10 Abs 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen. Innerhalb offener Frist brachte der eine Beschwerde gegen den Bescheid des (damaligen) Bundesasylamtes ein.

Mit Erkenntnis des AsylGH vom 16.03.2010, wurde die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des bekämpften Bescheides gemäß § 3 Abs 1 AsylG abgewiesen und gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG Ihr Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug den Herkunftsstaat Nigeria abgewiesen; der BF wurde in Einem gemäß § 10 Abs 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen. Dieses Erkenntnis ist rechtskräftig.

2. Seit 17.08.2016 ist der BF in Österreich nicht mehr amtlich gemeldet und hat keine aufrechte Anschrift/Zustelladresse gehabt.

3. Am 12.07.2019 wurde der BF von der Polizei aufgrund eines Festnahmeauftrags gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 BFA-VG festgenommen und er wurde in weiterer Folge angehalten. Am gleichen Tag stellte der BF einen weiteren Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes.

4. Der BF wurde am 12.07.2019 zur möglichen Schubhaftverhängung einvernommen. Diese Einvernahme gestaltete sich wie folgt:

"F: Stehen Sie in ärztlicher Behandlung, nehmen Sie regelmäßig Medikamente, leiden Sie an einer Erkrankung (Wenn ja, an welcher?)?

A: Manchmal wenn ich Kopfschmerzen habe nehme ich eine Mexalen.

F: Haben Sie ein Reisedokument oder sonstige identitätsbezeugende Dokumente?

A: Nein, ein Mann beim Verwaltungsgericht hat es mir genommen.

F: Haben Sie in einem anderen Schengenstaat einen Aufenthaltstitel? (wenn ja- welchen)?

A: Nein.

F: Haben Sie Verwandte oder enge Bekannte in Österreich (wenn ja, genaue Kontaktdaten)?

A: Nein.

F: Wo haben Sie sich in den letzten drei Monaten aufgehalten?

A: In Tschechien

F: Wovon leben Sie zurzeit in Österreich? Wer kommt für Ihren Lebensunterhalt auf?

A: Ich arbeite für das Rote-Kreuz und manchmal bekomme ich da etwas zu essen.

F: Wo und bei wem wohnen Sie zurzeit?

A: In Krems, XXXX , die Nummer weiß ich nicht, aber ein Freund von mir wohnt dort in einer Wohnung.

F: Warum sind Sie Ihrer Meldeverpflichtung nicht nachgekommen?

A: Weil ich mich nicht in Österreich aufhalten darf, deshalb habe ich mich nicht gemeldet.

F: Warum sind Sie Ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen?

A: Weil ich Angst hatte Österreich zu verlassen. Wenn man mich in einem Schengenland entdeckt hätte, hätte man mich zurück nach Österreich gebracht wo ich dann in das Gefängnis gekommen wäre.

F: Warum sind Sie nicht freiwillig nach Nigeria zurückgekehrt?

A: Weil ich Angst in Nigeria habe, weil dort viel Gewalt ist.

Ich habe alles verstanden und nichts mehr hinzuzufügen."

4. Das Bundesamt hat mit Bescheid vom 12.07.2019 über den Beschwerdeführer die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG zur Sicherung der Abschiebung angeordnet.

Das Bundesamt traf dazu die folgenden Feststellungen:

"Ihr erster Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (ehem. Bundesasylamt) vom 16.03.2010, Zl: 12 03.185-BAI, wurde Ihr Antrag auf internationalem Schutz bezüglich Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG abgewiesen, gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG Ihr Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Ihren Herkunftsstaat Nigeria abgewiesen und Sie gemäß § 10 Abs 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen.

Innerhalb offener Frist brachten Sie eine Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesasylamtes Außenstelle Innsbruck (jetzt: BFA RD Tirol) ein.

Mit Erkenntnis des BVwG (ehem. Asylgerichtshof) vom 16.03.2010, wurde die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des bekämpften Bescheides gemäß § 3 Abs 1 AsylG abgewiesen, r.k. seit 05.05.2010 und gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG Ihr Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Ihren Herkunftsstaat Nigeria abgewiesen und Sie gemäß § 10 Abs 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen, r.k. seit 05.05.2010.

Sie stellten im Stande der Anhaltung einen Antrag auf internationalen Schutz. Die Anhaltung basiert auf einem Festnahmeauftrag gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 BFA-VG.

Es ist seit 12.07.2019 ein zweites Asylverfahren (Folgeantrag) anhängig, Sie verfügen über faktischen Abschiebeschutz.

Sie verfügen über keinen weiteren legalen Aufenthaltstitel in Österreich und auch solchen nicht beantragt.

Ihr Aufenthalt in Österreich ist nur durch Asylantragstellung legimitiert.

Zu Ihrem bisherigen Verhalten:

-

Sie sind illegal nach Österreich eingereist.

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Sie stellten einen Asylantrag in Österreich.

-

Sie hielten sich seit mindestens 05.05.2010 illegal in Österreich auf.

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Sie gehen seit Ihrer Einreise nach Österreich im Jahr 2009 keiner geregelten Erwerbstätigkeit nach. Es besteht keine begründete Aussicht, dass Sie eine Arbeitsstelle finden.

-

Im bisherigen Verfahren verhielten Sie sich unkooperativ, indem Sie Ihrer Meldeverfplichtung nicht nachgekommen sind.

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Obwohl eine gesetzliche Verpflichtung hiezu bestand, verweigerten Sie die Ausreise aus Österreich. Stattdessen sind Sie untergetaucht.

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Sie stellten am 12.07.2019 einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz, um eine Abschiebung zu verhindern.

-

Sie stellten diesen Antrag nach erfolgter Festnahme gemäß § 34 Abs 3 Z 1 BFA-VG, und nicht aus eigenem Antrieb, sondern ausschließlich aufgrund der Einflussnahme durch Ihren anwesenden rechtsfreundlichen Vertreter.

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Sie verfügen nicht über ausreichend Barmittel um Ihren Unterhalt zu finanzieren. Einer legalen Beschäftigung gehen Sie nicht nach.

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Sie haben keinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich und hielten sich bislang unangemeldet unter Verletzung des Meldegesetzes in Österreich auf.

-

Sie sind in keinster Weise integriert, weil Sie wenig Deutsch sprechen, keiner Arbeit nachgehen und keinen ordentlichen Wohnsitz haben. Sie sind in Österreich nicht integriert.

-

Sie haben das Bundesgebiet nicht verlassen und ist Ihr Aufenthalt daher nicht rechtmäßig. Die Rückkehrentscheidung ist rechtskräftig und durchführbar.

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Sie besitzen kein gültiges Reisedokument. Sie können Österreich aus eigenem Entschluss nicht legal verlassen. Sie sind jedoch im Besitz einer Kopie Ihres gültigen Reisepasses.

-

Obwohl bezüglich Ihrer Person ein Aufenthaltsverbot seitens LPD NÖ bestand, haben Sie Österreich nicht verlassen.

Zu Ihrem Privat- und Familienleben:

Sie sind in Österreich weder beruflich noch sozial verankert.

Es sind in Österreich keine weiteren familiären oder sonstigen dauerhaften und tragfähigen Bindungen bekannt.

Es konnten insgesamt keine Umstände festgestellt werden, die auf ein schützenswertes Privatleben in Österreich hinweisen.

Sie verfügen derzeit weder über eine ordentliche Unterkunft, noch über eine Möglichkeit, bei einer in Österreich rechtmäßig aufhältigen Person mit ordentlichem Wohnsitz zumindest vorübergehend Unterkunft zu nehmen.

Sie verfügen lediglich über marginale Deutschkenntnisse und können sich daher in Österreich in der Landessprache schlecht verständigen.

Sie gehen keiner geregelten Arbeit nach.

Etwaige Hinweise auf integrationsverstärkende Anhaltspunkte sind in Ihrem Fall nicht hervorgekommen."

In rechtlicher Hinsicht fand die Behörde, dass "Fluchtgefahr" und "Verhältnismäßigkeit" vorlägen und begründete im Einzelnen:

"Entsprechend ihres bisherigen Verhaltens begründen folgende Kriterien in Ihrem Fall eine Fluchtgefahr; insbesondere ist davon auszugehen, dass Sie Ihren Antrag auf internationalen Schutz stellten, um eine Abschiebung zu verzögern oder zu behindern:

In Ihrem Falle sind die Tatbestände der Ziffern 1,3,8 und 9 erfüllt.

Sie sind Ihrer Meldeverpflichtung nachweislich bis heute nicht nachgekommen. Sie sind obdachlos gemeldet, jedoch haben Sie sich bei der zuständigen Polizeiinspektion niemals gemeldet.

Wie oben bereits ausführlich dargelegt konnten Sie keinerlei Bestehen von familiären bzw. privaten Beziehungen in Österreich glaubhaft machen und ist der Grad Ihrer sozialen Verankerung sehr gering.

Sie halten sich seit mindestens April 2009 in Österreich auf. Sie haben keine aufrechte Meldeadresse. Dazu gaben Sie im Zuge der Einvernahme an, dass Sie sich amtlich nicht gemeldet haben, weil Sie sich in Österreich nicht aufhalten dürfen. Weiters brachten Sie vor, mit keiner Person in keinem gemeinsamen Haushalt zu leben.

Sie gehen in Österreich auch keiner legalen bzw. regelmäßigen Beschäftigung nach und können nicht die ausreichenden Existenzmittel zur Bestreitung Ihres Lebensunterhaltes nachweisen.

Sie sind nicht im Besitze eines gültigen Reisedokumentes oder Aufenthaltstitels. Sie sind auch nicht in der Lage, Ihre Einreise nachzuweisen und auch nicht in der Lage, Österreich selbständig legal zu verlassen. Sie zogen es vor, in Österreich zu verbleiben und tauchten unter.

Die Gesamtheit Ihrer Handlungsweise, ebenso wie auch Ihr Verhalten im Asylverfahren lassen in schlüssiger Form Ihre offensichtliche, nachhaltige und kategorische Abneigung gegenüber der österreichischen Rechtsordnung erkennen. Sie missachten die europäischen Einreise- und Grenzbestimmungen, weshalb die erkennende Behörde eindeutig davon ausgeht, dass Sie sich auch hinsichtlich einem ordnungsgemäßen Überstellungsverfahrens entziehen werden, zumal Sie sich hinsichtlich Ihrem bisherigen Verhaltens mehrmals durch Untertauchens und Verschleierung Ihrer Identität einer Abschiebung Ihrer Person entzogen haben.

Sie sind nigerianischer Staatsbürger und wurden als solcher von der nigerianischen Botschaft identifiziert. Ihnen wurde sogar einen nigerianischen Reisepass von der nigerianischen Botschaft ausgestellt. Diesbezüglich tragen Sie bei sich eine Kopie Ihres nigerianischen Reisepasses. Dazu gaben Sie an, dass Sie Ihren Reisepass bereits verloren hätten. In Ihrem Fall wird umgehend um die Ausstellung eines neuen HRZ bzw. Reisepasses angesucht bzw. werden Sie neuerlich der nigerianischen Botschaft vorgeführt werden. Es ist von der zeitnahen Ausstellung bzw. der Verlängerung des HRZ auszugehen.

Aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens seit Ihrer Einreise nach Österreich im Jahr 2009, Ihres Asylantrages, welcher negativ beschieden wurde und Sie Ihren Mitwirkungspflichten bis dato nicht nachgekommen sind, sich unkooperativ verhalten und sogar in der Einvernahme am 12.07.2019 dezidiert angaben, nicht zurückkehren zu wollen, geht die erkennende Behörde mit Sicherheit davon aus, dass Sie auch nicht in Zukunft gewillt sein werden am Verfahren mitzuwirken und Ihrer Ausreiseverpflichtung nachzukommen.

Daher ist die Entscheidung auch verhältnismäßig.

Die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung ist erforderlich, da Sie sich aufgrund Ihres oben geschilderten Vorverhaltens als nicht vertrauenswürdig erwiesen haben. Es ist davon auszugehen, dass Sie auch hinkünftig nicht gewillt sein werden, die Rechtsvorschriften einzuhalten.

Aus Ihrer Wohn- und Familiensituation, aus Ihrer fehlenden sonstigen Verankerung in Österreich sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens kann geschlossen werden, dass bezüglich Ihrer Person ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliegt.

Einem geordneten Fremdenwesen kommt im Hinblick auf die öffentliche Ordnung und dem wirtschaftlichen Wohl des Staates ein hoher Stellenwert zu. Es besteht die Verpflichtung Österreichs, seinen europarechtlichen Vorgaben, als auch den Pflichten gegenüber seinen Staatsbürgern und anderen legal aufhältigen Personen nachzukommen.

Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft und ihrer Notwendigkeit ergibt daher in Ihrem Fall, dass Ihr privates Interesse an der Schonung Ihrer persönlichen Freiheit dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen hat.

Dabei wurde auch berücksichtigt, dass die Schubhaft eine ultima - ratio - Maßnahme darstellt. Es ist daher zu prüfen, ob die Anordnung gelinderer Mittel gleichermaßen zur Zweckerreichung dienlich wäre. In Betracht käme dabei das gelindere Mittel gem. § 77 FPG mit den dafür vorgesehenen Aufenthalts- und Meldepflichten bzw. der Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit. Dabei kommt die finanzielle Sicherheitsleistung aufgrund Ihrer finanziellen Situation schon von vornherein nicht in Betracht.

Doch auch was die periodische Meldeverpflichtung nach dem Meldegesetz betrifft, kann in Ihrem Fall damit nicht das Auslangen gefunden werden.

Wie oben ausführlich dargelegt, besteht in Ihrem Fall aufgrund Ihrer persönlichen Lebenssituation sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens ein beträchtliches Risiko des Untertauchens. Sie selbst haben im Zuge der Einvernahme am 12.07.2019 vorgebracht, absichtlich Ihrer Meldeverpflichtung in Österreich nicht nachgekommen sein, weil Sie sich in Österreich aufhalten dürfen. Damit wäre jedoch der Zweck der Schubhaft, nämlich die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung, vereitelt. Es liegt somit eine ultima - ratio - Situation vor, die die Anordnung der Schubhaftverhängung unabdingbar erfordert und eine Verfahrensführung, während derer Sie sich in Freiheit befinden, ausschließt.

Es ist weiters aufgrund Ihres Gesundheitszustandes davon auszugehen, dass auch die subjektiven Haftbedingungen, wie Ihre Haftfähigkeit, gegeben sind.

Sie sind gesund und leiden an keiner Krankheit. Sie nehmen auch keine Medikamente. In Ihrem Fall finden sich keine Anhaltspunkte für eine lebensbedrohliche Krankheit und Sie werden regelmäßig auf Ihre Haftunfähigkeit geprüft.

Die Behörde gelangt daher zum Ergebnis, dass sowohl die gesetzlichen Formalerfordernisse vorliegen, als auch, dass die Schubhaft zum Zweck der Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis steht und im Interesse des öffentlichen Wohls dringend erforderlich und geboten ist."

5. Am 04.11.2019 legte das Bundesamt den Verwaltungsakt zur gerichtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung der fortgesetzten Anhaltung in Schubhaft vor und gab dazu die folgende Stellungnahme ab:

"Herr XXXX reiste im Jahr 2009 ins Bundesgebiet ein und stellte am 02.04.2009 einen Asylantrag. Mit Erkenntnis des AGH vom 16.03.2010 wurde der Antrag abgewiesen und der Genannte nach Nigeria ausgewiesen. Das Erkenntnis erwuchs mit 05.05.2010 in Rechtskraft. Der Genannte ist sohin seit diesem Zeitpunkt illegal im Bundesgebiet aufhältig und konnte auch nicht nachweisen, dass er jemals seiner Ausreiseverpflichtung nachgekommen wäre. Aus seiner GVS-Unterkunft wurde der Genannte am 05.05.2010 wegen unbekannten Aufenthaltes abgemeldet. An den Adressen an denen er sich (angeblich) zwischenzeitlich aufhielt und die er der Behörde nannte, war er entweder nicht greifbar oder zumindest nur kurzzeitig wohnhaft. (Siehe Erkenntnis des BVWG vom 22.07.2019 (Antrag auf Herabsetzung des EV)).

Herr XXXX ist seit 29.09.2015 im Besitz eines gültigen nigerianischen Reisepasses, welchen er sich bei der nigerianischen Vertretungsbehörde in Wien ausstellen hat lassen.

Daher ist davon auszugehen, dass es dem Beschwerdeführer in diesem Zeitraum leicht möglich gewesen wäre, das Bundesgebiet bzw. den Schengenraum zu verlassen. Der Reisepass wäre nach wie vor gültig, jedoch liegt der Behörde nur eine Kopie vor.

Das Magistrat der Stadt Krems verhängte über Herrn XXXX im Jahr 2010 Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung. Der Unabhängigen Verwaltungssenat Niederösterreich erklärte mit Bescheid vom 26.05.2010 die Schubhaft für rechtswidrig. Daraufhin wurde den Genannten aus der Schubhaft entlassen. Er kam seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach, sondern nahm in XXXX , XXXX Unterkunft. Bereits am 06.05.2010 wurde vom Magistrat der Stadt Krems mangels vorliegender Reisedokumente die Ausstellung eines Heimreisezertifikates beantragt. Die Bezirkshauptmannschaft Melk erließ in der Folge am 31.03.2011 einen Festnahmeauftrag. Mit Bericht vom 11.04.2011 teilte die Polizeiinspektion Pöchlarn der Bezirkshauptmannschaft Melk mit, dass bei mehrmaligen Versuchen an der angegebenen Wohnanschrift den Genannten nicht angetroffen worden sei.

Im Jahr 2012 wurde er von der Polizei aufgegriffen und erneut die Schubhaft verhängt. Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom 04.10.2012, Zahl 1025299/FP/12, wurde gegen den Genannten gemäß § 52 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes (FPG), eine Rückkehrentscheidung erlassen. Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes (FPG), wurde ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Im Zuge einer Berufung beim UVS wurde das Einreiseverbot auf 18 Monate herabgesetzt. Am 08.10.2012 wurde Herr XXXX wegen Haftunfähigkeit aus der Schubhaft entlassen.

Am 15.07.2015 brachte Herr XXXX beim Magistrat der Stadt St. Pölten einen Antrag auf Erteilung einer "Rot-Weiß-Rot-Karte plus" ein und legte im Zuge des Verfahrens obzitierten Reisepass vor und nannte eine Wohnadresse. Den Antrag zog er am 18.10.2016 wieder zurück.

Auch im Jahr 2016 wurde versucht, die Herrn XXXX mit dem Charter vom 23.06.2016 nach Nigeria abzuschieben, eine Festnahme schlug jedoch ebenfalls fehl, da Herr XXXX nicht angetroffen werden konnte.

Am 30.06.2016 stellte Herr XXXX über seinen Anwalt den Antrag auf Herabsetzung des Einreiseverbotes. Dieser Antrag wurde am 12.07.2019 zweitinstanzlich rechtskräftig abgewiesen.

Der neuerlich gestellte Asylantrag vom 13.07.2019 wurde mit Bescheid vom 01.08.2019 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und die Beschwerde vom BVWG teilweise abgewiesen. Aufgrund eines formalen Fehlers wurde jedoch erst am 19.09.2019 rechtskräftig über den gesamten Beschwerdeumfang abgesprochen. Die nigerianische Delegation verlangt in der Regel, dass alle Verfahren (auch eventuelle Anträge auf ein humanitäres Aufenthaltsrecht) rechtskräftig abgeschlossen sind.

Am 04.10.2019 wurde Herr XXXX der nigerianischen Delegation zur Erlangung eines Heimreisezertifikates vorgeführt. Dort erfolgte die positive Identifizierung und die Zusage an die Behörde, ein Heimreisezertifikat auszustellen. Der Konsul bestand vor HRZ-Ausstellung an die Behörde auf eine 14-tägige Frist für eine freiwillige Ausreise und forderte Herrn XXXX auf, das Land mithilfe des VMÖ freiwillig zu verlassen. Es darf seitens der Behörde ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass das HRZ zugesagt wurde. Aufgrund der grundsätzlich guten Erfahrungen mit der nigerianischen Delegation wurde daher mit der Übergabe des Dokuments jedenfalls gerechnet und Herr XXXX auf den Charter vom 25.10.2019 gebucht. Nach Ablauf der Frist wurde der Behörde jedoch aus organisatorischen Gründen das HRZ nicht rechtzeitig für den Charter ausgestellt. Somit wurde die Person vom Charter wieder abgemeldet. Die Behörde ist hier fremdbestimmt.

Aus Sicht der Behörde ist die Verzögerung der Abschiebung ursächlich darauf zurückzuführen, dass Herr XXXX entgegen der Aufforderung des nigerianischen Konsuls nicht freiwillig ausgereist ist. Es darf darauf hingewiesen werden, dass es dem Beschwerdeführer jederzeit freistand, auch aus der Schubhaft nach Nigeria auszureisen. Es musste ihm bewusst gewesen sein, dass der Konsul der Behörde das HRZ nach Ablauf der Frist jedenfalls übergeben würde. Dies wurde ihm beim Interview auch so mitgeteilt. Nachdem der Konsul auf Anfrage der Behörde am 23.10.2019 - somit nach Ablauf der Frist - die Übergabe des Schriftstückes auf einen späteren Zeitpunkt verschob, kann hier keinesfalls von einem Verschulden der Behörde ausgegangen werden. Die Zustimmung ist jedoch nach wie vor aufrecht. Der nächste Termin bei der Botschaft ist am 08.11.2019 und wird fest mit der Übergabe des Dokumentes gerechnet. Damit kann die begleitete Abschiebung (bzw. Charter-Abschiebung) dann sobald als möglich erfolgen.

Nachdem eine Ausreise unmittelbar bevorsteht und sich Herr XXXX seit vielen Jahren immer wieder erfolgreich einer Abschiebung entzogen hat, wird der Antrag gestellt, die weitere Aufrechterhaltung der Schubhaft zu bestätigen."

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Betreffend den Beschwerdeführer liegt eine Rückkehrentscheidung hinsichtlich Nigeria vor. Die nigerianische Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers steht fest. Die Zustimmung der nigerianischen Behörde zur Rückübernahme des BF steht fest.

1.2. Der Beschwerdeführer hat sich im Verlauf seiner Asylverfahren als nicht kooperativ und nicht vertrauenswürdig erwiesen; insbesondere hat er nach dem rechtskräftigen Abschluss des ersten Asylverfahrens seinen Aufenthalt über mehrere Jahre und zum Teil im Verborgenen fortgesetzt. Er hat keinerlei Bezugsmomente in Österreich, die sicher stellen würden, dass der BF in Österreich in Hinkunft für die Behörden greifbar wäre.

1.3. Die realistische Möglichkeit einer Überstellung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat (innerhalb der gesetzlich normierten Zeitspanne für die Anhaltung in Schubhaft) besteht. An der bisherigen Dauer trifft das Bundesamt keine Schuld. Sie ergibt sich aus den erforderlichen administrativen Abläufen im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers. Dazu hat die Behörde in ihrer Stellungnahme ausreichende Ausführungen vorgelegt.

1.4. Der Beschwerdeführer ist nicht (mehr) Asylwerber; es kommt ihm kein faktischer Abschiebeschutz (mehr) zu.

Der BF ist in Österreich in keiner Form integriert, verfügt nur über geringfügige Deutschkenntnisse und keine substanziellen sozialen oder familiären Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet. Gegenwärtig ist er praktisch mittellos. Der Beschwerdeführer ist grundsätzlich gesund und arbeitsfähig sowie jedenfalls haftfähig.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage im gegenständlichen Verfahren - insbesondere den (mit Dokumenten belegten) Ausführungen des Bundesamtes zum gegenwärtig laufenden HRZ-Verfahren mit Algerien.

2.2. Die Feststellungen zum Verhalten des Beschwerdeführers ergeben sich aus der Aktenlage.

2.3. Die realistische Möglichkeit der Rücküberstellung ergibt sich aus der diesbezüglich grundsätzlich problemlosen Zusammenarbeit mit den Vertretungen und Behörden des Herkunftsstaates.

2.4. Der rechtskräftige Abschluss des Asylverfahrens, der fremdenrechtliche Status des Beschwerdeführers und die Feststellungen zu seiner fehlenden Integration ergeben sich aus der Aktenlage. Das Barvermögen des Beschwerdeführers ist in der Anhaltedatei ersichtlich. Hinweise für ein Fehlen der Haftfähigkeit sind im Verfahren nicht hervorgetreten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt I. (Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft):

Entsprechend dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2015 - FrÄG 2015 vom 18.06.2015, BGBl. I Nr. 70/2015, lautet §22a Abs. 4 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG) wie folgt:

"§ 22a. (4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde."

§22a Abs. 4 bildet im gegenständlichen Fall die formelle Grundlage, da der Beschwerdeführer seit 01.12.2017 in Schubhaft angehalten wird.

Die in diesem Zusammenhang maßgeblichen (innerstaatlichen) verfassungsrechtlichen Bestimmungen des Art 5 Abs. lit. f EMRK und des Art 2 Abs. 1 Z. 7 PersFrBVG sowie einfachgesetzlichen Normen des mit 20. Juli 2015 im Rahmen des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2015 - FrÄG 2015 in Kraft getretenen Fremdenpolizeigesetzes 2005 lauten:

Art 5 Abs. 1 lit. f EMRK

(1) Jedermann hat ein Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf einem Menschen nur in den folgenden Fällen und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden:

f) wenn er rechtmäßig festgenommen worden ist oder in Haft gehalten wird, um ihn daran zu hindern, unberechtigt in das Staatsgebiet einzudringen oder weil er von einem gegen ihn schwebenden Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren betroffen ist.

Art 2 Abs. 1 Z. 7 PersFrBVG

(1) Die persönliche Freiheit darf einem Menschen in folgenden Fällen auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden:

7. wenn dies notwendig ist, um eine beabsichtigte Ausweisung oder Auslieferung zu sichern.

§ 76 FPG (in der nunmehr gültigen Fassung)

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

§ 80 FPG ("Dauer der Schubhaft") lautet:

"§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich

1. drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;

2. sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil

1. die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,

2. eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,

3. der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder

4. die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.

(5a) In den Fällen des § 76 Abs. 2 letzter Satz ist auf die Schubhaftdauer gemäß Abs. 5 auch die Dauer der auf den Festnahmeauftrag gestützten Anhaltung anzurechnen, soweit sie nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 40 Abs. 5 BFA-VG aufrechterhalten wurde. Die Anrechnung gemäß Abs. 5 letzter Satz bleibt davon unberührt.

(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.

(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen."

Gemessen also an § 76 Abs. 3, konkret an dessen ersten Satz "liegt eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 - immer noch - vor, da "bestimmte Tatsachen", nämlich jene bereits im Rahmen der angeführten Beweiswürdigung relevierten, indizieren, dass sich der Beschwerdeführer einer drohenden Abschiebung nach in den Herkunftsstaat entziehen wird.

Die Gründe, aus denen das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Schubhaft anordnete, haben sich seither nicht geändert und erweisen sich als nachvollziehbar. Hinsichtlich des HRZ-Verfahrens ist eine unverhältnismäßige Länge ebenfalls nicht feststellbar. Die Behörde hat die notwendigen Schritte zur Erlangung des Heimreisezertifikates ehest möglich eingeleitet.

Mit der Verhängung gelinderer Mittel kann dementsprechend weiterhin nicht das Auslangen gefunden werden. Neben fehlender hinreichender persönlicher Vertrauenswürdigkeit - siehe dazu das regelmäßige Untertauchen nach Abschluss des ersten Asylverfahrens - hat der BF weder die erforderlichen Mittel, noch persönliche Bezüge, die für die Sicherung des Verfahrensgegenstandes ausrechend wären.

Der Beschwerdeführer war bei Anordnung der Schubhaft haftfähig und ist dies auch weiterhin.

Aus diesen Gründen ist festzustellen, dass im Zeitpunkt der Entscheidung die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen und sich diese zudem weiterhin als verhältnismäßig erweist.

Zu Spruchpunkt II. (Revision):

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Im vorliegenden Akt findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Fluchtgefahr, Fortsetzung der Schubhaft, Mittellosigkeit,
öffentliche Interessen, Rückkehrentscheidung, Schubhaft,
Sicherungsbedarf, Überprüfung, Untertauchen, Verhältnismäßigkeit,
Vertrauenswürdigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W186.2222820.2.00

Zuletzt aktualisiert am

31.01.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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