TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/18 W117 2222472-3

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Veröffentlicht am 18.11.2019
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Entscheidungsdatum

18.11.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z1

Spruch

W117 2222472-3/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Druckenthaner als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. am XXXX , StA.: Afghanistan alias Iran, im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft zu Recht erkannt:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG, §76 Abs. 2 Z 1 FPG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen

NICHT

vorliegen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang und Sachverhalt:

Mit Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), Regionaldirektion Oberösterreich, Zahl 731853106-190708447, vom 12.07.2019, vom Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) persönlich übernommen am 12.07.2019 um 15:20 Uhr, wurde gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG über diesen die Schubhaft zum Zwecke der Abschiebung angeordnet.

Am 23.05.2019 stellte der Beschwerdeführer einen Asylfolgeantrag.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.06.2019, Zl. 731853106-190526926, wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und dieser Antrag auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt II.), ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.), gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise gesetzt (Spruchpunkt VI.) sowie gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).

Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 06.06.2019 durch Hinterlegung im Akt bei der Behörde ohne vorhergehenden Zustellversuch gemäß § 8 Abs. 2 i.V.m. § 23 Zustellgesetz zugestellt; ihm wurde am 19.06.2019 eine Ausfertigung des Bescheides gegen Übernahmebestätigung ausgefolgt.

Gegen alle Spruchpunkte dieses Bescheides erhob der Beschwerdeführer fristgerecht mit Schreiben vom "19.19.2019" (offensichtlich gemeint: 19.06.2019) Beschwerde.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. Juli 2019, Zl. W192 2220447-1/2E, wurde die Beschwerde in allen Punkten als unbegründet abgewiesen.

Mit Beschluss vom 16. Oktober 2019, Ra 2019/14/0405-7, gab der Verwaltungsgerichtshof dem Antrag der gegen dieses Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. Juli 2019, Zl. W192 2220447-1/2E, erhobenen außerordentlichen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gemäß § 30 Abs. 2 VwGG statt. Dieser Beschluss wurde am selben Tag zugestellt.

Der dem Beschwerdeführer aufgrund seines Asylfolgeantrags vom 23.05.2019 gemäß § 12 Abs. 2 AsylG 2005 zukommende faktische Abschiebeschutz, der ihm während des gesamten Verfahrens weder von der Verwaltungsbehörde noch vom Bundesverwaltungsgericht aberkannt worden war, bestand damit seit 16.10.2019 wieder.

Mit dem am 25.10.2019 beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) eingelangten und mit demselben Tag datierten Schriftsatz erhob der BF durch seine bevollmächtigte Rechtsvertretung (im Folgenden: RV) Beschwerde gegen die Anhaltung in Schubhaft seit dem 16.10.2019.

Das BVwG führte in der Beschwerdesache zur Zahl G307 2222472-2/7E am 29.10.2019 in der Außenstelle Graz eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Nach Schluss der Verhandlung wurde die Entscheidung mündlich verkündet, die Schubhaftbeschwerde als unbegründet abgewiesen und festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Nach entsprechendem Antrag auf schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses erließ das Bundesverwaltungsgericht eine solche am 13.11.2019.

Verspätet, nämlich erst am 15.11.2019 - der Beschwerdeführer befindet sich seit 12.07.2019 in Haft und wäre spätestens am 12.11.2019 die Überprüfung angestanden - legte das Bundesamt den gegenständlichen Akt (samt umfassender Stellungnahme, aber ohne Bezug zur gegenständlichen Rechtsproblematik) gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG vor.

Beweiswürdigung:

Verfahrensgang und Sachverhalt können als unstrittig angesehen werden, weil im Akt eindeutig dokumentiert.

Rechtliche Beurteilung

§ 22a BFA-VG idgF

(...)

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

§ 30 VwGG idgF

(...)

(4) (...) Wird die aufschiebende Wirkung zuerkannt, ist der Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses aufzuschieben und sind die hiezu erforderlichen Anordnungen zu treffen; (...)

§ 76 FPG

(...)

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

(...)

Im gegenständlichen Fall wurde mit der Einräumung der aufschiebenden Wirkung durch den Verwaltungsgerichtshof am 16.10.2019 der Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtshofes vom 1. Juli 2019, Zl. W192 2220447-1/2E, gemäß §30 Abs. 4 VwGG aufgeschoben. Damit besaß der Beschwerdeführer wieder den ihm durch den Asylfolgeantrag vom 23.05.2019 gemäß § 12 Abs. 2 AsylG 2005 zukommenden faktischen Abschiebeschutz, der ihm zu keinem Zeitpunkt des gesamten Verfahrens aberkannt worden war. Die Fortsetzung der Schubhaft müsste sich daher auf §76 Abs. 2 Z 1 FPG 2005 idgF - Sicherung des Verfahrens (und nicht mehr der Abschiebung) - stützen, wofür aber nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keine Möglichkeit besteht, da der Beschwerdeführer zum Entscheidungszeitpunkt wieder in die Aufnahme-RL (und nicht mehr unter die Rückführungs-RL) fällt - vgl. etwa VwGH v. 25.05.2018, Ra 2018/21/0094 u.v.a.

Es war daher auszusprechen, dass die Fortsetzung der Schubhaft unzulässig ist.

3.2. Zu Spruchteil B. - Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Da die vorliegende Fallproblematik vom Verwaltungsgerichtshof ausjudiziert ist - siehe beispielartig angeführtes Erkenntnis des VwGH vom 25.05.2018, Ra 2018/21/0094 - war die ordentliche Revision nicht zuzulassen.

Schlagworte

faktischer Abschiebeschutz, Fortsetzung der Schubhaft,
Rechtswidrigkeit, Schubhaft, Überprüfung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W117.2222472.3.00

Zuletzt aktualisiert am

31.01.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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