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L55005 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Salzburg;Norm
AVG §13 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Binder-Krieglstein, über die Beschwerde der Salzburger Landesumweltanwaltschaft, vertreten durch Dr. Franz Meißnitzer, Rechtsanwalt in Salzburg, Petersbrunnstraße 9, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 17. Dezember 1996, Zl. 13/01-RI-271/35-1996, betreffend naturschutzbehördliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: SA-Ges.m.b.H. in S, vertreten durch Dr. Rudolf Zitta, Rechtsanwalt in Salzburg, Künstlerhausgasse 4), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Salzburg hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 13.040,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Devolutionswege gemäß § 73 Abs. 2 AVG ergangenen Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 17. Dezember 1996 wurde der mitbeteiligten Partei gemäß den §§ 14 Abs. 2, 24 Abs. 1 lit. c und Abs. 3 sowie 48 Abs. 2 Salzburger Naturschutzgesetz 1993 (NSchG) die naturschutzbehördliche Bewilligung zur Änderung der bestehenden Parkplätze auf näher bezeichneten Grundstücken der KG. Itzling durch Asphaltierung der Fahrspuren und Befestigung der Parkflächen mittels Rasengittersteinen nach Maßgabe näher bezeichneter Projektunterlagen unter Einhaltung von im einzelnen angeführten Auflagen, Bedingungen und Befristungen sowie unter Vorschreibung näher beschriebener Ausgleichsmaßnahmen gemäß § 48 Abs. 2 NSchG erteilt. Hiezu wurde
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nach Darstellung des Verfahrensablaufes und der angewendeten Rechtslage - im wesentlichen ausgeführt, die Erstbehörde habe trotz augenscheinlich abgeschlossenen Beweisverfahrens nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von sechs Monaten entschieden. Aus den vorliegenden Verwaltungsakten sei nicht ersichtlich, daß die mitbeteiligte Partei ein Verschulden an dieser Verzögerung treffe; ihrem Devolutionsantrag sei daher gemäß § 73 Abs. 2 AVG stattzugeben gewesen. Das Projekt der mitbeteiligten Partei unterfalle nicht der Bewilligungspflicht gemäß § 23 Abs. 1 lit. a NSchG, weil dadurch - im Gegensatz zur Auffassung der Beschwerdeführerin - in ein "Begleitgehölz" im Sinne dieser Bestimmung nicht eingegriffen werde. Auch eine Anwendung der Vogelschutzrichtlinie (Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung wildlebender Vogelarten, ABl 1979 L 103/1) sei im gegenständlichen Bereich - aus näher dargelegten Gründen - nicht gerechtfertigt. Ein Teil der vom Projekt der mitbeteiligten Partei betroffenen Flächen, nämlich die Teilfläche C stehe zufolge der Kundmachung des Magistrates Salzburg über die beabsichtigte Erklärung näher bezeichneter Flächen zum geschützten Landschaftsteil gemäß § 12 Abs. 1 NSchG unter vorläufigem Schutz gemäß § 13 NSchG. Vom grundsätzlichen Eingriffsverbot (§ 13 Abs. 1 i.V.m. § 14 Abs. 1 NSchG) seien nicht nur alle Maßnahmen erfaßt, die dem Schutzzweck des künftigen Gebietes zuwiderliefen, sondern auch solche, die nicht nur unbedeutende Auswirkungen auf das Schutzgebiet bewirken könnten. Nach dem in der Kundmachung angegebenen Schutzzweck sei zweifelsfrei davon auszugehen, daß die von der mitbeteiligten Partei vorgesehenen Maßnahmen unter den Verbotstatbestand des § 14 Abs. 1 NSchG fielen. In sinngemäßer Anwendung des § 14 Abs. 2 NSchG seien Ausnahmen von diesem Eingriffsverbot dann möglich, wenn diese nur unbedeutende Auswirkungen auf den Schutzzweck des geschützten Landschaftsteiles erwarten ließen. Die Salzburger Landesregierung habe sich in ihrer Sitzung vom 10. Dezember 1996 mit der beabsichtigten Erklärung zum geschützten Landschaftsteil befaßt und beschlossen, daß der vom Projekt der mitbeteiligten Partei betroffene Bereich wegen der rechtmäßigen Nutzung dieser Flächen zum Abstellen von Kraftfahrzeugen "nicht vom künftigen geschützten Landschaftsteil erfaßt zu werden hat". Daraus folge, daß die von der mitbeteiligten Partei beabsichtigten Maßnahmen dem Schutzzweck eines künftigen geschützten Landschaftsteiles nicht widersprechen könnten, weil sie von diesem gar nicht erfaßt würden. In sinngemäßer Anwendung des § 14 Abs. 2 NSchG sei das Vorhaben der mitbeteiligten Partei im geschützten Gebiet somit bewilligungsfähig, wobei nach § 24 Abs. 2 lit. a NSchG noch die Anforderungen des § 24 Abs. 3 NSchG wahrzunehmen seien. In Ansehung der Bewilligungsvoraussetzungen des § 24 Abs. 3 NSchG beeinträchtige das Vorhaben der mitbeteiligten Partei auf den Parkplatzteilflächen A, B, D und E - aus näher dargelegten Gründen - weder den Charakter der Landschaft, noch das Landschaftsbild, noch den Naturhaushalt erheblich. Hingegen führe
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wie gleichfalls näher dargelegt - die Verwirklichung des Projektes auf der Teilfläche C zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Landschaftscharakters, des Landschaftsbildes sowie des Naturhaushaltes. Diese nachteiligen Auswirkungen würden allerdings durch die von der mitbeteiligten Partei in Abänderung ihres ursprünglichen Ansuchens vorgelegte Ausgleichsmaßnahme ("Umbau der bachbegleitenden Vegetation an einem Bachstück des Hirschbaches in der Weitwörther Au") aus näher beschriebenen Gründen erheblich überwogen, sodaß die naturschutzbehördliche Bewilligung zu erteilen gewesen sei. Von einer Interessenabwägung gemäß § 3 Abs. 3 NSchG habe aufgrund des zurückgezogenen Antrages abgesehen werden können.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie beantragte, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift, in der sie beantragte, die Beschwerde kostenpflichtig zurück-, in eventu abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In Prüfung der Prozeßvoraussetzungen ist zunächst auf das Vorbringen der mitbeteiligten Partei einzugehen, Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof könne rechtswirksam nur von allen Mitgliedern der Landesumweltanwaltschaft gemeinsam erhoben werden. Mangels gegenteiliger organisatorischer Bestimmungen könnten nämlich die der Landesumweltanwaltschaft eingeräumten Aufgaben durch jene Personen, aus denen diese Einrichtung nach dem Anerkennungsbescheid vom 3. November 1992 bestehe, die diese Einrichtung daher gemeinsam darstellten, auch nur gemeinsam wahrgenommen werden. Es fehle jedoch an dem erforderlichen einstimmig gefaßten Beschluß aller Mitglieder der Landesumweltanwaltschaft, Beschwerde zu erheben, bzw. den die Beschwerde unterfertigenden Rechtsanwalt zu bevollmächtigen.
Dieser Auffassung ist nicht zu folgen.
Gemäß § 2 Abs. 1 des in Ansehung der Prozeßvoraussetzungen anzuwendenden Gesetzes über die Salzburger Landesumweltanwaltschaft LGBl. Nr. 25/1987, i.d.F. LGBl. Nr. 48/1993 (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 1997, Zl. 95/10/0078), kann die Landesregierung eine Einrichtung, deren Aufgabe die Wahrung der Interessen des Umweltschutzes ist, auf ihren Antrag oder von Amts wegen durch Bescheid als Landesumweltanwaltschaft anerkennen.
Die Anerkennung einer Einrichtung als Landesumweltanwaltschaft ist gemäß § 2 Abs. 3 leg. cit. von der Landesregierung in der Salzburger Landes-Zeitung kundzumachen und wirkt auf die Dauer von fünf Jahren.
Laut Kundmachung in der Salzburger Landes-Zeitung vom 1. Dezember 1992 wurde mit Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 3. November 1992 die vom Verein "Gesellschaft für darstellende und angewandte Naturkunde - Haus der Natur" zu führende Einrichtung als Salzburger Landesumweltanwaltschaft anerkannt und gleichzeitig jene Personen namentlich genannt, die berechtigt sind, die der Landesumweltanwaltschaft gesetzlich eingeräumten Aufgaben wahrzunehmen.
Entgegen der Auffassung der mitbeteiligten Partei folgt aus diesem Bescheid nicht, daß die Landesumweltanwaltschaft aus den hier genannten Personen gebildet werde. Vielmehr ist diesem Bescheid zufolge eine vom genannten Verein zu führende Einrichtung als Landesumweltanwaltschaft anerkannt, wobei in Ansehung der Art und Weise, wie diese Einrichtung zu führen ist, in personeller und organisatorischer Hinsicht lediglich festgelegt ist, daß neben der Zuweisung der (internen) Leitungs- und Stellvertretungsfunktion die namentlich genannten Personen berechtigt sind, die der Landesumweltanwaltschaft gesetzlich eingeräumten Aufgaben namens dieser Einrichtung wahrzunehmen. Daß die Landesumweltanwaltschaft aus diesen Personen gebildet werde, ist diesem Bescheid aber nicht einmal ansatzweise zu entnehmen. Im übrigen hegt der Verwaltungsgerichtshof - auch aufgrund des Vorbringens der mitbeteiligte Partei - keine Bedenken gegen die wirksame Erteilung der Vollmacht durch einen hiezu berufenen Vertreter der Beschwerdeführerin an den Rechtsanwalt, der den Beschwerdeschriftsatz gefertigt hat.
In der Sache bringt die Beschwerdeführerin zunächst vor, die belangte Behörde habe dem Devolutionsantrag der mitbeteiligten Partei zu Unrecht stattgegeben und eine Sachentscheidung getroffen. Die mitbeteiligte Partei habe nämlich in ihrem Bewilligungsantrag vom 8. Juni 1995 geltend gemacht, es bestehe ein öffentliches Interesse im Sinn des § 3 Abs. 3 NSchG. Die Beschwerdeführerin habe bereits in der mündlichen Verhandlung vom 6. Juli 1995 darauf hingewiesen, daß in Ansehung dieses öffentlichen Interesses ein Nachweis vorzulegen wäre; die Behauptung, das öffentliche Interesse sei evident, genüge hiefür nicht. Erstmals in der mündlichen Verhandlung am 11. November 1996 - also lange nach Einbringung des Devolutionsantrages vom 16. Jänner 1996 - sei von der mitbeteiligten Partei ein entsprechendes Schreiben vorgelegt worden (das allerdings nach Meinung der Beschwerdeführerin seinem Inhalt nach gleichfalls nicht als Nachweis eines besonders wichtigen öffentlichen Interesses gewertet werden könne). Der Devolutionsantrag der mitbeteiligten Partei hätte daher mangels eines Alleinverschuldens der Behörde im Sinne des § 73 Abs. 2 AVG abgewiesen werden müssen. Darüber hinaus habe die mitbeteiligte Partei am 21. Oktober 1996 dadurch, daß sie eine Ausgleichsmaßnahme im Sinne des § 48 Abs. 2 NSchG angeboten habe, ihren Antrag in einem wesentlichen Punkt geändert. Die zufolge dieser Änderung maßgebliche Vorschrift des § 48 Abs. 2 NSchG setze die Feststellung eines Sachverhalts voraus, der nie Gegenstand des Verfahrens der säumigen Behörde gewesen sei. Zur Entscheidung des geänderten Antrages sei daher neuerlich die Unterbehörde zuständig gewesen.
Die Beschwerde ist bereits mit diesem Vorbringen im Ergebnis im Recht:
Selbst wenn die belangte Behörde dem Devolutionsantrag der mitbeteiligten Partei - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin - zu Recht stattgegeben hätte, wäre sie im Entscheidungszeitpunkt zur Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht (mehr) ermächtigt gewesen. Wie der Verwaltungsgerichtshof im hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 1995, Zl. 93/10/0128, ausgeführt hat, berührt die Anwendung des § 48 Abs. 2 zweiter Satz NSchG, wonach die anstelle der Untersagung eines Vorhabens erfolgende Vorschreibung von Ausgleichsmaßnahmen dann zulässig ist, wenn damit insgesamt eine wesentliche Verbesserung der Landschaftsbildes oder Naturhaushaltes bewirkt wird und diese Verbesserung die nachteiligen Auswirkungen der beabsichtigten Maßnahme erheblich überwiegt, das Wesen des zur Bewilligung beantragten Vorhabens. Eine auf die Erteilung der beantragten Bewilligung unter Anwendung des § 48 Abs. 2 zweiter Satz NSchG gerichtete Änderung des Bewilligungsantrages ist daher als Änderung des Antrages in einem wesentlichen Punkt, d.h. als ein - unter diesbezüglicher Zurückziehung des ursprünglich gestellten Antrages - neuer Antrag zu qualifizieren (vgl. dazu z.B. das hg. Erkenntnis vom 1. Juli 1997, Zl. 95/04/0129, und die hier zitierte Vorjudikatur).
Daraus folgt, daß dann, wenn eine solche wesentliche Änderung des Antrages erfolgt, nachdem eine Partei im Devolutionsweg die Oberbehörde angerufen hat, über den geänderten Antrag (wiederum) die gemäß § 73 Abs. 1 AVG zuständige Behörde zu entscheiden hat (vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 1994, Zl. 91/07/0083).
Zufolge der dargestellten Rechtslage fehlte der belangten Behörde daher jedenfalls die Ermächtigung, über den von der mitbeteiligten Partei - nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten - am 21. Oktober 1996 durch Vorlage des Projektes einer Ausgleichsmaßnahme gemäß § 48 Abs. 2 zweiter Satz NSchG geänderten Bewilligungsantrag zu entscheiden.
Der aus diesem Grund mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastete Bescheid ist - ohne auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Stempelgebühren betreffende Mehrbegehren ist abzuweisen, weil die Mehraufwendungen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht erforderlich waren.
Wien, am 7. September 1998
Schlagworte
Parteistellung ParteienantragIndividuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997100021.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
26.06.2017