TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/27 W265 2223781-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.11.2019
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Entscheidungsdatum

27.11.2019

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W265 2223781-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Karin RETTENHABER-LAGLER als Vorsitzende und die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Christina MEIERSCHITZ als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, vom 14.08.2019, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte am 13.01.2016 beim Sozialministeriumservice (in der Folge auch als belangte Behörde bezeichnet) einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses sowie eines Ausweises gemäß § 29 b StVO (Parkausweis), der entsprechend dem von der belangten Behörde zur Verfügung gestellten und vom Beschwerdeführer ausgefüllten Antragsformular auch als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in den Behindertenpass gilt.

Nach Einholung von zwei Sachverständigengutachten durch die belangte Behörde und der Feststellung eines Gesamtgrades der Behinderung von 70 v.H. wurde dem Beschwerdeführer am 06.04.2016 ein Behindertenpass ausgestellt. Hingegen wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 06.04.2016 den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in den Behindertenpass ab. Nach Einholung von zwei weiteren Sachverständigengutachten wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 30.05.2017 die gegen den Bescheid vom 06.04.2016 erhobene Beschwerde des Beschwerdeführers ab.

In der Folge beantragte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde im Jänner 2018 und September 2018 erneut die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in den Behindertenpass, welche die belangte Behörde ebenfalls abwies.

Am 11.09.2019 stellte der durch den Kriegsopfer- und Behindertenverband für Wien, Niederösterreich und Burgendland (in der Folge auch als KOBV bezeichnet) bevollmächtigt vertretene Beschwerdeführer bei der belangten Behörde den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29 b StVO (Parkausweis), der entsprechend dem von der belangten Behörde zur Verfügung gestellten und vom Beschwerdeführer ausgefüllten Antragsformular auch als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gilt und legte dabei ein Konvolut an medizinischen Befunden vor.

Die belangte Behörde gab in der Folge ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung in Auftrag.

In dem auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 02.07.2019 basierenden orthopädischen Gutachten vom 15.07.2019 wurde Folgendes - hier in den wesentlichen Teilen wiedergegeben - ausgeführt:

"Anamnese:

geht mit 1 UA-Stützkrücke

Händedruck vorsichtig

Re. seien die Finger 4 und 5 taub, er habe kein Gefühl, Dinge fallen aus der Hand - er könne sich auch nicht anhalten (Z.n. Dekompression des N. ulnaris re.)

KHK, Dreigefäßerkrankung, Zustand nach mehreren Stents

Mittelgradige Aortenstenose und persistierendes Vorhofflimmern bei Z.n. elektrischer Cardioversion 10/2017 - zuletzt lt. EKG Sinusrhythmus

Hitze verschlimmere, Schwitzen schon bei kleiner Betätigung, er müsse sich hinlegen; vermehrt müde

Beschwerden re. Knie - Schmerzen bis zur Hüfte, Schmerzen auch im Liegen, er könne nicht daraufliegen - Schmerzen auch beim Gehen, deswegen die Krücken

Meralgia paraesthetica re.

Es bestehe Pflegestufe 1

Derzeitige Beschwerden:

s. oben

Behandlung/en / Medikamente / Hilfsmittel:

Diovan, Carvedilol, Eliquis, TASS, Lasix 40 mg 1x1, Spirobene, Ranexa, Atozet, Lansobene

Sozialanamnese:

Allein lebend, 1 Sohn, Pension, früher Installateur und Beamter

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

XXXX v. 5. 3. 19: Sonomorphologisches Bild einer Meralgia paraesthetica re. durch direkten Nahebezug des Nervs zur

Spina iliaca ant. sup

XXXX v. 1. 2. 19: Postoperatives Bild nach Dekompression des N.ulnaris cubital. Kein NW einer Komplikation oder einer

Rezidiv-Stenose Mäßig Narbengewebe, der Nerv gering verdickt

XXXX v. 21. 2. 19:

Koronare Dreigefäßerkrankung, Reangio mit 1 DES ad PDA der RCA am

21.11.2018, neg. FFR Untersuchung von LAD und CX (FFR LAD 0,84, FFR CX 0,97)

Z.n. 3 DES ad mittlere + distale LAD 2/2018

Z.n. DES UM-CX ASt 3/2009

Mittelgradige Aortenstenose

VH-Flimmern, dzt persistierend, Z.n. elektr. Cardioversion am 17.10.2017

Chronische Niereninsuffizienz

art. Hypertonie

Hyperlipidämie

Adipositas, Steatosis hepatis

Hyperurikämie

Struma nodosa, Euthyreose

Rö Beckenübersicht v. 4. 1. 19: Beckenschiefstand, Oberschenkellängendifferenz von 8mm, wie oben beschrieben.

Diffuse Knochendichteminderung suspekt auf Osteopenie, keine rezente Fraktur.

Diskrete Sacroiliacalarthrose re.

Bilat. mäßige Coxarthrose, re > li, mit zwei reiskorngroßen Weichteilverkalkungen im Sinne eines Os ad acetabulum.

NB: Fibroostosen, wie oben beschrieben.

Wenige mm langer degenerativer oberer Trochantersporn, re > li.

Diskrete Symphysensklerose.

Rö. d. re. Kniegelenkes v. 4.1.19: Diskrete Gonarthrosis dext.

Keine rezenten entzündl. Gelenksveränderungen.

Oberer u. unterer Patellarsporn.

Exostose am Oberrand der Tuberositas tibiae mit einer über 1cm messenden Ansatzverkalkung der Achillessehne.

NB: Diskrete Gefäßverkalkungen in der Poplitea.

Kleine Fabella.

Keine rezenten entzündl. Gelenksveränderungen.

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

normal

Ernährungszustand:

adipös

Größe: 178 cm Gewicht: 110 kg Blutdruck:

Klinischer Status - Fachstatus:

Caput: bland

Collum: bland

Cor: HT deutliches Systolikum; arhy, normfrequent

Thorax: unauffällig

Pulmo: VA

Abdomen; Hepar am Ribo, Milz n. p, keine Defence oder Druckdolenz

Obere Extremitäten: Schulter- Ellenbogen, Handgelenke Finger frei beweglich, Faustschluss bds möglich

Wirbelsäule: im Lot, FBA 30 cm, LWS klopfdolent; SN und RT mäßig red., Lasege neg, Zehen und Fersengang bds möglich, Einbeinstand möglich

Hüftgelenke: bds Beweglichkeit etwas red.

Kniegelenke. li bland, re etwas eingeschränkt,

Sprunggelenke frei beweglich in allen Ebenen

Haut: leicht induriert -Venen UE bds

Neurologisch: grob neurologisch unauffällig

Sonstiges: keine Auffälligkeiten

Gesamtmobilität - Gangbild:

Ausreichend sicher und raumgreifend, hinkend, verwendet 1 UA-Stützkrücke

Status Psychicus:

Voll orientiert, Antrieb und Affizierbarkeit normal, Stimmung ausgeglichen

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

1

Koronare Herzkrankheit, Zustand nach mulltiplen Stent-Implantationen und Hinterwandinfarkt 2008, Vorhofflimmern, Bluthochdruck, Hypercholesterinämie, Aortenklappenstenose, Angina pectoris Beschwerden

2

Abnützung der Wirbelsäule, Lumbalgie

3

Aneurysma der Aorta ascendens und thoracalis

4

Gering- bis mittelgradige Schwerhörigkeit beidseits

5

Beginnende Hüftgelenksarthrose beidseits

6

Mäßige Kniegelenksarthrose beidseits

7

Diabetes mellitus II

8

Zustand nach Operation wegen Sulcus nervi ulnaris Syndrom

9

Meralgia paraesthetica rechts

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Leiden 1 wurde umformuliert, die Leiden 8 und 9 sind neu - das Gesamtleiden hat sich nicht verändert

[x] Dauerzustand

...

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Keine - die Gehstrecke ist ausreichend, das Gangbild ist zwar hinkend, jedoch ist eine kurze Wegstrecke bewältigbar, sicheres Ein- und Aussteigen sowie sicherer Transport sind möglich. Ausreichende Standfestigkeit ist gegeben, die Beugefunktion an den Gelenken ist soweit erhalten, dass einige Stiegen überwunden werden können. Die kardiopulmonale Leistungsbreite ist ausreichend, um eine kurze Wegstrecke zurücklegen zu können. Sicheres Festhalten ist möglich

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

Nein.

..."

Mit Schreiben vom 16.07.2019 brachte die belangte Behörde dem KOBV als bevollmächtigten Vertreter des Beschwerdeführers das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens in Wahrung des Parteiengehörs gemäß § 45 AVG zur Kenntnis und räumte ihm die Möglichkeit einer Stellungnahme ein. Der Beschwerdeführer gab keine Stellungnahme ab.

Mit angefochtenem Bescheid vom 14.08.2019 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung" in den Behindertenpass ab. In der Begründung des Bescheides werden im Wesentlichen die Ausführungen des eingeholten Sachverständigengutachtens vom 15.07.2019, welches als schlüssig erachtet werde, wiedergegeben. Dem Beschwerdeführer sei Gelegenheit gegeben worden, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens Stellung zu nehmen. Da eine Stellungnahme innerhalb der gesetzten Frist nicht eingelangt sei, habe vom Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nicht abgegangen werden können. Mit dem Bescheid wurde dem Beschwerdeführer das ärztliche Sachverständigengutachten übermittelt. Weiters wurde im Bescheid angemerkt, dass über den Antrag auf Ausstellung eines § 29b-Ausweises nach der Straßenverkehrsordnung (StVO) nicht abgesprochen werde, da laut Entscheidung der belangten Behörde die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" nicht vorlägen.

Mit am 24.09.2019 eingelangtem Schreiben erhob der durch den KOBV vertretene Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid fristgerecht die gegenständliche Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Dabei wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass der Beschwerdeführer aufgrund seines Herzleidens unter Dyspnoe und wiederkehrenden Schwindelanfällen leide, die das Zurücklegen einer Wegstrecke von 300 Metern unmöglich machen würden. Zusätzlich würden Abnützungserscheinungen und Veränderungen der Wirbelsäule sowie der Knie- und Hüftgelenke und ein Beckenschiefstand bestehen, was die Gehleistung noch weiter beeinträchtige. Dem Beschwerdeführer sei es auch nicht möglich, Stiegen zu steigen um in ein öffentliches Verkehrsmittel zu gelangen und in diesem sicher transportiert zu werden. Beim Beschwerdeführer würden sowohl eine erhebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit als auch eine erhebliche Einschränkung der Funktion der unteren Extremitäten bestehen, weshalb die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass vorliegen würden. Es werde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Einholung von Sachverständigengutachten aus den Fachbereichen Innere Medizin und Orthopädie beantragt. Der Beschwerde wurden keine medizinischen Befunde angeschlossen.

Mit Schreiben vom 15.10.2019 legte der KOBV als bevollmächtigter Vertreter des Beschwerdeführers einen Entlassungsbericht des XXXX vom 03.10.2019 vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Inhaber eines Behindertenpasses mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 70 v.H.

Er stellte am 11.04.2019 beim Sozialministeriumservice einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO, welcher auch als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gilt.

Beim Beschwerdeführer bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

-

Koronare Herzkrankheit, Zustand nach multiplen Stent-Implantationen und Hinterwandinfarkt 2008, Vorhofflimmern, Bluthochdruck, Hypercholesterinämie, Aortenklappenstenose, Angina pectoris Beschwerden

-

Abnützung der Wirbelsäule, Lumbalgie

-

Aneurysma der Aorta ascendens und thoracalis

-

Gering- bis mittelgradige Schwerhörigkeit beidseits

-

Mäßige Kniegelnksarthrose beidseits

-

Diabetes mellitus II

-

Zustand nach Operation wegen Sulcus nervi ulnaris Syndrom

-

Meralgia paraesthetica rechts

Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist dem Beschwerdeführer zumutbar.

Hinsichtlich der beim Beschwerdeführer bestehenden einzelnen Funktionseinschränkungen, deren Ausmaß, wechselseitiger Leidensbeeinflussung und Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel werden die diesbezüglichen Beurteilungen im oben wiedergegebenen, seitens der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 15.07.2019, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 02.07.2019, zu Grunde gelegt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Behindertenpass ergeben sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel, die zur Abweisung der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" führt, gründet sich auf das durch die belangte Behörde eingeholte Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 15.07.2019, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 02.07.2019.

Das vom Beschwerdeführer geschilderte Ausmaß der Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit und der Einschränkungen in den unteren Extremitäten konnten weder durch die vorgelegten Befunde noch das Ergebnis der persönlichen Untersuchung des Sachverständigen objektiviert werden. Das Gangbild des Beschwerdeführers zeigte sich in der Statuserhebung zwar hinkend, jedoch ausreichend sicher und raumgreifend. Das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke ist dem Beschwerdeführer daher möglich. Die verwendete Unterarm-Stützkrücke beeinträchtigt das Ein- und Aussteigen sowie die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht wesentlich, sondern steigert durch die vermehrte Sicherheit die Gehleistung. Aus den vorgelegten Befunden ist ersichtlich, dass sich das Herzleiden des Beschwerdeführers nach Stentsetzung und Kardioversion stabilisiert hat. Die körperliche Belastbarkeit des Beschwerdeführers ist daher ebenso nicht in einem Ausmaß eingeschränkt, das die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar machen würde. Die Schulter-, Ellbogen- und Handgelenke sowie die Finger des Beschwerdeführers sind frei beweglich, auch ein Faustschluss ist beidseitig möglich, sodass Haltegriffen und Aufstiegshilfen erreicht werden können und der Beschwerdeführers sich in einem öffentlichen Verkehrsmittel festhalten kann.

Der Beschwerdeführer legte im Rahmen der Beschwerde keine Befunde vor, die geeignet wären, eine andere Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen herbeizuführen bzw. eine zwischenzeitig eingetretene Verschlechterung der Leidenszustände zu belegen und allenfalls zu einer anderen rechtlichen Beurteilung zu führen.

Der Beschwerdeführer legte durch den KOBV mit Schreiben vom 15.10.2019 einen Entlassungsbrief des XXXX vom 03.10.2019 vor. Diesbezüglich ist auf die Neuerungsbeschränkung gemäß § 46 BBG hinzuweisen, wonach ab dem Zeitpunkt des Einlangens der Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht - im vorliegenden Fall am 26.09.2019 - keine neuen Tatsachen und Beweismittel vorgebracht werden dürfen. Der nachgereichte Befund kann somit im gegenständlichen Beschwerdeverfahren nicht mehr berücksichtigt werden. Abgesehen davon, dass der Entlassungsbrief der Neuerungsbeschränkung unterliegt wird darin eine mittel- bis höhergradige AK-Stenose diagnostiziert, die auch bereits im Sachverständigengutachten festgestellt wurde. Ein akutes Coronarsyndrom konnte ausgeschlossen werden. Nach Adaptierung der medizinischen Therapie kam es zu einer Besserung der Beschwerden und der Beschwerdeführer konnte in gutem Allgemeinzustand kardiopulmonal kompensiert entlassen werden. Die körperliche Belastbarkeit ist damit nicht in einem Ausmaß einschränkt, welches die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar machen würde.

Der Beschwerdeführer ist dem vorliegenden Sachverständigengutachten im Lichte obiger Ausführungen daher nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093).

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit, Widerspruchsfreiheit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens vom 15.07.2019. Dieses wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

1. Zur Entscheidung in der Sache

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten:

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

...

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

...

§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.

§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen."

§ 1 Abs. 4 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, idg F BGBl II Nr. 263/2016 lautet - soweit im gegenständlichen Fall relevant - auszugsweise:

"§ 1 ....

(4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen:

1. .......

2. ......

3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und

-

erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder

-

erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

-

erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller

Fähigkeiten, Funktionen oder

-

eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

-

eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1

Abs. 2 Z 1 lit. b oder d vorliegen.

(5) Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

(6)......"

In den Erläuterungen zu § 1 Abs. 2 Z 3 zur Stammfassung der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II Nr. 495/2013 wird unter anderem - soweit im gegenständlichen Fall relevant - Folgendes ausgeführt:

"Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (neu nunmehr § 1 Abs. 4 Z. 3, BGBl. II Nr. 263/2016):

...

Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.

...

Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.

Komorbiditäten der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.

Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:

-

arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option

-

Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen

-

hochgradige Rechtsherzinsuffizienz

-

Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie

-

COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie

-

Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie

-

mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden

Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:

-

Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr,

-

hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten,

-

schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen,

-

nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden - Begleitperson ist erforderlich.

Eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems, die eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen signifikanter Infektanfälligkeit einschränkt, liegt vor bei:

-

anlagebedingten, schweren Erkrankungen des Immunsystems (SCID - sever combined immundeficiency),

-

schweren, hämatologischen Erkrankungen mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit (z.B: akute Leukämie bei Kindern im 2. Halbjahr der Behandlungsphase, Nachuntersuchung nach Ende der Therapie),

-

fortgeschrittenen Infektionskrankheiten mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit,

-

selten auftretenden chronischen Abstoßungsreaktion nach Nierentransplantationen, die zu zusätzlichem Immunglobulinverlust führen.

Bei Chemo- und/oder Strahlentherapien im Rahmen der Behandlung onkologischer Erkrankungen, kommt es im Zuge des zyklenhaften Therapieverlaufes zu tageweisem Absinken der Abwehrkraft. Eine anhaltende Funktionseinschränkung resultiert daraus nicht.

Anzumerken ist noch, dass in dieser kurzen Phase die Patienten in einem stark reduzierten Allgemeinzustand sind und im Bedarfsfall ein Krankentransport indiziert ist.

Bei allen frisch transplantierten Patienten kommt es nach einer anfänglichen Akutphase mit hochdosierter Immunsuppression, nach etwa 3 Monaten zu einer Reduktion auf eine Dauermedikation, die keinen wesentlichen Einfluss auf die Abwehrkräfte bei üblicher Exposition im öffentlichen Raum hat.

Keine Einschränkung im Hinblick auf die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel haben:

-

vorübergehende Funktionseinschränkungen des Immunsystem als Nebenwirkung im Rahmen von Chemo-und /oder Strahlentherapien,

-

laufende Erhaltungstherapien mit dem therapeutischen Ziel, Abstoßreaktionen von Transplantaten zu verhindern oder die Aktivität von Autoimmunerkrankungen einzuschränken,

-

Kleinwuchs,

-

gut versorgte Ileostoma, Colostoma und Ähnliches mit dichtem Verschluss. Es kommt weder zu Austritt von Stuhl oder Stuhlwasser noch zu Geruchsbelästigungen. Lediglich bei ungünstiger Lokalisation und deswegen permanent undichter Versorgung ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar,

-

bei Inkontinenz, da die am Markt üblichen Inkontinenzprodukte ausreichend sicher sind und Verunreinigungen der Person durch Stuhl oder Harn vorbeugen. Lediglich bei anhaltend schweren Erkrankungen des Verdauungstraktes ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar."

..."

Der Vollständigkeit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 14.08.2019 der Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" gemäß §§ 42 und 45 Bundesbehindertengesetz idgF BGBl I Nr. 59/2018 (in der Folge kurz BBG) abgewiesen wurde. Verfahrensgegenstand ist somit nicht die Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung, sondern ausschließlich die Prüfung der Voraussetzungen der Vornahme der beantragten Zusatzeintragung.

Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142, und die dort zitierten Erkenntnisse vom 18.12.2006, 2006/11/0211, und vom 17.11.2009, 2006/11/0178, jeweils mwN.).

Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt.

Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hiebei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080).

Betreffend das Kalkül "kurze Wegstrecke" wird angemerkt, dass der Verwaltungsgerichtshof von einer unter Zugrun

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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