Entscheidungsdatum
27.11.2019Norm
BBG §40Spruch
W265 2223334-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Karin RETTENHABER-LAGLER als Vorsitzende und die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Christina MEIERSCHITZ als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX , vertreten durch den Kriegsopfer- und Behindertenverband für Wien, Niederösterreich und Burgenland, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 25.04.2019, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 21.08.2019, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer war ab 2008 Inhaber eines Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 70 v.H. Mit allgemeinmedizinischem Sachverständigengutachten vom 11.07.2013 wurde eine deutliche Besserung festgestellt und die Leiden "Persönlichkeitsstörung" und "Chronische Hepatitis C" mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 30 v. H. eingestuft.
Am 16.11.2018 stellte der durch den stellte Kriegsopfer- und Behindertenverband für Wien, Niederösterreich und Burgenland (im Folgenden auch als KOBV bezeichnet) bevollmächtigt vertretene Beschwerdeführer erneut einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Sozialministeriumservice (im Folgenden auch als belangte Behörde bezeichnet) und legte dabei ein Konvolut an medizinischen Befunden vor.
Die belangte Behörde gab in der Folge ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung in Auftrag. In dem auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 05.03.2019 basierenden Gutachten vom 25.03.2019 wurde Folgendes - hier in den wesentlichen Teilen wiedergegeben - ausgeführt:
"Anamnese:
Letzte hierortige Einstufung 7/2013 Dr.Lechner mit 30% (Persönlichkeitsstörung 30, chronische Hepatitis C 20)
Varikozele links als Kind, Unterlidoperation links
2018-10 Stent -PTA der Ateria iliaca communis links bei peripherer arterieller Verschlußkrankheit
Hepatitis C seit 2006 bekannt, jetzt 3. X Interferontherapie laufend , erstmals 2010
Depressionen seit ca. 10 Jahren, 2014 in Hollenburg mit Linderung
Derzeitige Beschwerden:
Der Antragswerber klagt "über Ganzköperschmerzen mit Ausstrahlung in den linken Arm, kaum belaste er sie bekomme er schmerzen, auch wenn er den Fuß belaste. Mit dem 30. LJ habe er mit den Drogen aufgehört, auch mit Alkohol und Rauchen, er lebe zurückgezogen, kämpfe mit Depressionen und habe Panik bei den Menschen. Er sei jetzt nicht mehr so mit Medikamenten zugedröhnt wie früher. Bei der linken Schulter sei irgendetwas geplatzt, irgendeine Verletzung, in der Nacht hatte er letzten Herbst so Herzanfälle mit Schüttelfrost , insgesamt 4 x gehabt , nachdem Stenting nicht mehr aufgetreten. Er habe Angstzustände, weil er das spüre mit Druck, wenn er aber liege gehe das weg. Er wisse nicht wie es weitergehe, , mit der Leber müsse er warten und mit dem Stent bis es weiter besser werde ? Er könne nur noch alles langsam machen.
Mit den Nerven habe er auch Probleme, manchmal fange er plötzlich zu zittern an und bekomme dann Spritzen, daß das gestoppt wird"
Keine spezifizierte Allergie bekannt
Anderwärtige schwere Krankheiten, Operationen oder Spitalsaufenthalte werden negiert.
Lt. eigenen Angaben mit öffentlichen VM zur ho. Untersuchung gekommen.
Behandlung/en / Medikamente / Hilfsmittel:
Epclusa, Pantoprazol, Mexalen, Xanor, Mexalen, Xanor, Clopidogrel, Restex, Gabapentin
Sozialanamnese:
seit ca. 20 Jahren mit Unterbrechungen arbeitslos als Kellner und mit Hilfstätigkeiten, 3 x geschieden zuletzt 2013, 3 Kinder 19-7,
wohnt in Gemeindewohnung im 7. Stock mit Lift.
Kein Pflegegeld, die Mutter unterstütze ihn. Eine Sozialarbeiterin wolle ihm helfen eine größere Wohnung zu finden
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
2019-1 XXXX , FA für Neurologie und Psychiatrie:
1. Zustand nach Polytoxikomanie.
2. HepatitsC.
3. Substanzbedingtes OPS,
4. Zustand nach symptomatischem Alkoholmissbrauch.
5. Chronisch rezidivierende depressive Störung.
6. Pseudodemenz
7. Generalisierte Angststörung und Panikattacken.
8. PVAK - Stents an den Beinarterien.
9. PNP
Der Patient ist derzeit seit ca. einem Jahr Drogen- und Alkoholabstinent. Eine ? dritte Interferrontherapie für die Hepatitis C läuft derzeit (noch 8 Wochen).
2018-9 XXXX , FA für Neurologie und Psychiatrie:
massive PVAK an beiden UE. Die Gehstrecke ist auf wenige Meter eingeschränkt. Für den 15. 10. Ist die Aufnahme in der Gefäßchirurgie im WSP zur PTA und Stentimplantation geplant.
2018-1 Krankenhaus der Barmherzigen Brüder , neurologische Ambulanz:
Chron. Schmerzen
Ein und Durchschlafstörung
PNP
V.a. sek. RLS bei PNP
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
46 jähriger AW in gutem AZ kommt alleine ins Untersuchungszimmer, eine Sozialarbeiterin habe ihn hergeführt
Linkshänder
Ernährungszustand:
gut
Größe: 190 cm Gewicht: 80 kg Blutdruck: 120/80
Klinischer Status - Fachstatus:
Haut: und sichtbare Schleimhäute gut durchblutet, kein Ikterus, keine periphere oder zentrale Zyanose
Caput: HNAP frei, kein Meningismus, sichtbare Schleimhäute:
unauffällig Zunge feucht, wird gerade hervorgestreckt, normal ,
Brillenträger PR unauffällig, Rachen: bland,
Gebiß: saniert,
Hörvermögen ohne Hörgerät unauffällig.
Collum: Halsorgane unauffällig, keine Einflußstauung, keine Stenosegeräusche
Thorax: symmetrisch, leichte Trichterbrust
Cor: HT rhythmisch, mittellaut, normfrequent Puls: 72 / min
Pulmo: sonorer KS, Vesikuläratmen, Basen atemverschieblich, keine Dyspnoe in Ruhe und beim Gang im Zimmer
Abdomen: Bauchdecken im Thoraxniveau, Hepar nicht vergrößert, Lien nicht palpabel, keine pathologischen Resistenzen tastbar, indolent, NL bds. frei
Extremitäten:
OE: Tonus, Trophik und grobe Kraft altersentsprechend unauffällig. Nacken und Schürzengriff möglich, links erschwert vorgezeigt, sonst in den Gelenken altersentsprechend frei beweglich, Faustschluß beidseits unauffällig, eine Sensibilitätsstörung wird nicht angegeben Feinmotorik und Fingerfertigkeit ungestört.
UE: Tonus, Trophik und grobe Kraft altersentsprechend unauffällig. Beugung linke Hüfte nur bis 100° und Kniebeugung bis 110° zugelassen, sonst in den Gelenken altersentsprechend frei beweglich, Bandstabilität, keine Sensibilitätsausfälle, selbständige Hebung beider Beine von der Unterlage möglich, Grobe Kraft an beiden Beinen seitengleich normal.
Fußpulse tastbar, verstärkte Venenzeichnung keine Ödeme PSR:
seitengleich unauffällig, Nervenstämme: frei, Lasegue: neg.
Wirbelsäule: In der Aufsicht gerade, weitgehend im Lot, in der Seitenansicht gering verstärkte Brustkyphose und Abflachung der physiologischen Lendenlordose, FBA: 15 cm, Aufrichten frei, kein
Klopfschmerz, Schober:, Ott: unauffällig, endgradig eingeschränkte Seitneigung und Seitdrehung der LWS vorgezeigt , altersentsprechend freie Beweglichkeit der HWS, Kinn-Brustabstand: 1 cm,
Hartspann der paravertebralen Muskulatur,
Gesamtmobilität - Gangbild:
kommt mit Halbschuhen und einem Rollator, freier Stand sicher möglich, geht im Untersuchungszimmer frei, hinkend links. Zehenballen- und Fersenstand sowie Einbeinstand beidseits mit Anhalten durchgeführt. Die tiefe Hocke wird nicht durchgeführt. Vermag sich selbständig aus- und wieder anzuziehen
Status Psychicus:
Bewußtsein klar.
soweit allseits orientiert, Gedanken in Form und Inhalt geordnet, psychomotorisch ausgeglichen,
Merk- und Konzentrationsfähigkeit erhalten;
keine produktive oder psychotische Symptomatik,
Antrieb unauffällig, Affekt: leidend, dysthym
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos.Nr.
GdB %
1
Chronisch rezidivierende depressive Störung bei Zustand nach Polytoxikomanie. Angststörung und Panikattacken Heranziehung dieser Position mit 2 Stufen über dem unteren Rahmensatz, da durch regelmäßige Medikamenteneinnahme stabilisierbar
03.06.01
30
2
chronische Hepatits C Heranziehung dieser Position mit 1 Stufe über dem unteren Rahmensatz, da Lebersynthesestörung mit moderat ausgelenkten Leberwerten
07.05.01
20
3
Periphere arterielle Verschlußkrankheit Heranziehung dieser Position mit dem unteren Rahmensatz, da gutes Ergebnis nach Stentimplantation.
05.03.02
20
4
periphere Polyneuropathie Heranziehung dieser Position mit 1 Stufe über dem unteren Rahmensatz, da auch Verdacht auf Restless-Legs-Syndrom
04.06.01
20
5
Degenerative Gelenks- und Wirbelsäulenveränderungen Heranziehung dieser Position mit dem oberen Rahmensatz, da mäßige Funktionsstörungen bei Polyalgie , insbesondere der linken Schulter und des linken Beins - sowie ohne radikuläre Ausfälle
02.02.01
20
Gesamtgrad der Behinderung 30 v.H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Leiden 2-5 erhöht nicht weiter, da keine maßgebliche ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung besteht.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Erstmalige Berücksichtigung von Leiden 3-5.
Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:
keine Änderung
[x] Dauerzustand
..."
Mit Schreiben vom 28.03.2019 brachte die belangte Behörde dem KOBV als bevollmächtigtem Vertreter des Beschwerdeführers das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens in Wahrung des Parteiengehörs gemäß § 45 AVG zur Kenntnis und räumte die Möglichkeit einer Stellungnahme ein. Es wurde keine Stellungnahme abgegeben.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 25.04.2019 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Behindertenpasses ab und führte begründend aus, dass das medizinische Beweisverfahren einen Grad der Behinderung von 30 v.H. ergeben habe und somit die Voraussetzungen zur Ausstellung eines Behindertenpasses nicht gegeben seien. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien dem Beiblatt, das einen Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen. Dem Beschwerdeführer sei Gelegenheit gegeben worden, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens Stellung zu nehmen. Da eine Stellungnahme innerhalb der gesetzten Frist nicht eingelangt sei, habe vom Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nicht abgegangen werden können. Mit dem Bescheid wurde dem Beschwerdeführer das ärztliche Sachverständigengutachten übermittelt.
Mit Schreiben vom 07.06.2019, eingelangt bei der belangten Behörde am 11.06.2019, erhob der durch den KOBV bevollmächtigt vertretene Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid fristgerecht die gegenständliche Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin brachte er im Wesentlichen vor, der festgestellte Grad der Behinderung von 30 v.H. sei zu niedrig. Insbesondere die Einstufung der Leiden 1 und 2 würden keinesfalls dem tatsächlichen Schweregrad entsprechen. Beim Beschwerdeführer bestehe bereits jahrelang ein psychiatrisches Krankheitsbild. Neben den im Gutachten festgestellten chronischen Depressionen und der Angststörung mit Panikattacken würde auch ein substanzbedingtes organisches Psychosyndrom mit Pseudodemenz vorliegen. Der Beschwerdeführer sei infolge des psychischen Zustandsbildes in seiner Leistungsfähigkeit gravierend eingeschränkt. Beim Leiden 2 sei nicht berücksichtigt worden, dass sich der Beschwerdeführer bereits zum dritten Mal einer Interferontherapie unterziehen müsse, welche mit massiven Nebenwirkungen verbunden sei. Das Leiden wäre bei richtiger Beurteilung mit mindestens 30 v.H. einzuschätzen gewesen. Es sei zudem zu beachten, dass die Interferontherapie auch mit einer Verschlechterung der psychischen Beschwerden verbunden ist, sodass insofern auch eine Leidensbeeinflussung mit dem Leiden 1 bestehe. Der Beschwerdeführer sei infolge seiner den Bewegungsapparat betreffenden Beschwerden (Leiden 3-5) sowie des daraus resultierenden chronischen Schmerzsyndroms - welches ebenfalls einer Einschätzung zu unterziehen wäre - in seiner Bewegungsfähigkeit stark eingeschränkt und benötige auch aus diesem Grund ständiger Hilfe im Alltagsleben. Die Gehstrecke sei trotz durchgeführter Stentisierung weiterhin auf 100 Meter eingeschränkt und eine Arbeitsfähigkeit sei Jahren nicht gegeben. Der Beschwerde wurde ein Befund der gefäßchirurgischen Abteilung des Wilhelminenspitals vom 16.04.2019 über die dortige ambulante Behandlung des Beschwerdeführers angeschlossen. Weiters wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Einholung von Sachverständigengutachten aus den Fachbereichen der Neurologie/Psychiatrie, Innere Medizin und Orthopädie beantragt.
Aufgrund der Einwendungen des Beschwerdeführers und des vorgelegten Befundes ersuchte die belangte Behörde den bereits befassten Sachverständigen und Arzt für Allgemeinmedizin um eine Stellungnahme. In der auf der Aktenlage basierenden ergänzenden Stellungnahme vom 02.07.2019 wurde Folgendes - hier in den wesentlichen Teilen wiedergegeben - ausgeführt:
"Der Antragswerber gab -vertreten durch den KOBV - im Rahmen des Parteiengehörs vom 11.06.2019 an, daß er mit dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nicht einverstanden sei, da seine Leiden zu gering eingeschätzt worden seien
Beigelegt wurde ein Ambulanz Befund des XXXX , Angiologie vom 16-4-2019, der einen St.p. Stent+PTA AICS 10/18 mit seither stechende Schmerzen im linken Schulterblatt, oberflächlich an der linken Leiste sowie auch eine Claudicatiosymptomatik, aber Vordergründig bewegungsassoziiert beschreibt und die Vorstellung bei einem niederg. Neurologen/Orthopäden zur weiteren Diagnostik des Bewegungsapparates empfiehlt.
Ein weiterer Befund wurde bis jetzt noch nicht vorgelegt.
Hinsichtlich der angeblich zu geringen Bewertung des Leberleidens (Nr.2), ist die vorhandene Einstufung korrekt, den EVo-Kriterien entsprechend und stehen die aufliegenden Laborbefunde dazu gerade nicht im Widerspruch
Die vom Antragsteller beim Antrag und bei der Untersuchung vorgebrachten Leiden wurden von allgemeinmedizinischer Seite unter Beachtung der vom Antragsteller zur Verfügung gestellten Befunde zur Kenntnis genommen und einer richtsatzgemäßen Einschätzung unterzogen.
Bei der hierortigen Untersuchung stand eine chronisch rezidivierende Depression im Vordergrund, insbesondere konnten keine Anzeichen für eine einschätzungsrelevante Demenz objektiviert werden.
Die Folgen beziehungsweise Nebenwirkungen der Interferontherapie sind in Leiden 2 mitberücksichtigt, das Schmerzsyndrom in Leiden 5.
Insgesamt beinhalten die nachgereichten Einwendungen daher keine ausreichend relevanten Sachverhalte, welche eine Änderung des Gutachtens bewirken würden, sodaß daran festgehalten wird."
Mit Schreiben vom 03.07.2019 brachte die belangte Behörde dem KOBV als bevollmächtigtem Vertreter des Beschwerdeführers das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens in Wahrung des Parteiengehörs gemäß § 45 AVG zur Kenntnis und räumte die Möglichkeit einer Stellungnahme ein.
Mit Schreiben vom 19.07.2019 legte der KOBV als bevollmächtigter Vertreter des Beschwerdeführers einen MRT-Befund der Halswirbelsäule und des linken Schultergelenks vom 07.07.2019, einen Befund der Psychosomatikambulanz des Krankenhauses der Barmherzigen Schwestern vom 27.06.2019 und eine Ambulanzkarte des Krankenhauses der Barmherzigen Schwestern vom 27.06.2019 vor.
Aufgrund der Einwendungen des Beschwerdeführers ersuchte die belangte Behörde dien bereits befassten Sachverständigen und Arztes für Allgemeinmedizin um eine weitere Stellungnahme. In der auf der Aktenlage basierenden ergänzenden Stellungnahme vom 21.08.2019 wurde Folgendes - hier in den wesentlichen Teilen wiedergegeben - ausgeführt:
"Der Antragswerber legte - vertreten durch den KOBV - im Rahmen des Parteiengehörs vom 22.07.2019 nochmals Befunde vor.
Beigelegt wurde eine handgeschriebene Ambulanzkarte des Krankenhaus der barmherzigen Schwestern, Abteilung für Innere Medizin und Psychosomatik vom 27.6.2019 die eine Depressio bei Zustand nach Polytoxicomanie, Zustand nach Stent der iliaca communis links und Zustand nach Hepatitis C diagnostiziert und den PSD empfiehlt. Die erste Seite eines Kurzarztbriefes derselben Ambulanz vom gleichen Datum mit der Diagnose Depressio, Pseudodemenz, Zustand nach Polytoxikomanie, Zustand nach Hepatitis C, PAVK -PTA der A. iliaca communis links 2018, PNP und substanzbedingtes OPS bei erstmaliger Vorstellung festhält. Die Conclusio der Seite 2 ist nicht vorliegend. Sowie ein MRT der Halswirbelsäule und des linken Schultergelenks vom 7.7.2019, der eine diffuse zervikale Spondylose, geringe Osteochondrosen der HWS mit geringfügigen Protrusionen C4-C6 ohne Herniation oder Vertebrostenose sowie einen weitgehend unauffälligen Befund des linken Schulterblattes beschreibt.
Auch diese in den vorgelegten Befunden beschriebenen Leiden wurden, entsprechend ihrer Ausprägung bei der hierortigen Untersuchung, gemäß der Einschätzungsverordnung in meinem Gutachten eingestuft.
Die Befunde zeigen insgesamt keine Veränderungen auf, die einen höheren Behinderungsgrad bewirken müssten
Somit ist eine Änderung des Gutachtens nicht gerechtfertigt."
Mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom 21.08.2019 wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice vom 25.04.2019, mit dem der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Behindertenpass abgewiesen worden war, abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt. Mit einem Grad der Behinderung von 30 v.H. würden die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht vorliegen.
Mit Schreiben vom 05.09.2019 stellte der Beschwerdeführer, bevollmächtigt vertreten durch den KOBV, fristgerecht einen Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG. Darin wird ausgeführt, dass sowohl das Gutachten vom 25.03.2019 als auch die beiden Stellungnahmen vom 02.07.2019 und 21.08.2019 den gravierenden Gesundheitsbeeinträchtigungen des Beschwerdeführers nicht ausreichend Rechnung tragen. Weiters seien keine neurologisch/psychiatrischen, orthopädischen sowie internen Fachgutachten erstellt worden. Nach der ständigen Judikatur des VwGH müsse ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles erschöpfe, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründe, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt worden seien, erkennbar machen lasse, sei mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar. Die eingeholte Stellungnahme erschöpfe sich im Wesentlichen in der (unzutreffenden) Feststellung, dass die Einschätzung korrekt erfolgt sei und entspreche somit nicht den in der Judikatur festgelegten Kriterien. Es sei keine ausreichende Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen und den vorgelegten Befunden erfolgt. Die bisherigen Einwendungen sowie die Anträge auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und auf Einholung von Sachverständigengutachten aus den Fachbereichen Interne Medizin, Neurologie/Psychiatrie und Orthopädie würden vollinhaltlich aufrecht bleiben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer brachte am 16.11.2018 den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Sozialministeriumservice ein.
Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.
Beim Beschwerdeführer bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
1. Chronisch rezidivierende depressive Störung bei Zustand nach Polytoxikomanie, Angststörung und Panikattacken
2. chronische Hepatits C
3. Periphere arterielle Verschlusskrankheit
4. periphere Polyneuropathie
5. Degenerative Gelenks- und Wirbelsäulenveränderungen
Hinsichtlich der beim Beschwerdeführer bestehenden Funktionseinschränkungen, deren Ausmaß, medizinischer Einschätzung und deren wechselseitiger Leidensbeeinflussung werden die diesbezüglichen Beurteilungen im seitens der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 25.03.2019 sowie die ergänzenden Stellungnahmen vom 02.07.2019 und 21.08.2019 zu Grunde gelegt.
Der Gesamtgrad der Behinderung des Beschwerdeführers beträgt aktuell 30 v.H.
2. Beweiswürdigung:
Das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses basiert auf dem Akteninhalt.
Die Feststellung zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Inland ergibt sich aus dem Akt; konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Inland hätte, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.
Der Gesamtgrad der Behinderung gründet sich auf das durch die belangte Behörde eingeholte Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 25.03.2019, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 05.03.2019.
Darin wird auf die Art der Leiden des Beschwerdeführers und deren Ausmaß schlüssig und widerspruchsfrei eingegangen. Der sachverständige Gutachter setzt sich auch mit der Frage der wechselseitigen Leidensbeeinflussungen und dem Zusammenwirken der zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen auseinander. Die getroffene Einschätzung, basierend auf dem im Rahmen der persönlichen Untersuchung erhobenen Befund, entspricht den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen. Die Gesundheitsschädigungen wurden nach der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft.
Aufgrund der Einwendungen in der Beschwerde und der Vorlage weiterer Befunde holte die belangte Behörde weitere Stellungnahmen des allgemeinmedizinischen Sachverständigen ein. In diesen Stellungnahmen vom 02.07.2019 und 21.08.2019 wird das Ergebnis des Gutachtens vom 25.03.2019 bestätigt.
Insoweit in der Beschwerde vorgeberacht wird, dass das substanzbedingte organische Psychosyndrom mit Pseudodemenz bei der Einstufung des psychischen Leidens nicht berücksichtigt worden sei, ist festzuhalten, dass das führende Leiden als "Chronisch rezidivierende depressive Störung bei Zustand nach Polytoxikomanie" eingestuft ist, die Ursache durch Substanzmissbrauch somit sehr wohl berücksichtigt wurde. In den bei Antragsstellung vorgelegten Befunden wurde lediglich der "Verdacht auf Pseudodemenz" geäußert, eine tatsächliche Diagnose einer einschätzungsrelevanten Demenz ist damit nicht objektiviert. Der einzige Befund, in dem eine Pseudodemenz als Diagnose genannt wird, ist der mit Schreiben vom 19.07.2019 nachgereichte Befundbericht der Psychosomatikambulanz des Krankenhauses der Barmherzigen Schwestern vom 27.06.2019, von dem hingegen lediglich die erste Seite übermittelt wurde und somit nicht schlüssig erkennbar ist, worauf sich diese Feststellung stützt. Im Rahmen der persönlichen Begutachtung durch den Sachverständigen am 05.03.2019 konnte eine Pseudodemenz aber gerade nicht objektiviert werden. In der Statuserhebung wurde der Beschwerdeführer als "allseits orientiert" beschrieben, seine Gedanken zeigten sich in Form und Inhalt geordnet und die Merk- und Konzentrationsfähigkeit war erhalten.
Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist auch das Hepatits C-Leiden korrekt eingestuft. In den vom Beschwerdeführer vorgelegten Laborbefunden vom 04.01.2018, 17.04.2018 und 25.09.2018 liegen die gemessenen GPT(ALAT)-Werte bei jeweils 97, 80 und 106 U/l, der Referenzbereich ist mit <50 angegeben. Für eine Einschätzung des Leidens unter der Positionsnummer 07.05.01 der Einschätzungsverordnung mit einem Grad der Behinderung von 30 bis 40 v. H. ist erforderlich, dass die ALAT/GPT-Werte das drei- bis sechsfache der oberen Grenze des Referenzwertes erreichen, was beim Beschwerdeführer nicht der Fall ist. Die Einstufung des Leidens unter der Positionsnummer 07.05.01 mit einem Grad der Behinderung von 20 v.H., welche ALAT/GPT-Werte bis zum dreifachen der oberen Grenze des Referenzwertes vorsieht, ist somit richtig. Auch die Nebenwirkungen der Interferontherapie sind in der Einschätzung mitberücksichtigt.
Die Stentimplantation führte zu einer Besserung des Gefäßleidens. Betreffend das Vorbringen in der Beschwerde, wonach die Gehstrecke des Beschwerdeführers auch nach durchgeführter Stentisierung weiterhin auf 100 Meter eingeschränkt sei, wurde auf den der Beschwerde angeschlossenen Befund vom 16.04.2019 verwiesen, in welchem jedoch nicht festgestellt wird, dass die Gehstrecke auf 100 Meter eingeschränkt ist. Der Sachverständige hielt im Gutachten vom 25.03.2019 fest, dass das behinderungsbedingte Erfordernis des vom Beschwerdeführer verwendeten Rollators nicht objektivierbar ist. Die Einwendungen waren daher nicht geeignet, eine höhere Einschätzung der Funktionseinschränkung "Periphere arterielle Verschlusskrankheit" herbeizuführen.
Die in dem Befund vom 16.04.2019 erwähnten Einschränkungen in der linken Schulter sind, ebenso wie das in der Beschwerde vorgebrachte Schmerzsyndrom, im Leiden 5 berücksichtigt.
Die in der Beschwerde sowie mit Schreiben vom 19.07.2019 vorgelegten Befunde wurden daher alle in den gutachterlichen Bewertungen einbezogen und waren somit nicht geeignet, eine andere Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen mit einem höheren Grad der Behinderung herbeizuführen bzw. eine zwischenzeitig eingetretene Verschlechterung der Leidenszustände zu belegen und allenfalls zu einer anderen rechtlichen Beurteilung zu führen.
Der Beschwerdeführer ist dem vorliegenden Sachverständigengutachten im Lichte obiger Ausführungen daher nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093).
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit, Widerspruchsfreiheit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens vom 25.03.2019 und der Stellungnahmen vom 02.07.2019 und 21.08.2019. Diese werden daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A)
Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes lauten auszugsweise:
"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
...
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.
§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
...
§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
...
§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen."
Wie oben unter Punkt II.2. ausgeführt, wird der gegenständlichen Entscheidung das seitens der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 25.03.2019, beruhend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 05.03.2019 zu Grunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers aktuell 30 v.H. beträgt. Die Funktionseinschränkungen wurden im Gutachten entsprechend den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft.
Der Beschwerdeführer ist diesem medizinischen Sachverständigengutachten und den ergänzenden gutachterlichen Stellungnahmen vom 02.07.2019 und 21.08.2019, wie bereits erwähnt, nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).
Da der Sachverhalt feststeht und die Sache daher entscheidungsreif ist, war dem in der Beschwerde gestellten Antrag auf Einholung weiterer Sachverständigengutachten aus den Fachbereichen Neurologie/Psychiatrie, Innere Medizin und Orthopädie nicht Folge zu geben. Lediglich der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass kein Rechtsanspruch auf die Zuziehung eines Facharztes eines bestimmten medizinischen Teilgebietes besteht.
Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, aktuell nicht erfüllt.
Im Übrigen ist aber auch darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht kommt.
Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.
Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Die Frage der Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung wurde unter Mitwirkung eines ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die strittigen Tatsachenfragen (Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen) gehören dem Bereich zu, der vom Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180) und des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH 09.06.2017, E 1162/2017) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG - trotz des in der Beschwerde und im Vorlageantrag gestellten Antrages auf eine mündliche Verhandlung - nicht entgegen. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.
Zu Spruchteil B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Behindertenpass, Grad der Behinderung, SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W265.2223334.1.00Zuletzt aktualisiert am
31.01.2020