TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/28 W207 2224401-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.11.2019
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Entscheidungsdatum

28.11.2019

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W207 2224401-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Vorsitzender und die Richterin Mag. Natascha GRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 08.10.2019, OB: XXXX , betreffend Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1 und § 45 Abs. 1 und 2 Bundesbehindertengesetz (BBG) als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer stellte am 13.05.2019 beim Sozialministeriumsservice (im Folgenden auch als belangte Behörde bezeichnet) den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses. Diesem Antrag legte er medizinische Unterlagen bei.

Die belangte Behörde gab in der Folge ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung in Auftrag. In diesem Sachverständigengutachten vom 10.09.2019 wurde nach Durchführung einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 16.07.2019 Folgendes - hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben - ausgeführt:

"...

Anamnese:

Operationen: Entfernung eines Tumors aus dem linken Unterschenkel 2015 im Krankenhaus XXX (keine Malignitätszeichen), initial keine signifikante Residualsymptomatik, 2017 abermalige Operation des linken Unterschenkels im XXX, postoperative Radiatio im XXX, der behandelnde Arzt an der chirurgischen Klinik des XXX hat keine weitere Therapie in Aussicht gestellt, derzeitige

Beschwerdesymptomatik: Schmerzen im Operationsgebiet, aktuelle

Medikation: Metagelan 500 2-2-2, Adamon long 150 0-0-1,

2016 Varizenstripping rechter Unterschenkel im Krankenhaus XXX mit zufriedenstellendem Ergebnis, jedoch Rezidiv, derzeit keine unmittelbare Operationsindikation, keine einschlägige Therapie,

Entfernung einer Chiari-Malformation im Bereich des Kleinhirns, operativ saniert an der neurochirurgischen Abteilung des Krankenhaus XXX per längsverlaufender Trepanation am Hinterkopf, zufriedenstellendes Ergebnis, jedoch intermittierend auftretende Schmerzen mit Behandlungserfordernis,

wegen der Schmerzsymptomatik wurde der Antragwerber an die Schmerzambulanz des XXX überwiesen, die rezente Behandlung besteht aus Metagelan 500, Adamon long ret. und Seractil f. 400 forte bei Bedarf sowie Magenschutz mit Pantoloc 40,

seit der Operation gibt der Antragwerber Atembeschwerden an, es wird ein lungenfachärztlicher Befund vom 29.05.2019 erstellt von Dr. B. vorgelegt, aus dem eine asthmoide Bronchitis zu entnehmen ist, als Therapievorschlag wird Foster Nexthaler 100/6 2-0-2 und Tavipec Kaps. 1-1-1 dokumentiert, in der Bodyplethysmographiebefund vom 29.05.2019 wird eine FEV1 %/FVC von 84,7% errechnet,

Nikotin: 0, Alkohol: 0,

Derzeitige Beschwerden:

im Vordergrund steht die Folgesymptomatik nach stattgehabter Schädeltrepanation zur Sanierung einer Chiari-Malformation, die Schmerzsymptomatik wird mit einer kombinierten analgetischen Therapie bedarfsweise behandelt,

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Neurontin 400 0-0-1, Duloxetin 30 1-0-1, Foster Nexthaler 100/6 1-0-1,

Sozialanamnese:

kein erlernter Beruf, zuletzt Pizzakoch bis 2010, Kündigung wegen Personalabbau im Unternehmen, seither arbeitslos gemeldet, geheiratet, 4 Kinder von denen 2 im Alter von 15 und 16 Jahren gemeinsamen Hausverband leben, Gattin: Reinigungskraft in Ausübung, Antragwerber lebt in einer Wohnung in Erdgeschoss, zum Erreichen der Wohnung sind etwa 6-7 Stufen zu überwinden, kein Pflegegeld,

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Operationsbericht des XXX vom 21.06.2017/Diagnosen: sonstige näher bezeichnete angeborene Fehlbildungen des peripheren Gefäßsystems,

Patientenbrief der neurochirurgischen Klinik des Krankenhaus XXX vom 13.11.2017/Diagnosen bei Entlassung: Chiari-Missbildungsgrad I mit tiefstehendem Kleinhirntonsillen und Liquor Abflussstörung, St. p. Hämangiom der linken oberen Extremität 06/2017, St. p. Hepatitis B, durchgeführte Maßnahmen: es 06.11.2017 Laminektomie und mikrochirurgische C1, mikrochirurgische Dekompression subokzipital, Durapatch-Plastik, Zusammenfassung: regulärer postoperativer Befund nach Dekompression des Foramen magnum und Duraerweiterungsplastik ohne Hinweis auf ischämisches Geschehen bzw. Diffusionsstörung, zum Zeitpunkt der Entlassung ist der Patient subjektiv beschwerdefrei, das Gangbild sicher unauffällig, gelegentlich tritt leichter Kopfschmerz auf,

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

guter Allgemeinzustand

Ernährungszustand:

guter Ernährungszustand

Größe: 180,00 cm Gewicht: 91,00 kg Blutdruck: 110/70

Klinischer Status - Fachstatus:

Sauerstoffsättigung bei Raumluft: pO2: 96%, Puls: 100/min, keine Ruhedyspnoe

Kopf: Zähne: saniert, Prothese, Sensorium frei, Nervenaustrittspunkte unauff., am Hinterkopf längsverlaufende blande Narbe nach Schädeltrepanation mit gute Haupthaardeckung, nur ein kleiner Teil der Narbe sichtbar,

Hals: keine Einflussstauung, Schilddrüse schluckverschieblich, Lymphknoten o.B.,

Thorax: symmetrisch,

Herz: normal konfiguriert, Herztöne rein, keine pathologischen Geräusche,

Lunge: vesikuläres Atemgeräusch, Basen gut verschieblich, son. Klopfschall,

Wirbelsäule: Halswirbelsäule frei beweglich, Kinn-Jugulum-Abstand 2cm, seichte linkskonvexe Skoliose der Brustwirbelsäule, Fingerbodenabstand 20cm, thorakaler Schober 30/33cm, Ott: 10/14cm, Hartspann der Lendenwirbelsäule,

Abdomen: weich, über Thoraxniveau, Hepar und Lien nicht palpabel, keine Resistenz tastbar,

Nierenlager: beidseits frei,

obere Extremität: frei beweglich, Globalfunktion und grobe Kraft beidseits erhalten, Nacken- und Kreuzgriff möglich,

untere Extremität: frei beweglich, insbesondere freie Beweglichkeit der Kniegelenke bei festem Bandapparat, Umfang des rechten Kniegelenkes: 41cm (links: 40cm), im Bereich des medialen linken Unterschenkels längsverlaufende halbkreisförmige Narbe nach Tumorresektion, Zustand nach Varizenstripping ohne trophische Hautschäden, keine signifikante Involutionsatrophie der Unterschenkelmuskulatur, Umfang des rechten Unterschenkels: 39cm (links: 38cm), keine Ödeme, keine trophischen Hautstörungen, es werden an beiden Unterschenkel Kompressionsstrümpfe getragen, Reflex lebhaft auslösbar, Babinski negativ, freie Beweglichkeit der Sprunggelenke, Sprunggelenksumfang rechts: 27cm (links: 28cm), Zehenballen- und Fersengang links mühevoll demonstriert,

Gesamtmobilität - Gangbild:

leicht hinkendes Gangbild, keine Gehhilfe erforderlich, keine objektivierbare Sturzneigung,

Status Psychicus:

zeitlich und örtlich orientiert, ausgeglichene Stimmungslage, normale Kommunikation möglich,

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

asthmoide Bronchitis oberer Rahmensatz, da ständige lungenspezifische Therapie erforderlich, jedoch keine signifikante Beeinträchtigung der respiratorischen Leistungsreserven dokumentiert

06.06.01

20

2

Zustand nach Entfernung eines Weichteiletumors im Bereich des linken Unterschenkels und Revisionsoperation unterer Rahmensatz, da gutes postoperatives Ergebnis ohne relevante Beeinträchtigung der angrenzenden Gelenke

01.01.02

20

3

Restsymptomatik nach stattgehabter Schädeltrepanation unterer Rahmensatz, da nur intermittierendes analgetisches Therapieerfordernis

04.11.01

10

4

Stammvarikositas bei Zustand nach Varizenstripping rechter Unterschenkel unterer Rahmensatz, da keine trophischen Hautschäden fassbar

05.08.01

10

Gesamtgrad der Behinderung 20 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Das führende Leiden unter If. Nr. 1) wird durch die Gesundheitsschädigung unter If. Nr. 2) nicht erhöht, da kein maßgebliches ungünstiges funktionelles Zusammenwirken besteht. Die übrigen Leiden erhöhen nicht, da von zu geringer funktioneller Relevanz.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

keine

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Erstgutachten

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

Erstgutachten

[X] Dauerzustand

Herr B. kann trotz seiner Funktionsbeeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb (allenfalls unter Zuhilfenahme von Unterstützungsstrukturen) einer Erwerbstätigkeit nachgehen:

[X] JA

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Keine, da die anerkannten Gesundheitsschädigungen keine erhebliche Einschränkung der Mobilität zur Folge haben.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

Nein, da keine erhebliche Einschränkung des Immunsystems durch objektive medizinische Befunde belegt wird.

..."

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 10.09.2019 wurde der Beschwerdeführer über das Ergebnis der Beweisaufnahme in Kenntnis gesetzt, das eingeholte Gutachten vom 10.09.2019 wurde dem Beschwerdeführer mit diesem Schreiben übermittelt. Dem Beschwerdeführer wurde in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens eine Stellungnahme abzugeben.

Der Beschwerdeführer brachte innerhalb der ihm dafür eingeräumten Frist keine Stellungnahme ein.

Mit Bescheid vom 08.10.2019 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 13.05.2019 auf Ausstellung eines Behindertenpasses ab und führte begründend aus, dass das medizinische Beweisverfahren einen Grad der Behinderung von 20 v.H. ergeben habe und somit die Voraussetzungen zur Ausstellung eines Behindertenpasses nicht gegeben seien. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien dem eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten, das einen Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen.

Mit E-Mail vom 11.10.2019 erhob der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid fristgerecht eine Beschwerde folgenden Inhaltes:

"Bescheid XXXX .hebe Einspruch da ich im Moment allein nicht gehen kann, da ich auch im Rechten hüfte Bein auch Probleme habe u. Auch im Kopf mit astma möchte nochmal eine Ärztliche Kontrolle mit dem Bescheid nicht der Richtig finde bitte sie um neue Kontrolle, danke"

Der Beschwerde wurden keine weiteren medizinischen Unterlagen beigelegt.

Die gegenständliche Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 15.10.2019 von der Behörde zur Entscheidung vorgelegt.

Am 24.10.2019 wurden von der belangten Behörde zwei vom Beschwerdeführer der Beschwerde nachgereichte Befunde vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer brachte am 13.05.2019 den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Sozialministeriumservice ein.

Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.

Der Beschwerdeführer leidet unter folgenden objektivierten Funktionseinschränkungen:

1. Asthmoide Bronchitis; ständige lungenspezifische Therapie erforderlich, jedoch keine signifikante Beeinträchtigung der respiratorischen Leistungsreserven

2. Zustand nach Entfernung eines Weichteiletumors im Bereich des linken Unterschenkels und Revisionsoperation; gutes postoperatives Ergebnis ohne relevante Beeinträchtigung der angrenzenden Gelenke

3. Restsymptomatik nach stattgehabter Schädeltrepanation; nur intermittierendes analgetisches Therapieerfordernis

4. Stammvarikositas bei Zustand nach Varizenstripping rechter Unterschenkel; keine trophischen Hautschäden fassbar

Der Gesamtgrad der Behinderung des Beschwerdeführers beträgt aktuell 20 v.H.

Hinsichtlich der beim Beschwerdeführer bestehenden Funktionseinschränkung und deren Ausmaß werden die diesbezüglichen Beurteilungen im oben wiedergegebenen medizinischen Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 10.09.2019 der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

2. Beweiswürdigung:

Das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses basiert auf dem Akteninhalt.

Die Feststellung zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt des Beschwerdeführers im österreichischen Bundesgebiet ergibt sich aus einer aktuell vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Behördenanfrage aus dem Zentralen Melderegister.

Die festgestellten Funktionseinschränkungen und der Gesamtgrad der Behinderung gründen sich auf das durch die belangte Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 10.09.2019.

In diesem medizinischen Sachverständigengutachten wird auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers und unter Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer im Verfahren vor der belangten Behörde vorgelegten medizinischen Unterlagen auf die Art der Leiden des Beschwerdeführers und deren Ausmaß schlüssig und widerspruchsfrei eingegangen. Die getroffenen Einschätzungen entsprechen den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen.

Mit dem Beschwerdevorbringen wird keine Rechtswidrigkeit der vom medizinischen Sachverständigen vorgenommenen einzelnen Einstufungen der festgestellten Leiden ausreichend substantiiert und konkret behauptet und ist eine solche auch von Amts wegen nicht ersichtlich. Das eingeholte medizinische Sachverständigengutachten schlüsselt konkret und umfassend auf, welche Funktionseinschränkungen beim Beschwerdeführer vorliegen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden. Aufgrund der vom Beschwerdeführer im Verfahren vor der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen und einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers konnte gegenwärtig kein höherer Grad der Behinderung als 20 v.H. objektiviert werden.

Am 24.10.2019 wurden im Wege der belangten Behörde zwei vom Beschwerdeführer der Beschwerde nachgereichte Befunde vorgelegt, welche er im bisherigen Verfahren noch nicht vorgelegt hatte, und zwar Befundberichte eines näher genannten Orthopädiezentrums vom 27.09.2019 und eines näher genannten Facharztes für Lungenkrankheiten vom 03.10.2019. Diese der Beschwerde nachgereichten Befunde unterliegen der Neuerungsbeschränkung des § 46 letzter Satz BBG, wonach in Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden dürfen, und sind diese daher im gegenständlichen Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht zu berücksichtigen.

Aber selbst bei hypothetischer Berücksichtigung dieser medizinischen Unterlagen vermögen diese nicht zur Erhöhung des aktuellen Grades der Behinderung des Beschwerdeführers zu führen, stehen diese doch in keinem entscheidungserheblichen Widerspruch zu dem vom medizinischen Sachverständigen festgestellten Ausmaß der vorliegenden Funktionseinschränkungen. Der Befundbericht eines näher genannten Facharztes für Lungenkrankheiten vom 03.10.2019 entspricht im Wesentlichen dem vom Beschwerdeführer bei seiner persönlichen Untersuchung vorgelegten Befund desselben Facharztes vom 29.05.2019. Im Befund vom 03.10.2019 wird diagnostiziert, dass der Beschwerdeführer an einer asthmatoiden Bronchitis leidet, welche vom beigezogenen Arzt für Allgemeinmedizin in seinem Sachverständigengutachten vom 10.09.2019 korrekt als Leiden 1 der Positionsnummer 06.06.01 der Anlage der Einschätzungsverordnung mit einem Grad der Behinderung von 20 v.H. zugeordnet wurde. Zum der Beschwerde nachgereichten Befundbericht eines näher genannten Orthopädiezentrums vom 27.09.2019, beinhaltend die Diagnose "Beinlängendifferenz, Coxalgie rechts, Coxarthrose rechts", ist auszuführen, dass mit diesem nicht das Vorliegen einer weiteren - über die ohnedies vorgenommenen Einstufungen hinausgehende - eigenständig einzuschätzenden Funktionseinschränkung in einschätzungsrelevanter Intensität aufgezeigt wird, zumal bei der aktuellen persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 16.07.2019 durch den beigezogenen Gutachter bei der Erhebung des klinischen Status keine maßgeblichen diesbezügliche Einschränkungen der Beweglichkeit der unteren Extremitäten bzw. der Lendenwirbelsäule und damit keine sich tatsächlich auswirkenden maßgeblichen Funktionsbeeinträchtigungen objektiviert werden konnten. Insofern wurden der Beschwerde daher auch keine Befunde nachgereicht, die die vorgenommenen Einstufungen widerlegen oder diesen entgegenstehen würden.

Der Beschwerdeführer ist daher dem eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 10.09.2019 im Ergebnis nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden medizinischen Sachverständigengutachtens eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 10.09.2019. Dieses Sachverständigengutachten wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

1. Zur Entscheidung in der Sache

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten:

"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

...

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

...

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

...

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

...

§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden."

Wie oben unter Punkt II.2. im Rahmen der beweiswürdigenden Ausführungen, auf die verwiesen wird, ausgeführt wurde, wird der gegenständlichen Entscheidung das seitens der belangten Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 10.09.2019 zu Grunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers aktuell 20 v.H. beträgt. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers und auf den vom Beschwerdeführer im Verfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen, entsprechen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigung.

Der Beschwerdeführer ist den Ausführungen des beigezogenen medizinischen Sachverständigen, denen das Bundesverwaltungsgericht folgt, wie bereits oben ausgeführt nicht substantiiert entgegengetreten, er hat kein Sachverständigengutachten bzw. keine sachverständige Aussage vorgelegt, in welcher die Auffassung vertreten worden wäre, dass die Annahmen und Schlussfolgerungen des beigezogenen medizinischen Sachverständigen unzutreffend oder unschlüssig seien und er hat auch sonst im Rahmen des Verfahrens keinerlei (zulässigen) Unterlagen vorgelegt, die ein zusätzliches Dauerleiden belegen würden oder aber Hinweise auf eine wesentliche Änderung gegenüber den bereits im Verfahren vor der belangten Behörde berücksichtigten Leidenszuständen ergeben würden.

Das medizinische Sachverständigengutachten vom 10.09.2019 ist auch nicht zu beanstanden, wenn es im Sinne des § 3 Abs. 3 und 4 der Einschätzungsverordnung eine entscheidungswesentliche ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung in dem Sinne, dass sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirken würde oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen würden, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen würden, im gegenständlichen Fall nicht gegeben sieht.

Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 20 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, aktuell nicht erfüllt.

Im Übrigen ist aber auch darauf hinzuweisen, dass bei einer belegten Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung im Rahmen einer neuerlichen Antragstellung beim Sozialministeriumservice - allerdings nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG - in Betracht kommt.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Die Frage der Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung wurde unter Mitwirkung eines ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die Tatsachenfragen (Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen) gehören dem Bereich zu, der vom Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen medizinischen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180) und des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH 09.06.2017, E 1162/2017) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W207.2224401.1.00

Zuletzt aktualisiert am

31.01.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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