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41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, AsylrechtNorm
BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1Leitsatz
Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander hinsichtlich der Abweisung eines Antrags auf internationalen Schutz betreffend irakische Staatsangehörige; Unterlassung von Ermittlungstätigkeiten und Ignorieren des Parteivorbringens zur Verfolgung als Bloggerin und wegen westlichen Lebensstils; Minderjährigkeit zum Zeitpunkt der Antragstellung für Familienangehörigeneigenschaft auch bei nunmehriger Volljährigkeit maßgeblichRechtssatz
Im angefochtenen Erkenntnis finden sich weder Feststellungen zur Lage von Frauen im Irak, die einen als westlich wahrgenommen Lebensstil pflegen und dies insbesondere als Bloggerin in sozialen Medien zum Ausdruck bringen noch findet sich darin eine Feststellung dazu, ob es sich bei der Drittbeschwerdeführerin überhaupt um eine Bloggerin handelt. Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) hat es dementsprechend unterlassen, Feststellungen zu einem zentralen Parteivorbringen zu treffen, was bereits für sich genommen zu einer Aufhebung des Erkenntnisses führen würde. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass in aktuellen Länderberichten von einem Mord und gewalttätigen Angriffen auf Frauen, die in sozialen Medien aktiv sind bzw einen als westlich wahrgenommenen Lebensstil führen, berichtet wird.
Das BVwG führt lediglich allgemein aus, dass im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG kein Vorbringen erstattet worden sei, das zu einer anderen Beurteilung führen könne. Die Zweit- bis Sechstbeschwerdeführer verfügten selbst über keine eigenen, ihre Person betreffenden Fluchtgründe. Auf das Vorbringen der Drittbeschwerdeführerin zu ihrer Internetpräsenz und einer drohenden Verfolgung im Herkunftsstaat auf Grund einer als westlich wahrgenommenen Lebensweise ist das BVwG weder im Rahmen seiner Beweiswürdigung noch der rechtlichen Beurteilung eingegangen. Mit dieser Vorgangsweise hat das BVwG jegliche Ermittlungstätigkeit zu dem wesentlichen Punkt der Frage einer drohenden Verfolgungsgefahr der Drittbeschwerdeführerin auf Grund einer als westlich wahrgenommen Lebensweise unterlassen, das diesbezügliche Parteivorbringen gänzlich ignoriert und somit bei der Erlassung der angefochtenen Entscheidung Willkür geübt.
Aufhebung der Entscheidung betreffend die anderen Beschwerdeführer gemäß §34 Abs4 AsylG 2005: §2 Abs1 Z22 AsylG 2005 stellt bei der Definition als Familienangehöriger darauf ab, dass das Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjährig gewesen ist. Die Familienangehörigeneigenschaft der Drittbeschwerdeführerin wurde daher für das gesamte Verfahren, auch wenn sie zwischenzeitig volljährig geworden ist, perpetuiert (vgl VwGH 24.10.2018, Ra 2018/14/0040).
Entscheidungstexte
Schlagworte
Asylrecht, Entscheidungsbegründung, Ermittlungsverfahren, RückkehrentscheidungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2019:E2018.2019Zuletzt aktualisiert am
31.01.2020