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L50006 Pflichtschule allgemeinbildend Steiermark;Norm
AVG §8;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 98/10/0270 B 7. September 1998Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Binder-Krieglstein, in der Beschwerdesache der Gemeinde St., vertreten durch Kaan, Cronenberg & Partner, Rechtsanwälte in Graz, Kalchberggasse 1, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Weiz vom 4. Mai 1998, Zl. VSt. O-Sch 8-98, betreffend sprengelfremder Schulbesuch (mitbeteiligte Parteien: G. und I. S. in St., vertreten durch Dr. Gisela Possnig-Fuchs und Dr. Peter Wasserbauer, Rechtsanwälte in Weiz, Kernstockstraße 1), den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und den mitbeteiligten Parteien Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Parteien wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde St. - der beschwerdeführenden Partei - vom 10. März 1998 wurde dem Antrag der mitbeteiligten Parteien auf Genehmigung des sprengelfremden Schulbesuches ihres Sohnes in der Volksschule St. gemäß § 23 Abs. 2 des Steiermärkischen Pflichtschulerhaltungsgesetzes 1970, LGBl. Nr. 70, keine Folge gegeben.
Die mitbeteiligten Parteien beriefen. Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 4. Mai 1998 gab die belangte Behörde der Berufung Folge und erteilte die Bewilligung zum sprengelfremden Schulbesuch des Sohnes der mitbeteiligten Parteien in der Volksschule St. Die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde der beschwerdeführenden Partei erweist sich als unzulässig.
Die beschwerdeführende Partei formuliert den Beschwerdepunkt (§ 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG) wie folgt:
"Durch den angefochtenen Bescheid wird die Beschwerdeführerin in ihrem Recht verletzt, über Anträge auf sprengelfremden Besuch gemäß § 23 Abs. 2 Steiermärkisches Pflichtschulerhaltungsgesetz nach eigenem Ermessen entscheiden zu können bzw. in ihrem Recht verletzt, bei Anträgen über fremden Schulbesuch bei Vorliegen widerstreitender öffentlicher Interessen abschlägig zu entscheiden."
Nach § 23 Abs. 1 des Steiermärkischen Pflichtschulerhaltungsgesetzes ist jeder Schulpflichtige in die für ihn nach der Schulart in Betracht kommende Schule, deren Schulsprengel er angehört (Sprengelschule), aufzunehmen.
Nach § 23 Abs. 2 leg. cit. kann über Antrag der Erziehungsberechtigten die Aufnahme eines dem Schulsprengel nicht angehörigen Schulpflichtigen genehmigt werden. Über diesen Antrag entscheidet der Bürgermeister der Gemeinde des Wohnsitzes nach Anhörung des Schulerhalters der Sprengelschule und des Bezirksschulrates. Der Antrag ist, abgesehen von begründeten Ausnahmefällen, bis zum 31. März für das folgende Schuljahr bei der Wohnsitzgemeinde einzubringen. Die Entscheidungsfrist beträgt vier Wochen. Die Bewilligung zum sprengelfremden Schulbesuch kann unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Schülers, seiner individuellen Bildungsziele, unter Bedachtnahme auf die örtlichen Verkehrsverhältnisse, die Zumutbarkeit des Schulweges und die Organisationsform der betroffenen Pflichtschulen erteilt werden. Dem Antrag kann jedoch nur stattgegeben werden, wenn der Erhalter der aufnehmenden Schule sein Einverständnis dazu erklärt hat. Gegen die Entscheidung des Bürgermeisters ist innerhalb von zwei Wochen die Berufung an die Bezirksverwaltungsbehörde - in Städten mit eigenem Statut an die Landesregierung - zulässig; die Frist für die Entscheidung im Berufungsverfahren beträgt vier Wochen. Die Entscheidung im Berufungsverfahren ist endgültig.
Die beschwerdeführende Partei ist gesetzlicher Schulerhalter der Sprengelschule des Sohnes der mitbeteiligten Parteien, also jener Schule, die dieser ohne Genehmigung zum sprengelfremden Schulbesuch zu besuchen hätte. Der beschwerdeführenden Partei kam im Verfahren zur Genehmigung des sprengelfremden Schulbesuches Parteistellung zu, da nach § 3 des Steiermärkischen Pflichtschulerhaltungsgesetzes in den Verwaltungsverfahren, die sich in Vollziehung dieses Gesetzes ergeben, den gesetzlichen Schulerhaltern sowie den zu einem Schulsprengel gehörenden oder in sonstiger Weise an einer öffentlichen Pflichtschule Gebietskörperschaften Parteistellung im Sinne des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 zukommt. Hingegen kommt der beschwerdeführenden Partei kein Recht zu, über Anträge auf sprengelfremden Schulbesuch nach eigenem Ermessen entscheiden zu können bzw. bei Anträgen über sprengelfremden Schulbesuch bei Vorliegen widerstreitender öffentlicher Interessen abschlägig zu entscheiden. Der beschwerdeführenden Partei kommt überhaupt kein Recht zur Entscheidung in einer Angelegenheit des sprengelfremden Schulbesuches zu. § 23 Abs. 2 des Steiermärkischen Pflichtschulerhaltungsgesetzes weist zwar die Kompetenz zur Entscheidung über den sprengelfremden Schulbesuch in erster Instanz dem Bürgermeister - und zwar jenem der Wohnsitzgemeinde - zu; damit wird aber kein Recht der Gemeinde begründet, sondern eine Zuständigkeit eines ihrer Organe, welches nach § 4 des Steiermärkischen Pflichtschulerhaltungsgesetzes nicht im eigenen, sondern im übertragenen Wirkungsbereich tätig wird. Aus der Anordnung des § 23 Abs. 2 des Steiermärkischen Pflichtschulerhaltungsgesetzes, daß der Bürgermeister der Wohnsitzgemeinde des Schülers in erster Instanz zur Entscheidung über einen Antrag auf Genehmigung eines sprengelfremden Schulbesuches zuständig ist, erwächst der Gemeinde, die Schulerhalter der Sprengelschule ist, kein Recht, über Anträge auf sprengelfremden Schulbesuch nach eigenem Ermessen entscheiden zu können bzw. bei Anträgen über fremden Schulbesuch bei Vorliegen widerstreitender öffentlicher Interessen abschlägig zu entscheiden. Das von der beschwerdeführenden Partei als verletzt erachtete Recht existiert daher nicht.
Durch die bestimmte Bezeichnung des Rechtes, in dem der Beschwerdeführer verletzt zu sein behauptet (Beschwerdepunkt im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG) wird der Prozeßgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Bescheides gemäß § 41 Abs. 1 VwGG gebunden ist. Danach hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht des Beschwerdeführers verletzt wurde, sondern nur, ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung er behauptet, wobei durch die ausdrückliche und unmißverständliche Bezeichnung des Beschwerdepunktes dieser einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Beschwerde nicht zugänglich ist (vgl. die hg. Beschlüsse vom 4. September 1995, 95/10/0119, vom 6. Mai 1996, 96/10/0014, u.v.a.).
Räumt die Rechtsordnung das in der Beschwerde als verletzt bezeichnete Recht dem Beschwerdeführer gar nicht ein, so fehlt es an der Möglichkeit einer Rechtsverletzung durch den angefochtenen Bescheid und die Beschwerde ist als unzulässig zurückzuweisen (vgl. den hg. Beschluß vom 11. März 1997, 96/07/0217, u.v.a.).
Aus den dargestellten Gründen erweist sich die Beschwerde als unzulässig, weshalb sie gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Schriftsatzaufwand sieht das VwGG nur für die Gegenschrift, nicht aber für die Stellungnahme zur beantragten aufschiebenden Wirkung vor. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Parteien war daher abzuweisen.
Wien, am 7. September 1998
Schlagworte
Ermessen Ermessen VwRallg8 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998100269.X00Im RIS seit
14.09.2001