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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
AlVG 1977 §16 Abs1 litaBetreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler und den Hofrat Dr. Strohmayer als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima, LL.M., über die Revision der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Eisenstadt in 7000 Eisenstadt, Ödenburgerstraße 4, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. Oktober 2019, Zl. W228 2189741- 1/10E, betreffend Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld (mitbeteiligte Partei: S G in N), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Die Mitbeteiligte bezog ab dem 1. November 2017 Arbeitslosengeld. Am 24. November 2017 meldete sie der revisionswerbenden regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice (im Folgenden: AMS), dass sie erkrankt sei und daher nicht an der an diesem Tag stattfindenden "ErstkundInneninformationsveranstaltung" teilnehmen könne. Das AMS stellte das Arbeitslosengeld ab dem 27. November 2017 formlos ein (das Ergehen einer Mitteilung an die Mitbeteiligte ist nicht aktenkundig). Am 20. Dezember 2017 nahm die Mitbeteiligte telefonisch mit dem AMS Kontakt auf. Daraufhin wurde ihr mit Bescheid vom 27. Dezember 2017 das Arbeitslosengeld ab dem 20. Dezember 2017 als Tag der Wiedermeldung zuerkannt. 2 Die Mitbeteiligte erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde und brachte vor, dass sie sich beim AMS krankgemeldet habe, aber mit 27. November 2017 wieder gesundgeschrieben worden sei. Weitere Anforderungen seien ihr nicht mitgeteilt worden. Das AMS gewährte ihr im Rahmen des Vorverfahrens Parteiengehör. Sie erklärte mit Stellungnahme vom 24. Februar 2018, dass sie schon bei der Krankmeldung bekannt gegeben habe, ab dem 27. November 2017 wieder arbeitsfähig zu sein.
3 Mit Beschwerdevorentscheidung vom 26. Februar 2018 wies das AMS die Beschwerde als unbegründet ab. Es stellte fest, dass die Mitbeteiligte am 24. November 2017 einen Krankenstand gemeldet und wegen der Erkrankung eine Abmeldung vom Leistungsbezug durchgeführt habe. Das Ende der Unterbrechung sei nicht vorab bekannt gegeben worden. Die erforderliche Wiedermeldung sei am 20. Dezember 2017 erfolgt. Rechtlich folgerte das AMS daraus, dass der Mitbeteiligten das Arbeitslosengeld erst wieder ab dem 20. Dezember 2017 gebühre.
4 Die Mitbeteiligte erhob einen Vorlageantrag.
5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung statt und sprach der Mitbeteiligten Arbeitslosengeld ab dem 27. November 2017 zu. Es stellte fest, dass die Mitbeteiligte dem AMS im Telefonat vom 24. November 2017 nicht nur ihre Erkrankung (Magenkrämpfe) mitgeteilt, sondern auch bekannt gegeben habe, dass sie am 27. November 2017 wieder gesundgeschrieben werde. Das Bundesverwaltungsgericht erachtete das diesbezügliche Vorbringen der Mitbeteiligten als glaubwürdig, weil es im gesamten Verfahren konsistent beibehalten worden sei. Umgekehrt gebe es von Seiten des AMS keine Dokumentation über den Verlauf des Gesprächs. Außerdem schienen im Sozialversicherungsauszug der Mitbeteiligten in den letzten vier Jahren nur zwei Krankengeldbezüge auf, einmal für einen und einmal für sechs Tage; auch daraus lasse sich schließen, dass Krankenstände bei der Mitbeteiligten sehr kurz seien und somit auf für sie voraussehbare Dauer bestünden. Es sei daher davon auszugehen, dass dem AMS das Enddatum des Krankenstandes mit 27. November 2017 bekannt gewesen sei.
6 In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesverwaltungsgericht, dass es gemäß § 46 Abs. 7 AlVG keiner Wiedermeldung bedurft habe und der Mitbeteiligten das Arbeitslosengeld schon ab dem von ihr vorab bekannt gegebenen Ende des Krankenstandes gebühre.
7 Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
8 Nach dieser Verfassungsbestimmung ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 11 Das AMS bringt unter diesem Gesichtspunkt vor, dass das angefochtene Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweiche. Der Mitbeteiligten sei von der Gebietskrankenkasse für den 27. November 2017 Krankengeld zuerkannt worden; damit sei jedenfalls ein Ruhensgrund eingetreten, was das Bundesverwaltungsgericht nicht berücksichtigt habe. Bei diesem Vorbringen handelt es sich jedoch um eine im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof unbeachtliche Neuerung. Das AMS hat sich weder im Bescheid vom 27. Dezember 2017 noch in der Beschwerdevorentscheidung noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht darauf berufen, dass die Mitbeteiligte am 27. November 2017 Krankengeld bezogen habe, sondern stets nur damit argumentiert, dass sie gemäß § 46 Abs. 6 AlVG einen Ruhensgrund ohne Nennung eines Endzeitpunkts bekannt gegeben und sich erst am 20. Dezember 2017 wiedergemeldet habe. 12 In Bezug auf die Vornahme einer Meldung im Sinn des § 46 Abs. 6 AlVG bringt das AMS in der Zulässigkeitsbegründung der Revision weiters vor, das Bundesverwaltungsgericht habe nicht berücksichtigt, dass bei Durchführung einer Leistungseinstellung und einer (bloßen) Unterbrechung von der AMS-Beraterin unterschiedliche Eintragungen vorzunehmen seien; es sei daher "nahezu ausgeschlossen", dass "bei zweifelloser Meldung eines Unterbrechungsgrundes mit bestimmter Dauer" eine "endgültige Leistungseinstellung" mit dem Erfordernis der Wiedermeldung erfolge. Insoweit sei die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts fehlerhaft.
13 Die Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung mit dem Ergebnis, die Mitbeteiligte habe das Ende ihres Krankenstandes schon in dem Telefonat am 24. November 2017 bekannt gegeben, wird in den Revisionsgründen näher darzulegen versucht. Richtigerweise ist es auf diese Frage aber gar nicht angekommen. Denn unabhängig davon, ob die Mitbeteiligte in dem genannten Telefonat ein bestimmtes Enddatum ihrer Erkrankung angegeben hat, konnte in ihrer Erklärung jedenfalls nicht mit der erforderlichen Sicherheit die Meldung eines Ruhensgrundes im Sinn des § 46 Abs. 6 AlVG gesehen werden, sodass die Einstellung des Leistungsbezugs schon auf Grund der Abmeldung durch die bezugsberechtigte Person selbst gerechtfertigt gewesen wäre (vgl. dazu VwGH 7.9.2011, 2008/08/0229). Der Grund des Anrufs der Mitbeteiligten bestand nämlich darin, sich für die am selben Tag stattfindende Veranstaltung wegen Magenkrämpfen zu entschuldigen; dass sie darüber hinaus den Ruhensgrund des Krankengeldbezugs (§ 16 Abs. 1 lit. a AlVG) melden wollte, der einen länger als drei Tage dauernden Krankenstand voraussetzt, konnte ihr hingegen nicht unterstellt werden, zumal von einer längerfristigen Erkrankung unstrittig nicht die Rede war. 14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen. Wien, am 5. Dezember 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019080159.L00Im RIS seit
31.01.2020Zuletzt aktualisiert am
31.01.2020