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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
DSt Rechtsanwälte 1990 §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Binder-Krieglstein, in der Beschwerdesache des Dr. AW, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Plenums des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien vom 10. März 1998, Zl. 06/03 97/5044, betreffend Aktenübersendung und Verfahrenseinstellung, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Das Verfahren wird eingestellt.
Begründung
Nach Prüfung eines vom Beschwerdeführer mitgeteilten Sachverhaltes legte der Kammeranwalt beim Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer Wien die Anzeige gegen Rechtsanwalt Dr. F.S. gemäß § 22 Abs. 2 DSt 1990 zurück. Hievon setzte er gemäß § 22 Abs. 2 letzter Satz DSt 1990 den Beschwerdeführer in Kenntnis.
Mit Eingabe vom 20. November 1997 beantragte der Beschwerdeführer beim Ausschuß der Rechtsanwaltskammer Wien, den betreffenden Akt zwecks Einsichtnahme nach Linz zu übersenden.
Dieser Antrag wurde mit Beschluß der Abteilung IVb des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien vom 16. Jänner 1998 abgewiesen und "das Verfahren infolge Erledigung eingestellt".
Gegen diesen Beschluß erhob der Beschwerdeführer Vorstellung mit der Begründung, zur Beschlußfassung wäre nicht der Ausschuß, sondern der Disziplinarrat zuständig gewesen. Dem Beschwerdeführer käme Parteistellung analog den Vorschriften des AVG zu. Er sei daher legitimiert, auch die Verfahrenseinstellung zu bekämpfen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Plenum des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien die Vorstellung als unbegründet ab. Begründend wurde nach Darlegung des Verfahrensganges ausgeführt, gemäß § 28 Abs. 2 RAO oblägen dem Ausschuß alle Aufgaben, die nicht durch Gesetz einem anderen Organ zugewiesen seien. Gemäß § 23 RAO iVm § 1 Abs. 3 DSt 1990 obliege dem Ausschuß der Rechtsanwaltskammer die Wahrung der Ehre, des Ansehens, der Rechte wie auch die Überwachung der Pflichten des Rechtsanwaltsstandes, sofern nicht ein Disziplinarvergehen im Sinne des § 1 Abs. 1 DSt 1990 vorliege. Im vorliegenden Fall habe der Kammeranwalt die Zurücklegung der Anzeige gemäß § 22 Abs. 2 letzter Satz DSt verfügt, da kein disziplinäres Verhalten vorgelegen sei. Zur Entscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers sei daher nach den zitierten Vorschriften nicht der Disziplinarrat, sondern der Ausschuß zuständig. Auf das Verfahren vor dem Ausschuß der Rechtsanwaltskammer sei das AVG nicht anzuwenden. Die RAO enthalte auch keine Bestimmung, die dem § 17 Abs. 1 AVG vergleichbar sei. § 17 Abs. 1 leg. cit. lege fest, daß den Parteien Einsicht in die ihre Sache betreffenden Akten oder Aktenteile zu gestatten sei. Mangels ausdrücklicher Regelung in der RAO sei nach allgemeinen Verfahrensgrundsätzen eines rechtsstaatlichen Verfahrens zu beurteilen, ob der Antrag des Beschwerdeführers gerechtfertigt sei. Die "Übersendung von Akten zur Einsichtnahme" an Dritte sei weder in der RAO vorgesehen noch gehöre sie zu den Grundsätzen eines rechtsstaatlichen Verfahrens. Auch in § 17 Abs. 1 AVG sei die Versendung von Akten nicht vorgesehen. Die Vorstellung sei daher unbegründet.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluß vom 9. Juni 1998, B 736/98, ab. Über nachträglichen Antrag des Beschwerdeführers wurde die Beschwerde mit Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 7. Juli 1998 dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
Mit Verfügung vom 16. Juli 1998 wurde dem Beschwerdeführer unter anderem aufgetragen, das Recht, in dem die beschwerdeführende Partei verletzt zu sein behauptet, bestimmt zu bezeichnen (§ 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG).
Mit Schriftsatz vom 30. Juli 1998 trug der Beschwerdeführer vor, er erachte sich in seinen Rechten, dem gesetzlichen Richter nicht entzogen zu werden (Art. 83 B-VG), in seinem Recht auf ein faires Verfahren (Art. 6 MRK) sowie in seinem verfassungsmäßig gewährleisteten Recht gemäß Art. 8, 9 MRK sowie Art. 8f StGG und schließlich gemäß Art. 12 der Präambel zur MRK verletzt, schließlich in seinem Recht gemäß § 1 DSt, § 48 RL-BA sowie gemäß § 297 StGB.
Gemäß § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG hat die Beschwerde die bestimmte Bezeichnung des Rechtes, in dem der Beschwerdeführer verletzt zu sein behauptet (Beschwerdepunkt), zu enthalten.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Bezeichnung des Beschwerdepunktes nicht Selbstzweck, sondern vielmehr unter dem Gesichtspunkt von rechtlicher Relevanz, daß es dem Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen obliegt, ob irgendein subjektives Recht des Beschwerdeführers verletzt wurde, sondern nur, ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung er behauptet. Wird der Beschwerdepunkt ausdrücklich und unmißverständlich bezeichnet, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Beschwerde nicht zugänglich. Die Aneinanderreihung gesetzlicher Bestimmungen kann ohne zum Inhalt der aufgezählten Normen in einem Bezug stehende Rechtsausführungen die nachvollziehbare Darstellung einer dem Beschwerdeführer widerfahrenen Rechtsverletzung nicht ersetzen (vgl. z. B. den hg. Beschluß vom 22. Dezember 1997, Zl. 97/10/0168, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Dem ist folgendes hinzuzufügen:
Nach Art. 133 Z. 1 B-VG sind die Angelegenheiten, die zur Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes gehören, von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen. Nach Art. 144 Abs. 1 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Beschwerden gegen Bescheide der Verwaltungsbehörden einschließlich der Unabhängigen Verwaltungssenate, soweit der Beschwerdeführer durch den Bescheid in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung, eines verfassungswidrigen Gesetzes oder eines rechtswidrigen Staatsvertrages in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Soweit sich der Beschwerdeführer im Ergänzungsschriftsatz auf verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte bezieht, handelt es sich somit nicht um die bestimmte Bezeichnung von vor dem Verwaltungsgerichtshof verfolgbaren Rechten.
Weiters ist darauf hinzuweisen, daß die vom Beschwerdeführer aufgezählten Vorschriften, die auf der Stufe des einfachen Gesetzes stehen, keine subjektiv-öffentlichen Rechte vermitteln, die durch den angefochtenen Bescheid verletzt werden konnten.
Der Beschwerdeführer ist daher dem ihm erteilten Verbesserungsauftrag nicht nachgekommen; das Verfahren war gemäß § 34 Abs. 2 VwGG einzustellen.
Wien, am 7. September 1998
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998100307.X00Im RIS seit
21.02.2001