TE Vwgh Erkenntnis 1998/9/7 98/10/0248

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Veröffentlicht am 07.09.1998
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Index

L65000 Jagd Wild;
L65006 Jagd Wild Steiermark;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;
80/02 Forstrecht;

Norm

ABGB §1175;
AVG §8;
AVG §9;
ForstG 1975 §35 Abs4 litc;
JagdG Stmk 1986 §15;
JagdRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Binder-Krieglstein, über die Beschwerde der Jagdgesellschaft W, vertreten durch Dr. Manfred Lampelmayer, Rechtsanwalt in Wien I, Elisabethstraße 15, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 28. April 1998, Zl. 18.343/01-IA8/98, betreffend Zurückweisung einer Berufung in Angelegenheit Überprüfung einer Waldsperre (mitbeteiligte Partei: MK in Wien XVI, Starchantgasse 11), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der vorliegenden Beschwerde und der dieser angeschlossenen Bescheidausfertigung zufolge wurde mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 28. April 1998 die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 19. Jänner 1998, betreffend Auftrag zur Entfernung einer Waldsperre, mangels Parteistellung zurückgewiesen. Hiezu wurde im wesentlichen ausgeführt, der mitbeteiligten Partei sei mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Hartberg vom 17. September 1997 gemäß § 35 Abs. 2 und 3 i.V.m. den §§ 33 Abs. 2, 34 Abs. 2 und 3 sowie 170 Abs. 1 Forstgesetz aufgetragen worden, die Umzäunung näher beschriebener Waldgrundstücke zu entfernen. Dieser Bescheid sei über Berufung der mitbeteiligten Partei vom Landeshauptmann von Steiermark mit Bescheid vom 19. Jänner 1998 behoben worden; eine Ausfertigung der Berufungsentscheidung sei der Beschwerdeführerin zur Kenntnis zugestellt und von dieser in der Folge Berufung dagegen erhoben worden. Die Beschwerdeführerin sei allerdings in Ansehung der Überprüfung der Sperre von Waldflächen nicht antragsberechtigt im Sinne des § 35 Abs. 4 ForstG. Das Forstgesetz räume der Beschwerdeführerin weder einen Rechtsanspruch noch ein rechtliches Interesse ein, das ihr im vorliegenden Verfahren Parteistellung vermitteln könnte. Jagdliche Interessen seien nach den forstgesetzlichen Bestimmungen nicht zu berücksichtigen. Mangels Parteistellung fehle der Beschwerdeführerin die Legitimation zur Erhebung der von ihr eingebrachten Berufung.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 35 Abs. 1 ForstG hat die Behörde Sperren

a) hinsichtlich derer von einem Antragsberechtigten (Abs. 4) eine Überprüfung beantragt wurde, oder

b) deren Bewilligung gemäß § 34 Abs. 4 beantragt wurde, auf ihre Zulässigkeit zu überprüfen.

Ergibt die Überprüfung die Zulässigkeit der Sperre, so hat die Behörde gemäß § 35 Abs. 2 leg. cit. in den Fällen des Abs. 1 lit. a dies mit Bescheid festzustellen, in den Fällen des Abs. 1 lit. b die Bewilligung zu erteilen. Ergibt die Überprüfung die Unzulässigkeit der Sperre oder der Sperreinrichtung, so hat die Behörde dies mit Bescheid festzustellen und dem Waldeigentümer die erforderlichen Maßnahmen, wie die Errichtung von Überstiegen oder Toren oder die Beseitigung der Sperre oder Sperreinrichtung, mit Bescheid aufzutragen.

Gemäß § 35 Abs. 4 leg. cit. sind antragsberechtigt im Sinne des Abs. 1 lit. a

a)

die Gemeinde, in der die gesperrte Fläche liegt,

b)

die nach den landesgesetzlichen Vorschriften zur Wahrnehmung der Interessen des Fremdenverkehrs berufene Stelle,

              c)              Organisationen, deren Mitglieder bisher die gesperrte Fläche regelmäßig begangen haben,

              d)              der Waldeigentümer.

Nach den Gesetzesmaterialien (Regierungsvorlage 1266 BlgNR, 13. GP, 97) sollte durch Abs. 4 neben dem Waldeigentümer auch den unter lit. a bis c angeführten interessierten Stellen, deren Kreis mit Bedacht sehr weit gezogen worden sei, die Möglichkeit eingeräumt werden, vom Waldeigentümer veranlaßte Sperren auf ihre Zulässigkeit behördlich überprüfen zu lassen; diesen Stellen komme hier somit "gewissermaßen ein Mitspracherecht" zu. Unter den "Organisationen" seien vor allem Vereinigungen zu verstehen, die entsprechend ihrer Zielsetzung den Wald bewandern, wie dies insbesondere bei Touristenverbänden der Fall sei.

Die Beschwerdeführerin bringt vor, sie sei entgegen der Auffassung der belangten Behörde als Organisation im Sinne des § 35 Abs. 4 lit. c ForstG und daher als Partei des Verfahrens anzusehen, zumal auch die Überprüfung der gegenständlichen Einzäunung durch die Bezirksforstinspektion Hartberg auf eine schriftliche Eingabe der Beschwerdeführerin zurückgehe. Unter Organisationen im Sinne des § 35 Abs. 4 lit. c ForstG seien Touristenvereine, alpine Vereine und Turnvereine zu verstehen, soferne sie als juristische Personen anzusehen seien. Die Beschwerdeführerin sei "jedenfalls als juristische Person anzusehen", weil sie körperschaftlich organisiert sei. Ihre Mitglieder würden bei Ausübung der Jagd die umliegenden sowie die gegenständlichen Waldstücke regelmäßig begehen. Unrichtig sei auch die Auffassung der belangten Behörde, der Beschwerdeführerin fehle im vorliegenden Verfahren ein rechtliches Interesse. Vielmehr würden ihre rechtlichen Interessen schon dadurch berührt, daß ihren Mitgliedern die Ausübung des Betretungsrechtes durch willkürliche Umzäunungen unmöglich gemacht werde. Auch sei es unter teleologischen Gesichtspunkten unverständlich, Touristenvereinen eine Antragsberechtigung zuzugestehen, Jagdgesellschaften aber nicht.

Wie die Beschwerdeführerin selbst einräumt, kommt als Verfahrenspartei im Sinne des § 8 AVG - soweit des Gesetz nicht anderes bestimmt - nur eine physische Person oder eine kraft Gesetzes mit Rechtspersönlichkeit ausgestattete Einrichtung in Betracht; geht es doch darum, in ihrer Rechtsstellung durch den (zu erlassenden) Bescheid berührte Personen zur Wahrung ihrer diesbezüglichen Rechte mit prozessualen Rechten auszustatten.

Das Stmk. Jagdgesetz 1986, LGBl. Nr. 23/1986 in der Fassung LGBl. Nr. 72/1994, unterscheidet zwischen physischen Personen, aus mehreren physischen Personen gebildeten Jagdgesellschaften und juristischen Personen. So werden in § 15 leg. cit. unterschiedliche Voraussetzungen festgelegt, unter denen physische Personen, Jagdgesellschaften sowie juristische Personen zur Pachtung einer Jagd zugelassen sind.

Der entsprechend dieser Bestimmung als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§§ 1175 ff ABGB) gebildeten Jagdgesellschaft kommt - sofern sich nicht aus besonderen Vorschriften anderes ergibt - grundsätzlich keine Rechtspersönlichkeit zu. Nur insoweit, als ihr durch Gesetz bestimmte Rechte und Pflichten zugewiesen werden (z.B. die Jagdpachtfähigkeit) erlangt sie Rechtspersönlichkeit (als teilrechtsfähige Person) (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 29. September 1993, Zl. 92/03/0001, und die hier zitierte hg. Vorjudikatur).

Der Beschwerdeführerin, die im angefochtenen Bescheid als Jagdgesellschaft qualifiziert wurde und die sich in der vorliegenden Beschwerde selbst als solche bezeichnet, kommt demnach in bestimmten jagdrechtlichen Belangen (Teil-)Rechtsfähigkeit zu. Sie ist jedoch keine juristische Person.

Daran vermag der Hinweis der Beschwerdeführerin auf ihre "körperschaftliche Organisation" nichts zu ändern; zeigt sie damit doch nicht konkret auf, sie werde zu Unrecht als Jagdgesellschaft qualifiziert. Vielmehr hält sie selbst in der vorliegenden Beschwerde daran fest, Jagdgesellschaft zu sein.

Für entsprechend den jagdgesetzlichen Bestimmungen gebildete Jagdgesellschaften enthält das Forstgesetz keine Sonderregelungen im Sinne des § 9 AVG; insbesondere werden Jagdgesellschaften in Ansehung der Überprüfung von Waldsperren weder Rechte noch Pflichten eingeräumt. Es kommt der Beschwerdeführerin daher die Stellung als Partei hier schon mangels Rechtsfähigkeit nicht zu. Die Zurückweisung ihrer Berufung erfolgte somit zu Recht.

Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 7. September 1998

Schlagworte

Jagdrecht und Jagdrechtsausübung Genossenschaftsjagd Gemeindejagd Gemeinschaftsjagd Ausübung und Nutzung Jagdgesellschaft Jagdrecht und Jagdrechtsausübung Verhältnis zu anderen Normen Materien Verwaltungsverfahren Rechtsfähigkeit Parteifähigkeit Gebilde ohne Rechtsfähigkeit Rechtsfähigkeit Parteifähigkeit juristische Person Personengesellschaft des Handelsrechts Zivilrecht Rechtsfähigkeit Parteifähigkeit juristische Person Personengesellschaft des Handelsrechts Öffentliches Recht Verwaltungsvorschriften vom bürgerlichen Recht abweichend

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998100248.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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