Entscheidungsdatum
09.09.2019Norm
AsylG 2005 §12a Abs2Spruch
I403 2139402-2/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin MMag. Birgit ERTL über die Beschwerde von XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit Nigeria, gegen den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.08.2019, Zl. 831737605/190888518:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 22 Abs. 10 AsylG 2005 iVm § 22 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 26.11.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz. Im Rahmen seiner Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag behauptete er, Staatsangehöriger von Liberia zu sein und gab, zu seinen Fluchtgründen befragt, Folgendes an:
"Mein Vater ist ein Ritualist. Er hat meine Schwester umgebracht und wollte auch mich umbringen. Ich weiß nicht wieso."
2. Aufgrund eines seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (fortan: BFA / belangte Behörde) eingeholten linguistischen sowie landeskundlichen Sachverständigengutachtens vom 22.08.2016 wurde festgestellt, dass nur auf eine Hauptsozialisierung des Beschwerdeführers in Nigeria geschlossen werden könne, während seine Hauptsozialisierung in Liberia, entgegen seinem Vorbringen, auszuschließen sei.
3. Am 25.10.2016 wurde der Beschwerdeführer niederschriftlich vor der belangten Behörde einvernommen. Er verharrte hierbei in seiner Behauptung, Staatsangehöriger von Liberia zu sein und gab an, seine Ausreise aus Liberia angetreten zu haben, indem er in einen Container gestiegen sei, welcher sich auf einem LKW befunden habe. Er habe viele Monate in diesem Container zugebracht, ehe der LKW in Österreich angekommen sei. Zu seinen Fluchtgründen befragt brachte er vor, Liberia verlassen zu haben, da sein Vater ihn "tot haben möchte". Dieser habe gemeinsam mit anderen Mitgliedern eines nicht näher bezeichneten Geheimkultes im Jahr 2009 aus rituellen Gründen die kleine Schwester des Beschwerdeführers getötet. Die Mutter des Beschwerdeführers habe dieses Ritual beobachtet und wahrgenommen, dass der Vater des Beschwerdeführers die anderen Kultmitglieder aufgefordert habe, nunmehr den Beschwerdeführer als Opfer zu holen. Der Vater des Beschwerdeführers sei bereits im Jänner 2010 verstorben, jedoch seien nunmehr die anderen Kultmitglieder hinter ihm her und würden ihn opfern und töten wollen.
4. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 27.10.2016, Zl. 831737605/1758335, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen und der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde ihm nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nigeria gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Die Frist für eine freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.). Zudem wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 3 BFA-VG einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.) und gegen den Beschwerdeführer gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot verhängt (Spruchpunkt VI.).
5. Mit Schriftsatz vom 07.11.2016 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und begründete diese mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und der Mangelhaftigkeit des Verfahrens aufgrund fehlerhafter bzw. unzureichender Ermittlungen und mangelhafter Beweiswürdigung. Es wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer Staatsangehöriger von Liberia sei und er in seinem Heimatstaat Liberia einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt sei. Die belangte Behörde habe es unterlassen, Ermittlungen zum Vorbringen des Beschwerdeführers in Bezug auf den Herkunftsstaat Liberia durchzuführen.
6. Mit Schriftsatz vom 21.12.2016 brachte der Beschwerdeführer ergänzend eine schriftliche Stellungnahme zum eingeholten linguistischen sowie landeskundlichen Sachverständigengutachten vom 16.08.2016 ein. Es wurde ausgeführt, dass das in Rede stehende Gutachten in sich widersprüchlich und nicht aussagekräftig sei und beantragt, von einer Würdigung des Gutachtens als Beweismittel abzusehen, als auch auf die beweisstützende Kraft dieses Gutachtens im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu verzichten.
7. Am 02.02.2017 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Innsbruck, eine mündliche Beschwerdeverhandlung in Anwesenheit des Beschwerdeführers sowie des nichtamtlichen Sachverständigen, der das Sprachgutachten erstellt hatte, statt. Der Beschwerdeführer behauptete im Rahmen der Verhandlung weiterhin, Staatsangehöriger von Liberia zu sein und bis zu seiner Ausreise 21 Jahre in Liberia gelebt zu haben, konnte jedoch grundlegende Fragen des Richters zu Liberia, etwa zur Landeswährung oder seine angebliche Herkunftsprovinz, nicht beantworten. Im Rahmen der Verhandlung erstattete der Sachverständige ein weiteres Gutachten und kam zu dem Schluss, dass der Beschwerdeführer eindeutig südnigerianisches Englisch sprechen würde, welches sich maßgeblich von liberianischem Englisch unterscheiden würde. Auch die fehlenden Landeskenntnisse des Beschwerdeführers ließen keinerlei liberianischen Erfahrungshintergrund erkennen.
8. Die Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.06.2019, Zl. I417 2139402-1/29E als unbegründet abgewiesen.
9. Am 13.08.2019 wurde dem Beschwerdeführer die Einreise nach Deutschland verweigert. In einer Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am folgenden Tag gab der Beschwerdeführer nunmehr an, "halb Nigerianer, halb Liberianer", laut seinem Reisepass aber nigerianischer Staatsbürger zu sein. Der Beschwerdeführer wurde in Schubhaft genommen.
10. Er stellte am 23. August 2019 im Stande der Schubhaft einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Bei der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erklärte er, dass er seit dem Jahr 2015 eine Verlobte habe, mit der er zusammenleben wolle. Er habe in seiner Heimat niemanden mehr und würde es zwar keine konkreten Hinweise geben, doch seine Schwester sei bereits gestorben, weil sie ein Ritual für den Vater gemacht habe.
11. Der Beschwerdeführer wurde am 30.08.2019 niederschriftlich durch die belangte Behörde einvernommen. Er erklärte aus Liberia zu sein und geflüchtet zu sein, weil die rituelle Gesellschaft, der sein Vater vor dem Tod angehört habe, wolle, dass er sich ihnen anschließe. Er beharrte darauf, nicht aus Nigeria zu sein. Im Anschluss wurde mit mündlich verkündeten Bescheid der faktische Abschiebeschutz des Beschwerdeführers gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben.
12. Der Verwaltungsakt langte am 06.09.2019 bei der Gerichtsabteilung der erkennenden Richterin ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Das BFA hat dem BVwG im Falle einer Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes die Verwaltungsakten unverzüglich zur Überprüfung zu übermitteln. Die Vorlage des Aktes durch das Bundesamt gilt gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 bereits als Beschwerde. Die Pflicht zur Überprüfung des verwaltungsbehördlichen Bescheides wird mit dem Einlangen der Verwaltungsakten, die das BFA zu übermitteln hat, ausgelöst (vgl die VfSlg 19215/2010 zugrundeliegende Gesetzessystematik).
Des Weiteren liegt auch eine Beschwerde iSd Art. 130 B-VG vor. Gemäß Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG kann eine Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde u.a. erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet ("Parteibeschwerde"). Art. 132 B-VG regelt somit, wem die Beschwerdeberechtigung zukommt; eine Beschwerde kann ausschließlich von einem legitimierten Beschwerdeführer erhoben werden. Die Beschwerdelegitimation knüpft dabei an den jeweiligen Beschwerdegegenstand an. Die gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 erfolgte Übermittlung der Verwaltungsakten an das BVwG gilt nach der ausdrücklichen Anordnung des § 22 Abs. 10 vierter Satz leg cit als Beschwerde gegen den Bescheid des BFA. Vor diesem Hintergrund ist nach Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 10.10.2018, G186/2018 ua davon auszugehen, dass der Gesetzgeber mit der Übermittlung der Verwaltungsakten intendiert, eine Parteibeschwerde, also die Geltendmachung einer Rechtswidrigkeit durch den Betroffenen im Sinne des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG, zu fingieren.
Die vom Gesetzgeber in § 22 Abs. 10 AsylG 2005 und §22 BFA-VG angeordnete Rechtsschutzkonstruktion in Form einer fiktiven Parteibeschwerde in ausnahmslos jedem Fall einer Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist - vor dem Hintergrund des engen inhaltlichen Zusammenhanges des Aufhebungsverfahrens mit dem Folgeantrag - mit dem in Art. 130 und 132 B-VG vorgesehenen System der Verwaltungsgerichtsbarkeit vereinbar (VfGH, 10.10.2018, G186/2018).
1. Feststellungen:
Der volljährige Beschwerdeführer ist nigerianischer Staatsangehöriger. Seine Identität steht nicht fest.
Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 03.04.2019, Zl. XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen des versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs. 1 dritter Fall StGB rechtskräftig zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten verurteilt.
Der erste Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 26.11.2013 wurde mit Bescheid des BFA vom 27.10.2016 abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung sowie ein Einreiseverbot ausgesprochen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.06.2019 abgewiesen; die Entscheidung erwuchs in Rechtskraft. Im gegenständlichen Asylverfahren bringt der Beschwerdeführer keine neuen Gründe für die Stellung des Antrages auf internationalen Schutz vor.
Weder im Hinblick auf die allgemeine Lage in Nigeria noch im Hinblick auf die anzuwendenden rechtlichen Bestimmungen ist in den letzten zweieinhalb Monaten und damit seit Rechtskraft der vorangegangenen Entscheidung eine maßgebliche Änderung eingetreten.
Der Beschwerdeführer hält sich seit Ende 2013 in Österreich auf; er hat in Österreich keine familiären Anknüpfungspunkte, führt aber eine Beziehung zu einer nigerianischen Staatsbürgerin; es besteht kein gemeinsamer Wohnsitz. Eine Änderung seines Privat- und Familienlebens in den letzten Monaten liegt ebenso wenig vor wie eine Änderung seiner gesundheitlichen Situation.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellung zur Staatsbürgerschaft des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem im ersten Asylverfahren durchgeführten Sprachgutachten und den entsprechenden Feststellungen im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.06.2019. Während der Beschwerdeführer in seiner Einvernahme am 30.08.2019 wieder behauptete, nicht aus Nigeria zu stammen, hatte er in einer anderen Einvernahme zwei Wochen zuvor zugegeben, einen nigerianischen Reisepass besessen zu haben. Die dem Vorverfahren zugrunde gelegte nigerianische Staatsbürgerschaft wird daher auch für dieses Verfahren angenommen.
Die Feststellung zu seiner Verurteilung ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 06.09.2019. Eine gesundheitliche Beeinträchtigung wurde vom Beschwerdeführer nie behauptet. Seine Beziehung ergibt sich aus seinen entsprechenden Angaben gegenüber dem BFA, allerdings ist aus diesen keine Änderung der Beziehung bzw. seiner sonstigen Lebensumstände in Österreich seit der Rechtskraft des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.06.2019 erkennbar.
Die Angaben zu dem bereits abgeschlossenen Asylverfahren des Beschwerdeführers ergeben sich aus den vorliegenden Akten. Der Beschwerdeführer hatte im vorangegangenen Verfahren vor dem BFA und im Beschwerdeverfahren angegeben, aus Liberia zu stammen und von den Mitgliedern des Kultes, dem sein Vater bis zu seinem Tod angehört habe, verfolgt zu werden. Im gegenständlichen Verfahren erklärte er am 23.08.2019 explizit, dass ihm seine Fluchtgründe seit 2015 bekannt seien (und damit zu einem Zeitpunkt, als das Erstverfahren noch nicht abgeschlossen war). Auch bei der Einvernahme am 30.08.2019 wiederholte er - im Einklang mit den Angaben im bereits abgeschlossenen Erstverfahren, dass er aus Angst vor den Kultmitgliedern sein Heimatland Liberia verlassen habe. Er wiederholt im gegenständlichen Folgeantragsverfahren genau jene Gründe, die bereits Gegenstand des Vorverfahrens waren.
Eine maßgebliche Änderung der Lage in Nigeria seit Rechtskraft des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.06.2019 wurde nicht behauptet. Eine solche würde auch nicht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes entsprechen. Es existieren keine Umstände, welche einer Abschiebung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich nach Nigeria entgegenstünden.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss.
Zu A) Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes
Die in Rede stehende Norm des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 sieht vor, dass das BFA den faktischen Abschiebeschutz eines Fremden, der einen Folgeantrag gestellt hat und bei dem - wie im vorliegenden Fall - die Voraussetzungen des § 12a Abs. 1 AsylG 2005 nicht erfüllt sind, aberkennen kann, wenn drei Voraussetzungen gegeben sind: Erstens muss gegen den Fremden eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG bestehen; zweitens muss die Prognose zu treffen sein, dass der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und drittens darf die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen.
Zur Tatbestandsvoraussetzung des § 12a Abs. 2 Z 1 AsylG 2005 ("Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG"): Gemäß § 12 Abs. 6 AsylG 2005 bleiben Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG achtzehn Monate ab der Ausreise eines Fremden aufrecht. Der Beschwerdeführer hat das Bundesgebiet nicht verlassen, an der Ausreise nach Deutschland wurde er von den Grenzbeamten gehindert. Gegenständlich liegt daher eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung vor.
Zur Tatbestandsvoraussetzung des § 12a Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 ("wenn der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist") führen die Gesetzesmaterialien (RV 220 BlgNR 24. GP 13) aus, dass "eine Grobprüfung in Form einer Prognose über die Zulässigkeit des Antrags" zu treffen ist. Zieht man das vom Gesetz angestrebte Ziel in Betracht, den faktischen Abschiebeschutz nur für "klar missbräuchliche Anträge" beseitigen zu wollen, kann damit nur gemeint sein, dass schon bei einer Grobprüfung die (spätere) Zurückweisung des Folgeantrags auf der Hand liegt, weil sich der maßgebliche Sachverhalt nicht entscheidungswesentlich geändert hat. Nicht jeder Folgeantrag, bei dem eine (spätere) Zurückweisung wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG in Betracht kommen könnte, berechtigt daher zur Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes nach § 12a Abs. 2 AsylG 2005. Es muss sich vielmehr um einen Fall handeln, in dem sich dieser Verfahrensausgang von vornherein deutlich abzeichnet. Nur dann kann auch angenommen werden, dass die Antragstellung in Wirklichkeit den Zweck verfolgt, die Durchsetzung einer vorangegangenen und mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbundenen (rechtskräftigen) Vorentscheidung zu verhindern (vgl. dazu zuletzt VwGH, 12.12.2018, Ra 2018/19/0010).
Auf einen solchen missbräuchlichen Zweck deutet - unter Bedachtnahme auf Art. 41 Abs. 1 lit. b der Verfahrensrichtlinie - etwa auch die mehrfache Folgeantragstellung hin, wenn dieser keine substanziell neuen und eine andere Beurteilung rechtfertigenden Sachverhaltselemente zugrunde liegen (VwGH, 19.12.2017, Ra 2017/18/0451).
Der Antrag vom 23.08.2019 ist voraussichtlich zurückzuweisen, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist. Der Beschwerdeführer hat im gegenständlich Verfahren erklärt, die bereits im Vorverfahren vorgebrachten Fluchtgründe aufrechterhalten zu wollen. Es ergibt sich daraus kein gegenüber dem Vorfahren geänderter Sachverhalt im Sinne neuer Fluchtgründe. Auch die Situation in Nigeria hat sich seit dem Vorverfahren nicht geändert. Es gab diesbezüglich auch kein Vorbringen des Beschwerdeführers, der erneut behauptet hatte, aus Liberia zu stammen. Es ist daher davon auszugehen, dass sein neuerlicher Antrag auf internationalen Schutz voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein wird.
Zur Tatbestandsvoraussetzung des § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 (EMRK-Verletzung): Im vorangegangenen Verfahrensgang hatten das BFA bzw. das Bundesverwaltungsgericht bereits ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen würde (§ 50 FPG).
Auch im gegenständlichen Asylverfahren vor dem BFA sind keine Risiken für den Beschwerdeführer im Sinne von § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG hervorgekommen oder substantiiert behauptet worden.
Es sind auch keine wesentlichen in der Person des Beschwerdeführers liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden, wie beispielsweise eine schwere Erkrankung, die eine umfassende Refoulementprüfung für notwendig erscheinen lassen würden. Der Beschwerdeführer hatte zu keinem Zeitpunkt eine gesundheitliche Einschränkung vorgebracht. Eine lebensbedrohliche Situation ergibt sich durch eine Abschiebung nicht.
Ebenso gibt es keine Hinweise darauf, dass sich sein Privat- oder Familienleben in Österreich in den letzten Monaten geändert hätte. Er hat keine Familie in Österreich, führt allerdings eine Beziehung zu einer nigerianischen Staatsbürgerin. Es bestand aber nie ein gemeinsamer Wohnsitz.
Im Lichte des § 22 BFA - VG und des eindeutigen Sachverhaltes hatte keine mündliche Verhandlung stattzufinden.
Da insgesamt die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes vorgelegen sind, ist der dazu mündlich verkündete Bescheid des Bundesamtes vom 30.08.2019 rechtmäßig erfolgt, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an eine Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Da die in der vorliegenden Entscheidung maßgeblichen Rechtsfragen klar sind und keiner Auslegung bedürfen, geht das Bundesverwaltungsgericht nicht vom Vorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG aus.
Schlagworte
aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:I403.2139402.2.00Zuletzt aktualisiert am
30.01.2020