TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/19 W279 2213340-1

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Veröffentlicht am 19.09.2019
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Entscheidungsdatum

19.09.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs1 Z3
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §76
VwGVG §35

Spruch

W279 2213340-1/62E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Peter Koren als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX alias XXXX , geboren am XXXX 1996, Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch RA Prof. Mag. Dr. Vera WELD, gegen die Anhaltung aufgrund des Bescheids des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX 01.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG iVm § 76 FPG stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben.

II. Gemäß § 35 VwGVG iVm VwG-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 517/2013, hat der Bund dem Beschwerdeführer zu Handen seines ausgewiesenen Vertreters Aufwendungen in Höhe von 922,00 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Darüber hinaus wird der Antrag auf Kostenersatz abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge als BF bezeichnet), ein Staatsangehöriger Afghanistans, reiste ins österreichische Bundesgebiet ein und stellte am XXXX 02.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Mit Bescheid vom XXXX 01.2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge als Bundesamt bezeichnet) den Antrag des BF auf internationalen Schutz ab, erkannte ihm den Status eines Asylberechtigten ebenso wie den Status eines subsidiär Schutzberechtigten nicht zu und erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §57 AsylG. Weiters wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Afghanistan zulässig ist.

3. Dagegen erhob der Beschwerdeführer am XXXX 02.2017 Beschwerde.

4. Nach einer mündlichen Verhandlung am XXXX 11.2017 wurde die gegen den Bescheid des Bundesamtes erhobene Beschwerde am XXXX 04.2018 als unbegründet abgewiesen.

5. Am XXXX 05.2018 stellte der BF einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß §55 Abs. 1 AsylG und wurde am 23.08.2018 dazu einvernommen.

6. Die beabsichtigte Abschiebung am XXXX 11.2018 wurde nicht durchgeführt, da der BF an drei unterschiedlichen Zeitpunkten nicht am gemeldeten Hauptwohnsitz angetroffen werden konnte.

7. Am XXXX 01.2018 wurde der BF nach Ladung über seine rechtliche Vertretung, bezüglich seines Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels neuerlich einvernommen und anschließend festgenommen.

8. Am XXXX 01.2018 wurde der BF zur möglichen Schubhaftverhängung einvernommen.

9. Am selben Tag wurde die Schubhaft nach § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm §57 Abs. 1 AVG zum Zweck der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Dagegen richtet sich die gegenständliche Beschwerde vom XXXX 01.2019. Der BF befand sich von XXXX 01.2019 11:30 Uhr in Haft und stellte am XXXX 01.2019 einen mündlichen Asylfolgeantrag. Am XXXX 01.2019 wurde der BF über den avisierten Abschiebetermin am XXXX 02.2019 in Kenntnis gesetzt und am XXXX 02.2019 abgeschoben.

10. Mit Erkenntnis vom 24.01.2019, W279 2213340-1/44E, wurde die Beschwerde gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen. Gemäß §22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 FPG wurde festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzung vorliegen. Der Antrag des BF auf Kostenersatz wurde gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abgewiesen. Gemäß § 35 Abs. 1 und 3 VwGVG iVm § 1 Z. 3 und Z.4 VwG-AufwErsV wurde der BF dazu verpflichtet, Aufwendungen in Höhe von 426,20 € binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründend wurde ausgeführt, dass dem Verwaltungsakt zu entnehmen sei, dass der BF an drei verschiedenen Zeitpunkten Anfang November nicht am gemeldeten Hauptwohnsitz anzutreffen gewesen sei. Die Bewohnerin dieser Wohnung, die dem BF jedenfalls melderechtlich Unterkunft gab, sei ebenso nicht anzutreffen gewesen. Der BF habe in der Einvernahme am XXXX 01.2019 gegenüber dem Bundesamt angegeben, dass er meistens nicht in Wien, sondern in einer näher bezeichneten Ortschaft in Niederösterreich aufhältig sei. Den für XXXX 11.2018 avisierten Abschiebetermin habe der BF vereitelt, indem er an drei verschiedenen Terminen zu unterschiedlichen Uhrzeiten nicht an der gemeldeten Hauptwohnsitzadresse anzutreffen gewesen sei.

In einer außerordentlichen Revision vom XXXX 02.2019 wurde von der bevollmächtigten Vertreterin des BF ausgeführt, dass das Bundesverwaltungsgericht die familiäre und soziale Integration des BF vollkommen ignoriere. Der BF habe Familie in Österreich, könne einer legalen Beschäftigung als Gärtner nachgehen und habe regelmäßig in allen Altersklassen Deutschunterricht und Deutschkurse abgehalten sowie wertvolle Übersetzungsarbeit geleistet. Zudem hätte im gegenständlichen Fall die regelmäßige Meldung auf einer Polizeistation als gelinderes Mittel jedenfalls ausgereicht, weshalb die Schubhaft darüber hinaus unverhältnismäßig sei. Das Bundesverwaltungsgericht habe den seiner Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt nicht im notwendigen Ausmaß erforscht, da es sich nicht ausreichend mit dem Vorbringen des BF, wonach aufgrund seiner familiären Bindungen, seiner sozialen Integration, seiner Erwerbstätigkeit und seines Wohnsitzes keine Fluchtgefahr vorliege, auseinandergesetzt. Konkret hätte das Bundesverwaltungsgericht zur abschließenden Beurteilung des gegenständlichen Sachverhalts eine mündliche Verhandlung durchführen müssen und die angebotenen Beweise beispielsweise durch Einvernahme von Zeugen aufnehmen müssen. Der angenommene Sachverhalt bedürfe daher in wesentlichen Punkten der Ergänzung. Das Bundesverwaltungsgericht habe den Sachverhalt darüber hinaus in wesentlichen Punkten aktenwidrig angenommen, der BF sei vollkommen mittellos, obwohl er über eine notariell beglaubigte Patenerklärung vorlegen könne. Ferner nehme das Bundesverwaltungsgericht an, dass der BF seit XXXX 11.2018 für längere Zeit untergetaucht sei, übersehe jedoch, entsprechend zu würdigen, dass der BF am XXXX 01.2019 in Begleitung seiner rechtsanwaltlichen Vertretung zur behördlichen Vernehmung im BFA erschienen sei. Darüber hinaus nehme das BVWG aktenwidrig an, der BF gehe keiner legalen Erwerbstätigkeit nach, dabei übersehe es jedoch, dass der BF als Gärtner legal beschäftigt sei und bei der Wiener Gebietskrankenkassa krankenversichert sei, dass er Alphabetisierungs-und Deutschkurse leite und sogar zur erfolgreichen Tätigkeit als Gerichtsdolmetsch am Landesgericht Korneuburg bestellt worden sei. Beantragt wurde die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung.

Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 07.03.2019, Ra 2019/21/0035-6, wurde das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Begründend wurde angegeben, dass der BF in seiner Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid des BFA auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt habe. Das Bundesverwaltungsgericht habe diesem Antrag unter Verweis auf § 21 Abs. 7 BFA-VG nicht entsprochen, wobei es nur darauf hingewiesen habe, dass der Sachverhalt geklärt sei und "Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorgelegen seien." Das treffe jedoch nicht zu, denn während der Revisionswerber in seiner Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid vorgebracht habe, er habe sich nicht verborgen gehalten und nicht dem Zugriff entzogen, sei das Bundesverwaltungsgericht davon ausgegangen, er habe seine Abschiebung am 06. November 2018 bewusst verhindert und sei untergetaucht, um seinen fremdenpolizeilichen Verpflichtungen zu entgehen. Diesbezüglich habe das Bundesverwaltungsgericht im Kern darauf verwiesen, dass der BF unmittelbar vor seiner geplanten Abschiebung am XXXX 11.2018 dreimal nicht an seiner Meldeadresse in Wien angetroffen worden sei und selbst angegeben habe, meistens nicht in Wien, sondern in einer Ortschaft in Niederösterreich aufhältig zu sein. Letzteres sei zwar richtig, lasse jedoch nicht ohne Weiteres den Schluss zu, der BF habe untertauchen wollen, um der für den XXXX 11.2018 geplanten Abschiebung zu entgehen. Dagegen spreche, dass er nach der Aktenlage keine Kenntnis von den geplanten Abschiebetermin gehabt habe und dass er behördlichen Ladungen auch noch nach dem XXXX 11.2018 Folge geleistet habe. Vor diesem Hintergrund könne von einem geklärten Sachverhalt im Sinne der Annahme des Bundesverwaltungsgerichts nicht die Rede sein und es wäre erforderlich gewesen, die beantragte Beschwerdeverhandlung durchzuführen, um sich in deren Rahmen ein näheres Bild vom BF und seiner Kooperationsbereitschaft zu verschaffen. Erst auf dieser Basis hätte eine Prognose über das zukünftige Verhalten des BF getroffen und beurteilt werden dürfen, ob nicht allenfalls mit der Anordnung eines gelinderen Mittels (etwa tägliche Meldeverpflichtung) das Auslangen zu finden gewesen wäre.

Im Rahmen einer in Abwesenheit des BF durchgeführten Verhandlung am XXXX 09.2019 wurden in Anwesenheit der bevollmächtigten Vertretung des BF sowie eines Vertreters der belangten Behörde zwei Zeugen einvernommen.

Zeuge2 (im Folgenden Z2) brachte vor, dass er den BF vor zweieinhalb Jahren in einem Flüchtlingsheim für Minderjährige kennengelernt habe und er wie ein viertes Kind für ihn gewesen sei. Befragt, wie die Patenschaft ausgesehen habe, erklärte der Z2, dass er bereit gewesen sei, ein paar Jahre für seine Kosten aufzukommen, es dem BF jedoch gelungen sei, sich über Dienstleistungschecks zu versichern. Zudem habe er Zutritt zu seiner Wohnung gehabt, könne jedoch nicht genau sagen, wie oft er sich dort aufgehalten habe, da er selbst öfter bei seiner Freundin übernachtet habe. Zur Frage, wie viel Geld er dem BF gegeben habe, erwiderte Z2, dass es sich um weniger als 100€

gehandelt habe, da der BF vor der Aufnahme einer Arbeitstätigkeit als Dolmetscher tätig gewesen sei. Eine etwaige Anmeldung des BF für einen Nebenwohnsitz in XXXX habe der Z2 nicht für notwendig erachtet. Bezüglich des illegalen Aufenthaltsstatus des BF sei der Z2 davon ausgegangen, dass ein Verfahren nach Europarecht noch anhängig sei. Auf Vorhalt der bevollmächtigten Vertreterin des BF, dass dem BF die Mittellosigkeit vorgeworfen worden sei, entgegnete der Z2, dass er sich auf die Patenschaft stützen habe können und zudem erwerbstätig gewesen sei. Zum weiteren Vorhalt, dass ihm vorgeworfen sei, dass es sich bei der Wiener Adresse um eine Scheinmeldung gehandelt habe, erwiderte der Z2, dass der BF dort seine Sachen aufbewahrt und dort gewohnt habe, um Vorstellungsgespräche wahrzunehmen, weshalb dieser Vorwurf ins Leere gehe.

Zeugin1 gab zu Protokoll, dass sie den BF im Rahmen einer Geburtstagsfeier kennengelernt habe und auf die Idee gekommen sei, ihm ein Zimmer zur Verfügung zu stellen. Sie selbst sei von XXXX 10.2018 bis Mai 2019 in Südamerika aufhältig gewesen, der BF habe ab Juni 2018 bei ihr gewohnt. Angaben, wo sich der BF im November 2018 aufgehalten habe, könne die Z1 nicht machen, da sie sich zu dieser Zeit bereits im Ausland befunden habe. Die Fragen, ob sie mit dem BF einen Mietvertrag geschlossen habe und ob ihr bewusst gewesen sei, dass er sich nicht legal in Österreich aufhalte, wurden von der Z1 verneint. Auf Vorhalt der bevollmächtigten Vertreterin, dass dem BF vorgeworfen sei, eine Scheinmeldung gemacht zu haben, dass sich der BF zeitweise in Wien und in XXXX aufgehalten habe. Zu seiner finanziellen Leistungsfähigkeit könne sie angeben, dass er Geldleistungen von Z2 bezogen habe und überdies als Gärtner tätig gewesen sei. Die Frage, ob der BF mittellos gewesen sei, wurde von der Z1 verneint.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1. Zum Verfahrensgang

Der unter I.1. bis I.7. geschilderte Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.

Zur Person des BF und den Voraussetzungen der Schubhaft

1. Der BF ist ein volljähriger afghanischer Staatsangehöriger, der Volksgruppe der Tadschiken, seine Identität steht fest. Die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht, er ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter. Der BF ist unbescholten.

Der BF war ab Juni 2018 in einer Wohnung in Wien gemeldet. Zusätzlich hatte er Zugang zur Wohnung seines Paten in XXXX . Diesen Nebenwohnsitz hat der BF weder melderechtlich erfassen lassen noch das BFA darüber in Kenntnis gesetzt. Eine für November 2018 avisierte Abschiebung konnte in weiterer Folge nicht durchgeführt werden, da der BF zu drei unterschiedlichen Uhrzeiten nicht an der gemeldeten Adresse in Wien angetroffen werden konnte. Bei der Wiener Adresse handelt es sich um keine Scheinmeldung. Welcher der beiden Wohnsitze in der Gesamtbetrachtung tatsächlich als Hauptwohnsitz zu qualifizieren ist, kann nicht festgestellt werden. Der BF war allerdings an beiden Wohnsitzen in beträchtlichem Ausmaß zugegen.

Der Beschwerdeführer wurde zur Überstellung gemäß § 76 Abs. 1 FPG nach Afghanistan am XXXX 01.2019 in Schubhaft genommen und am XXXX 02.2019 nach Kabul abgeschoben.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Bundesamtes und den Akt des Bundesverwaltungsgerichtes.

In der mündlichen Verhandlung am XXXX 09.2019 geben zwei Zeugen unabhängig voneinander zu Protokoll, dass der BF sich sowohl in Wien als auch in XXXX in erheblichem Ausmaß aufgehalten hat.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: "Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein."

3.2. Zu Spruchpunkt A.I. (Stattgabe der Beschwerde):

3.2.1. Der mit "Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft" betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, lautet:

"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakte so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakte gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig."

Das Bundesverwaltungsgericht ist somit gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.

3.2.2 Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen oder Meldeverpflichtungen gemäß §§ 56 oder 71 FPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder 15a AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

3.2.3. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gemäß § 77 Abs. 5 FPG steht die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (z. B. VwGH 25.03.2010, Zl. 2009/21/0121) setzt Schubhaft die gerechtfertigte Annahme voraus, der Fremde werde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bzw. nach deren Vorliegen der Abschiebung (insbesondere) durch Untertauchen entziehen oder sie zumindest wesentlich erschweren. Die Notwendigkeit der Überwachung der Ausreise ist eine Voraussetzung für die Abschiebung, für die Schubhaft ist dies alleine jedoch nicht relevant. Hier ist zusätzlich das Bestehen eines Sicherungsbedarfs notwendig (VwGH 29.04.2008, Zl. 2007/21/0146; VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498). Es hat eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der Schubhaft zu erfolgen; insofern eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung der Außerlandesschaffung (Aufenthaltsbeendigung) und dem privaten Interesse an der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen (VwGH vom 27.05.2009, Zl. 2008/21/0036; VwGH vom 23.09.2010, Zl. 2007/21/0432).

Die Schubhaft darf daher stets nur "ultima ratio" sein (VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0054; VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114), woraus der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527, unter Hervorhebung der in § 80 Abs. 1 FPG 2005 ausdrücklich festgehaltenen behördlichen Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert, insbesondere auch ab, "dass die Behörde schon von vornherein angehalten ist, im Falle der beabsichtigten Abschiebung eines Fremden ihre Vorgangsweise nach Möglichkeit so einzurichten, dass Schubhaft überhaupt unterbleiben kann".

3.2.4. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes erweist sich die gegenständliche Beschwerde als begründet:

Gegen den Beschwerdeführer spricht zwar, dass er von der Behörde an seiner Meldeadresse dreimal nicht angetroffen wurde und die Behörde nicht über seinen häufigen Aufenthalt in XXXX in Kenntnis gesetzt hat, doch haben sowohl der Beschwerdeführer als auch die im Rahmen der mündlichen Verhandlung am einvernommenen Zeugen gleichlautend zu Protokoll gegeben, dass er sich gelegentlich sowohl in Wien als auch in der Wohnung seines Paten in XXXX aufhalte. Darüber hinaus gaben sowohl beide Zeugen im Rahmen der mündlichen Verhandlung am XXXX 09.2019 sowie der BF selbst im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme am XXXX 01.2019 zu Protokoll, dass der BF seinen Aufenthalt in Österreich mithilfe von Zuwendungen seines Paten sowie mit geringfügigen Tätigkeiten als Gärtner sowie als Dolmetscher bestritten hat, weshalb entgegen den Ausführungen des Bescheides nicht von einer "Mittellosigkeit" ausgegangen werden kann.

Das dreimalige Nichtantreffen des BF an seiner gemeldeten Wohnadresse begründet einen Sicherungsbedarf.

In diesem Fall wären gelindere Mittel, sich in regelmäßigen Abständen bei der Dienststelle der Landespolizeidirektion zu melden oder eine Sicherheitsleistung zu hinterlegen, möglich und primär anwendbar gewesen. Gegenständlich stellt sich die angeordnete Schubhaft somit nicht als "ultima-ratio"-Maßnahme dar und erweist sich als rechtswidrig.

Entsprechend der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (Erk. zur GZ: G140/11 ua) wonach der Verfassungsgerichtshof im Zusammenhang mit der Anwendung gelinderer Mittel klargestellt habe, dass ein klarer Vorrang der Anordnung gelinderer Mittel festgelegt ist, hätte sich die Verwaltungsbehörde in ihrer Begründung mit den persönlichen Umständen, die für die Anwendung eines gelinderen Mittels - gegenständlich: Hinterlegung einer angemessenen finanziellen Sicherheit (§ 77 Abs. 3 Z.3 FPG) - sprechen, auseinandersetzen müssen.

Ungeachtet der Ausführungen des Beschwerdeführers im Rahmen der Schubhafteinvernahme vom XXXX 01.2019 zur Frage nach seinen derzeitigen Barmitteln, welche er mit € 80,00 bezifferte, hatte er in dieser Einvernahme angegeben, für die Finanzierung seines Aufenthalts in Österreich Unterstützung von seinem Paten erhalten zu haben. Alleine dieses Vorbringen hätte der Verwaltungsbehörde zu Fragen nach der aktuellen finanziellen Situation veranlassen müssen.

Es ist daher dem Beschwerdeführer nicht entgegenzutreten, wenn er diese Unterlassung als sekundären Feststellungsmangel - Mangelhaftigkeit aufgrund unrichtiger rechtlicher Beurteilung - einstuft, ging die Verwaltungsbehörde aus den bereits angeführten Gründen nur von der Möglichkeit der Schubhaftverhängung aus.

Da die Verwaltungsbehörde keine Wahlmöglichkeit zwischen Schubhaftverhängung einerseits und Anwendung eines gelinderen Mittels andererseits hat, hätte sie mangels Vorliegen der Voraussetzungen für die Verhängung der Schubhaft im gegenständlichen Fall das gelindere Mittel der Hinterlegung einer angemessenen finanziellen Sicherheit (§ 77 Abs. 3 Z.3 FPG) anwenden müssen.

In diesem Sinne war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.4. Zu Spruchpunkt A.II. (Abspruch über die Kosten):

3.4.1. Der VwGH hat im Erkenntnis vom 23.04.2015, Zl. Ro 2014/21/0077, ausgeführt, dass die Beschwerde an das BVwG, soweit damit die dem (gemeint: rechtswidrigen) Schubhaftbescheid nachfolgende Anhaltung bekämpft wird, eine Beschwerde gegen die behauptete Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt darstellt, weshalb auch § 35 VwGVG zur Anwendung kommt, und zwar zumindest insoweit, als er einem Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgericht im Falle des Obsiegens in einem Beschwerdeverfahren wegen behaupteter Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt Kostenersatz einräumt.

Der mit "Kosten" betitelte § 35 VwGVG lautet:

"§ 35. (1) Die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG) obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.

(2) Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei.

(3) Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.

(4) Als Aufwendungen gemäß Abs. 1 gelten:

1. die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat,

2. die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren, sowie

3. die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.

(5) Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht.

(6) Die §§ 52 bis 54 VwGG sind auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

(7) Aufwandersatz ist auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden."

Die Höhe der im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG und Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG als Aufwandersatz zu leistenden Pauschalbeträge wird in § 1 der VwG-Aufwandersatzverordnung (VwG-AufwErsV), BGBl. II Nr. 517/2013, wie folgt festgesetzt:

"1. Ersatz des Schriftsatzaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 737,60 Euro

2. Ersatz des Verhandlungsaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 922,00 Euro

3. Ersatz des Vorlageaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 57,40 Euro

4. Ersatz des Schriftsatzaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 368,80 Euro

5. Ersatz des Verhandlungsaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 461,00 Euro

6. Ersatz des Aufwands, der für den Beschwerdeführer mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 553,20 Euro

7. Ersatz des Aufwands, der für die belangte Behörde mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 276,60 Euro."

3.4.2. Im gegenständlichen Verfahren wurde sowohl gegen den im Spruch genannten Bescheid, mit dem die Schubhaft angeordnet wurde, als auch gegen die Anhaltung in Schubhaft Beschwerde erhoben.

Da die Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig erklärt wurde, ist gemäß § 35 Abs. 2 VwGVG der Beschwerdeführer die obsiegende und die belangte Behörde die unterlegene Partei.

Da im gegenständlichen Verfahren eine mündliche Verhandlung durchgeführt wurde, war der von der belangten Behörde als unterlege Partei zu leistende Aufwandersatz in Höhe von 922,00,- Euro zu bemessen.

3.5. Zu Spruchteil B. - Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

In der Beschwerde findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

gelinderes Mittel, Kostenersatz, Rechtswidrigkeit, Schubhaft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W279.2213340.1.01

Zuletzt aktualisiert am

30.01.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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