Entscheidungsdatum
22.10.2019Norm
BFA-VG §22a Abs1 Z3Spruch
W154 2167392-1/11E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. KRACHER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX StA. Serbien, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie Flüchtlingsdienst, gegen den Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.08.2017, Zahl: 1032442601- 170900262/BMI-BFA_BGLD_RD, und die Anhaltung in Schubhaft vom 02.08.2017 bis 17.08.2017 zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG, § 76 Abs. 2 Z 1 FPG als unbegründet abgewiesen.
II. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 1 iVm Abs. 3 VwGVG abgewiesen. Der Beschwerdeführer hat gemäß § 35 Abs. 1 iVm Abs. 3 VwGVG in Verbindung mit § 1 Z 3 und 4 VwG-Aufwandersatzverordnung dem Bund, vertreten durch den Bundesminister für Inneres, Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein serbischer Staatsangehöriger, reiste am 06.10.2014 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 07.10.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: Bundesamt) vom 10.10.2014, Zahl:
1032442601/140042337, hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Serbien gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG wurde einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV).
In Erledigung der dagegen erhobenen fristgerechten Beschwerde hob das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss GZ G306 2013581-1/4E vom 04.12.2014 den zuvor genannten Bescheid gemäß § 28 Abs.3 VwGVG auf und verwies die Rechtsache zur neuerlichen Entscheidung an das Bundesamt zurück.
Mit Bescheid vom 08.09.2016, Zahl 1032442601/140042337, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.), als auch bezüglich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kosovo (gemeint wohl Serbien) gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.), dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt, gegen diesen gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen, gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung in den Kosovo (gemeint wohl Serbien) gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.) sowie dem Beschwerdeführer gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist zur freiwilligen Ausreise in der Dauer von zwei Wochen eingeräumt. (Spruchpunkt IV).
Die dagegen erhobene rechtzeitige Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 11.01.2017, GZ G306 2013581-2/4E, mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass der Spruchpunkt II und der letzte Satz des Spruchpunktes III des angefochtenen Bescheides wie folgt zu lauten haben:
"II. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG wird ihr Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Serbien abgewiesen."
"III. Es wird gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig ist."
2. Am 15.03.2017 wurde der Beschwerdeführer zwecks Identitätsfeststellung einer Delegation der serbischen Vertretungsbehörde vorgeführt, dabei als serbischer Staatsbürger identifiziert und die Ausstellung eines Heimreisezertifikates zugesagt.
3. Am 01.08.2017 wurde der Beschwerdeführer aufgrund der Dublin III-VO von den ungarischen Behörden von Ungarn nach Österreich überstellt, von den hiesigen Behörden übernommen, gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG festgenommen und um 13:30 Uhr in das Polizeianhaltezentrum Eisenstadt eingeliefert.
4. Noch am 01.08.2017 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt niederschriftlich einvernommen. Dabei erklärte er im Wesentlichen, momentan nicht in medizinischer Behandlung zu sein, jedoch Schmerzmittel zu nehmen. Er habe einen Unfall gehabt, weshalb er die linke Hand nicht mehr bewegen könne. Zudem leide er an Hepatitis C.
Er gehöre der ungarischen Minderheit in Serbien an, sei vom Beruf Verkäufer, arbeite jetzt jedoch nicht mehr. Wegen seiner Hand habe er auch keinen Militärdienst abgeleistet.
Im Jahr 2009 sei er nach Deutschland gegangen und dort fünf Jahre geblieben. Nachdem er wegen Körperverletzung mit gefährlicher Waffe zu drei Jahren Haft verurteilt und nach der Hälfte der Zeit entlassen worden sei, habe er Deutschland verlassen müssen und sei nach Serbien überstellt worden. Danach wäre er vier Monate in Ungarn aufhältig gewesen, bevor er im Oktober 2014 nach Österreich gefahren sei und einen Asylantrag gestellt habe. Nach dessen Ablehnung habe er in Ungarn einen Reisepass beantragt. Als er dort den Diebstahl seines Rucksacks mit Medikamenten und Dokumenten angezeigt habe, sei seine Identität festgestellt, der Beschwerdeführer festgenommen und nach Österreich überstellt worden.
In Österreich habe er sich zwei Jahre aufgehalten und in Ungarn einen Antrag auf die ungarische Staatsbürgerschaft gestellt. Von den ungarischen Behörden hätte er eine Zusicherung bekommen, dass er bei jedem Konsulat in Europa einen Staatsbürgerschaftsnachweis erhalten bzw. beantragen könne. In Wien sei er beim ungarischen Konsulat gewesen und man hätte ihm mitgeteilt, die ungarische Staatsbürgerschaft wäre noch nicht da. Aus Budapest habe er ein Schreiben erhalten, dass er die Staatsbürgerschaft nochmals beantragen solle.
Auf Vorhalt, dass dieses Vorbringen nicht glaubwürdig sei, weil die ungarischen Behörden den Beschwerdeführer auf Basis der Dublin Verordnung nach Österreich überstellt hätten, der Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidungen nach Serbien erhalten habe und dorthin zurückkehren müsse, erwiderte dieser, diese Schreiben nicht bekommen zu haben. Er hätte einen Brief vom ungarischen Botschafter in dem stehe, dass er in Österreich nicht belangt werden könne.
Nachgefragt, warum er nicht nach Serbien zurückgekehrt sei, gab der Beschwerdeführer ausdrücklich an, dass er nicht dorthin wolle. Er lebe auf der Straße, sei Invalide und habe kein Geld. Er verfüge weder über Barmittel oder Vermögen noch über eine Bankomat- oder Kreditkarte. Im Falle einer Entlassung nach der Einvernahme wolle er mit der ungarischen Botschaft sprechen und zum Bundesamt gehen. Er sei Wirtschaftsflüchtling und kein Tourist. Er habe Probleme in Serbien, dort habe er nichts, schlafe auf der Straße und verfüge über kein Zimmer.
In Österreich gebe es weder Verwandte noch andere Familienangehörige, auch habe er keine Unterkunftsmöglichkeit.
Nachdem ihm zur Kenntnis gebracht wurde, dass gegen ihn eine rechtskräftige Rückkehrentscheidungen bestehe und beabsichtigt sei, ihn nach Serbien zu überstellen, gab der Beschwerdeführer ausdrücklich an, sicher nicht freiwillig nach Serbien zurückzugehen.
5. Mit dem gegenständlichen, im Spruch genannten Bescheid des Bundesamtes wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet.
Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Beschwerdeführer keinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich habe, hier keiner Beschäftigung nachgehe, über keinerlei Bindungen verfüge, wenig Deutsch spreche und haftfähig sei. Er verfüge über keine Barmittel und sei nicht im Besitz einer Bankomat- oder Kreditkarte. Der Beschwerdeführer sei volljährig und gesund und leide an keiner schwerwiegenden Krankheit. Er besitze kein gültiges Reisedokument und könne Österreich aus eigenem Entschluss nicht verlassen. Zudem habe er keinen gültigen Aufenthaltstitel für Schengenstaaten, keinen ordentlichen Wohnsitz und verfüge weiters weder über eine Unterkunft in Österreich noch habe er die Möglichkeit, irgendwo Unterkunft zu nehmen. Dadurch, dass er das Land verlassen habe, habe er sich dem Verfahren entzogen. In Österreich sei er in keiner Weise integriert.
Zu seinem Privat- und Familienleben führte das Bundesamt aus, dass der Beschwerdeführer illegal in das Bundesgebiet eingereist, hier weder beruflich noch sozial integriert sei und über keine ausreichenden Barmittel verfüge, um hier einen Lebensunterhalt finanzieren zu können. Im Bundesgebiet befänden sich keine Familienangehörigen und der Beschwerdeführer müsse auch keinen Sorgepflichten nachkommen. Er spreche ein wenig Deutsch. Während seines Aufenthaltes in Österreich habe er sich keinen Freundes- bzw. Bekanntenkreis aufgebaut.
6. Am 02.08.2017 wurde der Beschwerdeführer um 11:30 Uhr in Schubhaft genommen.
7. Am 08.08.2017 wurde durch die belangte Behörde ein Abschiebeauftrag Landweg mit einem Sammeltransport durch Ungarn nach Serbien erlassen.
8. Gegen den gegenständlichen Mandatsbescheid des Bundesamtes sowie gegen die Anordnung der Schubhaft und die fortdauernde Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft wurde rechtzeitig Beschwerde gemäß § 22a BFA-VG erhoben.
Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass gegen den Beschwerdeführer rechtskräftig eine Rückkehrentscheidung erlassen worden sei, welche ihn zu einer Ausreise nach Serbien oder in einen anderen Drittstaat verpflichte. Die Tatsache des Vorliegens einer rechtskräftigen Rückkehrentscheidung werde im angefochtenen Schubhaftbescheid festgehalten, nichtsdestotrotz sei aus diesem nicht zweifelsfrei abzuleiten, dass die belangte Behörde tatsächlich beabsichtige, den Beschwerdeführer in seinen Herkunftsstaat abzuschieben. Gleich mehrere Ausführungen im angefochtenen Bescheid würden darauf hindeuten, dass die belangte Behörde ein Verfahren gemäß der Dublin III-VO zur Erlassung einer Anordnung zur Außerlandesbringung (nach Italien) einleiten wolle.
Für den Fall, dass die belangte Behörde beabsichtige, den Beschwerdeführer auf Basis der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung nach Serbien abzuschieben, wäre hervorzuheben, dass im angefochtenen Bescheid nicht nachvollziehbar dargelegt sei, aus welchen Umständen das Vorliegen der Fluchtgefahr abgeleitet werde.
Beantragt wurde, das Bundesverwaltungsgericht möge
* eine mündliche Verhandlung unter Einvernahme des Beschwerdeführers zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes durchführen;
* den angefochtenen Bescheid beheben und aussprechen, dass die Anordnung von Schubhaft und die bisherige Anhaltung in rechtswidriger Weise erfolgt sei;
* im Rahmen einer "Habeas Corpus Prüfung" aussprechen, dass die Voraussetzungen zur weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers nicht vorlägen;
* der belangten Behörde den Ersatz der Aufwendungen des Beschwerdeführers gemäß VwG-Aufwandsersatzverordnung, sowie der Kommissionsgebühren und Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat, auferlegen.
9. Im Rahmen ihrer Beschwerdevorlage vom 14.08.2017 nahm die belangte Behörde dazu im Wesentlichen dahingehend Stellung, dass der Beschwerdeführer, nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet am 06.10.2014, am 07.10.2014 einen Asylantrag gestellt habe, dessen abweisende Entscheidung mit 11.01.2017 in Rechtskraft erwachsen sei. Anlässlich seiner Vorführung zu einer Identitätsfeststellung vor eine Delegation der serbischen Vertretungsbehörde in Wien am 15.03.2017 sei der Beschwerdeführer als serbischer Staatsbürger identifiziert und ein Heimreisezertifikat zugesagt worden. Am 01.08.2017 hätten ihn die ungarischen Behörden auf Basis der Dublin Verordnung nach Österreich überstellt.
Es sei beabsichtigt, den Beschwerdeführer auf Grund der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung in sein Heimatland abzuschieben. Im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme am 02.08.2017 habe er angegeben, auf der Straße zu leben und nicht bereit zu sein, freiwillig nach Serbien zurückzukehren. Die Schubhaft sei am selben Tag gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG angeordnet und dieser Bescheid dem Beschwerdeführer durch persönliche Übergabe ordnungsgemäß zugestellt worden.
Der Sicherungsbedarf gründe auf mehreren Punkten gemäß § 76 Abs. 3 FPG: Unrechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet; rechtskräftige Verurteilung wegen einschlägiger Delikte; der Beschwerdeführer sei bis dato seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen und habe keine Bemühungen unternommen, seine Ausreise vorzubereiten oder sich um die Ausstellung eines Reisedokumentes zu kümmern; er sei nicht bereit, seinen unrechtmäßigen Aufenthalt aus eigenem zu beenden; Ziffer neun treffe in vollem Umfang zu (keine soziale Verankerung, kein gesicherter Wohnsitz, keine behördliche Meldung, keine legale Erwerbstätigkeit, keine ausreichenden Existenzmittel).
Die Identität des Beschwerdeführers stehe nicht fest, er verfüge weder über ein amtliches Dokument, noch sei er im Besitz von sonstigen Beweismitteln, die seine Identität bescheinigen könnten. Er verfüge über keinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich, gehe hier keiner Beschäftigung nach, verfüge über keinerlei Bindungen, spreche trotz langjährigem Aufenthalt im deutschsprachigen Raum nur wenig Deutsch, verfüge über keine Barmittel, und habe wiederholt die österreichische Rechtsordnung missachtet, indem er sich illegal hier aufgehalten habe und seiner Ausreiseverpflichtung mit nachgekommen sei. Zudem sei er in Österreich noch nie einer legalen Erwerbstätigkeit nachgekommen und es bestehe keine begründete Aussicht, eine Arbeitsstelle zu finden. Der Beschwerdeführer habe niederschriftlich angegeben, dass er nicht viel freiwillig nach Serbien zurückkehren werde. Somit habe er seinen Unwillen bekundet, sich an bestehende Gesetze zu halten und behördliche Anordnungen zu befolgen.
Es könne nicht angenommen werden, dass der Beschwerdeführer seiner Ausreiseverpflichtung aus Eigenem nachkommen werde, womit die getroffene Maßnahme zur Sicherung des fremdenpolizeilichen Verfahrens als dringend erforderlich anzusehen sei. Der Beschwerdeführer halte sich ohne gültige Aufenthaltsberechtigung im österreichischen Bundesgebiet auf und es bestehe der begründete Verdacht, dass er sich, auf freiem Fuß belassen, angesichts der drohenden Abschiebung dem fremdenrechtlichen Verfahren zu entziehen suchen werde. Eine Anordnung zur Unterkunftnahme mit periodischer Meldeverpflichtung erscheine aus diesen Aspekten als nicht verfahrenssichernd. Aus der Wohn- und Familiensituation des Beschwerdeführers, seiner fehlenden sonstigen Verankerung in Österreich sowie aufgrund seines bisherigen Verhaltens könne auf ein beträchtliches Risiko des Untertauchens geschlossen werden.
Auch liege eine Zusage der serbischen Botschaft betreffend die Ausstellung eines Heimreisezertifikates vor. Nach Erlangung dieses Heimreisezertifikates sei beabsichtigt, den Beschwerdeführer in sein Heimatland abzuschieben. Diese Abschiebung sei für den 17.08.2017 mittels Sammeltransport geplant.
Dem Vorwurf der Unverhältnismäßigkeit der Haft werde insofern entgegengetreten, als der Beschwerdeführer für die Behörde nicht greifbar gewesen sei, mehrere Punkte eines Sicherungsbedarfes gemäß § 76 Abs. 3 FPG vorlägen und die Ergreifung eines gelinderen Mittels als nicht verfahrenssichernd angesehen werde.
Beantragt wurde, das Bundesverwaltungsgericht möge
1. die Beschwerde als unbegründet abweisen
2. feststellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen
3. den Beschwerdeführer zum Ersatz des Vorlage- und Schriftsatzaufwandes der belangten Behörde von insgesamt € 426,20 verpflichten.
10. Am 17.8.2017 wurde der Beschwerdeführer um 17:00 Uhr mittels Sammeltransportes außer Landes gebracht.
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer ist serbischer Staatsangehöriger. besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist somit Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG.
Zum Zeitpunkt der Erlassung des Schubhaftbescheides und der Anhaltung in Schubhaft bestand gegen den Beschwerdeführer eine rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung.
Der Beschwerdeführer erklärte im Rahmen seiner Einvernahme am 01.08.2017 vor der belangten Behörde mehrfach ausdrücklich, nicht nach Serbien zurückzuwollen.
Der Beschwerdeführer war zum Zeitpunkt der Erlassung des Schubhaftbescheides nicht aufrecht gemeldet. Nach eigenen Angaben vor der belangten Behörde war er obdachlos und hatte keine Unterkunftsmöglichkeit.
Der Beschwerdeführer war im Bundesgebiet niemals legal erwerbstätig und ist vermögenslos. Er verfügt weder über ein legales Einkommen noch über Barmittel oder eine Bankomat- oder Kreditkarte.
Der Beschwerdeführer hat nach eigenen Angaben vor der belangten Behörde in Österreich weder Verwandte noch Familienangehörige.
Zum Zeitpunkt der Erlassung des Schubhaftbescheides lag bereits eine Zustimmung der serbischen Behörden zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates vor. Das Bundesamt konnte zurecht von einer baldigen Abschiebung ausgehen.
Am 17.08.2017 wurde der Beschwerdeführer erfolgreich mittels Sammeltransportes auf dem Landweg nach Serbien überstellt.
Der Beschwerdeführer wurde am 01.08.2017 seitens der ungarischen Behörden auf Basis der Dublin III-VO nach Österreich überstellt. Somit ist auch nicht von einem positiven Ausgang eines ungarischen Staatsbürgerschaftsverfahrens auszugehen.
Der Beschwerdeführer wurde nach eigenen Angaben vor der belangten Behörde in Deutschland wegen Körperverletzung mit gefährlicher Waffe zu drei Jahren Haft verurteilt, nach der Hälfte der Zeit entlassen und nach Serbien überstellt.
Der Beschwerdeführer war zum Zeitpunkt der Verhängung und Vollziehung der Schubhaft haftfähig.
2. Beweiswürdigung:
Der oben angeführte Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes, der vorliegenden Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes, der Einsichtnahme in die Anhaltedatei- Vollzugsverwaltung sowie insbesondere aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen seiner Einvernahme vor dem Bundesamt am 01.08.2017.
Hinsichtlich der Hafttauglichkeit stützt sich die Feststellung auf die Tatsache, dass bis zum Entscheidungszeitpunkt keine gegenteiligen Informationen an das Gericht ergangen sind und es im Rahmen des Verfahrens auch keine Anhaltspunkte für die Haftfähigkeit ausschließende gesundheitliche Beschwerden des Beschwerdeführers gab. Der Beschwerdeführer leidet zwar nach eigenen Angaben an Schmerzen an der linken Hand, die er nach einem Unfall nicht mehr bewegen könne und zudem an Hepatitis C, jedoch schränkt beides die Haftfähigkeit nicht ein, was auch weder im Verfahren noch in der Beschwerde behauptet wurde. Zudem wurde im Rahmen des Abschiebeauftrages seitens des Arztes festgehalten, dass keine medizinisch relevanten Hinweise bestünden.
Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht mehr aufzunehmen. Von der Durchführung einer Verhandlung konnte daher abgesehen werden.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit
Gemäß Artikel 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) idgF erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden
1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;
2. gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit;
3. wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde;
4. gegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs. 4.
Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
§ 7 Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr 87/2012 idgF, lautet:
(1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet über
1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes,
2. Beschwerden gegen Bescheide der Vertretungsbehörden gemäß dem 11. Hauptstück des FPG,
3. Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG,
4. Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesamtes und
5. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesministers für Inneres in Verfahren gemäß §§ 3 Abs. 2 Z 1 bis 6 und 4 Abs. 1 Z 1 und 2
Gemäß § 7 Abs. 2 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision oder der Verfassungsgerichtshof einer Beschwerde gegen ein Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes gemäß Abs. 1 stattgegeben hat.
Für das gegenständliche Verfahren ist sohin das Bundesverwaltungsgericht zuständig.
Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A)
3.2. Zu Spruchpunkt I. (Schubhaftbescheid):
3.2.1. §22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG) lautet auszugsweise wie folgt:
"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn
1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,
2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder
3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.
(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.
(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.
[...]"
§22a BFA-VG bildet sohin im gegenständlichen Fall die formelle Grundlage.
3.2.2. Materielle Rechtsgrundlage:
Gemäß § 76 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) aF können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft) sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Gemäß Abs. 2 leg cit. darf die Schubhaft nur dann angeordnet werden, wenn dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist (Z 1) oder die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen (Z 2). Gemäß Abs. 3 leg cit. liegt eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit. n Dublin-Verordnung vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist unter anderem insbesondere zu berücksichtigen, ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert (Z 1); ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat (Z 3); der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes (Z 9).
Die Schubhaft ist gemäß Abs. 4 schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die gemäß Abs. 5 zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
Hinsichtlich der Anwendung eines gelinderen Mittels ist § 77 FPG maßgeblich:
§ 77. (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. [...]
(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.
(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,
1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,
2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder
3. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.
§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.
3.2.3. Zur Judikatur:
Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).
Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).
Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).
Schubhaft darf stets nur "ultima ratio" sein (vgl. VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0054; VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, VwGH 24.02.2011, Zl. 2010/21/0502; VwGH 17.03.2009, Zl. 2007/21/0542; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043). Daraus leitete der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527, unter Hervorhebung der in § 80 Abs. 1 FPG 2005 ausdrücklich festgehaltenen behördliche Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert, insbesondere auch ab, "dass die Behörde schon von vornherein angehalten ist, im Fall der beabsichtigten Abschiebung eines Fremden ihre Vorgangsweise nach Möglichkeit so einzurichten, dass Schubhaft überhaupt unterbleiben kann. Unterlässt sie das, so erweist sich die Schubhaft als unverhältnismäßig" (VwGH vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527). Bereits im Erkenntnis des VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595, wurde dazu klargestellt, dass der Schubhaft nicht der Charakter einer Straf- oder Beugehaft zu kommt, "weshalb ohne besondere Anhaltspunkte für eine absehbare Änderung der Einstellung des Fremden die Haft nicht allein im Hinblick darauf aufrechterhalten werden darf, diese 'Einstellungsänderung' durch Haftdauer zu erwirken. (Hier: Der Fremde hatte, nachdem er nach zwei Monaten nicht aus der Schubhaft entlassen worden war, seine vorgetäuschte Mitwirkungsbereitschaft aufgegeben und zu erkennen gegeben, dass er nicht in den Kamerun zurückkehren wolle und auch nicht an einer Identitätsfestellung mitwirken werde. Die mangelnde Kooperation des Fremden gipfelte schließlich in der Verweigerung jeglicher Angaben. Die belangte Behörde hat in Folge bis zu einem neuerlichen Einvernahmeversuch zugewartet ohne zwischenzeitig auf Basis der vorhandenen Daten zwecks Erstellung eines Heimreisezertifikates an die Botschaft von Kamerun heranzutreten oder sonst erkennbare Schritte in Richtung Bewerkstelligung einer Abschiebung zu setzen. In diesem Verhalten der belangten Behörde ist eine unangemessne Verzögerung zu erblicken)." (VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595; vgl. dazu etwa auch VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).
"Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde" (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).
"Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird" (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).
Dem Gesichtspunkt einer "sozialen Verankerung in Österreich" kommt im Zusammenhang mit der Verhängung der Schubhaft wesentliche Bedeutung zu. Dabei kommt es u.a. entscheidend auf das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit oder auf die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes an (VwGH vom 30. August 2011, 2008/21/0107). Je länger somit der Fremde bereits in Österreich ist und je stärker er hier sozial verwurzelt ist, desto stärker müssen auch die Hinweise und Indizien für eine vorliegende Fluchtgefahr sein. Dabei ist zu beachten, dass Mittellosigkeit und fehlende soziale Integration in Bezug auf (noch nicht lange aufhältige) Asylwerber, die Anspruch auf Grundversorgung haben, allein noch keine tragfähigen Argumente für das Bestehen eines Sicherungsbedarfs sind (VwGH vom 28. Mai 2008, 2007/21/0233).
3.2.4. Zum Zeitpunkt der Erlassung des Schubhaftbescheides und Anordnung der Schubhaft bestand gegen den Beschwerdeführer eine rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung.
Dieser Ausreiseverpflichtung nach Serbien kann der Beschwerdeführer nicht nach, sondern er entzog sich dem Verfahren, indem er untertauchte und sich anschließend nach Ungarn begab, von wo aus er im Rahmen der Dublin III-VO wieder nach Österreich überstellt wurde.
Der Beschwerdeführer betonte im Rahmen seiner Einvernahme vor der belangten Behörde am 01.08.2017 mehrfach ausdrücklich, nicht nach Serbien zu wollen.
Der Beschwerdeführer war zum Zeitpunkt der Erlassung des Schubhaftbescheides nicht aufrecht gemeldet und somit für die Behörde nicht greifbar. Nach eigenen Angaben vor dem Bundesamt war er obdachlos und hatte auch keine Unterkunftsmöglichkeit.
Der Beschwerdeführer war in Österreich niemals legal erwerbstätig und ist vermögenslos. Er hat kein legales Einkommen.
Der Beschwerdeführer hat im Bundesgebiet weder Verwandte noch Familienangehörige.
Im vorliegenden Fall scheidet, abgesehen vom Bestehen erheblicher Fluchtgefahr, mangels finanzieller Mittel auch die Anwendung der Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 des § 77 FPG aus.
Insbesondere aber durch sein bisheriges oben erörtertes Verhalten, vor allem, dass er sich bereits durch Untertauchen einer Abschiebung entzog und mehrfach ausdrücklich erklärte, nicht nach Serbien zurückzuwollen, musste sich für die Behörde auch nicht der Schluss aufdrängen, dass der Beschwerdeführer "sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion" gemeldet hätte; dies gilt/galt auch für "die Anordnung, in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen" zumal er über keine aufrechte Meldeadresse in Österreich verfügt und nach eigenen Aufgaben auch keine Unterkunftsmöglichkeit hat.
Aufgrund des Vorliegens erheblicher Fluchtgefahr kam daher zu keinem Zeitpunkt die Anwendung gelinderter Mittel in Frage.
Insgesamt war die Schubhaft somit rechtmäßig.
Wie oben ausgeführt, begegnet auch die Dauer der Schubhaft keinen Bedenken und ist verhältnismäßig. Der Beschwerdeführer wurde am 02.08.2017 in Schubhaft genommen. Zu diesem Zeitpunkt lag bereits ein positives Heimreisezertifikatsverfahren samt Zustimmung Serbiens vor, sodass das Bundesamt zu diesem Zeitpunkt zu Recht von einer baldigen Abschiebung ausgehen konnte. Am 08.08.2017 wurde der Abschiebeauftrag erlassen und der Beschwerdeführer am 17.08.2017 mittels Sammeltransportes auf dem Landweg nach Serbien abgeschoben.
3.3. Zu Spruchpunkt II. (Kostenbegehren):
Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.
Gemäß Abs. 4 leg. cit. gelten als Aufwendungen gemäß Abs. 1:
1. die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat,
2. die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren, sowie
3. die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.
Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat gemäß Abs. 5 leg. cit. den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht.
Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.
Gemäß Abs. 7 leg. cit. ist Aufwandersatz auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.
Die Höhe der im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, und Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG als Aufwandersatz zu leistenden Pauschalbeträge ist in § 1 der VwG-Aufwandersatzverordnung (VwG-AufwErsV), BGBl. II Nr. 517/2013, wie folgt festgesetzt:
1. Ersatz des Schriftsatzaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 737,60 Euro
2. Ersatz des Verhandlungsaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 922,00 Euro
3. Ersatz des Vorlageaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 57,40 Euro
4. Ersatz des Schriftsatzaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 368,80 Euro
5. Ersatz des Verhandlungsaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 461,00 Euro
6. Ersatz des Aufwands, der für den Beschwerdeführer mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 553,20 Euro
7. Ersatz des Aufwands, der für die belangte Behörde mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 276,60 Euro.
Sowohl der Beschwerdeführer als auch die belangte Behörde hatten einen Antrag auf Ersatz der Aufwendungen gemäß § 35 VwGVG gestellt. Als obsiegender Partei steht dem Bundesamt der beantragte Aufwandsersatz zu, der Antrag des Beschwerdeführers war dementsprechend abzuweisen.
3.4. Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
Wie der oben dargelegten rechtlichen Beurteilung zu Spruchteil A zu entnehmen ist, warf die Tatsachenlastigkeit des gegenständlichen Falles keine Auslegungsprobleme der anzuwendenden Normen auf, schon gar nicht waren - vor dem Hintergrund der bereits bestehenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher nicht zuzulassen.
Schlagworte
Fluchtgefahr, Mittellosigkeit, öffentliche Interessen,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W154.2167392.1.00Zuletzt aktualisiert am
30.01.2020