RS Vfgh 2019/12/4 G156/2019 (G156/2019-8)

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Veröffentlicht am 04.12.2019
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Index

32/08 Sonstiges
32 Steuerrecht

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
UmgründungssteuerG §12, §22 Abs5
GrEStG 1987 §1, §6
VfGG §7 Abs1

Leitsatz

Verletzung im Gleichheitsrecht durch eine Bestimmung des UmgründungssteuerG betreffend die Berechnung der Grunderwerbsteuer vom zweifachen Einheitswert bei einer Vermögensübertragung auf Grund eines Einbringungsvertrags; keine sachgerechte Bewertung von Grundstücken im Rahmen des UmgründungssteuerG durch die Anknüpfung an den Einheitswert

Rechtssatz

Aufhebung von §22 Abs5 UmgründungssteuerG (UmgrStG) idF BGBl I 71/2003, weil die Bestimmung ungeachtet ihrer zwischenzeitig erfolgten Novellierung mit einem auf die Vergangenheit beschränkten zeitlichen Anwendungsbereich weiterhin in Geltung steht.

Für die wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens sind bei allen Fortschreibungen (etwa wegen der Änderung der Art des Bewertungsgegenstandes oder seiner Zurechnung) die Wertverhältnisse vom letzten Hauptfeststellungszeitpunkt zugrunde zu legen (§23 BewG 1955). Da für diese Einheiten die letzte Hauptfeststellung zum 01.01.1972 mit Wirksamkeit ab 01.01.1973 stattgefunden hat, ergibt sich ungeachtet zwischenzeitig erfolgter pauschaler Werterhöhungen, dass der jeweils aktuelle Einheitswert zu vollkommen willkürlichen Bewertungen führt und dieser typischerweise (zum Teil erheblich) unterhalb jenes Wertes liegt, der sich im Fall einer wertmäßigen Anpassung ergäbe.

Für Steuertatbestände, die an den Einheitswert anknüpfen, treten diese den Steuerpflichtigen entlastenden Effekte angesichts regionaler und individueller Unterschiede in der Wertentwicklung der Grundstücke nicht gleichmäßig auf. Vielmehr führen diese Entwicklungen im Zeitablauf zu massiven Verwerfungen und Unstimmigkeiten, die auch nicht durch eine Vervielfachung des Einheitswertes beseitigt werden können.

Auch wenn der Gesetzgeber für Einbringungen von Grundstücken, auf die die Regelungen des Umgründungssteuergesetzes Anwendung finden, wie im Prüfungsbeschluss ausgeführt grunderwerbsteuerliche Erleichterungen vorsehen kann, darf eine solche Differenzierung gegenüber Umstrukturierungen, die nicht dem Umgründungssteuergesetz unterliegen und für die die Grunderwerbsteuer somit vom gemeinen Wert zu bemessen ist, nur auf Basis verfassungsrechtlich unbedenklicher Bemessungsgrundlagen erfolgen. Die Anknüpfung an Einheitswerte vermag aber eine sachgerechte Regelung für Umgründungen im Sinne des Umgründungssteuergesetzes nicht zu gewährleisten.

Hinzu kommt, dass - anders als in VfSlg 19196/2010 - verwaltungsökonomische Gründe die Bemessung vom Zweifachen des Einheitswertes nicht zu rechtfertigen vermögen, ist doch gemäß §6 Abs3 GrEStG nicht eine bloße Anknüpfung an den jeweiligen Einheitswertbescheid, sondern eine auf den Zeitpunkt des Erwerbsvorgangs erfolgende Ermittlung eines für die Umgründung besonderen Einheitswertes unter sinngemäßer Anwendung der Grundsätze für Fortschreibungen oder Nachfeststellungen vorgesehen.

(Anlassfall E1086/2018, E v 04.12.2019, Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses).

Entscheidungstexte

Schlagworte

Umgründungssteuer, Grunderwerbsteuer, Bewertung Grundvermögen, Einheitsbewertung, Verwaltungsökonomie

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2019:G156.2019

Zuletzt aktualisiert am

12.01.2021
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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