TE Vwgh Erkenntnis 1998/9/8 94/08/0128

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.09.1998
beobachten
merken

Index

21/01 Handelsrecht;
21/03 GesmbH-Recht;
21/07 Sonstiges Handelsrecht;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §12 Abs1;
EGG §4;
GmbHG §15;
GmbHG §18;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 94/08/0129

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde 1. des H in H und 2. des Z in M, beide vertreten durch Dr. Gerhard Taufner, Rechtsanwalt in 3390 Melk, Bahnhofstraße 5, gegen die aufgrund von Beschlüssen des Unterausschusses des zuständigen Verwaltungsausschusses ausgefertigten Bescheide des Landesarbeitsamtes Niederösterreich vom 25. April 1994, jeweils mit Zl. IVc 7022/7100 B (VNr. zu 1.: 2696 250568 und zu 2.: 5393 060559), betreffend Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von jeweils S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beiden Beschwerdeführer standen vom 19. April 1993 bis (jedenfalls) 31. Oktober 1993 bei der Schloßrestaurant Schallaburg GmbH & Co KEG (in der Folge: S. KEG) als Geschäftsführer in arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen. Nach Beendigung (durch Zeitablauf wegen des Saisonendes) blieben sie weiterhin - wie schon vor Beginn der Beschäftigungsverhältnisse - Geschäftsführer der Schloßrestaurant Schallaburg GmbH (in der Folge: S. GmbH) und waren dabei auch - fallweise jeweils zeitlich begrenzt - geringfügig tätig.

Das Arbeitsamt Melk und die belangte Behörde beurteilten diesen Sachverhalt dahin, daß die beiden Beschwerdeführer nicht arbeitslos seien, weil ihre Beschäftigungsverhältnisse nicht beendet worden seien. So habe etwa der Erstbeschwerdeführer niederschriftlich erklärt, über die Wintermonate keine Arbeit aufnehmen zu können, weil noch etliche Veranstaltungen liefen. Beide Beschwerdeführer hätten ferner angegeben, weiterhin kurzfristig in geringfügigem Ausmaß für die S. KEG tätig zu sein (z.B. Werbungsmaßnahmen, Getränkeausschank bei Veranstaltungen, Anwerbung von Bediensteten für das nächste Jahr). Die Anträge der Beschwerdeführer auf Gewährung von Arbeitslosengeld wurden daher abgewiesen.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden, in denen dem gesamten Vorbringen nach Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und jeweils eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat wegen des sachlichen Zusammenhanges die Verbindung der Beschwerden zur gemeinsamen Beratung und Erledigung beschlossen und darüber erwogen:

Gemäß § 12 Abs. 1 AlVG ist arbeitslos, wer nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine neue Beschäftigung gefunden hat.

Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß die S. GmbH mit Notariatsakt vom 29. Dezember 1992 gegründet worden ist; Gesellschafter sind die beiden Beschwerdeführer und zwei weitere Personen zu je einem Viertel. Gegenstand der GmbH ist nach dem Gesellschaftsvertrag vor allem die Ausübung der Geschäftsführertätigkeit als Komplementärin und Arbeitsgesellschafterin in der S. KEG.

Die S. KEG wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 2. Jänner 1993 gegründet und besteht seit 30. März 1993. Komplementärin ist die S. GmbH, Kommanditisten sind die beiden Beschwerdeführer zu je S 10.000,--. Die S. GmbH hat keine Einlage geleistet. Sie ist als persönlich haftender Arbeitsgesellschafter an der KEG beteiligt. Die Geschäftsführung und Vertretung der KEG obliegt der Komplementärin. Der Komplementärin sind die Aufwendungen aller Art, die durch die Geschäftsführung der Gesellschaft erwachsen, alljährlich zu ersetzen. Dies gilt insbesondere für die Entlohnung (samt Lohnnebenkosten) und den Spesenersatz an die Geschäftsführer, Bediensteten oder sonstigen Auftragsnehmer der Komplementärin.

Die entscheidende Rechtsfrage der Beschwerdefälle besteht darin, ob der Geschäftsführer einer GmbH & Co KEG, dessen Anstellungsvertrag mit der KEG beendet ist, dessen Geschäftsführertätigkeit bei der GmbH hingegen fortdauert, ab Beendigung des Anstellungsvertrages arbeitslos im Sinne des § 12 Abs. 1 AlVG ist.

Die Frage, ob der Geschäftsführer einer GmbH, dessen Anstellungsvertrag beendet ist, dessen Geschäftsführertätigkeit hingegen fortdauert, ab Beendigung des Anstellungsvertrages arbeitslos im genannten Sinne ist, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 30. Mai 1995, Zl. 93/08/0138, beantwortet: Unter Hinweis auf das Erkenntnis vom 29. November 1984, VwSlg. Nr. 11.600/A, wonach bei Fortdauer eines Arbeitsverhältnisses trotz Karenzierung der beiderseitigen Hauptpflichten (Arbeits- bzw. Entgeltpflicht) Arbeitslosigkeit im Sinne des § 12 Abs. 1 AlVG nicht vorliege, hat der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung vertreten, daß im Falle des Geschäftsführers einer GmbH durch die Beendigung des Anstellungsverhältnisses nicht einmal die Hauptleistungspflicht des Geschäftsführers (soweit sie mit der Innehabung der Funktion nach dem GmbH-Gesetz zwingend verbunden ist) zur Gänze ausgesetzt werde. Zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen vermöge daher auch in solchen Fällen die bloße Beendigung des Anstellungsverhältnisses allein die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des § 12 Abs. 1 AlVG nicht zu bewirken und daher den Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht zu begründen.

Für die Übertragung dieser Rechtsprechung auf den Beschwerdefall sprechen folgende Umstände:

Gemäß § 4 des Erwerbsgesellschaftengesetzes, BGBl. Nr. 257/1990 idF BGBl. Nr. 10/1991, sind auf die KEG die handelsrechtlichen Vorschriften über die KG anwendbar. Die KG (die KEG) kann nach der (zum Teil nur dispositiven) gesetzlichen Regelung (vgl. §§ 161 Abs. 2, 114 Abs. 1, 164, 125 Abs. 1 HGB) - im Beschwerdefall auch der vertraglichen - ihre Vertretung und Geschäftsführung, somit auch ihre Dienstgeberfunktion gegenüber ihren Dienstnehmern, nur durch ihre Komplementäre wahrnehmen, d.h. im Beschwerdefall durch die S. GmbH. Diese wiederum kann als juristische Person ihre Funktionen (somit auch jene der S. KEG gegenüber ihren Dienstnehmern) nicht selbst, sondern nur durch ihre Organe, d.h. aber durch ihren bzw. ihre Geschäftsführer (§ 18 GmbHG),wahrnehmen (vgl. z.B. VwSlg. Nr. 12.325/A). Demgemäß trifft den bzw. die Geschäftsführer der S. GmbH kraft seiner bzw. ihrer Bestellung, allerdings wohl nur (oder unmittelbar nur) gegenüber der S. GmbH und nicht (oder nur mittelbar) gegenüber der S. KEG, die Verpflichtung - entsprechend dem Gegenstand der S. GmbH als Hauptleistungsverpflichtung -, die Vertretung und Geschäftsführung der S. KEG auszuüben. In dieser Funktion sind die Geschäftsführer - solange keine unmittelbare Rechtsbeziehung zur S. KEG hergestellt ist - als "mittelbare" Geschäftsführer der S. KEG anzusehen (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 27. Februar 1990, Zlen. 89/08/0276, und vom 30. September 1997, Zl. 95/08/0152; sowie OGH 7 Ob 590/95 = RdW 1996, Seite 580).

Wird aber diese dem Geschäftsführer gegenüber der S. GmbH obliegende Hauptleistungsverpflichtung (der S. GmbH gegenüber der S. KEG) dadurch konkretisiert oder ausgestaltet, daß er mit der S. KEG (diese vertreten durch den anderen Geschäftsführer der S. GmbH oder die übrigen Gesellschafter der S. GmbH) einen Anstellungsvertrag "als Geschäftsführer" (d.h. mit dem Inhalt der Wahrnehmung der Geschäftsführung der KEG) abschließt, so trifft ihn die sonst gegenüber der S. GmbH bestehende Verpflichtung unmittelbar auch gegenüber der S. KEG. Wird nun das Anstellungsverhältnis mit der S. KEG gelöst, so endet zwar diese unmittelbare Verpflichtung, nicht aber die mittelbare. Dabei ist auch zu bedenken, daß andernfalls bei sonst identem Sachverhalt im Falle eines Anstellungsvertrages mit der S. GmbH nach Beendigung des Anstellungsverhältnisses kein Anspruch auf Arbeitslosengeld bestünde, wohl aber im Falle eines Anstellungsvertrages mit der S. KEG. Sachliche Gründe dafür sind nicht zu erkennen.

Aufgrund dieser Erwägungen hat die belangte Behörde daher zu Recht den Antrag der Beschwerdeführer auf Gewährung von Arbeitslosengeld verneint.

Die Beschwerden waren somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 8. September 1998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1994080128.X00

Im RIS seit

18.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten