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L80407 Altstadterhaltung Ortsbildschutz TirolNorm
AVG §38Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber BA, über die Revision der EPrivatstiftung in I, vertreten durch Dr. Walter Heel, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Schöpfstraße 6b, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 20. Februar 2019, Zl. LVwG-2018/38/2645-6, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Stadtmagistrat der Landeshauptstadt Innsbruck; weitere Partei: Tiroler Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid des Stadtmagistrates der Landeshauptstadt Innsbruck vom 12. November 2018 wurde der revisionswerbenden Partei als Eigentümerin eines näher genannten Grundstückes der KG I, auf welchem ein näher bezeichneter Fahrradunterstand errichtet worden war, gemäß § 46 Abs. 7 lit. a Tiroler Bauordnung 2018 (TBO 2018) "die Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes, nämlich die Beseitigung des Fahrradunterstandes, sowie die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes durch Hinterfüllung verbliebener Löcher" binnen einer näher bezeichneten Frist aufgetragen. Durch den bereits für das Grundstück bewilligten Bestand werde die im geltenden Bebauungsplan festgelegte maximale Bebauungsdichte von 0,25 bereits annähernd ausgenützt. Mit der Errichtung des nach § 28 Abs. 3 TBO 2018 weder bewilligungs- noch anzeigepflichtigen Fahrradunterstandes werde die zulässige Bebauungsdichte nach § 61 Abs. 4 Tiroler Raumordnungsgesetz 2016 "um fast 5 m2 überschritten"; die Voraussetzungen für einen Auftrag gemäß § 46 Abs. 7 lit. a TBO 2018 seien daher erfüllt. Dem stehe auch eine für den Fahrradunterstand durch das Landesverwaltungsgericht Tirol erteilte Bewilligung nach dem Tiroler Stadt-und Ortsbildschutzgesetz 2003 (SOG 2003) vom 28. Mai 2018 nicht entgegen.
2 Die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde der revisionswerbenden Partei wies das Landesverwaltungsgericht Tirol (LVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung "mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass nur der Fahrradunterstand bis zum 30.04.2019 zu entfernen" sei (Spruchpunkt 1.). Weiters sprach das LVwG aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG gegen dieses Erkenntnis nicht zulässig sei (Spruchpunkt 2.). Aus der Zusammenschau zwischen Spruch und Begründung des angefochtenen Erkenntnisses ergibt sich, dass das LVwG aus näher genannten Gründen die rechtliche Ansicht vertrat, der baupolizeiliche Auftrag habe sich nur auf den Fahrradunterstand, nicht aber auch auf die Stahlbetonfundamentplatte, auf welcher der Unterstand errichtet wurde, zu beziehen. Zur diesbezüglich durch den Stadtmagistrat der Landeshauptstadt Innsbruck erhobenen Amtsrevision wird auf das Erkenntnis vom heutigen Tag, Ra 2019/06/0058, verwiesen. 3 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zur Frage ihrer Zulässigkeit zusammengefasst vorbringt, es stelle sich die Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, ob die Baubehörde bei einem Gebäude, für das weder eine Anzeige- noch Bewilligungspflicht nach der TBO 2018, jedoch nach dem SOG 2003 gelte, trotz eines Verfahrens nach dem letztgenannten Gesetz und einer diesbezüglich erfolgten Bewilligung die Entfernung auf der Grundlage einer anderen Bestimmung der TBO 2018 fordern könne. Im Verfahren nach dem SOG 2003 gelte die Verfahrenskonzentration "analog zu anderen Anlageverfahren". Ein dem geltenden Bebauungsplan widersprechender Antrag nach dem SOG 2003 wäre in diesem Verfahren abzuweisen gewesen; nachdem eine solche Abweisung nicht erfolgt sei, sei von einer gesetzeskonformen Bewilligung und Ausführung auszugehen. In jedem Baubewilligungsverfahren "unabhängig nach TBO oder SOG 2003" sei auch die Einhaltung der bau- und raumordnungsrechtlichen Vorschriften zu prüfen; sobald eine Bewilligung nach der TBO (2018) oder dem SOG 2003 erteilt worden und die Errichtung so erfolgt sei, sei von einem gesetzeskonformen Bau auszugehen. Im gegenständlichen Fall liege daher entschiedene Sache vor und es gebe "keine aus dem AVG abzuleitenden Gründe", die die Erlassung eines neuen, negativen Bescheides rechtfertigten.
Die Revision ist unzulässig:
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 7 Soweit die Revision zur Begründung ihrer Zulässigkeit auf die im SOG 2003 normierte Verfahrenskonzentration verweist, übersieht sie, dass § 18 SOG 2003 - welcher die Verfahrenskonzentration regelt - nach dessen eindeutigem Wortlaut ausschließlich den im Revisionsfall nicht gegebenen (und insofern umgekehrten) Fall vor Augen hat, dass für die Ausführung eines Vorhabens eine Baubewilligung (oder eine Straßenbaubewilligung) erforderlich ist. In einem solchen Fall soll nach der genannten Gesetzesbestimmung die Bewilligungspflicht nach dem SOG 2003 (konkret nach § 14 Abs. 1 oder 2 leg. cit.) entfallen; die Baubewilligung bzw. Straßenbaubewilligung gilt dann auch als Bewilligung nach dem SOG 2003 (§ 18 Abs. 3 leg. cit.). Nicht hingegen lässt sich dem SOG 2003 oder auch den Bestimmungen der TBO 2018 entnehmen, dass dann, wenn ein Vorhaben baubzw. raumordnungsrechtlichen Bestimmungen widerspricht, eine erteilte Bewilligung nach dem SOG 2003 einen solchen Widerspruch zu beseitigen und insofern eine Rechtskraftwirkung für den anderen Bereich zu entfalten vermag. Entgegen dem diesbezüglichen Zulässigkeitsvorbringen ist den Bestimmungen des SOG 2003 auch nicht zu entnehmen, dass im Bewilligungsverfahren nach diesem Gesetz die Übereinstimmung eines Vorhabens mit dem Bebauungsplan zu prüfen wäre. Bei der Erteilung der Bewilligung nach SOG 2003 ist keine Anwendung der Vorschriften der TBO vorgesehen, sodass § 1 Abs. 4 TBO 2018 nicht zum Tragen kommt. Es liegt damit aber auch keine bindende Vorfragenentscheidung für ein baurechtliches Verfahren vor. Da die gegenständliche bauliche Anlage somit der TBO 2018 unterliegt und eine Bewilligung (bzw. Anzeige) nach diesem Gesetz unbestritten nicht vorliegt, wurde der baupolizeiliche Auftrag zu Recht auf § 46 TBO 2018 gestützt. Ist die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen eindeutig, liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht vor, und zwar selbst dann nicht, wenn zu einer der anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen ist (vgl. für viele etwa VwGH 12.10.2018, Ra 2018/06/0174, oder auch 19.6.2018, Ro 2016/06/0011, jeweils mwN).
8 In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 17. Dezember 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019060059.L00Im RIS seit
13.02.2020Zuletzt aktualisiert am
13.02.2020