TE Vwgh Beschluss 2019/12/19 Ra 2019/21/0350

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Veröffentlicht am 19.12.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
41/02 Asylrecht
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 2005 §10 Abs3
AsylG 2005 §55
BFA-VG 2014 §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
FrPolG 2005 §52 Abs3
FrPolG 2005 §52 Abs9
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Eraslan, über die Revision der L X in W, vertreten durch Mag. Andreas Lepschi, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Währinger Straße 26/1/3, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23. September 2019, W168 2219058- 1/2E, betreffend Abweisung eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 und Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Nebenaussprüchen (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die im Oktober 1983 geborene Revisionswerberin, eine chinesische Staatsangehörige, heiratete am 4. September 2014 in Österreich einen damals hier rechtmäßig aufhältigen chinesischen Staatsangehörigen. Der Beziehung entstammen eine schon davor am 12. Mai 2009 in China geborene und dort bei den Großeltern lebende Tochter sowie ein am 11. Juli 2015 in Österreich geborener Sohn. Der Ehemann und der gemeinsame Sohn befinden sich mittlerweile wieder im Heimatstaat.

2 Die Revisionswerberin hält sich - ihrem Vorbringen zufolge - durchgehend seit Oktober 2015 in Österreich auf. Ihr wurde zunächst ein vom 5. November 2015 bis 5. November 2016 gültiger, auf ihren Ehemann bezogener Aufenthaltstitel als Familienangehörige erteilt. Diesbezügliche Verlängerungsanträge wurden (teilweise im Wege der Wiederaufnahme) letztlich mit Bescheid der Niederlassungsbehörde vom 7. März 2018, bestätigt durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 18. Juli 2018, rechtskräftig abgewiesen. Dem lag zugrunde, dass der Ehemann der Revisionswerberin mit deren Schwester, einer österreichischen Staatsbürgerin, am 9. Oktober 2009 eine Aufenthaltsehe eingegangen war und demzufolge (im Wege der Wiederaufnahme) alle von ihm gestellten Anträge auf Erteilung von Aufenthaltstiteln mit Bescheid der Niederlassungsbehörde vom 29. Mai 2017, bestätigt durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 23. Oktober 2017, rechtskräftig abgewiesen wurden. Daher seien der Revisionswerberin auch keine davon abgeleiteten Aufenthaltstitel zu erteilen. Einen Antrag der Revisionswerberin auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Einbringung einer außerordentlichen Revision gegen das genannte Erkenntnis vom 18. Juli 2018 wies der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 17. September 2018, Ra 2018/22/0206, ab. 3 Hierauf stellte die Revisionswerberin am 7. November 2018 den gegenständlichen Antrag gemäß § 55 AsylG 2005 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens.

4 Diesen Antrag wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) mit Bescheid vom 11. April 2019 ab. Unter einem erließ es gegen die Revisionswerberin gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 (gemeint: Abs. 3) FPG und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung der Revisionswerberin nach China zulässig sei. Schließlich wurde gemäß § 55 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt.

5 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 23. September 2019 als unbegründet ab. Es sprach gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

6 Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a erster Satz VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).

8 In dieser Hinsicht bemängelt die Revision, das BVwG sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, indem es die in der Beschwerde ausdrücklich beantragte Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Unrecht für entbehrlich erachtet habe.

9 Dem ist zu entgegnen, dass das BVwG in der vorliegenden Konstellation in vertretbarer Weise der Sache nach davon ausgehen durfte, dass der für die Interessenabwägung maßgebliche Sachverhalt im Sinne des § 21 Abs. 7 BFA-VG ausreichend geklärt war und dass insgesamt ein eindeutiger Fall vorlag. Das erlaubte es dem BVwG ausnahmsweise von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung - trotz eines diesbezüglichen Antrags in der Beschwerde - abzusehen (vgl. dazu die Nachweise in VwGH 24.10.2019, Ra 2019/21/0275, Rn. 13). Es ist nämlich evident, dass die Revisionswerberin bei einem durchgehenden Aufenthalt in Österreich von zuletzt nicht ganz vier Jahren, mag er auch weitgehend rechtmäßig und sie in diesem Zeitraum (als Kellnerin in China-Restaurants) erlaubt beschäftigt gewesen sein, in Verbindung mit dem Umstand, dass sich die Angehörigen der Kernfamilie aktuell im Heimatland befinden, die (strengen) Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 nicht erfüllt. Daran können ihre in der Revision ins Treffen geführte Unbescholtenheit und die Deutschkenntnisse auf dem Niveau A2 sowie der Inlandsaufenthalt von drei erwachsenen Schwestern, mag auch ohne Zusammenwohnen "ein besonderes Naheverhältnis" bestehen, nichts ändern. Für das Ergebnis der Interessenabwägung ist auch nicht entscheidend, dass der Revisionswerberin das ihrem Ehemann zur Last gelegte seinerzeitige Eingehen einer Aufenthaltsehe nicht vorgeworfen werden kann und ob sie selbst früher einmal (im Jahr 2004) eine solche Ehe eingegangen war. Beides wurde im Übrigen im Rahmen der vom BVwG vorgenommenen Interessenabwägung - entgegen der Meinung in der Revision - nicht zum Nachteil der Revisionswerberin gewertet.

10 Die Revision zeigt somit keine für die Lösung des vorliegenden Falles wesentliche grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf, weshalb sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen war.

Wien, am 19. Dezember 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019210350.L00

Im RIS seit

11.02.2020

Zuletzt aktualisiert am

11.02.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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