TE Vwgh Erkenntnis 1998/9/8 96/03/0096

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Veröffentlicht am 08.09.1998
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Index

L65504 Fischerei Oberösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §38;
AVG §62 Abs4;
AVG §8;
FischereiG OÖ 1983 §5 Abs1 idF 1995/087;
FischereiG OÖ 1983 §5 Abs4 idF 1995/087;
FischereiG OÖ 1983 §7 Abs9 idF 1995/087;
FischereiG OÖ 1983 §7 idF 1995/087;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde von Ferdinand Nußbaumer in Ebensee, Josef Linschinger in Traunkirchen, Alois Neuhuber in Altmünster, Leopold Reiter, ebenda, Ing. Anton Putz in Ebensee, Herbert Gaigg, Christiane Mayer-Gaigg, Hildegard Gaigg, Ferdinand Auinger, Johann Trawöger, Franziska Moser, Franz Ahammer und Josef Kirchsteiger, alle in Altmünster, Doz. Dr. Peter Clodi in Linz, Ilse Lahnsteiner, Josef Loidl und Peter Loidl, alle in Ebensee, Josef Scheichl und Dr. Karl-Heinz Clodi in Traunkirchen, Dipl.-Ing. Gerhard Steinkogler in Altmünster, Dipl.-Ing. Christian Adler in Linz, Friedrich Fuchs in Altmünster, Lotte Handl in Gmunden, Gertrude Hüthmayer in Traunkirchen, Wolfgang Köchert, Josef und Herta Kreuzer sowie Josef Moser, alle in Altmünster, Margarete Richter in Traunkirchen, Inge Steinkogler und Wolfgang Steinmaurer in Altmünster, Maria Sodl in Salzburg und Leopold Trostli in Altmünster, vertreten durch Herbert Gaigg, ebenda, vertreten durch Dr. Josef Flaschberger, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Getreidegasse 13, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 27. Februar 1996, Zl. Agrar-442285-1996-I/Bü, betreffend Bescheidberichtigung in Angelegenheit der Eintragung in das Fischereibuch (mitbeteiligte Partei: Österreichische Bundesforste AG in Wien, vertreten durch die Finanzprokuratur in 1011 Wien, Singerstraße 17-19), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird an Ansehung des Spruchpunktes I wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich ist schuldig, den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 16. Jänner 1996 wurde gemäß § 62 Abs. 4 AVG der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 13. Dezember 1985 betreffend den Traunsee "Hoffischer-Ort" dahin berichtigt, daß im B-Blatt 21/61/50 in der Rubrik Koppelrecht anstelle des "ja" das "nein" als zutreffend geltend zu lassen sei (Spruchpunkt 1), und der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 13. Dezember 1985 betreffend den Traunsee "Schwebfischen" dahin berichtigt, daß im B-Blatt 21/61/52 in der Rubrik Koppelrecht anstelle des "nein" das "ja" als zutreffend geltend zu lassen sei (Spruchpunkt 2).

Gegen Spruchpunkt 2 dieses Bescheides erhoben - soweit hier gegenständlich - die Beschwerdeführer Berufung, die mit dem nun angefochtenen Spruchpunkt I des Bescheides der belangten Behörde vom 27. Februar 1996 als unbegründet abgewiesen wurde.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die Beschwerdeführer die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragen.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Auch die mitbeteiligte Partei stellt in ihrer Gegenschrift den Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 5 Abs. 1 des Oberösterreichischen Fischereigesetzes, LGBl. Nr. 60/1983, idF LGBl. Nr. 87/1995, liegen Koppelfischereirechte vor, wenn an einem Fischwasser mehrere selbständige Fischereirechte bestehen. Gemäß § 5 Abs. 4 leg. cit. können neue Koppelfischereirechte unbeschadet des § 4 Abs. 6 letzter Satz nicht begründet werden. Entgegenstehende Vereinbarungen sind unwirksam.

§ 7 leg. cit. lautet wie folgt:

"(1) Die Behörde hat für den Bereich des politischen Bezirkes das Fischereibuch zu führen.

(2) Im Fischereibuch sind die Fischwässer, die Fischereiberechtigten, die Pächter und die Verwalter einzutragen. Auf Antrag des Fischereiberechtigten sind auch Gewässer, die keine Fischwässer sind, in das Fischereibuch aufzunehmen.

(3) Das Fischereibuch besteht aus dem Hauptbuch, der Urkundensammlung und dem Verzeichnis der Fischereiberechtigten.

(4) Das Hauptbuch ist aus Einlagen zu bilden, die je aus einem A-Blatt und einem B-Blatt bestehen.

(5) Einzutragen sind:

Im A-Blatt: das Fischwasser (Gewässer) unter Angabe der Grundstücksnummern (gegebenenfalls auch mit einer ortsüblichen Benennung); bei Gerinnen die Länge und durchschnittliche Breite; bei Wasseransammlungen die Fläche und die Begrenzung.

Im B-Blatt: der Fischereiberechtigte mit Angabe des Rechtstitels, bei Verpachtung auch der Pächter und gegebenenfalls die gemäß § 6 Abs. 3 namhaft gemachte Person, bei Verwaltung (§ 4 Abs. 7) der Verwalter sowie Maßnahmen gemäß § 9.

In die Urkundensammlung sind die Urkunden aufzunehmen, die den Bestand der Fischereirechte und Änderungen an diesen betreffen. Das Verzeichnis der Fischereiberechtigten hat die Namen der Fischereiberechtigten, der Pächter und der Verwalter zu enthalten.

(6) Das Fischereibuch ist öffentlich. Es steht jedermann frei, das Fischereibuch einzusehen und Abschriften zu nehmen.

(7) Die nach den Bestimmungen des Gesetzes erfolgten Eintragungen im Fischereibuch gelten bis zum Beweis des Gegenteiles als richtig. Dies gilt nicht für Eintragungen, die mit dem Grundbuch im Widerspruch stehen.

(8) Die Fischereiberechtigten sind verpflichtet, ihre Fischereirechte binnen vier Wochen nach deren Erwerb unter Vorlage der diesbezüglichen Beweismittel bei der Behörde zur Eintragung anzumelden. Der Fischereiberechtigte hat alle Änderungen, die Eintragungen im A- oder B-Blatt des Fischereibuches betreffen, binnen vier Wochen der Behörde unter Vorlage der diesbezüglichen Beweismittel zur Änderung der Eintragungen anzuzeigen, sofern die Änderung nicht durch eine auf Grund dieses Gesetzes ergangene Entscheidung der Behörde bewirkt wird.

(9) Jeder Eintragung im Fischereibuch und jeder Änderung, Berichtigung oder Löschung einer Eintragung muß ein darauf bezüglicher Bescheid der Behörde vorausgehen, der den Wortlaut der Eintragung festsetzt. Ist die Erlassung eines Bescheides, der die Eintragung des Fischereiberechtigten zum Inhalt hat, von der Klärung einer Vorfrage abhängig, über die das ordentliche Gericht zu entscheiden hat (§ 1 Abs. 3), so hat die Behörde die Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung abzuwarten)."

Mit Schreiben vom 4. März 1993 teilte die mitbeteiligte Partei der Erstbehörde mit, sie habe festgestellt, daß das Fischereirecht 21/61/50 (Hoffischer-Ort) im Fischereibuch als Koppelfischereirecht eingetragen sei und das Fischereirecht 21/61/52 (Schwebfischen) nicht als Koppelfischereirecht eingetragen sei. Es handle sich beim "Hoffischer-Ort" um ein räumlich genau abgegrenztes Fischwasser, an dem kein weiteres selbständiges Fischereirecht bestehe. Das Fischereirecht stehe vielmehr ausschließlich den Bundesforsten zu. Gemäß § 3 Abs. 1 des O.ö. Fischereigesetzes seien Fischwässer auch Teile von Gewässern. Nach Ansicht der Forstverwaltung Gmunden liege beim "Hoffischer-Ort" eindeutig kein Koppelfischereirecht vor. Das Fischereirecht 21/61/52 erstrecke sich auf die gleiche Seefläche wie die übrigen Koppelfischereirechte am Traunsee. Bei diesem Recht liege daher nach Meinung der Forstverwaltung Gmunden eindeutig ein Koppelfischereirecht vor, weil an diesem Fischwasser auch zahlreiche andere selbständige Fischereirechte bestünden. Die Forstverwaltung ersuche daher "um entsprechende Berichtigung der Eintragungen im Fischereibuch".

In ihrem die Entscheidung der Erstbehörde - die diesem Antrag der mitbeteiligten Partei "von Amts wegen" nachgekommen war - bestätigenden Bescheid führte die belangte Behörde zur Begründung im wesentlichen aus, daß es sich, wie aus der Eintragung im A-Blatt des Bescheides der Erstbehörde vom 13. Dezember 1985 hervorgehe, beim Traunseerecht des Schwebfischens um ein selbständiges Fischereirecht am gesamten Traunsee mit Ausnahme des Hoffischer-Ortes und des Scherrerwassers und damit um ein selbständiges Fischereirecht am selben Fischwasser wie die übrigen Koppelberechtigten handle. Das beschriebene Schwebfischrecht entspreche somit dem Wortlaut des § 5 Abs. 1 Oö. Fischereigesetz, weil es sich seit jeher um eines von mehreren selbständigen Fischereirechten an einem Fischwasser handle. Gemäß § 62 Abs. 4 AVG könne die Behörde jederzeit von Amts wegen Schreib- und Rechenfehler, mit der Maßgabe, daß eine auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit sowie deren Offenkundigkeit gegeben sei, berichtigen. Im nunmehr berichtigten Bescheid vom 13. Dezember 1985 sei "über Antrag der Bundesforste" sowohl der Wortlaut der Eintragung betreffend das Traunseerecht Hoffischer-Ort als auch betreffend das Traunseerecht Schwebfischen festgelegt worden. Hiebei sei beim Traunseerecht Hoffischer-Ort, bei welchem es sich offenkundig und unbestritten nie um ein Koppelrecht gehandelt habe, bei der Rubrik Koppelrecht "ja" eingetragen worden und bei dem bis dahin unbestritten sich im Bereich der übrigen Koppelrechte erstreckenden Schwebfischrecht in der Rubrik Koppelrecht "nein" eingetragen worden. Die belangte Behörde habe daher "von einer ganz offensichtlich irrtümlichen wechselweise bedingten und normalerweise sofort erkennbaren Fehleintragung" ausgehen müssen. Das Vorbringen der Beschwerdeführer, die mitbeteiligte Partei hätte nie beabsichtigt, das Schwebfischen als Koppelfischereirecht eintragen zu lassen und die Erstbehörde habe "absichtlich" eine negative Eintragung bei der Rubrik Koppelfischereirecht vorgenommen, sei nicht schlüssig. Das Koppelfischereirecht Schwebfischen am Traunsee im selben räumlichen Bereich wie sämtliche anderen Koppelfischereirechte sei von der Verwaltungsbehörde "historisch vorgefunden" worden und es könne ein solches Recht durch einen Fischereibuchbescheid nicht begründet werden.

Es kann dahingestellt bleiben, ob im vorliegenden Fall ein berichtigungsfähiger offenbar auf einem Versehen beruhender Schreibfehler im Sinne des § 62 Abs. 4 AVG vorlag. Denn selbst, wenn die diesbezügliche, dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegte Auffassung der belangten Behörde zutreffen würde, hätte sie den Bescheid der Erstbehörde nicht bestätigen dürfen, ohne sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob der mitbeteiligten Partei das von ihr in Anspruch genommene Fischereirecht überhaupt zusteht.

Die nunmehr mit dem angefochtenen Bescheid im Instanzenzug berichtigten Bescheide der Erstbehörde vom 13. Dezember 1985 wurden den Beschwerdeführern gegenüber nicht erlassen und sind damit ihnen gegenüber nicht in Rechtskraft erwachsen. Wie die belangte Behörde offensichtlich selbst erkannt hat, kann die Eintragung eines Koppelrechtes bzw. die diesbezügliche Änderung im Fischereibuch die rechtlichen Interessen der übrigen Koppelberechtigten beeinträchtigen und es ist daher grundsätzlich von deren Parteistellung im Sinne des § 8 AVG auszugehen. Ungeachtet des Umstandes, daß den Beschwerdeführern auch der erstinstanzliche Berichtigungsbescheid nicht zugestellt wurde, waren sie als übergangene Parteien legitimiert, ihn mit Berufung zu bekämpfen. In ihrer Berufung gegen den erstinstanzlichen Berichtigungsbescheid vom 16. Jänner 1996 bestritten die Beschwerdeführer das Fischereirecht der mitbeteiligten Partei und brachten - unter anderem - vor, daß die mitbeteiligte Partei niemals die Eintragung des Fischereirechtes Schwebfischen als Koppelfischereirecht beantragt habe. Auch sei aus der Begründung des Bescheides vom 13. Dezember 1985 nichts abzuleiten, was eine Berichtigung rechtfertige. Mangels gesetzlicher Voraussetzungen und Grundlagen habe die mitbeteiligte Partei auch nicht den Beweis des Gegenteils gegen die Richtigkeit der ihr gegenüber in Rechtskraft erwachsenen Eintragung erbracht.

Damit haben sich die Beschwerdeführer gegen den Umfang des Eigentums am Fischereirecht der mitbeteiligten Partei gewandt, ohne daß sich die belangte Behörde, die ihre Entscheidung wie schon die Erstbehörde auf § 62 Abs. 4 AVG gestützt hat, in Verkennung der Rechtslage in hinreichendem Maße mit dieser Frage auseinandergesetzt hätte und ohne zu berücksichtigen, daß diesbezüglich eine Vorfrage zu klären wäre, über die das ordentliche Gericht zu entscheiden hat, sodaß die Behörde gemäß § 7 Abs. 9 letzter Satz des Oberösterreichischen Fischereigesetzes die Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung abzuwarten hätte.

Der angefochtene Bescheid leidet daher schon aus diesen Erwägungen im bekämpften Umfang an einem inhaltlichen Mangel, sodaß er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen und darauf Bedacht genommen werden mußte, daß § 62 Abs. 4 AVG keine Handhabe für eine inhaltlich berichtigende Auslegung des Spruchs eines Bescheides bietet und auf Grund dieser Gesetzesstelle insbesondere nicht ein unrichtig angenommener, bestreitbarer Sachverhalt berichtigt werden kann (vgl. die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens5 in Entscheidung 42 zu § 62 Abs. 4 AVG, Seite 494, zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Die Abweisung des Mehrbegehrens bezieht sich auf überhöht verzeichneten Stempelgebührenaufwand für nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderliche Beilagen. Wien, am 8. September 1998

Schlagworte

Organisationsrecht Justiz - Verwaltung Verweisung auf den Zivilrechtsweg VwRallg5/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996030096.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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