TE Vwgh Beschluss 2019/12/20 Ra 2019/03/0155

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Veröffentlicht am 20.12.2019
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Index

L65007 Jagd Wild Tirol
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
JagdG Tir 2004 §36
JagdG Tir 2004 §36 Abs3
JagdG Tir 2004 §37a Abs1
JagdG Tir 2004 §70 Abs1 Z12
JagdG Tir 2004 §70 Abs1 Z13
JagdGDV Tir 02te 2004 §1 Abs1 Z1 lita
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Nedwed als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des Dr. J S in R, vertreten durch Dr. Walter Lenfeld & Dr. Wilfried Leys, Rechtsanwälte in 6500 Landeck, Malserstraße 19, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 21. Oktober 2019, Zl. LVwG- 2019/34/1763-9, betreffend Übertretung des Tiroler Jagdgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Landeck), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der Revisionswerber - durch Abweisung seiner Beschwerde gegen ein Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Landeck - zweier Übertretungen des Tiroler Jagdgesetzes für schuldig erkannt. Er habe am 30. November 2018 in einem näher bezeichneten Genossenschaftsjagdgebiet entgegen dem für dieses Jagdteilgebiet gültigen Abschussplan einen Hirsch der Klasse I erlegt und damit § 70 Abs. 1 Z 13 in Verbindung mit § 37a Abs. 1 erster Satz Tiroler Jagdgesetz 2004 (im Folgenden: TJG 2004) in Verbindung mit dem mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 30. April 2018, JA.AP-113/2- 2018, genehmigten Abschussplan übertreten. Wegen dieser Übertretung wurde über den Revisionswerber gemäß § 70 Abs. 1 Z 13 TJG 2004 eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag und 12 Stunden) verhängt. Weiters habe der Revisionswerber am 30. November 2018 im genannten Jagdgebiet während der Schonzeit einen Hirsch der Klasse I erlegt, ohne dass hiefür eine entsprechende Ausnahmebewilligung nach § 36 Abs. 3 TJG 2004 vorgelegen habe, und dadurch § 70 Abs. 1 Z 12 TJG 2004 in Verbindung mit § 36 TJG 2014 und § 1 Abs. 1 Z 1 lit. a der Zweiten Durchführungsverordnung zum TJG 2004 übertreten. Wegen dieser Übertretung wurde über den Revisionswerber gemäß § 70 Abs. 1 Z 12 TJG 2004 eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 350,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag und 18 Stunden) verhängt.

Das Verwaltungsgericht sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig ist.

Das Verwaltungsgericht stellte im Wesentlichen fest, dass der Revisionswerber seit dem 1. April 2014 eine gültige Tiroler Jagdkarte besitze und seit damals die Jagd in dem in Rede stehenden Jagdgebiet ausübe. Er gehe nie allein auf die Jagd und lasse sich stets vom jeweiligen Jagdleiter oder dem Jagdaufseher begleiten, weil er der Meinung sei, dass er zu wenig Erfahrung habe, um allein auf die Jagd zu gehen. Im Jagdjahr 2018/2019 habe der Jagdleiter dem Revisionswerber schriftlich eine Jagderlaubnis erteilt. Diese Jagderlaubnis habe nicht die Befugnis zur Vornahme von Hegeabschüssen umfasst. Die Jagderlaubnis sei für einen Hirsch der Altersklasse III ausgestellt worden. Der Revisionswerber habe gewusst, dass er aufgrund der ihm erteilten Jagderlaubnis ausschließlich zur Erlegung eines Hirsches der Altersklasse III berechtigt war. Er habe auch gewusst, dass Hirsche der Altersklasse I in deren Schonzeit (also außerhalb deren Jagdzeit vom 1. August bis zum 15. November eines jeden Jahres) nicht erlegt werden durften. Am 30. November 2018 sei der Revisionswerber auf die Jagd gegangen und habe sich dabei vom damaligen Jagdaufseher begleiten und führen lassen. Der Jagdaufseher sei seit 25 Jahren aktiver Jäger und habe vor 13 Jahren die Jagdaufseherprüfung absolviert. Der Revisionswerber und der Jagdaufseher seien um ca. 16.30 Uhr auf ein Wildstück aufmerksam geworden. Der Revisionswerber habe zu keinem Zeitpunkt freie Sicht auf das Wildstück gehabt. Der Revisionswerber sei nicht fähig, ein Wildstück aufgrund seiner äußeren Merkmale einer bestimmten Altersklasse zuzuordnen. Er selbst habe das am 30. November 2018 wahrgenommene Wildstück nicht angesprochen. Der Jagdaufseher habe eine gewisse Zeit freie Sicht auf das Wildstück gehabt, habe das Geweih als ungeraden Gabelachter qualifiziert und sei der Meinung gewesen, dass der Hirsch eine eher schwache Statur aufweise. Er habe den Revisionswerber nach etwa zwanzig Minuten wissen lassen, dass ein abschusswürdiger Hirsch vor ihnen stünde, habe ihn als Hirsch der Altersklasse III mit einem Alter von vier Jahren angesprochen und dem Beschwerdeführer empfohlen und ihn ermutigt, den Hirsch zu erlegen. Nach der Jagd habe sich der Revisionswerber zum Jagdleiter begeben und habe ihm den Hirsch vorgelegt. Dieser sei der Meinung gewesen, es liege ein Hirsch der Altersklasse II vor ihm und habe der Behörde den Abschuss eines Hirsches der Altersklasse II gemeldet. Der erlegte Hirsch habe tatsächlich ein Alter von 11 Jahren gehabt und damit zur Altersklasse I gehört. Ein erfahrener Jäger hätte erkennen müssen, dass der Hirsch kein solcher der Altersklasse III sei, wenngleich der Hirsch aufgrund seines Geweihs (ungerader Achter) zu Recht als schlecht entwickeltes Wildstück (also als abschusswürdiger Hirsch) qualifiziert worden sei. Der Hirsch hätte von einem erfahrenen Jäger als solcher der oberen Altersklasse II angesprochen werden müssen. Gemäß dem für das in Rede stehende Jagdgebiet genehmigten Abschussplan habe am 30. November 2018 weder ein Hirsch der Altersklasse I noch ein solcher der Altersklasse II erlegt werden dürfen. Die Behörde habe dem Jagdausübungsberechtigten keine Ausnahme vom Verbot des § 36 Abs. 2 TJG 2004 erteilt und es sei keine Ausnahmebewilligung nach § 36 Abs. 3 TJG 2004 vorgelegen. Das vom Revisionswerber erlegte Wildstück sei weder kümmernd noch krank gewesen.

Nach Darlegung der Erwägungen zur Beweiswürdigung und der maßgeblichen Rechtsvorschriften führt das Verwaltungsgericht in rechtlicher Hinsicht - soweit für das Revisionsverfahren relevant -

zur subjektiven Tatseite im Wesentlichen aus, dass für die richtige abschussplanmäßige Erlegung eines Wildstücks der Erleger - und nicht das ihn begleitende Jagdschutzorgan - die Verantwortung trage (Hinweis auf VwGH 26.5.1972, 2059, 2060/71). Um die durch den Abschussplan und die Schonzeiten festgelegten Verpflichtungen einhalten zu können, bedürfe es vor einem Abschuss stets eines sorgfältigen Ansprechens des Wildes. Die Tatsache, dass ein Jäger ein Wild nicht einwandfrei ansprechen könne, führe dazu, dass er in einem solchen Fall, also im Zweifel über die Zulässigkeit des Abschusses nach dem Abschussplan, das Wild nicht erlegen dürfe. Der Revisionswerber sei seit dem Jagdjahr 2014/2015 im Besitz einer Tiroler Jagdkarte und übe die Jagd seither regelmäßig aus. Verfüge er trotz der von ihm absolvierten Jungjägerprüfung und der von ihm in den letzten Jahren erworbenen Erfahrung nicht über die Fähigkeit, ein Wildstück in der freien Natur einer Altersklasse zuzuordnen, habe er den Abschuss zu unterlassen.

2 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

3 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

4 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 5 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit zunächst vor, dass eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliege, "weil es um die Beurteilung von Fahrlässigkeit im Jagdbereich - insbesondere im Zusammenhang mit Jungjägern -" gehe. Aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergebe sich, dass ein Abschuss zu unterbleiben habe, wenn Zweifel an der Zuordnung bestünden. Im vorliegenden Verfahren habe sich aber herausgestellt, dass eine Zuordnung zur Klasse I nicht möglich gewesen sei; lediglich der Zahnschliff habe ein Alter von 11 Jahren und damit eine Zuordnung zur Altersklasse I ergeben. Die Anforderungen an Jäger dürften nicht überspannt werden, zumal sich dies negativ auf die gesamte Jägerschaft - insbesondere auf Jungjäger - auswirken könne. Insbesondere dürften Fehlabschüsse, welche subjektiv nicht vorwerfbar seien, nicht zur Bestrafung führen.

6 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision schon deshalb nicht dargetan, weil darin keine konkrete Rechtsfrage dargelegt wird, die vom Verwaltungsgerichtshof im Revisionsverfahren zu beantworten wäre.

7 Abgesehen davon ist darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof auch zum TJG 2004 bereits ausgesprochen hat, dass ein sorgfältiges Ansprechen des zu erlegenden Wildstücks unerlässliche Voraussetzung für eine zulässige Schussabgabe ist. Dabei muss sich der Jäger darüber Gewissheit verschaffen, dass das beobachtete Wild tatsächlich erlegt werden darf. Im Zweifel hat eine Schussabgabe zu unterbleiben (VwGH 8.9.2011, 2009/03/0057, mwN).

8 Im vorliegenden Verfahren hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass der Revisionswerber zu keinem Zeitpunkt freie Sicht auf das Wildstück gehabt hat, dass er nicht fähig ist, ein Wildstück aufgrund seiner äußeren Merkmale einer bestimmten Altersklasse zuzuordnen, und dass er schließlich das Wildstück auch tatsächlich nicht angesprochen hat. Wenn das Verwaltungsgericht auf Grundlage dieser Feststellungen zum Ergebnis gekommen ist, dass der Revisionswerber die ihm angelasteten Übertretungen auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten hat, ist es nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen.

9 Es kann daher auch keine Rede davon sein, dass - wie der Revisionswerber offenbar meint - ein subjektiv nicht vorwerfbarer Fehlabschuss vorliege. Auch dass eine Zuordnung des erlegten Hirsches zur Klasse I nicht möglich gewesen sei, wie der Revisionswerber vorbringt, vermag daran nichts zu ändern, zumal das Verwaltungsgericht festgestellt hat, dass ein erfahrener Jäger den Hirsch als solchen der oberen Altersklasse II angesprochen hätte und damit jedenfalls nicht als Hirsch der Altersklasse III, den der Revisionswerber hätte erlegen dürfen.

10 Die Revision macht zu ihrer Zulässigkeit weiters geltend, dass eine grundsätzliche Rechtsfrage auch deshalb vorliege, weil sich das Verwaltungsgericht nicht - auch nicht schlüssig - mit der Beschwerde auseinandergesetzt habe und insbesondere die Aussage des Revisionswerbers, wonach er den Hirsch als "Dreier-Hirsch" angesprochen habe, ignoriert habe.

11 Auch mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt. Werden Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden (vgl. etwa VwGH 15.5.2019, Ra 2018/20/0496). 12 Wie die weiteren Revisionsausführungen zeigen, betrifft die Behauptung, das Verwaltungsgericht habe sich nicht mit der Beschwerde auseinandergesetzt, lediglich die Frage, ob - wie der Revisionswerber meint - das Verwaltungsgericht seine Aussage, wonach er den Hirsch als "Dreier-Hirsch" angesprochen habe, ignoriert habe. Dazu ist festzuhalten, dass das Verwaltungsgericht die von ihm getroffene Feststellung, der Revisionswerber habe das erlegte Wildstück nicht selbst angesprochen (dies habe vielmehr der den Revisionswerber begleitende Jagdaufseher getan), auf die Einvernahme des Revisionswerbers und des Jagdaufsehers in der mündlichen Verhandlung gestützt hat. Die diesbezüglichen beweiswürdigenden Erwägungen sind schon deshalb nicht als unschlüssig zu erkennen, weil der Jagdaufseher nach dem Protokoll der mündlichen Verhandlung ausdrücklich angegeben hat, dass der Revisionswerber den Hirsch nicht angesprochen hat, während der Revisionswerber in seiner Einvernahme gerade nicht behauptet hat, den Hirsch selbst angesprochen zu haben, sondern vielmehr - unter Hinweis auf seine Überforderung und seine fehlende Erfahrung - ausgeführt hat, dass er (im Hinblick auf das Ansprechen) auf den ihn begleitenden Jagdaufseher angewiesen gewesen sei; er selbst "hätte" (nicht: "hat") den Hirsch als Dreierhirsch angesprochen. Im Übrigen ist festzuhalten, dass selbst dann, wenn der Revisionswerber den Hirsch tatsächlich selbst (fehlerhaft) als Hirsch der Altersklasse III angesprochen hätte, ihn das nicht zu entschuldigen vermöchte, zumal der Revisionswerber nach den insoweit unbestrittenen Feststellungen nicht fähig ist, ein Wildstück aufgrund seiner äußeren Merkmale einer bestimmten Altersklasse zuzuordnen und daher - wie das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt hat - schon aus diesem Grund den Abschuss eines Wildstücks, für das der zulässige Abschuss die vorherige Zuordnung des Stücks zu einer bewilligten Altersklasse voraussetzt, hätte unterlassen müssen.

13 In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 20. Dezember 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019030155.L00

Im RIS seit

13.02.2020

Zuletzt aktualisiert am

13.02.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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