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66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;Norm
ASVG §21;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 95/08/0252 E 20. Dezember 2000Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des G in B, vertreten durch Dr. Eva Maria Barki, Rechtsanwalt in Wien I, Landhausgasse 4, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 16. Juni 1995, Zl. MA 15-II-S 31/93, betreffend Formalversicherung nach dem GSVG (mitbeteiligte Partei: Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Wien V, Wiedner Hauptstraße 84-86), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 29. Juli 1993 stellte die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt fest, der Beschwerdeführer sei vom 14. Dezember 1989 bis 30. Juni 1992 nach § 14 GSVG (§ 6 Abs. 3 BHG) in der Kranken- und Pensionsversicherung formalversichert gewesen.
Begründend wurde ausgeführt, als handelsrechtlicher Geschäftsführer und Gesellschafter der Z.-GmbH sei der Beschwerdeführer während des Bescheidzeitraumes (gemeint: vermeintlich) nach § 2 Abs. 1 Z. 3 GSVG pflichtversichert gewesen. Die (vermeintliche) Pflichtversicherung habe gemäß § 7 Abs. 1 Z. 3 und Abs. 2 Z. 3 GSVG infolge des Ausscheidens des Beschwerdeführers als handelsrechtlicher Geschäftsführer mit 30. Juni 1992 geendet. Sie sei "aufgrund einer Bestätigung des Magistratischen Bezirksamtes für den 1. und 8. Bezirk hinsichtlich der Anmeldung einer Berechtigung zur gewerbsmäßigen Ausübung einer Erfindung lautend auf die Z.-GmbH durchgeführt" worden. Nunmehr sei seitens des Magistrates der Stadt Wien, MA 63, Zentralgewerberegister, mitgeteilt worden, die Z.-GmbH sei "nie zur gewerbsmäßigen Ausübung einer Erfindung berechtigt" gewesen. Der Umstand, daß der Beschwerdeführer nicht der Pflichtversicherung unterliege (gemeint: unterlegen sei), sei dem Versicherungsträger erst am 15. Juni 1993 bekannt geworden. Der Versicherungsträger habe die Beiträge für sechs Kalendermonate unbeanstandet entgegengenommen. Gemäß § 14 Abs. 1 GSVG bestehe ab dem Kalendermonat, für welchen erstmals ein Beitrag entrichtet worden sei, eine Formalversicherung, falls der Versicherungsträger bei einer nicht pflichtversicherten Person eine Pflichtversicherung als bestehend angesehen und vom vermeintlich Pflichtversicherten die Krankenversicherungsbeiträge für drei Monate bzw. die Pensionsversicherungsbeiträge für sechs Monate unbeanstandet entgegengenommen habe. Die Formalversicherung habe die gleichen Rechtswirkungen wie die Pflichtversicherung.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Einspruch des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt als unbegründet ab. Sie bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid und begründete dies im wesentlichen damit, die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt habe unbestrittenermaßen in der Annahme, der Beschwerdeführer unterliege als handelsrechtlicher Geschäftsführer und Gesellschafter der zur Ausübung der gewerbsmäßigen Verwertung von Patenten berechtigten Z.-GmbH der Versicherungspflicht nach § 2 Abs. 1 Z. 3 GSVG, Kranken- und Pensionsversicherungsbeiträge für drei bzw. sechs Monate unbeanstandet entgegengenommen. Daß die Z.-GmbH nie zur Ausübung der gewerbsmäßigen Verwertung von Erfindungen berechtigt gewesen und der Beschwerdeführer während des Bescheidzeitraumes somit nicht der Pflichtversicherung unterlegen sei, sei dem Versicherungsträger erst durch die Mitteilung des Magistrats der Stadt Wien vom 15. Juni 1993 bekannt geworden. Gemäß § 14 Abs. 1 GSVG sei daher während des genannten Zeitraumes Formalversicherung eingetreten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die belangte Behörde hat Aktenteile vorgelegt und (im Gegensatz zur mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt) eine Gegenschrift erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In der Beschwerde wird zunächst dargelegt, aus welchen Gründen die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt nach Ansicht des Beschwerdeführers von Anfang an in der Lage gewesen wäre, zu erkennen, daß keine Pflichtversicherung gegeben sei. Hiezu wird im wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe Vertragstexte vorgelegt, aus denen sich ergeben habe, daß die Z.-GmbH kein Gewerbe ausüben solle. Ein Nachweis dafür, daß die Gesellschaft über eine Gewerbeberechtigung verfüge, sei nie verlangt worden.
Der Annahme einer Formalversicherung hält der Beschwerdeführer entgegen, es handle sich bei § 14 GSVG um eine Schutzbestimmung zugunsten des vermeintlich Versicherten, der darauf vertrauen (können) solle, daß im Falle der Annahme der Versicherungsbeiträge auch ein Versicherungsschutz gegeben sei. Dies ergebe sich nicht nur aus der Regierungsvorlage und den Stenographischen Protokollen zu dieser Gesetzesbestimmung, sondern auch aus dem Ausdruck "vermeintlich Pflichtversicherter". Es könne dies nichts anderes bedeuten, als daß demjenigen, der gutgläubig vermeine, Versicherungsschutz zu haben, der Versicherungsschutz nicht nachträglich entzogen werden solle. Daß es sich um eine Schutzbestimmung zugunsten des Versicherten handle, sei auch daraus zu schließen, daß von einer "unbeanstandeten Annahme" der Beiträge ausgegangen werde. Es werde sohin nicht auf die unbeanstandete Vorschreibung der Beiträge abgestellt, sondern auf die unbeanstandete Annahme der vorgeschriebenen Zahlungen. Dies könne nicht anders verstanden werden, als dahingehend, daß die (gemeint: Formal-)Versicherung im Interesse der Versicherten und nicht im Interesse des Versicherungsträgers erfolge. Der Gesetzgeber gehe davon aus, daß eine rückwirkende Feststellung der Aufhebung der Versicherungspflicht dem vermeintlich Versicherten keinen Schaden zufügen solle. In jenen Fällen, in denen der Versicherungsträger durch drei bzw. für sechs Monate den Irrtum nicht erkenne, werde zu Lasten des Versicherungsträgers und zugunsten des vermeintlich Versicherten ein aufrechter Versicherungsschutz angenommen.
Daran anschließend führt der Beschwerdeführer folgendes aus:
"In meinem Fall kann eine solche Auslegung nicht vorgenommen werden und würde zu einem gegenteiligen und unbilligen Ergebnis führen. Ich hatte nämlich kein Interesse an einem Versicherungsschutz in Österreich und zwar weder in der Kranken- noch in der Pensionsversicherung. Ich hatte meinen Versicherungsschutz in Ungarn und war auch von vornherein ausgeschlossen, daß ich jeweils in den Genuß von Leistungen aus der Pensionsversicherung komme, da meine Tätigkeit nur für 3 Jahre programmiert war.
Ich hatte sohin kein Interesse am Abschluß einer Versicherung und war die Pflichtversicherung auch nicht auf mein Betreiben bestätigt worden.
Im Gegensatz zu den Vorschriften nach dem ASVG ist für die Annahme einer Formalversicherung nach dem GSVG nicht eine vorbehaltlos erstattete Anmeldung notwendig, sodaß für die Versicherungsfreiheit kein Vorbehalt bei der Anmeldung notwendig ist. Dies bedeutet, daß nach dem GSVG auch ohne bei der Anmeldung gemachten Vorbehalt die Versicherungsfreiheit unter Abstandnahme von der Annahme einer Formalversicherung festgestellt werden kann."
Diesen Argumenten ist entgegenzuhalten, daß die vom Gesetzgeber geschaffenen Regelungen über die Formalversicherung (vgl. abgesehen von § 14 GSVG im besonderen §§ 21 und 22 ASVG, § 12 BSVG und § 8 B-KUVG) nicht im Einzelfall darauf abstellen, ob der vermeintlich Pflichtversicherte am Bestand einer Pflichtversicherung Interesse hatte oder an der Formalversicherung interessiert ist. Die nach dem GSVG gegebene Unbeachtlichkeit der Umstände bei der Anmeldung zur Versicherung für das Zustandekommen der Formalversicherung führt zu keinem anderen Ergebnis.
Das Gesetz läßt auch keinen Zweifel daran, daß es auf ein Verschulden des Versicherungsträgers an der unrichtigen Annahme einer Pflichtversicherung nicht ankommt.
Angesichts des im übrigen nicht strittigen und von der belangten Behörde richtig beurteilten Sachverhaltes war die Beschwerde daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 8. September 1998
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1995080253.X00Im RIS seit
20.04.2001