TE OGH 2020/1/14 14Os139/19a

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Veröffentlicht am 14.01.2020
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. Jänner 2020 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz-Hummel in Gegenwart des Schriftführers Mag. Hauer in der Strafsache gegen Zvonko B***** wegen des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Geschworenengericht vom 1. Oktober 2019, GZ 38 Hv 92/19z-91, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Zvonko B***** des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 23. Dezember 2018 in Z***** Mioljka Br***** zu töten versucht, indem er ihr mit einem Messer einen wuchtigen Stich in die linke Brustgegend versetzte, wodurch sie eine 15 cm tiefe und bis zur Brustwand reichende Verletzung erlitt.

Die Geschworenen haben die dem Schuldspruch zugrundeliegende (anklagekonforme) Hauptfrage bejaht und (demgemäß) die in Richtung des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach §§ 15, 87 Abs 1 StGB, des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach §§ 15, 84 Abs 4 und Abs 5 Z 1 StGB und des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 3 StGB gestellten Eventualfragen unbeantwortet gelassen.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 345 Abs 1 Z 6 und 10a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

Die Fragenrüge (Z 6) reklamiert unter Verweis auf einzelne Passagen der Verantwortung des Angeklagten sowie auf Polizeiberichte, wonach B***** die Polizisten nach der Tat mit einem an seinen Hals gehaltenen Fleischermesser aufforderte, ihn zu erschießen (ON 59 S 253), und er aufgrund selbst beigebrachter Schnitt- und Stichverletzungen in das Krankenhaus gebracht und notoperiert werden musste (ON 3 S 7 f), die Stellung einer Eventualfrage nach dem Verbrechen des Totschlags (§§ 15, 76 StGB).

Die gesetzeskonforme Ausführung einer Fragenrüge bedarf nicht nur der Bezeichnung der vermissten (hier: Eventual-)Frage, sondern auch der Nennung eines diese indizierenden Tatsachensubstrats (vgl RIS-Justiz RS0117447; Ratz, WK-StPO § 345 Rz 23). Letzteres lässt die Beschwerde jedoch vermissen, weil weder die Zufügung von Selbstverletzungen durch den Angeklagten oder seine Aufforderung an die Polizisten, ihn zu erschießen, noch der Umstand der Beendigung der Beziehung mit dem Opfer zwei Tage vor der Tat nach gesicherter allgemeiner Lebenserfahrung ernst zu nehmende Indizien dafür sind, dass der Angeklagte sich in einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung zu einer Tötungshandlung hinreißen habe lassen.

Soweit sich die Beschwerde auf die Verantwortung des Angeklagten beruft vernachlässigt sie auch, dass der Nachweis der Nichtigkeit nicht auf Grundlage isoliert herausgegriffener Teile dieser geführt werden darf, sondern die Einlassung in ihrer Gesamtheit zu berücksichtigen ist (vgl RIS-Justiz RS0120766). Der Angeklagte hat aber (sogar) einen Verletzungsvorsatz in Bezug auf das Opfer dezidiert in Abrede gestellt (ON 90 S 13; vgl 15 Os 151/15t, 14 Os 71/17y).

Mit dem Hinweis einerseits auf Passagen der Verantwortung des Angeklagten, wonach das Messer für ihn bestimmt gewesen sei, er nur sich selbst und nicht das Opfer habe töten wollen, andererseits auf den Umstand, dass das Opfer eine Verletzung gar nicht bemerkt habe, weckt die Tatsachenrüge (Z 10a) keine erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen. Denn dieser Nichtigkeitsgrund greift nur dann, wenn aktenkundige Beweisergebnisse aufgezeigt werden, die nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen aufkommen lassen, somit eine Fehlentscheidung bei der Beweiswürdigung qualifiziert nahelegen (vgl RIS-Justiz RS0119583, RS0118780).

Dass aus dem Inhalt der Niederschrift solche erheblichen Bedenken nicht abgeleitet werden können (RIS-Justiz RS0115549), gesteht die Beschwerde selbst zu, nennt aber keine überzeugenden Argumente, warum von dieser ständigen Rechtsprechung abzugehen wäre.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1, 344 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§§ 285i, 344 StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Textnummer

E127153

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2020:0140OS00139.19A.0114.000

Im RIS seit

30.01.2020

Zuletzt aktualisiert am

30.01.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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