TE Lvwg Erkenntnis 2020/1/15 LVwG-AV-983/001-2019

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Veröffentlicht am 15.01.2020
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Entscheidungsdatum

15.01.2020

Norm

SHG NÖ 2000 §2
SHG NÖ 2000 §15
SHG NÖ 2000 §37
SHG NÖ 2000 §38
ASVG §330a

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Dr. Maier als Einzelrichterin über die Beschwerde der Frau A, vertreten durch den B, ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 19. August 2019, Zl. ***, betreffend Kostenersatz nach dem NÖ Sozialhilfegesetz (NÖ SHG) durch Verkündung der Entscheidung im Anschluss an die mündliche Verhandlung am 15. Oktober 2019 zu Recht erkannt:

1.   Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art 133 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

1.   Bisheriger Verfahrensgang

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 19. August 2019, Zl. ***, wurde Frau A, geboren am ***, vertreten durch den B, verpflichtet, die Kosten der mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 06.02.2018, Zl. ***, bewilligten Sozialhilfe durch Hilfe bei stationärer Pflege für die Zeit von 01.01.2018 bis 30.06.2019 in Höhe von € 36.936,66 dem Land Niederösterreich zu ersetzen.

Gleichzeitig wurde Frau A aufgefordert, diesen Betrag bis 20.09.2019 zur Einzahlung zu bringen.

Begründend wurde ausgeführt, dass Frau A auf Grund des im Spruch genannten Bescheides seit 01.01.2018 Sozialhilfe durch Hilfe bei stationärer Pflege erhalte. Die in der Zeit von 01.01.2018 bis 30.06.2018 aufgelaufenen Sozialhilfekosten würden € 36.936,66 ergeben und sich aus vom Land Niederösterreich übernommenen Pflege- und Betreuungskosten in Höhe von € 117,05 täglich (zusammengesetzt aus Grundgebühr und Pflegezuschlag und gegebenenfalls Einzelzimmerzuschlag) abzüglich der geleisteten Ersätze aus einer Pension inklusive Pflegestufe 4 und aus Exekutionsverfahren in Höhe von insgesamt monatlich € 1.661,83 zusammensetzen. Frau A wäre auf Grund des Verkaufes eines Grundbesitzes zu hinreichendem Einkommen in Form aus Einkünften aus Kapitalvermögen im Sinne des § 27 EStG 1988 gelangt. Diese Einkünfte hätten € 115.000,-- betragen. Derzeit würde sich das monatliche Einkommen inklusive Pflegegeld auf monatlich € 1.661,83 belaufen, die Kosten des Pflegeheimes würden monatlich € 3.560,27 betragen. Zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung – gemeint wohl jene Bescheiderlassung hinsichtlich Gewährung von Sozialhilfe – hätte die Beschwerdeführerin über kein ausreichendes Einkommen verfügt und wäre daher auf Kosten des Landes als Träger der Sozialhilfe im Alters- und Pflegeheim *** untergebracht und voll versorgt worden. Auf Grund des nunmehr zur Verfügung stehenden Einkommens aus Einkünften aus Kapitalvermögen wäre durch die Vorschreibung des Kostenersatzes der Erfolg der Sozialhilfe nicht gefährdet und würde die Vorschreibung in Anbetracht der Vollversorgung auch keine soziale Härte im Sinne des § 38 Abs. 3 NÖ SHG darstellen.

2.   Beschwerdevorbringen

Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben und im Wesentlichen vorgebracht, dass sich der Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin seit April 2017, und sohin dem Zeitpunkt, in dem die Beschwerdeführerin ins Pflegeheim *** gekommen ist, verschlechtert hätte. Es wäre daher die Liegenschaft der Beschwerdeführerin verkauft worden. Das Schätzgutachten vom 18.04.2018 wäre von einem Verkehrswert in Höhe von € 385.000,-- ausgegangen, mit Kaufvertrag vom 31.01.2009 wäre die Liegenschaft sodann um einen Kaufpreis von € 500.000,-- verkauft worden. Gemäß § 38 Abs. 1 Z 1 NÖ SHG wäre ein Hilfeempfänger zum Kostenersatz jedoch nur dann verpflichtet, wenn er zu hinreichendem Einkommen gelangt. Der Veräußerungserlös bzw. der Differenzbetrag zwischen Verkehrswert und Veräußerungserlös in Höhe von € 115.000,-- könne nicht als Einkommen im Sinne der Verordnung über die Berücksichtigung von Eigenmitteln angesehen werden.

Es wurde daher der Antrag gestellt, den angefochtenen Bescheid zur Gänze aufzuheben.

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 03. September 2019, Zl. ***, wurde sodann der Verwaltungsakt mit dem Ersuchen um Entscheidung über die Beschwerde dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich vorgelegt. Gleichzeitig wurde bekannt gegeben, dass auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet wird.

3.   Beweisaufnahme

Am 15.10.2019 führte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Seitens der Bezirkshauptmannschaft Mödling blieb diese Verhandlung unbesucht. Die Erwachsenenvertreterin der Beschwerdeführerin führte eingehend aus, dass diese auf Grund des Verkaufes ihres im Eigentum befindlichen Hauses zu diesem Vermögen gelangte. Es hätte sich bei diesem Haus um die Unterkunft der Beschwerdeführerin gehandelt. Weiters wurde darauf hingewiesen, dass dieses Haus die letzten Jahre - jedenfalls aber über einen Zeitraum von 10 Jahren - im Eigentum der Beschwerdeführerin stand. Das Landesverwaltungsgericht nahm in dieser Verhandlung Beweis auf durch Verlesung des erstinstanzlichen Aktes der Bezirkshauptmannschaft Mödling, Zl. ***. Im Anschluss an diese Verhandlung wurde die Entscheidung samt den wesentlichen Entscheidungsgründen mündlich verkündet. Eine Ausfertigung des Protokolls samt Entscheidung wurde der belangten Behörde übermittelt und von dieser an das Amt der NÖ Landesregierung weitergeleitet. Eine gesonderte nochmalige Zustellung erfolgte daher seitens des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich nicht. Sodann wurde vom Amt der NÖ Landesregierung am 30.10.2019 ein Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses eingebracht.

4.   Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens geht das erkennende Gericht von folgendem Sachverhalt aus:

Der Beschwerdeführerin, geboren ***, wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 06. Februar 2018, Zl. ***, Hilfe bei stationärer Pflege durch Übernahme der Kosten für die Betreuungs- und Pflegemaßnahmen ab 01.01.2018 sattgegeben. Die Beschwerdeführerin war zu diesem Zeitpunkt hilfsbedürftig und ist seit 11.04.2017 im Alten- und Pflegeheim *** untergebracht.

Vor Unterbringung im Alten- und Pflegeheim *** war die Beschwerdeführerin in einem in ihrem Eigentum befindlichen Haus in ***, ***, wohnhaft. Jedenfalls 10 Jahre vor Eintritt ins Pflegeheim war die Beschwerdeführerin in diesem Haus wohnhaft und wurde dieses, auf Grund des Gesundheitszustandes der Beschwerdeführerin und einer nicht erwartenden Verbesserung bzw. Wiederheimsiedelung in das Haus, am 31.01.2019 um € 500.000,-- verkauft. Dieser Verkauf wurde pflegschaftsgerichtlich mit Beschluss des Bezirksgerichtes *** vom 14. Februar 2019, Zl. ***, genehmigt. Laut Sachverständigengutachten, erstellt von C, Konsulent für Liegenschaftswesen, betrug der Verkehrswert der Liegenschaft samt Wohnhaus in ***, ***, gerundet € 385.000,--.

Die Beschwerdeführerin verfügt über eine monatliche Pension in Höhe von € 1.661,83. Dabei ist das Pflegegeld bereits inkludiert. Die monatlichen Kosten des Pflegeheimes belaufen sich auf € 3.560,27.

5.   Beweiswürdigung:

Sämtliche Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt des von der Bezirkshauptmannschaft Mödling vorgelegten Verwaltungsaktes bzw. aus dem Vorbringen der Erwachsenenvertreterin im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung. Der gesamte Sachverhalt ist im Wesentlichen als unstrittig zu beurteilen.

6.   Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich folgende rechtliche Beurteilung:

Folgende Bestimmungen des NÖ Sozialhilfegesetzes 2000 (NÖ SHG) in der geltenden Fassung sind im gegenständlichen Beschwerdeverfahren von Relevanz:

§ 2 NÖ SHG:

Bei der Leistung der Sozialhilfe sind folgende Grundsätze einzuhalten:

         1.       Die Hilfe ist nur so weit zu leisten, als der jeweilige Bedarf nicht durch eigene Mittel oder durch Leistungen Dritter tatsächlich gedeckt wird (Subsidiaritätsprinzip).

         2.       Die Hilfe ist nicht nur zur Beseitigung einer bestehenden Notlage, sondern auch vorbeugend zu gewähren, um dadurch einer drohenden Notlage entgegenzuwirken (Präventionsprinzip). Die Sozialhilfe ist auch nach Beseitigung der Notlage fortzusetzen, wenn dies notwendig ist, um die Wirksamkeit der geleisteten Hilfe zu sichern oder um Rückschläge zu vermeiden.

         3.       Die Integration des hilfebedürftigen Menschen in seiner sozialen Umwelt ist nach Möglichkeit zu erhalten und zu festigen. Ambulante und teilstationäre Dienste haben Vorrang gegenüber stationären Diensten (Integrationsprinzip).

         4.       Form und Ausmaß der Hilfe ist so zu wählen, dass

         -        unter Berücksichtigung der Eigenart und Ursache der sozialen Notlage

         -        des körperlichen, geistigen und psychischen Zustandes des hilfebedürftigen Menschen sowie

         -        bei zweckmäßigem, wirtschaftlichem und sparsamem Aufwand der Hilfeempfänger, so weit es möglich ist, zur Selbsthilfe befähigt wird (Hilfe zur Selbsthilfe).

§ 3 Abs. 1 und 2 NÖ SHG:

(1) Die Sozialhilfe umfasst:

         1.       Hilfe bei stationärer Pflege

         2.       Hilfe in besonderen Lebenslagen

         3.       Hilfe für Menschen mit besonderen Bedürfnissen

         4.       Förderungen

(2) Die Hilfe erfolgt, so weit nichts anderes bestimmt ist,

         -        durch Geld- bzw. Sachleistungen und

         -        durch ambulante Dienste, teilstationäre und stationäre Dienste.

§ 15 NÖ SHG:

(1) Die Leistung der Hilfe bei stationärer Pflege nach § 12 erfolgt unter Berücksichtigung des Einsatzes des Einkommens und der pflegebezogenen Geldleistungen, insoweit diese vom Anspruchsübergang nach den bundesgesetzlichen Pflegegeldregelungen erfasst sind.

(2) Der Einsatz des Einkommens darf nicht verlangt werden, wenn dadurch die Notlage verschärft oder vorläufig verschlimmert würde.

(3) Die Landesregierung hat durch Verordnung Bestimmungen zu erlassen, inwieweit Einkommen und pflegebezogene Leistungen des hilfebedürftigen Menschen und seiner unterhaltspflichtigen Angehörigen zu berücksichtigen sind oder anrechenfrei zu bleiben haben. Diese Verordnung kann auch rückwirkend in Kraft gesetzt werden.

(4) Das Vermögen des hilfebedürftigen Menschen und seiner unterhaltspflichtigen Angehörigen bleibt zur Gänze unberücksichtigt.

§ 37 Abs. 1 Z 1 NÖ SHG:

Für die Kosten von Sozialhilfemaßnahmen, auf die ein Rechtsanspruch besteht, haben Ersatz zu leisten:

         1.       der Hilfeempfänger.

§ 38 Abs. 1 Z 1 NÖ SHG:

Der Hilfeempfänger ist zum Ersatz der für ihn aufgewendeten Kosten verpflichtet, wenn er zu hinreichendem Einkommen gelangt oder hinreichendes Einkommen hatte.

§ 38 Abs. 3 NÖ SHG:

Von der Verpflichtung zum Kostenersatz ist abzusehen, wenn dies für den Hilfeempfänger eine Härte bedeuten oder den Erfolg der Sozialhilfe gefährden würde.

§ 40 Abs. 1 NÖ SHG:

Der Anspruch auf Kostenersatz verjährt, wenn seit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Sozialhilfe geleistet worden ist, mehr als drei Jahre verstrichen sind. Für die Wahrung der Frist gelten sinngemäß die Regeln über die Unterbrechung der Verjährung (§ 1497 ABGB).

Weiters ist im gegenständlichen Fall auf folgende Bestimmungen zu verweisen:

§ 330a ASVG:

(Verfassungsbestimmung) Ein Zugriff auf das Vermögen von in stationären Pflegeeinrichtungen aufgenommenen Personen, deren Angehörigen, Erben/Erbinnen und Geschenknehmer/inne/n im Rahmen der Sozialhilfe zur Abdeckung der Pflegekosten ist unzulässig.

§ 707a Abs. 2 ASVG:

(Verfassungsbestimmung) § 330a samt Überschrift in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 125/2017 tritt mit 1. Jänner 2018 in Kraft. Ab diesem Zeitpunkt dürfen Ersatzansprüche nicht mehr geltend gemacht werden, laufende Verfahren sind einzustellen. Insoweit Landesgesetze dem entgegenstehen, treten die betreffenden Bestimmungen zu diesem Zeitpunkt außer Kraft. Nähere Bestimmungen über den Übergang zur neuen Rechtslage können bundesgesetzlich getroffen werden. Die Durchführungsverordnungen zu einem auf Grund dieser Bestimmung ergehenden Bundesgesetz sind vom Bund zu erlassen.

§ 1 der Verordnung über die Berücksichtigung von Eigenmitteln:

Einkommen ist die Summe aller Geld- und Sachbezüge.

Als Einkommen gelten insbesondere:

         1.       Einkünfte aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit (durchschnittlicher monatlicher Bruttobezug zuzüglich Zulagen und Beihilfen), vermindert um die gesetzlichen Abzüge;

         2.       Einkünfte aus selbständiger Erwerbstätigkeit im Sinne des § 22 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988), BGBl. Nr. 400/1988 in der Fassung BGBl. I Nr. 16/2018, und Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Sinne des § 23 EStG 1988, vermindert um die gesetzlichen Abzüge;

         3.       Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des § 27 EStG 1988;

         4.       Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im Sinne des § 28 EStG 1988;

         5.       Einkünfte aus land- und forstwirtschaftlichen Betrieben im Betrag von 70 % des jeweils geltenden Versicherungswertes;

         6.       Einkünfte aus einer Rente, Pension oder einem Ruhe- und Versorgungsgenuss einschließlich allfälliger Zulagen und Zuschläge, vermindert um die gesetzlichen Abzüge;

         7.       Sonderzahlungen (z. B. 13. und 14. Monatsbezug), vermindert um die gesetzlichen Abzüge;

         8.       alle steuerfrei belassenen, regelmäßigen Einkünfte zur Deckung des Unterhalts, die auf Grund eines Rechtsanspruches gewährt werden (z. B. Alimentationsleistungen).

§ 2 der Verordnung über die Berücksichtigung von Eigenmitteln:

Vom Einkommen sind nicht anzurechnen:

         1.       freiwillige Zuwendungen der freien Wohlfahrtspflege oder Dritter, es sei denn, die Zuwendungen erreichen ein Ausmaß oder eine Dauer, dass Hilfe nach dem NÖ Sozialhilfegesetz 2000, LGBl. 9200 oder nach dem NÖ Mindestsicherungsgesetz, LGBl. 9205, nicht zu gewähren wäre;

         2.       Leistungen, die wegen des besonderen körperlichen Zustandes des Empfängers gewährt werden (z. B. Pflegegeld), es sei denn, der Hilfe Suchende selbst hat Anspruch auf diese Leistungen und es wird ihm Sozialhilfe in Form eines teilstationären oder stationären Dienstes zuteil;

         3.       Kinderabsetzbeträge, Unterhaltsabsetzbeträge und Alleinverdiener-/Alleinerzieherabsetzbeträge nach dem Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 in der Fassung BGBl. I Nr. 156/2013, sowie Leistungen nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 in der Fassung BGBl. I Nr. 163/2013, ausgenommen Zuwendungen aus dem Familienhospizkarenz-Härteausgleich;

         4.       Lehrlingsentschädigungen im Ausmaß des nach § 292 Abs. 4 lit.h Allgemeines Sozialversicherungsgesetz, BGBl.Nr. 189/1955 in der Fassung BGBl. I Nr. 187/2013, anrechnungsfrei gestellten Betrages;

         5.       Grund- und Elternrenten nach dem Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, BGBl.Nr. 152/1957 in der Fassung BGBl. I Nr. 81/2013, und dem Opferfürsorgegesetz, BGBl.Nr. 183/1947 in der Fassung BGBl. I Nr. 71/2013, es sei denn, der Hilfe Suchende selbst bezieht diese Renten und es wird ihm Sozialhilfe in Form eines teilstationären oder stationären Dienstes zuteil;

         6.       ein Drittel der nach dem Heeresversorgungsgesetz (HVG), BGBl.Nr. 27/1964 in der Fassung BGBl. I Nr. 81/2013, gewährten Beschädigten- und Witwenrenten sowie die Elternrenten einschließlich einer allfälligen Zusatzrente (§§ 23 Abs. 3, 33 Abs. 1 bzw. 44 Abs. 1 und 45 HVG);

         7.       Beihilfen nach dem Studienförderungsgesetz 1992, BGBl.Nr. 305/1992 in der Fassung BGBl. I Nr. 79/2013, und Schulbeihilfen nach dem Schülerbeihilfengesetz 1983, BGBl.Nr. 455/1983 in der Fassung BGBl. I Nr. 154/2013, ausgenommen, wenn sie für den Hilfe Suchenden gewährt werden;

         8.       Lenkeraufwandsentschädigungen, Reisekostenentschädigungen, Schmutzzulagen; außerdem in halber Höhe Aufwandsentschädigungen, Diäten, Entfernungszulagen, Quartiergelder und Nächtigungsgelder;

         9.       Alimentationsleistungen für Kinder mit Ausnahme jener Leistungen, die für den Hilfe Suchenden bezogen werden;

         10.      Ausbildungsbeihilfen für Lehrlinge nach den Bestimmungen des Arbeitsmarktservicegesetzes, BGBl.Nr. 313/1994 in der Fassung BGBl. I Nr. 138/2013, und Ausbildungsbeihilfen nach den Bestimmungen des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl.Nr. 22/1970 in der Fassung BGBl. I Nr. 138/2013;

         11.      die Sonderzahlungen (13. und 14. Monatsbezug) vermindert um die gesetzlichen Abzüge, wenn Bedarfsorientierte Mindestsicherung geleistet wird;

         12.      Anerkennungsbeträge für Menschen mit besonderen Bedürfnissen im Sinne des § 24 NÖ Sozialhilfegesetz 2000, LGBl. 9200, für Tätigkeiten im Rahmen einer stationären oder teilstationären Betreuung, jedoch nur bis höchstens 17 % des Mindeststandards für eine alleinstehende Person gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 Z 1 der NÖ Mindeststandardverordnung, LGBl. 9205/1.

         13.      Pflegegeld nach dem Bundespflegegeldgesetz, BGBl. Nr. 110/1993 in der Fassung BGBl. I Nr. 116/2016, eines nahen Angehörigen (§ 36a AVG) bei der Bemessung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung, wenn Pflegeleistungen durch die Hilfe suchende Person für diesen Angehörigen in einer Haushalts- oder Wohngemeinschaft erbracht werden.

§ 27 EStG lautet auszugsweise wie folgt:

(1) Einkünfte aus Kapitalvermögen sind Einkünfte aus der Überlassung von Kapital (Abs. 2), aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen (Abs. 3) und aus Derivaten (Abs. 4), soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 4 gehören. Bei Tauschvorgängen ist § 6 Z 14 sinngemäß anzuwenden.

(3) Zu den Einkünften aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen gehören Einkünfte aus der Veräußerung, Einlösung und sonstigen Abschichtung von Wirtschaftsgütern, deren Erträge Einkünfte aus der Überlassung von Kapital im Sinne von Abs. 2 sind (einschließlich Nullkuponanleihen).

(4) Zu den Einkünften aus Derivaten gehören

         1.       der Differenzausgleich,

         2.       die Stillhalterprämie,

         3.       Einkünfte aus der Veräußerung und

         4.       Einkünfte aus der sonstigen Abwicklung

bei Termingeschäften (beispielsweise Optionen, Futures und Swaps) sowie bei sonstigen derivativen Finanzinstrumenten (beispielsweise Indexzertifikaten).

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat unter Zugrundelegung des festgestellten Sachverhaltes und der zitierten gesetzlichen Bestimmungen in rechtlicher Hinsicht wie folgt erwogen:

Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich und ist auch unstrittig, dass die Beschwerdeführerin auf Grund ihres Gesundheitszustandes hilfsbedürftig im Sinne des § 12 Abs. 1 NÖ SHG ist und demnach auch der dauernden Unterbringung in einer Einrichtung für stationäre Dienste gemäß § 47 Abs. 1 NÖ SHG, wie es das gegenständliche Pflegezentrum *** ist, bedarf.

Unter Zugrundelegung der in § 2 NÖ SHG genannten Prinzipien umfasst die Sozialhilfe gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 NÖ SHG unter anderem Hilfe bei stationärer Pflege. Die Hilfe erfolgt gemäß § 3 Abs. 2 Z 2 NÖ SHG unter anderem durch stationäre Dienste.

Um zu den anspruchsberechtigten Personen für Sozialhilfeleistungen zu zählen ist unabdingbare Voraussetzung, dass der jeweilige Bedarf nicht durch Eigenmittel oder durch Leistungen Dritter tatsächlich gedeckt wird. Das in § 2 Abs. 1 NÖ SHG aufgestellte Subsidiaritätsprinzip ist daher zentraler Kernpunkt der rechtlichen Bestimmungen.

Weiters ist in § 15 NÖ SHG festgelegt, dass die Leistung bei Hilfe bei stationärer Pflege nach § 12 (eben dieser umfasst alle Betreuungs- und Pflegemaßnahmen in stationären Einrichtungen für hilfsbedürftige Menschen) unter Berücksichtigung des Einsatzes des Einkommens und der pflegebezogenen Geldleistungen zu erfolgen hat. Weiters darf der Einsatz des Einkommens nicht verlangt werden, wenn dadurch die Notlage verschärft oder verschlimmert werden würde.

Ergänzend ist in der Verordnung über die Berücksichtigung von Eigenmitteln geregelt, wie der Einkommensbegriff der §§ 15, 35 und 38 NÖ SHG auszulegen ist.

Demnach sind Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des § 27 EStG 1988 als Einkommen zu zählen.

Nunmehr regelt § 27 EStG, dass Einkünfte aus Kapitalvermögen Einkünfte aus der Überlassung von Kapital, aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen und aus Derivaten, soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 4 gehören, zählt.

In § 27 Abs 3 EStG wird ausgeführt, dass zu den Einkünften aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen Einkünfte gehörend, die sich aus der Veräußerung, Einlösung und sonstigen Abschichtung von Wirtschaftsgütern, deren Erträge Einkünfte aus der Überlassung von Kapital im Sinne von Abs. 2 sind, zählen. § 27 Abs 2 EStG wiederum spricht von Gewinnanteilen und sonstigen Bezügen aus Aktien oder Gesellschafteranteilen, Bezüge aus Anteilen an Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften um einige Beispiele zu erwähnen.

Als Einkünfte aus Kapitalvermögen iSd § 27 EStG zählen demnach Zuflüsse, die von einer bestimmten Regelmäßigkeit bzw. Beständigkeit geprägt sind. Der einmalige Verkaufserlös bzw. der durch die über dem Verkehrswert erfolgte Veräußerung entstandene Gewinn sind demnach nicht unter Einkünfte aus Kapitalvermögen iSd § 27 EStG zu subsumieren.

Das erkennende Gericht übersieht dabei nicht, dass nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich von einem umfassenden Einkommensbegriff auszugehen ist und das „tatsächliche“ Einkommen des Hilfeempfängers wesentlich ist (vgl. VwGH vom 3.10.2018, Ro 2018/12/0014). Demnach sind alle Einkünfte des Hilfe Suchenden heranzuziehen, gleichgültig aus welchem Titel sie ihm zufließen.

Es kommt also nicht darauf an, von wem dieses Einkommen stammt, ob es bloß einmalig oder regelmäßig, mit oder ohne Gegenleistung, gewährt wird, ob es aus selbständiger oder unselbständiger Tätigkeit stammt, der Steuer- oder Sozialversicherungspflicht unterliegt, auf welcher Rechtsgrundlage es beruht oder ob es gar aus einer verbotenen Tätigkeit herrührt (vgl. Pfeil, Österreichisches Sozialhilferecht).

Gemäß VwGH vom 30.9.1994, 93/08/001, besteht der wesentliche Unterschied zwischen Einkommen und verwertbarem Vermögen unter dem zu behandelnden Gesichtspunkt lediglich darin, das „es sich beim Einkommen um laufende, aber nicht unbedingt regelmäßige Einnahmen in Geld handelt, beim Vermögen hingegen um (im jeweiligen Zeitraum) bereits vorhandene Werte, mögen sie auch aus dem Überschuss nicht verbrauchten Einkommens stammen.

Im gegenständlichen Fall handelte es sich beim Verkaufsobjekt um das im Eigentum der Beschwerdeführerin stehende Haus, das bis zur Heimunterbringung der Befriedigung des Wohnbedarfes diente. Es handelte sich jedenfalls bis zum Verkaufszeitpunkt um Vermögen der Beschwerdeführerin, welches jedenfalls seit Abschaffung des Regressanspruches als unangetastet zu bleiben hätte. Jegliches Vermögen, das nach österreichischer Rechtsordnung unter den Vermögensbegriff fällt, kann demnach nicht zur Abdeckung der Pflegekosten herangezogen werden.

Unter Zugrundelegung der bisherigen Rechtsprechung des VwGH wurden im gegenständlichen Fall vorhandene „Werte“ die im Eigentum der Beschwerdeführerin standen zur Veräußerung gebracht. Es ist daher bei der Veräußerung von Vermögen jedenfalls nicht von der Lukrierung von Einkommen auszugehen.

Ergänzend wird angeführt, dass eine Beibehaltung der Liegenschaft im Eigentum der Beschwerdeführerin zu monatlichen finanziellen Belastungen führen würde. Diese Belastungen würden jedenfalls das tatsächlich bei der Beschwerdeführerin vorhandene Einkommen (Pension und Pflegegeld) monatlich verringern. Zudem wurde die Veräußerung der Liegenschaft auch pflegschaftsgerichtlich genehmigt.

Würde man der Ansicht der belangten Behörde folgen, so würde durch den Kostenersatz die verfassungsrechtlich verankerte Abschaffung des Pflegeregresses ad absurdum geführt werden.

Mangels Wertung des Erlöses - welcher durch die Differenz von Verkehrswert und tatsächlichem Verkaufserlös entstand – als Einkommen war die Vorschreibung des Kostenersatzes nicht rechtmäßig.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

7.   Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Schlagworte

Sozialrecht; Sozialhilfe; Kostenersatz; Einkommen; Vermögen;

Anmerkung

VwGH 10.02.2021, Ra 2020/10/0032-7, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.983.001.2019

Zuletzt aktualisiert am

02.03.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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