Index
60/04 Arbeitsrecht allgemein;Norm
BUAG §1 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der T Bau- und Handelsges. m.b.H. in W, vertreten durch Dr. Werner Masser und andere, Rechtsanwälte in Wien I, Singerstraße 27, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 4. September 1995, Zl. 53.240/9-3/95, betreffend Feststellung der Anwendbarkeit des Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetzes auf bestimmte Arbeitsverhältnisse (mitbeteiligte Partei: Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse, Wien V, Kliebergasse 1a), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid stellte die belangte Behörde fest, die Arbeitsverhältnisse vier namentlich genannter Dienstnehmer zur Beschwerdeführerin seien im Zeitraum vom 24. Mai 1993 bis zum 12. Dezember 1993 gemäß § 2 Abs. 1 lit. a und lit. e und Abs. 2 lit. a und lit. e BUAG den Vorschriften des BUAG unterlegen.
Dieser Entscheidung legte die belangte Behörde - nach einer Darstellung des Verfahrensganges - in tatsächlicher Hinsicht die Feststellungen zugrunde, die Beschwerdeführerin betreibe das Baumeistergewerbe und die vier Arbeitnehmer seien während des Bescheidzeitraumes bei der Beschwerdeführerin im Angestelltenverhältnis als Gipsputzer beschäftigt gewesen, wobei es sich offenkundig um eine manuelle Tätigkeit handle. In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte vertragliche Zuerkennung der Angestellteneigenschaft erfülle nicht den Ausnahmetatbestand des § 1 Abs. 2 lit. a BUAG, wenn von den betroffenen Arbeitnehmern nicht vorwiegend eine Angestelltentätigkeit im Sinne des Angestelltengesetzes verrichtet werde.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde mit folgenden Argumenten:
"Die Beschäftigung der verfahrensgegenständlichen Dienstnehmer unterliegt entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde nicht den Bestimmungen des BUAG.
Unbestritten ist, daß die verfahrensgegenständlichen Arbeitnehmer im betreffenden Zeitraum im Angestelltenverhältnis bei der Beschwerdeführerin beschäftigt waren. Die Arbeitnehmer verfügten somit über sämtliche Vorteile des Angestellten-Status (regelmäßiges Gehalt unabhängig von allfälligen Stehzeiten, Entgeltfortzahlung, Reisegebühren, Sonderzahlungen, Kündigungsschutz etc).
Die im Rahmen der Vertragsfreiheit zulässige Vereinbarung dieses Angestellten-Status hat entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde (auch) zur Folge, daß die Bestimmungen des BUAG auf die gegenständlichen Arbeitsverhältnisse keine Anwendung finden. Den Ausführungen der belangten Behörde, daß die dem Arbeitnehmer zustehenden Ansprüche gemäß § 13 BUAG unabdingbar seien, ist entgegenzuhalten, daß eine Aufhebung oder Beschränkung der dem Arbeitnehmer zustehenden Ansprüche im gegenständlichen Fall im Ergebnis nicht vorliegt, zumal der Günstigkeitsvergleich ergibt, daß durch die Vereinbarung des Angestellten-Status nicht nur keine Schlechterstellung, sondern sogar eine Besserstellung der Arbeitnehmer hinsichtlich ihrer Ansprüche gegeben ist.
Zusammenfassend ist daher festzuhalten, daß im Hinblick auf die zulässigerweise vereinbarte Angestellten-Eigenschaft die Bestimmungen des BUAG auf die verfahrensgegenständlichen Arbeitsverhältnisse nicht anzuwenden sind."
Die belangte Behörde hat die Akten vorgelegt und - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Vorweg ist klarzustellen, daß die Beschwerde rechtzeitig ist. Der Eingangsstempel, auf den sich die mitbeteiligte Partei in ihrer Gegenschrift bezieht, betrifft die Mängelbehebung und nicht die ursprüngliche Beschwerde.
Zur Zuständigkeit der belangten Behörde wird auf das Erkenntnis vom 23. September 1993, Zl. 93/09/0149, verwiesen. Die Zuständigkeit ist im vorliegenden Fall gegeben, weil über die Anwendbarkeit des BUAG auf die Arbeitsverhältnisse bestimmter einzelner Arbeitnehmer zu entscheiden war.
Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist strittig, ob sogenannte "Angestellte ex contractu" unter folgende den Geltungsbereich des Bauarbeiter- Urlaubs- und Abfertigungsgesetzes (BUAG) einschränkende Bestimmung fallen:
"§ 1
...
(2) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes finden keine Anwendung auf Personen,
a) die vorwiegend Angestelltentätigkeit im Sinne des Angestelltengesetzes, BGBl. Nr. 292/1921, verrichten;"
Diese Regelung räumt nicht den Auslegungsspielraum ein, den etwa § 14 Abs. 1 Z. 1 ASVG ("wenn ihr Beschäftigungsverhältnis durch das Angestelltengesetz ... geregelt ist") oder bestimmte Regelungen über den persönlichen Geltungsbereich von Kollektivverträgen ("alle dem Angestelltengesetz unterliegenden Dienstnehmer") vom Wortlaut her bieten (vgl. zur Diskussion über diese Auslegungsspielräume die Nachweise in dem Erkenntnis vom 18. März 1997, Zl. 95/08/0174; weiters Krapf, DRdA 1996, 66; Mayr, DRdA 1997, 317f). Findet das Angestelltengesetz nur kraft Vereinbarung Anwendung, so kann es im vorliegenden Zusammenhang daher auch keine Rolle spielen, ob die nach der jüngeren Rechtsprechung aus § 41 Abs. 3 ArbVG abzuleitenden Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des jeweiligen Angestellten-Kollektivvertrages vorliegen. Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 lit. a BUAG sind auch dann nicht erfüllt, wenn dies - was im hier zu beurteilenden Fall erst geklärt werden müßte - zutrifft (a.A. Martinek/Widorn, BUAG (1988) 62; möglicherweise anders auch die einen "Polier im Angestelltenverhältnis" betreffende Entscheidung des OGH vom 23. Mai 1990, ZAS 1971, 198, und Resch in seiner Anmerkung zu dieser Entscheidung, a.a.O., 200f). Daß die Anwendung des BUAG als solche - hier also unabhängig von der Erfüllung der Voraussetzung des § 1 Abs. 2 lit. a BUAG - nicht in einer Weise disponibel sein kann, die zu einer Ausschaltung der in diesem Gesetz vorgesehenen Erleichterungen für den Erwerb von Urlaubs- und Abfertigungsansprüchen führen würde, ergibt sich aus § 13 BUAG, wonach "die dem Arbeitnehmer durch dieses Bundesgesetz zustehenden Ansprüche... durch Arbeitsvertrag... weder aufgehoben noch beschränkt werden" können. Die in der Beschwerde hervorgehobenen (sonstigen) Vorteile des vereinbarten Angestellten-Status vermögen daran nichts zu ändern, weshalb die belangte Behörde auch zu Recht davon ausgegangen ist, die verfahrensgegenständlichen Arbeitsverhältnisse seien dem BUAG unterlegen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die § 47ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die mitbeteiligte Partei hat keinen Aufwandersatz beantragt. Wien, am 8. September 1998
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1995080296.X00Im RIS seit
20.11.2000