Entscheidungsdatum
01.07.2019Norm
BDG 1979 §103Spruch
W116 2160479-1/11E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Mario DRAGONI als Vorsitzenden sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Irene JANISCH und Mag. Martin PEYERL über die Beschwerden von XXXX , vertreten durch RA Dr. Martin RIEDL, und der Disziplinaranwältin des BUNDESKANZLERAMTES gegen das Disziplinarerkenntnis der DISZIPLINARKOMMISSION BEIM BUNDESKANZLERAMT vom 21.04.2017, GZ: BKA-460.110/0007-DK/2017, betreffend die Verhängung der Disziplinarstrafe Geldbuße nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 13.06.2019 zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde der Disziplinarbeschuldigten, XXXX , wird teilweise insofern stattgegeben, als sie vom zweiten Vorwurf, nämlich sie sei schuldig, dass bei der Ende 2014 vorgelegten Abrechnung ohne Vorliegen der erforderlichen Bestätigung der sachlichen Richtigkeit die Freigabe der Überweisung erfolgte und sie damit konkret dafür verantwortlich sei, dass zu der Ende 2014 vorgelegten Abrechnung der beauftragen Unternehmungen die Freigabe und Überweisung ohne Vorliegen der erforderlichen Bestätigung der sachlichen Richtigkeit erfolgte, obwohl das Bundesdenkmalamt (BDA) ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass der Aufwand nicht gerechtfertigt erschien, freigesprochen wird und die von der Disziplinarkommission ausgesprochene Disziplinarstrafe der Geldbuße auf die Disziplinarstrafe des Verweises herabgesetzt wird.
Darüber hinaus wird die Beschwerde der Disziplinarbeschuldigten als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerde der Disziplinaranwältin des BUNDESKANZLERAMTES wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschuldigte wurde steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Ihre dienst- und besoldungsrechtliche Einstufung beträgt derzeit "Verwendungsgruppe A1, Funktionsgruppe 6". Bis Februar 2014 war sie Leiterin der Abteilung IV/3 (Denkmalschutz) im BMUKK. Im Zuge der Novellierung des Bundesministeriengesetzes wurde sie mit Wirksamkeit vom 1. März 2014 in den Personalstand des Bundeskanzleramtes (BKA) übernommen. Sie war zunächst als Leiterin der Abteilung VI/3 (Denkmalschutz und Welterbe) tätig. In ihren Aufgabenbereich fiel gemäß ihrer Arbeitsplatzbeschreibung unter anderem die Erarbeitung und laufende Evaluierung eines Gesamtplanes für das Bundesdenkmalamt (BDA) betreffend die strategische Weiterentwicklung des Denkmalschutzes, welcher auch die Themenfelder Informationstechnologien (Ausbau der technischen Infrastruktur, Beauftragung eines Forschungsprojektes betreffend die Denkmalobjektdaten) umfasste.
2. Nachdem festgestellt wurde, dass Vergaben der seinerzeitigen Kultursektion betreffend ein umfassendes neues Softwaresystem des Bundesdenkmalamtes nicht durch öffentliche Ausschreibung erfolgten, wurde die Revisionsabteilung mit GZ BKA-119.070/0003-1/2015 beauftragt, eine Revision der Auftragsvergaben im Kontext des Projekts DEMIS/DOBIS in den Jahren 2012, 2013 und 2014 an die Firmen
XXXX (in der Folge: Firma Y) und XXXX (in der Folge: Firma X) durchzuführen.
3. Auf der Grundlage des Prüfungsergebnisses der Revisionsabteilung erstattete das BKA mit Schreiben vom 22.12.2015 in der Angelegenheit gegen die Beschuldigte eine Disziplinaranzeige an die Disziplinarkommission. Am 15.1.2016, 18.1.2016 sowie 29.1.2016 wurde die Dienstbehörde gemäß § 123 Abs. 1 BDG 1979 von der Senatsvorsitzenden mit der Durchführung ergänzender notwendiger Ermittlungen beauftragt.
4. Mit Beschluss der Disziplinarkommission beim Bundeskanzleramt, Senat III, vom 01.07.2016 wurde ein Disziplinarverfahren gegen die Beschuldigte eingeleitet. Zur Frage der Verjährung hat die Disziplinarkommission darin unter Bezug auf § 94 Abs. 1 BDG 1979 ausgeführt (auszugsweise, anonymisiert):
"Der Zeitpunkt der Beendigung der Dienstpflichtverletzung, von dem an die objektive Verjährungsfrist von drei Jahren gemäß § 94 Abs. 1 Z 2 BDG 1979 zu laufen beginnt, ist jener, in dem das mit Strafe bedrohte Verhalten aufhört. Bei fortgesetzten Delikten (zB mehrmals hintereinander begangener Verrat desselben Amtsgeheimnisses, andauernde unkorrekte Führung von Dienstplänen, Ausübung einer unerlaubten Nebenbeschäftigung) beginnt die Frist somit erst zu laufen, wenn auch der letzte Teilakt abgeschlossen ist (vgl. KUCSKO-STADLMAYER, Das Disziplinarrecht der Beamten4, S. 68). Voraussetzung für das Vorliegen eines fortgesetzten Deliktes sind im Rechtsbereich "Disziplinarrecht" - der herrschenden Betrachtungsweise im Strafrecht folgend - sowohl objektive als auch subjektive Faktoren. Als objektive Voraussetzungen müssen gegeben sein: 1) Gleichartige Einzelhandlungen, 2) Angriff auf dasselbe Rechtsgut, 3) die einzelnen Handlungen dürfen nicht durch einen großen Zeitraum unterbrochen sein (zeitlicher Zusammenhang), 4) räumliche Kontinuität. Darüber hinaus müssen die Einzelakte im Sinne der subjektiven Komponente von einem einheitlichen Willensentschluss (Gesamtvorsatz) getragen sein. Der Gesamtvorsatz muss den erstrebten Gesamterfolg der Tat in seinen wesentlichen Umrissen umfassen. Der allgemeine Entschluss, eine Reihe gleichartiger strafbarer Handlungen bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu begehen, reicht nicht aus, um auf der inneren Tatseite Fortsetzungszusammenhang zu begründen (vgl. VwGH vom 14.01.1993, 92/09/0286). Die Dienstbehörde (SC M in seiner damaligen Funktion als Leiter der Dienstbehörde) hat von den (der Beschuldigten) vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen am 14. August 2015 durch die Übermittlung der Stellungnahme von (der Beschuldigten), GZ. BKA-KU11.800/0019-11/4/2015, Kenntnis erlangt. Mit diesem Zeitpunkt wurde der Beginn der Verjährungsfrist ausgelöst. Dieser Stellungnahme ist ein entsprechendes Ersuchen seitens SC M an (die Beschuldigte) vorausgegangen, worin diese um Beantwortung von Fragen bis 15. August 2015 - im Zusammenhang mit der Weiterführung des "DOBIS"-Projektes - gebeten wurde, da Unklarheiten bei der Auftragsvergabe und bei der bisherigen Abrechnung aufgetreten seien (GZ. BKA-119.070/0002-1/2015). Von der Dienstbehörde waren vor Einleitung des Disziplinarverfahrens im Auftrag der Disziplinarkommission in weiterer Folge (die oben dargestellten) notwendigen Ermittlungen durchzuführen. Die Verfolgungsverjährung würde daher erst am 15. August 2016 eintreten."
Gegen den Einleitungsbeschluss wurde kein Rechtsmittel erhoben, er wurde rechtskräftig.
5. Am 19.01.2017, 20.01.2017 und 04.04.2017 führte die Disziplinarkommission in der Angelegenheit eine mündliche Verhandlung durch.
6. Mit beschwerdegegenständlichem Disziplinarerkenntnis vom 21.04.2017 wurde die Beschuldigte für schuldig erkannt (im Original, anonymisiert)
"dass bei den Auftragserteilungen betreffend das umfassende neue Softwaresystem des Bundesdenkmalamtes (DEMIS/DOBIS) vergaberechtliche Bestimmungen nicht eingehalten wurden und dass bei der Ende 2014 vorgelegten Abrechnung ohne Vorliegen der erforderlichen Bestätigung der sachlichen Richtigkeit die Freigabe und Überweisung erfolgte.
Konkret ist sie dafür verantwortlich, dass
1. kein reguläres Vergabeverfahren durchgeführt wurde, obwohl
2. die einzelnen Vergaben schon in der Frühphase (Planung strategische Einschätzung) als eine gesamte Vergabe hätten qualifiziert werden müssen und
3. die Ausnahmebestimmung zugunsten der wissenschaftlichen Forschung nicht zur Anwendung hätte kommen dürfen bzw. man davon nur hätte Gebrauch machen dürfen, wenn es ein entsprechendes Gutachten gegeben hätte,
4. zu der Ende 2014 vorgelegten Abrechnung der beauftragten Unternehmungen die Freigabe und Überweisung ohne Vorliegen der erforderlichen Bestätigung der sachlichen Richtigkeit erfolgte, obwohl das Bundesdenkmalamt (BDA) ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass der Aufwand nicht gerechtfertigt erschien.
Die Punkte 1 bis 3 beziehen sich auf folgende Auftragsvergaben:
• BMUKK-11.800/0045-IV/3/2010: Entwicklung eines Prototyps im Rahmen des Projektes DOBIS (Annahme des Anbots: 20. Juli 2010, Auftragnehmer: Firma X)
• BMUKK-11.800/0059-IV/3/2011: Gesamtkoordination für das Projekt DEMIS (Annahme des Anbots: 10. November 2011, Auftragnehmer: Firma Y)
• BMUKK-11.800/0044-IV/3/2011: Konfiguration, Management und Wartung von DOBIS Phase 1,0 (Annahme des Anbots: 11. August 2011, Auftragnehmer: Firma X)
• BMUKK-11.800/0025-IV/3/2013: Konfiguration und Umsetzung der Funktionen von DOBIS; zweite Entwicklungsphase (Annahme des Anbots: 22. Juli 2013, Auftragnehmer: Firma X)
• BKA-KU-11.800/0040-VI/3/2014: Aufwandsüberschreitung zur Konfiguration und Umsetzung der Funktionen von DOBIS; zweite Entwicklungsphase (Annahme des Anbots: 22. August 2014, Auftragnehmer: Firma X)"
Sie habe dadurch schuldhafte Dienstpflichtverletzungen gemäß § 43 Abs. 1 BDG 1979 begangen und wurde gemäß § 92 Abs. 1 Z 2 i.V.m. § 126 Abs. 2 BDG 1979 mit Geldbuße in der Höhe eines halben Monatsbezuges bestraft.
In der Begründung führte die Disziplinarkommission folgendes aus (auszugsweise, anonymisiert):
"... Nach § 43 Abs. 1 und 2 BDG 1979 hat ein Beamter seine Dienstpflichten unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen und in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen hat, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt. Die Verpflichtung zur Beachtung der geltenden Rechtsordnung bei Erfüllung der dienstlichen Aufgaben bedeutet in erster Linie, dass der Beamte die von ihm als Organ zu vollziehenden Vorschriften zu beachten hat (vgl Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten 4, 133). Die - nach § 43 Abs. 1 BDG 1979 einzuhaltenden - dienstlichen Aufgaben des Beamten ergeben sich aus dem Arbeitsplatz, der dem Beamten zugewiesen ist, und in inhaltlicher Hinsicht aus den maßgeblichen (Verwaltungs-)Vorschriften. (siehe VwGH 23.4.2013, 2012/09/0045). So wurde es vom VwGH in seinem Erkenntnis vom 14.1.1993, ZI. 92/09/0286, als Dienstpflichtverletzung erachtet, wenn ein Beamter einen Auftrag entgegen einer ÖNORM ohne öffentliche Ausschreibung vergibt.
Unstrittig ist zunächst, dass in der gegenständlichen Sache bei den Auftragserteilungen betreffend ein neues Softwaresystem des Bundes auf Grund der Anwendung der Ausnahmebestimmung des § 10 Z 13 BVergG (Forschungs-und Entwicklungsdienstleistungen) kein förmliches Vergabeverfahren durchgeführt worden ist. Das Verfahren bzw. der Akteninhalt haben ergeben, dass die Beschuldigte als damals zuständige Abteilungsleiterin alle disziplinargegenständlichen Vergabeakten des Einleitungsbeschlusses vorapprobiert und zur Genehmigung ihrem damaligen Sektionschef vorgelegt hat. Im Zusammenhang mit den gegenständlichen Auftragserteilungen bestand ihre Rolle unter anderem darin, auf die rechtskonforme (insbesondere betreffend das Vergaberecht) Umsetzung der Projektziele hinzuwirken. So hat die Beschuldigte auch in der Verhandlung bekräftigt, dass sie es als ihre Rolle gesehen habe, darauf zu achten, dass die Beurteilung vergaberechtlich okay ist. Auch der Zeuge Dr. F (damaliger Sektionschef und Vorgesetzter der Beschuldigten) hat im Zuge seiner Einvernahme angegeben, dass die Beschuldigte die Akten vorbereitet und vorapprobiert bzw. den "ELAK", das "Juristische" aufgesetzt habe, wobei er angibt, vorab intensive Abstimmungsgespräche mit der Beschuldigten geführt zu haben. Es ergibt sich für den erkennenden Senat, dass für die Einhaltung der vergaberechtlichen Vorgaben im Zusammenhang mit den Auftragserteilungen im Kontext DEMIS/DOBIS jedenfalls überwiegend die Beschuldigte zuständig war, die wie sie selbst formulierte "ihre Rolle darin gesehen habe, dass ich hinwirken wollte auf die Projektziele und speziell die ordnungsgemäße Abwicklung als Juristin im Auge gehabt habe". Die Beschuldigte gab ferner an, "ich war als Juristin in dem Spiel und der Sektionschef hat finanziell, wirtschaftlich und als Vorgesetzter uns beide (Anmerkung: gemeint die Beschuldigte und Präsidentin Dr. N) ständig aufgefordert, dass wir eben den Prinzipien in der Bundesverwaltung entsprechend agieren und ihm die Vorschläge so aufbereiten, dass er dann sagen kann, ja oder nein." Zur Verantwortung des damaligen SC Dr. F gab dieser als Zeuge an, dass die Vergabesituation damals und auch laufend immer wieder besprochen wurde; aus seiner damaligen Sicht sei diese Konstruktion logisch und verständlich gewesen. Dass SC Dr. F in seiner Rolle als zuständiger Sektionschef und Vorgesetzter der Beschuldigten, die von der Beschuldigten gewählte Vorgangsweise bei der Vergabe näher hinterfragt hätte oder nicht bloß formal angeleitet hätte, ist nicht ersichtlich geworden. Nicht ersichtlich geworden ist auch, dass es eine Weisung des Sektionschefs gab, die Vergaben in der gewählten Weise zu erledigen. Die Ausnahmenbestimmungen des BVergG sind nach herrschender Lehre und ständiger Rechtsprechung restriktiv auszulegen und jedem öffentlichen Auftraggeber, der eine Ausnahmebestimmung in Anspruch nehmen möchte, trifft die Beweislast, dass die behaupteten Tatbestandsvoraussetzungen auch tatsächlich vorliegen (vgl. EuGH Rs C- 414/97, EK gegen Spanien). Zudem haben gemäß der Rechtsprechung der Vergabekontrollinstanzen öffentliche Auftraggeber bei der Beurteilung, ob eine Ausnahmevorschrift in Anspruch genommen werden darf, einen besonderen Sorgfaltsmaßstab zu beachten (vgl. VwGH 9.9.2015, Ro 2015/04/0013). Rechtsunkenntnis oder irrtümliche, objektiv fehlerhafte Rechtsauffassungen sind nach ständiger Rechtsprechung des VwGH nur dann entschuldbar, wenn die objektiv gebotene, der Sache nach pflichtgemäße, nach den subjektiven Verhältnissen zumutbare Sorgfalt nicht außer Acht gelassen wurde. Das Verfahren hat ergeben, dass die vorgenommene vergaberechtliche Würdigung (siehe Votum im Akt GZ BMUKK-11.800/0045-IV/3/2010) im Hinblick auf die Nachvollziehbarkeit der getroffenen Entscheidung die Ausnahmebestimmung heranzuziehen, sich als zu oberflächlich erweist bzw. auch nicht sorgfältig genug dokumentiert worden ist. Es wurde bei den einzelnen Auftragsvergaben kein Bezug zwischen Leistungen und Ausnahmetatbestand hergestellt und lediglich auf Vorakten verwiesen. Dies ergibt sich aus dem Akteninhalt sowie auch aus der Befragung des Leiters der Innenrevision im Zuge der Verhandlung, der angab, dass der Hauptkritikpunkt im Revisionsbericht die mangelnde Sorgfalt im Bereich Dokumentation/Belegbarkeit der Entscheidungen betroffen habe. Zudem führte auch der bei der internen Revision eingesetzte Prüfer der Sonderprüfung betreffend die Software DOBIS in seiner Einvernahme aus, dass im Zuge der Prüfung keine Dokumente vorgelegt wurden, die ausreichend dokumentiert hätten, warum die Ausnahmebestimmung in Anspruch genommen wurde. Es ist auch nicht ersichtlich oder überzeugend dargelegt worden, inwieweit das vom BMF vergaberechtlich beurteilte Referenzprojekt "Dyonipos" dem gegenständlichen Projekt entspricht bzw. welche Schlüsse damals aus dem Vergleich der Projekte gezogen worden sind, wobei anzumerken ist, dass die Heranziehung eines Referenzprojekts auch nicht von einer eigenständigen vergaberechtlichen Prüfung entbindet. An dieser Einschätzung ändert auch die Tatsache nichts, dass - wie in der Verhandlung vorgebracht - das Referenzprojekt mit dem "Best Practice Certificate" ausgezeichnet wurde, da nicht das Referenzprojekt verfahrensgegenständlich ist, sondern vielmehr die vergaberechtliche Vorgehensweise betreffend das Projekt DEMIS/DOBIS. Es wäre vielmehr auf Grund des Ausmaßes des Projektes und der Heranziehung der Ausnahmebestimmung erforderlich gewesen, eine umfassende Auskunft bzw. ein Gutachten einzuholen, etwa von der damaligen Innenrevision (BMUKK), der Bundesbeschaffung GmbH bzw. von Herrn Dr. FA (damals Abteilung allgemeine Rechtsfragen BMUKK), um dem geforderten besonderen Sorgfaltsmaßstab zu entsprechen. Es hätte zudem die Möglichkeit bestanden sich mit einer Fragestellung an die Finanzprokuratur oder den Verfassungsdienst zu wenden. Dies ergibt sich auch aus der Einvernahme des Zeugen Dr. M (damaliger Leiter der Budgetsektion BMUKK), der ausführte, dass es üblich gewesen sei, im Hinblick auf das Vergaberecht in Zweifelsfällen die Innenrevision einzubinden bzw. dass man sich in vergaberechtlicher Hinsicht auch an Herrn Dr. FA bzw. an die BBG wenden hätte können. Zudem könne man sich mit einer Fragestellung im Einzelfall auch an die Finanzprokuratur wenden. Weiters besteht die Möglichkeit sich bei Vergabefragen an den Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes zu wenden. So hat auch der Vergaberechtsexperte Dr. FR, der im Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes tätig ist, angegeben, dass er schon zahlreich gutachterlich bei Vergabeangelegenheiten herangezogen worden sei und es auch immer wieder vorkomme, dass Bundesministerien betreffend Beschaffungsmöglichkeiten nachfragen, insbesondere ob Leistungen zusammenzuzählen seien oder nicht. Die Beschuldigte hat im Zuge der mündlichen Verhandlung zwar angegeben als frühere Leiterin der Rechtsabteilung im Unterrichtsministerium über langjährige Erfahrung im Vergaberecht zu verfügen, aber es hätte ihr gerade aus diesem Grund bewusst sein müssen, dass die Anwendung einer Ausnahmebestimmung einer strengen Prüfung bedarf und die getroffenen Erwägungen auch entsprechend festzuhalten sind, um eine Nachprüfbarkeit zu gewährleisten.
Weiters ist festzuhalten, dass kein Lasten- und Pflichtenheft - wie dies bei IT-Vergaben eigentlich üblich ist und es auch der Zeugin Mag. ST (zuständig für IT- Angelegenheiten im BMUKK) zufolge im Unterrichtsministerium bei größeren Aufträgen grundsätzlich Standard war - erstellt worden ist, sondern stattdessen das Angebot als das Vertragswerk herangezogen wurde. Dies hat auch zur Folge, dass ohne entsprechend präzise Beschreibung der geschuldeten Leistungen, des Zeitplans und der Leistungsvolumen, die tatsächlich erbrachten und abgerechneten Leistungen schwer bzw. nicht entsprechend überprüft werden konnten. Auch der mit der Durchführung der Sonderprüfung betreffend die Software DOBIS eingesetzte Prüfer gab im Zuge der mündlichen Verhandlung an, dass bei dieser Sachlage ein Pflichtenkatalog zu erstellen gewesen wäre und es bei EDV-Aufträgen üblich sei, dass ein Pflichtenkatalog erstellt werde. Zudem ist ein Leistungskatalog bzw. ein Lastenheft und eine vorherige eigenständige Schätzung des Gesamtwertes auch Voraussetzung, um Angebote vergleichen zu können und somit beurteilen zu können, ob die angebotenen Preise auch angemessen sind, was ebenfalls die Notwendigkeit dieser Dokumente aufzeigt.
Zur damals erfolgten Beurteilung, dass es sich beim gegenständlichen Projekt um Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen handelt, ist auszuführen, dass sich im Zuge des Verfahrens bzw. aus den verfahrensgegenständlichen Akten ergeben hat, dass es sich dabei offensichtlich vielmehr um die Entwicklung eines IT-Programmes zur Datenerfassung und -Verwaltung für Denkmalobjekte bzw. die Zusammenführung mehrerer Datenbanken handelt und somit um kein "typisches Forschungsprojekt" im Sinne des Gesetzgebers. Das Forschungsprojekt war vielmehr bloß ein Randprodukt in Graz. Gegen die Annahme, dass es sich beim Projekt um Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen gehandelt hat, sprechen zudem auch die Angaben des Zeugen Ing. LE, wonach nur bei neuen Technologien Entwicklung und Forschung eine Rolle spielen können, er aber in der klassischen "Verwaltungs-IT" noch keine Forschung/Entwicklungsthemen kennengelernt habe. Ihm seien zwar Pilotprojekte oder Prototypen bekannt, aber keine Forschungstechnologien. Er gab weiters an, dass er seit 1989 einschlägig im Bundesdienst arbeite und weit über 50 vergleichbare Projekte gesehen habe, jedoch keines davon Forschung oder Entwicklung gewesen sei. Im Hinblick darauf, dass die Vergaben schon in der Frühphase als eine gesamte Vergabe hätten qualifiziert werden müssen, ist festzuhalten, dass die einzelnen Auftragsvergaben einen gemeinsamen Zweck verfolgt haben und zwar die Realisierung des Projektes DOBIS (Entwicklung des Prototyps und Umsetzung des Produktivsystems) als Teil des Vorhaben DEMIS. Die Nichteinhaltung der vergaberechtlichen Bestimmungen bei den Auftragserteilungen stellt auch einen Eingriff auf dasselbe Rechtsgut - Beachtung der Grundsätze des freien und lauteren Wettbewerbs - dar. Die einzelnen Auftragsvergaben und diesbezüglich vorgenommene Vorgehensweise bei der rechtlichen Beurteilung sind auch als "gleichartige Einzelhandlungen" anzusehen. Es besteht ein zeitlicher Zusammenhang zwischen den Auftragsvergaben an Firma X und es ergibt sich auch aus dem Projektablauf, dass die Umsetzung des Projektes durch ein (einziges) Unternehmen erfolgt wäre: Siehe Punkt C erster Absatz der Zusatzvereinbarung betreffend "Evolutionärer Prototyp im Rahmen von DOBIS", die einen integrierenden Bestandteil zur Beauftragung des Prototypes, unter GZ BMUKK 11.800/0045-IV/3/2010 bildete. Der Wortlaut dieser Zusatzvereinbarung lautete nämlich: "Ein wesentliches Ziel des Prototyps It. Angebot ist die damit verbundene Erarbeitung von Grundlagen, die es dem Auftragnehmer erlauben ein verbindliches Angebot für die Überführung und Weiterentwicklung des Prototyps in ein voll funktionsfähiges Produktivsystem DOBIS zu erstellen." Schließlich ist durch die Heranziehung des Ausnahmetatbestandes sowohl für die Beauftragung des Prototyps als auch auf die erste und zweite Entwicklungsphase das Vorliegen eines "Gesamtvorsatzes" als gegeben anzusehen. Hinsichtlich der Vergabe an Firma Y wird der Gesamtzusammenhang mit DOBIS dahingehend gesehen, dass diesem Unternehmen die Gesamtkoordination für DEMIS oblag und hinsichtlich der daraus resultierenden Aufgaben (insb. Datenmigration).
In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass gemäß § 13 BVergG ein öffentlicher Auftraggeber den geschätzten Auftragswert einer auszuschreibenden Leistung vor der Durchführung des Vergabeverfahrens sachkundig zu ermitteln hat. Bei dieser Berechnung ist der geschätzte Gesamtwert aller der zum Vorhaben gehörigen Leistungen einschließlich aller Optionen und etwaiger Vertragsverlängerungen zu berücksichtigen. Der VwGH hat zur Rechtsfrage des Vorliegens eines einheitlichen Vergabevorhabens mehrere Gesichtspunkte entwickelt, die bei der Feststellung, ob ein einheitliches Vorhaben vorliegt, in einer funktionellen Betrachtungsweise zu berücksichtigen sind: unter anderem anhand des örtlichen Zusammenhanges, eines gemeinsamen Zweckes, einer gemeinsamen Planung oder des gleichen Fachgebietes (vgl. VwGH, 27.10.2014, Ra 2014/04/0022). Es ist ergänzend festzuhalten, dass die Wertgrenzen für die "Direktvergabe" gemäß § 41 BVergG überschritten worden sind und es sich richtigerweise um einen Auftrag im Oberschwellenbereich gehandelt hätte, der nach den Vorschriften des BVergG und der RL 2004/18/EG unionsweit bekannt gemacht hätte werden müssen.
Weiters steht fest, dass die Freigabe und Überweisung der Ende 2014 vorgelegten Abrechnung (13. Teilrechnung, Nr. 201412/01 v. 1.12.2014 in Höhe von € 138.959,10, BKA -KU 11.800/0076-VI/3/2014) des beauftragten Unternehmens Firma X ohne Vorliegen einer Bestätigung der sachlichen Richtigkeit durch das BDA erfolgte, obwohl das BDA schriftlich darauf hingewiesen hat, dass der Aufwand nach dessen Einschätzung nicht gerechtfertigt erscheine. Es gab zwar offensichtlich gewisse Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit mit dem BDA, aber die Beschuldigte hätte sich jedenfalls näher mit den geäußerten Einwänden und Zweifeln des BDA (das in Rechnung gestellte Leistungsvolumen entspricht nicht dem tatsächlichen Projektfortschritt) auseinandersetzen müssen, bevor die Zahlung veranlasst wurde. Der Verwaltungsdirektor des BDA führte in seiner Zeugeneinvernahme aus, dass sie in einem Schreiben, gerichtet an das Bundeskanzleramt bzw. die damalige Fachabteilung, mitgeteilt hätten, dass nach eingehender Durchsicht seitens des Bundesdenkmalamtes die Auffassung vertreten wird, dass das in Rechnung gestellte Leistungsvolumen sich nicht im Projektfortschritt widerspiegle und die angeführte Stundenleistung demnach zu weit gefasst zu sein scheint. Im Zuge des Verfahrens kam zudem hervor, dass eine von der Beschuldigten in diesem Zusammenhang erwähnte Präsentation des Produktivsystems, auch nichts an der Einschätzung des Verwaltungsdirektors des BDA geändert hat. Auch die Präsidentin des BDA gab bei ihrer Zeugeneinvernahme auf Nachfrage an, dass sie sich nicht daran erinnern könne, dass die "DOBIS Präsentation" den Charakter einer abschließenden Präsentation im Sinne eines Schlusssteines gehabt hätte. Sie führte weiter aus, dass Faktum sei, dass das System im Dezember 2014 - aufgrund von Schwierigkeiten bei der Datenmigration - nicht funktional gewesen sei und bis heute nicht produktiv ist. Im Hinblick auf den Einwand des Rechtsvertreters der Beschuldigten, dass es in weiterer Folge zu einer Bestätigung der sachlichen Richtigkeit betreffend einer Teilrechnung Anfang Jänner 2015 gekommen sei und auf die Frage, was sich bei dieser Teilrechnung gegenüber der strittigen inhaltlich geändert hätte, erwiderte die Präsidentin des BDA, dass es aufgrund der Aufschlüsselung der Leistungen pro Tag wohl eine Nachvollziehbarkeit gegeben habe, sodass es in diesem Fall zu dieser Bestätigung der sachlichen Richtigkeit gekommen sei. Hierzu ist anzumerken, dass die Bestätigung der sachlichen und rechnerischen Richtigkeit der nachfolgenden Teilrechnung durch das BDA nicht automatisch bedeuten kann, dass die Vorgangsweise betreffend die Freigabe und Überweisung der Ende 2014 vorgelegten Abrechnung rechtskonform war. Es hätte vielmehr, wie oben bereits ausgeführt, aufgrund der geäußerten Bedenken des BDA eine ausreichende Prüfung bzw. eine nähere Auseinandersetzung mit den seitens des BDA geäußerten Zweifeln erfolgen müssen. ...
... Die Disziplinarkommission hat im Zuge der Verhandlung auch keine Anhaltspunkte für den Eintritt der Verjährung gefunden und zudem ist festzuhalten, dass der Einleitungsbeschluss in Rechtskraft erwachsen ist. Ergänzend ist anzumerken, dass es im Zuge der Zeugeneinvernahme von Ing. LE zwar von einigen "Eskalationssitzungen" seit 2015 betreffend DOBIS die Rede gewesen ist, doch der Zeuge, gefragt nach dem Inhalt eines Abstimmungstermins der Projektteilnehmer am 1.7.2015, ausgeführt hat, dass dort nicht die Vergabe Thema gewesen sei, sondern die Funktionsfähigkeit der Entwicklungen von DOBIS. Darüber hinaus wurden keine neuen Tatsachen vorgebracht, welche etwas an der im Einleitungsbeschluss getroffenen Einschätzung, wonach die Vorwürfe nicht verjährt sind, ändern würden. ..."
Zur Strafbemessung hat die Behörde ausgeführt:
"... Für die Bemessung der Strafe war vom erkennenden Senat zunächst vor allem aus generalpräventiver Sicht zu berücksichtigen, dass es sich bei der Verpflichtung des Beamten, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung zu besorgen, um eine der wesentlichsten Pflichten handelt, um die ordnungsgemäße und sachgerechte Erfüllung der der Verwaltung übertragenen Staatsaufgaben zu gewährleisten. Dies betrifft Punkt 1 bis 3 des Spruches. Erschwerend war zu werten, dass mehrere Dienstpflichtverletzungen - Spruchpunkt 1 bis 3 sowie Spruchpunkt 4 - zusammentreffen. Bei der Strafbemessung waren die bisher korrekte Diensterfüllung und positiven Dienstbeurteilungen (seit 1988 überdurchschnittliches Leistungsfeststellungskalkül) mildernd zu werten. Zudem ist die Tat schon vor längerer Zeit begangen worden und die Beschuldigte hat sich seither wohlverhalten. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Beschuldigte die Beauftragungen vorapprobiert hat und die Genehmigung durch den damaligen Sektionschef erfolgt ist. Insbesondere vor dem Hintergrund der oben angeführten Milderungsgründe, aus denen auch geschlossen werden kann, dass die Beschuldigte in Zukunft ihre Dienstpflichten mit der gebotenen Sorgfalt und Ernsthaftigkeit einhalten wird, kann aus Sicht der Disziplinarkommission mit einer Geldbuße in der Höhe eines halben Monatsbezuges vorgegangen werden und bedarf es nicht der Verhängung einer Geldstrafe. Bei der Festsetzung der Disziplinarstrafe wurde auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (wie in der mündlichen Verhandlung festgestellt und in der Verhandlungsschrift festgehalten) Bedacht genommen."
Das Disziplinarerkenntnis wurde dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin am 25.04.2019 nachweislich zugestellt.
7. Mit Schriftsatz vom 05.05.2017 brachte die Disziplinaranwältin des BKA gegen dagegen rechtzeitig eine Beschwerde ein, welche sich ausschließlich gegen die Strafbemessung richtet. Insbesondere sei § 93 Abs. 1 dritter Satz BDG 1979 nicht berücksichtigt worden, wonach bei der Strafbemessung die nach dem Strafgesetz maßgebenden Umstände zu berücksichtigen seien. Gemäß § 33 Abs. 1 Z 1 StGB stelle es einen besonderen Erschwerungsgrund dar, wenn eine Person mehrere strafbare Handlungen derselben oder verschiedener Art begangen oder die strafbare Handlung durch längere Zeit fortgesetzt habe. Darüber hinaus sei gemäß § 32 Abs. 2 StGB die Strafe umso strenger zu bemessen, je größer die Schädigung oder Gefährdung ist, die der Täter verschuldet hat oder die er zwar nicht herbeigeführt, aber auf die sich sein Verschulden erstreckt hat. Dagegen treffe der Milderungsgrund des § 34 Abs. 1 Z 18 StGB ("die Tat schon vor längerer Zeit begangen und sich seither wohlverhalten hat") nicht zu. Am 28.04 sei der Bericht des Rechnungshofes zum Bundesdenkmalamt auf die Webseite gestellt worden. Daraus gehe klar hervor, dass die in Rede stehenden Datenbanken noch immer nicht in Echtbetrieb seien, weshalb festzuhalten sei, dass die massiven Verfehlungen der Beschuldigten dazu geführt haben, dass dieses Projekt bislang nicht abgeschlossen werden konnte.
Die Disziplinarkommission habe zudem die Schwere der Schuld der Beschuldigten nicht richtig gewürdigt. Es stelle fest, dass die Beschuldigte zum damaligen Zeitpunkt für das in diesem Fall relevante Vergaberecht zuständig gewesen sei und dass sie nach eigenen Angaben als jahrelange Leiterin einer Rechtsabteilung mehrmals mit dem Vergaberecht zu tun gehabt hätte. Deshalb wäre in ihrem Fall erschwerend die Sachverständigenhaftung gemäß § 1299 ABGB zu berücksichtigen gewesen, wonach bei einer Person mit Spezialwissen auf dem Gebiet der Prüfung von Schadenersatzansprüchen ein strengerer Maßstab anzulegen wäre. Das Verhalten der Beschuldigten sei keineswegs unter Fahrlässigkeit zu subsumieren, sondern es liege bedingter Vorsatz vor. In diesem Zusammenhang werden Passagen des Rechnungshofes zitiert, worin dieser die Vergabe und Abwicklung des Projekts DEMIS kritisiert wird (Art der Vergabe, Art der Kostenkalkulation, fehlendes Rücktrittsrecht, keine Pflichtenhefte, fehlender Zeitplan, unprofessionelle Projektabwicklung, Übersteigen der ursprünglichen Auftragssummen). Die Rechtfertigung der Beschuldigten, dass sie völlig alleine gelassen worden wäre, entspreche nicht den Tatsachen, weil das Verfahren eindeutig ergeben habe, dass die Beschuldigte mehrere konkrete Möglichkeiten gehabt hätte, entsprechende Auskünfte einzuholen. Hinsichtlich der Teilrechnung im Dezember 2014 sei bemerkenswert, dass alle anderen Teilrechnungen erst nach Bestätigung der Richtigkeit bezahlt worden seien, wogegen sie sich bei dieser Teilrechnung über die Bedenken des BDA hinweggesetzt hätte. Auch hier liege bedingter Vorsatz vor. Auch dazu wird auf den Bericht des Rechnungshofes verwiesen, der dazu ausführt: "61.2 Der RH kritisierte, dass das BKA sich bei der Bestätigung der sachlichen Richtigkeit von Rechnungen auf E-Mail-Auskünfte des BDA verließ, anstelle die Rechnungen an das BDA zur Feststellung der sachlichen Richtigkeit zu übermitteln. Er beanstandete weiters, dass das BKA im Dezember 2014 eine Rechnung über rd. 140.000 EUR zur Zahlung freigab, obwohl das BDA darauf hingewiesen hatte, dass das verrechnete Stundenausmaß nicht dem Projektfortschritt entsprach. Der RH empfahl dem BKA, nur dann die sachliche Richtigkeit von Rechnungen zu bestätigen und die Zahlungen freizugeben, wenn die verrechneten Leistungen tatsächlich erbracht wurden und über die Leistungserbringung dem BKA die erforderlichen Nachweise vorliegen."
Nach Ausführungen zur Auslegung der § 43 Abs. 1 BDG 1979 wird die Auffassung vertreten, dass die Auswirkungen der Tat auch deshalb als hoch zu bewerten seien, weil durch die Veröffentlichung des Rechnungshofberichtes auch ein beträchtlicher immaterieller Schaden entstanden sei. Ihr Sektionschef habe zu Beginn des Vergabeverfahrens in einem ELAK festgehalten, dass besondere Sorgfalt zu walten lassen wäre; die Beschuldigte habe sich nicht an diese Weisung gehalten. Zur Höhe des Schadens wird ebenfalls auf den Rechnungshofbericht verwiesen, wonach aufgrund diverser Vorgänge die Kosten anstelle der ursprüngliche Schätzung im Jahre 2010 in der Hohe von 4.01Mio.€ nunmehr mit mindestens 10.06Mio.€ beziffert werden müssten. Im gegenständlichem Fall würde lediglich ein Milderungsgrund (Unbescholtenheit) und dagegen mehrere Erschwerungsgründe vorliegen (Bruch mehrerer Rechtsvorschriften, längerer Tatzeitraum, Schädigung hält noch an, hohe Schadenssumme, Hauptverantwortlichkeit der Beschuldigten als Entscheidungsträgerin aufgrund ihres "Sachverständigenwissens", Vorsatz). Darüber hinaus habe die Beschuldigte keine Einsicht gezeigt und die Schuld auf ihren Vorgesetzten weiterreichen wollen. Entgegen der Ansicht der Disziplinarkommission würden auch spezialpräventive Erwägungen für eine hohe Strafe sprechen, weil es denkbar sei, dass sie nun als stellvertretende Leiterin abermals mit dem Vergaberecht in Berührung komme. Die verhängte Strafe spiegle weder aus Gründen der Spezialprävention noch der Spezialprävention die tatsächliche Situation und Schuld der Beschwerdeführerin wieder. Im Zusammenhang mit ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit werde auf die hohen Bezüge und den Bezug einer Witwenpension verwiesen. Schließlich wird der Antrag gestellt, die Disziplinarstrafe auf eine Geldstrafe in der Höhe von vier Monatsbezügen anzuheben.
8. Mit Schreiben vom 18.05.2017 brachte die Beschuldigte über ihren rechtlichen Vertreter binnen offener Frist eine Beschwerde gegen das vorliegende Disziplinarerkenntnis ein, welche sich gegen Schuld und Höhe der verhängten Strafe richtet. Zur Schuld wird nach Schilderung des Verfahrensganges folgendes ausgeführt (auszugsweise, anonymisiert):
"Ich habe mich bei meiner vergaberechtlichen Beurteilung des Projektes DEMIS/DOBIS stets am § 43 BDG 1979 orientiert und dessen Verpflichtungen bei meiner Einschätzung beachtet. Ein schuldhafter Verstoß gegen diese Vorschrift liegt gegenständlich nicht vor. Eingangs ist es erforderlich auf meine Rolle im dem gegenständlichen Verfahren zugrundeliegenden Projekt einzugehen. Mein damaliger Aufgabenschwerpunkt in der Abteilung IV/3 des BMUKK lag im Kulturgüterschutzrecht. Ich habe im Zuge meiner langjährigen Tätigkeit auch mehrfach mit vergaberechtlichen Agenden zu tun gehabt und war ich auch im gegenständlichen Projekt mit der Überwachung und Einhaltung der vergaberechtlichen Vorschriften betraut. Es ist zutreffend, dass ich die disziplinargegenständlichen Akten vorapprobiert und zur Genehmigung meinem Vorgesetzten SC Dr. F vorgelegt habe. Das verfahrensgegenständliche Projekt war ein überschneidendes Projekt des BMUKK gemeinsam mit dem Bundesdenkmalamt (BDA). Die Projektleitung lag beim Bundesdenkmalamt. Dort war quasi das Frontoffice und diesem oblag die fachliche, budgetäre und personelle Verantwortung. Meine Aufgabe (als Fachabteilungsleiterin und quasi BackOffice) war im Verhältnis zum BDA eine koordinierende, die mit sämtlichen internen und externen Partnern laufend im Zuge des Projektes erfolgte. Beispielsweise war vom IT-Bereich des BMUKK die dortige Bereichsleiterin Mag. S miteinbezogen, die in der Startphase des Projektes DEMIS die Y empfohlen hat. Die Fa. Y wurde in der Anfangsphase als externer Berater beauftragt und wurde dafür bezahlt eine Beschaffungsgrundlage zu erstellen. Diese Firma war damals ein enger Kooperationspartner des BMUKK und übrigens zweitgleich gemeinsam mit der Verwaltungsinnovationsabteilung des BKA für die Entwicklung eines neuen Steuerungsinstrumentes für das BDA "RZL-Plan light" mitverantwortlich. Nach Durchführung einer Marktanalyse durch die Fa. Y konnte das von mir letztlich als Basis herangezogene BMF-Referenzprojekt "Dyonipos" ausfindig gemacht werden. Dieses Projekt diente als Grundlage für meine Entscheidung von der Ausnahmebestimmung des § 10 Z 13 BVergG Gebrauch zu machen. Die konkrete Direktvergabe an die Fa. Y lag unter der Wertgrenze von €
100.000 (§ 41 BVergG, SchwellenwerteVO, BGBl. II Nr. 455/2010). Eine tragende Rolle spielte mein direkter Vorgesetzter SC Dr. F, der das gesamte Projekt hindurch die (Letzt)Approbations- und Anordnungsbefugnis hatte. Er war sohin nicht - wie von der Disziplinarkommission dargestellt - nur peripher im Projekt involviert, sondern sind laufend intensive Abstimmungsgespräche zwischen uns geführt worden und hat er dies selbst in seiner Zeugeneinvernahme bestätigt und ergänzt, dass er ein sehr "pingeliger" Vorgesetzter ist, der über alles informiert sein möchte und stets nachfragt, wenn ihm etwas nicht plausibel erscheint. Die Vergabesituation wurde zu Beginn des Projektes und auch laufend immer wieder zwischen uns besprochen und war die Umsetzung auch aus seiner damaligen Sicht logisch und verständlich gewesen. Durch seine Stellung als Sektionschef und somit als mein direkter Vorgesetzter musste jeder meiner Arbeitsschritte von ihm genehmigt (letztapprobiert) werden. Er ist mir gegenüber weisungsbefugt und obliegt ihm auch die Fachaufsicht über mich. Nicht zuletzt aufgrund seiner ebenfalls genauen und gewissenhaften Arbeitsweise habe ich mich in meiner Herangehensweise bestätigt gefühlt. Er hat mir gegenüber zu keinem Zeitpunkt Zweifel an der Richtigkeit und Rechtmäßigkeit meiner Vorgehensweise geäußert. Er war auch für das Budget der Kultursektion, aus dem das Projekt mitfinanziert wurde, verantwortlich und hat die strittige Teilrechnung letztlich zur Zahlung freigegeben. Die Darstellung der Rollenverteilung in der bei der mündlichen Verhandlung am 20. Jänner 2017 vorgelegte Übersicht wurde vom Leiter der BKA-Innenrevision MMag. Dr. B im Rahmen seiner Einvernahme bestätigt. Er hat im Übrigen davon gesprochen, dass er gegenüber SC Dr. M Bedenken gegen den eingeschränkten Prüfungsauftrag geäußert hat und die isolierte Betrachtung der Vergabeentscheidungen nicht fair findet. Wenn die belangte Behörde mir vorwirft, dass aufgrund des Ausmaßes des Projektes die einzelnen Vergaben schon in der Frühphase als eine gesamte Vergabe zu qualifizieren gewesen wäre, so ist ihr entgegenzuhalten, dass durch die von der Fa. Y erstellten Entscheidungsgrundlagen betreffend die Dimension des Projektes zu Beginn eine Einschätzung vorlag, die zu einer getrennten Beschaffung der beiden Hauptkomponenten ELAK und DOBIS führten. Im Übrigen stellte es sich so dar, dass von Anfang an nur ein beschränktes Budget zur Verfügung stand und das Projekt nach und nach durch interne wie externe Faktoren gewachsen ist. Seitens des BDA wurden laufend weitere und geänderte Funktionen und Anwendungen im Programm eingefordert, die dessen Fertigstellung hinauszögerten. Insbesondere durch die Implementierung eines neuen ELAK sind weitere Verzögerungen entstanden, die sich natürlich auch in den Kosten niederschlugen. Zumal die Projektleitung nicht bei mir lag und ich stets bemüht war die Vorgaben des BDA zu erfüllen, kann mir im Nachhinein nicht angelastet werden, ich hätte diese Abweichungen schon zu Beginn erahnen müssen. Hierfür trifft mich keine Schuld. Abgesehen davon, dass eine Gesamtvergabe aus technischen und inhaltlichen Gründen sowie BMUKK-spezifischen Vorgaben punkto Generallizenzen und Rahmenvereinbarungen nicht in Betracht kam, ließ das Fehlen eines definierten Projektbudgets nur ein von Budgetjahr zu Budgetjahr schrittweises Vorgehen zu. Es hat von vornherein keine bestätigten finanziellen Ressourcen gegeben, was eine wesentliche Voraussetzung für die Durchführung eines Vergabeverfahrens gewesen wäre (§19 Abs 4 BVergG mit Erläuterungen). Im Wesentlichen ging es um zwei Schlüsselapplikationen, den ELAK mussten wir im Rahmen der Generallizenz des BMUKK umsetzen, daher wurde die zweite Schlüssel-applikation betreffend die Denkmalobjektdaten gesondert weiterverfolgt. Der Auftrag betreffend Gesamtkoordination an die Firma Y im Jahr 2011 ist gesondert von den F&E-DL-Aufträgen zu betrachten. Zu dem Zeitpunkt war im BDA-Statut eine Verwaltungsdirektorin/einen Verwaltungsdirektor im BDA verankert, die Stelle ist aber erst 2014 besetzt worden. Es war somit von der Kultursektion beabsichtigt, die Koordinationsleistungen unmittelbar im BDA-Bereich abzudecken, diese Beauftragung war daher nicht vorhersehbar.
Puncto Sorgfaltspflichtverletzung und dem Vorwurf des Verabsäumens der Inanspruchnahme von Beratungsmöglichkeiten an diversen Stellen sei bemerkt, dass die vergaberechtliche Beurteilung betreffend den Ausnahmetatbestand zugunsten einer Forschungs- und Entwicklungsdienstleistung (F&E-DL) unter Berücksichtigung der damaligen ressortinternen "Spielregeln" erfolgte, die sorgfältig durch mich geprüft wurden. Wie bereits erwähnt wurde dieser Schritt und die Bejahung der Subsumierung unter den Ausnahmetatbestand intensiv mit meinem Vorgesetzten abgesprochen und bestand für die ergänzende Einholung eines Gutachtens keine Vorgabe oder Weisung. Vielmehr wurde die Genehmigung durch SC Dr. F hierfür erteilt. Während der ganzen Periode gab es nur Rundschreiben mit dem Hinweis auf die Vergabevorschriften, doch keine konkreteren Vorgaben auch nicht in Form einer Weisung und schon gar nicht eine Verpflichtung den beim BKA ansässigen Verfassungsdienst zu konsultieren. Auch gab es zur damaligen Zeit keine Serviceeinrichtung im BMUKK, die bei Durchführung von Vergabeverfahren zur Seite stand, so wie sie heute im BKA eingerichtet ist. Es gab im Vorfeld eine Beratung mit der Vergabejuristin in der IT-Sektion des BMF. Diese war mir als Expertin sowohl im Bereich IT als auch im Vergaberecht bekannt und hat auch die Beauftragung für das Referenzprojekt Dyonipos gemacht. Darüber hinaus war die Beachtlichkeit der BMF-Meinung als zuständiges Ressort für Mitwirkung in bestimmten Haushaltsangelegenheiten gegeben. Im Übrigen habe ich entsprechende Fachliteratur (ua. Fruhmann-Kommentar) für Vergaberecht herangezogen und darin keine meiner Einschätzung zuwiderlaufenden Anhaltspunkte gefunden. Insgesamt fehlt es ganz allgemein an einer Begriffsdefinition für F&E-DL im Gesetz und habe ich dem Fruhmann-Kommentar entnommen, dass ein weiter Interpretationsspielraum besteht (§ 10 BVergG, FN 322; Stichworte:
Gewinn neuer Erkenntnisse, Prototyp oder Pilotprojekt, Einzelfallbetrachtung). Auch die Abfrage im Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS) hat keine dem zuwiderlaufende Entscheidungen hervorgebracht bzw. fehlte es an dahingehender Judikatur. Wie eingangs erwähnt habe ich selbst berufliche Vorerfahrung auf dem Gebiet des Vergaberechtes - wenn auch mehr nach dem alten Regime - und habe ich nach meinem Empfinden die notwendige Sorgfalt an den Tag gelegt und mich nicht zuletzt auch bekräftigt durch die Zustimmung meines Vorgesetzten für die gewählte Vorgehensweise entschieden. Nach umfangreichen Recherche und Besprechungen habe ich den Ausnahmetatbestand bei Forschungs- und Entwicklungsdienstleistung iSd § 10 Z 13 BVergG als erfüllt angesehen und entsprechend im Votum GZ: BMUKK-11.800/45-IV/3/2010 ausführlich dargelegt. Weiters hat dafür gesprochen, dass jeder Dritte die Ergebnisse nutzen kann und die Aufträge nicht alleine finanziert wurden, sondern auch eine EU-Förderung bereitgestellt wurde. Im Übrigen war es naheliegend, weil dem BDA selbst Forschungsaufgaben als Grundlage für Denkmalschutz und Denkmalpflege zukommen. Ganz grundsätzlich gilt es an dieser Stelle zu sagen, dass es in vielen Bereichen mehrere Herangehensweisen gibt und erachte ich die von mir gewählte Vorgehensweise auch ex -post betrachtet jedenfalls als vertretbar. Der RH hat im Zuge der Überprüfung des IT- Verwaltungsreformprojektes nachvollziehbarerweise sämtliche im Einleitungsbeschluss zitierten Akte eingesehen, übte jedoch keine Kritik an den vergaberechtlichen Beurteilungen. Ich schließe daraus, dass meine Vorgehensweise zumindest vertretbar erschien. Im Übrigen gab es auch keine Kritik der BKA-Innenrevision. Diese zeigte nur Defizite in der Dokumentation auf, wobei keine Einsicht in die beim BDA befindlichen Unterlagen genommen wurde. Der springende Punkt ist, dass es in der Softwareentwicklung zwei Wege gibt: den konventionellen (Stichworte: Lastenheft, Pflichtenheft, Programmcode als Ergebnis) und den innovativen. Im Fall der Softwareentwicklung für das BDA fiel die Weichenstellung in Absprache mit dem BDA als Projektleitung zugunsten der innovativen Richtung aus. Zudem gab es die Empfehlung der Fa. ICG. Auch die Aussage des Zeugen SC Dr. F "dass etwas Neues entwickelt werden muss" und die Zeugenaussage des Ing. L "agile Softwareentwicklung liegt zunehmend im Trend" sind dahingehend zu verstehen. Es ist geradezu notorisch, dass es unmöglich ist jeden Schritt exakt vorauszuplanen. Für F&E-DL im IT-Bereich ist typisch, dass Unklarheit über einen wesentlichen Teil der Anforderungen und der Lösungsansätze zu Beginn besteht, die Umsetzung der Vision in das fertige Produkt nicht durch Aufstellung möglichst detaillierter Pflichtenhefte erfolgt - was auch den Grund für die vergebliche Suche nach einem Pflichtenheft darstellt - wiederkehrende Zyklen der Überprüfung des Produkts, Anforderungen sowie Vorgehen und der Weiterentwicklung durchgeführt werden. Das von mir herangezogene Referenzprojekt des BMF wurde durch die ehem. BM mit dem "Best Practise Certificate" im Rahmen des Public Sector Award 2009 geehrt und erhielt drei weitere Auszeichnungen. Wie komplex die Angelegenheit tatsächlich ist, zeigt sich nicht zuletzt auch darin, dass DOBIS bis dato (und somit auch nach fast drei Jahren im BKA) nicht produktiv ist.
Was die Freigabe der 13. Teilrechnung durch mich betrifft, habe ich als zuständige Bearbeiterin die sachliche und rechnerische Richtigkeit bestätigt. Die Vorgangsweise war BHV-konform, alle Argumente wurden im Votum GZ BKA-KU11.800/0076-VI/3/2014 dargelegt. Die Rechnung resultierte aus einem Vertrag des BMUKK mit Firma X und wurde das BDA den Usancen entsprechend zur Abgabe einer Stellungnahme eingeladen (§ 122 Abs. 2 BHV). Ich konnte mich persönlich durch meine Teilnahme an der Präsentation der Ergebnisse im BDA von der sachlichen Richtigkeit der in Rechnung gestellten Leistungen überzeugen und habe zusätzlich gestützt auf einen aktuellen Status-Bericht der die Umsetzung begleitenden externen Firma die unsubstantiierten Bedenken des BDA nicht geteilt, weshalb ich die Rechnung freigegeben habe. Es bestand auch kein Zweifel an der Richtigkeit der Stundenaufzeichnungen, zumal diese keine Abweichungen zu den sonstigen Rechnungen aufwies. Es obliegt meiner eigenen Beurteilung als Aufsichtsbehörde und habe ich die Richtigkeit mit bestem Wissen und Gewissen vorapprobiert. Nebst mir sahen weder die Budgetabteilung, noch mein Vorgesetzter SC Dr. F Bedenken, sodass diese letztlich von ihm als Letztverantwortlichem freigegeben wurde. Insgesamt gesehen habe ich daher eine disziplinär nicht verfolgbare, vertretbare rechtliche Rechtsansicht gehabt. Darüber hinaus kann bei vorliegendem Sachverhalt nicht davon ausgegangen werden, dass die subjektive Tatseite erfüllt ist. Bei Beachtung sämtlicher Verfahrensergebnisse hätte die belangte Behörde mich von sämtlichen Vorwürfen freisprechen müssen."
In weiterer Folge wurde Verjährung eingewendet, mit der Begründung, dass die IT-Angelegenheiten im BDA und die gegenständlichen Auftragsvergaben bereits im Zuge ihres Ressortwechsels mit. 1. März 2014 mehrfach Thema bei diversen Stellen im BKA gewesen seien. Spätestens mit der BDA-Stellungnahme vom Juni 2015 habe eine umfassende schriftliche Sachverhaltsdarstellung als ausreichende Grundlage für die von der Dienstbehörde in der Person von SC Dr. M zur Beurteilung der Frage des Bestehens eines Verdachtes vorgelegen, weshalb die sechsmonatige Frist bereits am 1. Jänner abgelaufen wäre. Die ergänzenden Ermittlungsaufträge wären danach und daher nicht fristgerecht erfolgt, weshalb die Vorwürfe bereits verjährt wären. In eventu sei bei der Strafbemessung zu berücksichtigen, dass sie sämtliche vom Vorwurf miteingeschlossenen Akten lediglich vorapprobiert habe und die oben aufgezeigte Komplexität der Materie, insbesondere durch die ständigen von mir unverschuldeten Anforderungsänderungen durch das BDA. Es hätte daher mit einem Verweis das Auslangen gefunden werden können.
9. Mit Schreiben vom 30.05.2017 legte die Disziplinarkommission die Beschwerde samt Verfahrensakten zur Entscheidung vor.
10. Das Bundesverwaltungsgericht hat in der Angelegenheit am 13.06.2019 eine öffentliche, mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der die Parteien des Verfahrens ordnungsgemäß geladen wurden.
Nach Darstellung des Verhandlungsgegenstandes wurde die Beschuldigte aufgefordert die einzelnen Entwicklungsstufen des gegenständliche Projekts DOBIS zu erläutern. Dazu führte sie aus, dass dieses eingebettet in ein Gesamtprojekt namens DEMIS gewesen sei. DOBIS habe die Fachdaten betroffen, weil Bedarf an der Lösung bestanden habe, die verschiedenen Datenbanken zusammenzuführen, um ein Arbeitsinstrument für das Bundesdenkmalamt zu erhalten. Dies sei gedacht gewesen in mehreren Ausbaustufen bis hin zu der Möglichkeit, ausgewählte Daten auch der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Erhebungen hätten ergeben, dass es 2009/2010 europaweit dafür keine Lösung gegeben habe. Vom Prototyp habe man sich Entscheidungsgrundlage erwartet, ob die Herangehensweise - nämlich im Rahmen eines Forschungs- und Entwicklungsprojektes - die Richtige gewesen wäre. Sie hätten dann über Vorschlag der damals beratenden Firma Y die Gelegenheit einer Präsentation im BMF gehabt, wo diese Herangehensweise für das Referenzprojekt praktiziert worden sei. Damit hätten sie eine gewisse Vorstellung gehabt, wie das in einem anderen Verwaltungsbereich funktioniert hat. Dass Besondere sei der Vorschlag einer gemeinsamen Entwicklung mit der Firma X und dem Bundesdenkmalamt. Im BMF hätte man eine vergleichbare Situation gehabt, nämlich das Vorliegen einer Fülle von Daten, die miteinander verknüpft werden sollten. Im BMF habe man das als Forschungs- und Entwicklungsprojekt gelöst. Der Eindruck bei der Präsentation sei gewesen, dass es funktioniere. Der 2. Teil am 20.05.2010 sei dann eine Präsentation der Firma X gewesen, wo zusammengefasst Einblick gewonnen werden konnte, dass es möglich sei, in der herkömmlichen Art und Weise eine Lösung herbeizuführen oder eine in Form einer innovativen Herangehensweise. Bei der Demo habe es dann einen Vorschlag gegeben, wie man das für das Denkmalamt entwickeln könnte. Auf die Frage, ob sie aufgrund des Referenzprodukts und dem Umstand, dass es keine vergleichbaren Produkte auf dem Markt gegeben habe, die Entscheidung getroffen habe, dass die Entwicklung eines solchen Produktes unter dem Begriff wissenschaftliche Forschung falle, antwortete sie, im Wesentlichen Ja, aber der Entscheidungsprozess sei wesentlich länger gewesen und es seien wesentlich mehr Umstände berücksichtigt worden. Die Leiterin des BDA habe sich dafür ausgesprochen. Die Beschuldigte habe es als ihre Aufgabe gesehen, die Entscheidung für die Beauftragung des Prototyps vorzubereiten. Dabei habe sie sich intensiv mit vergaberechtlichen Fragestellungen befasst. Es sei zu einem Termin mit der im Finanzministerium verantwortlichen Juristin gekommen, die im Fall des Referenzprojektes die vergaberechtliche Entscheidung aufbereitet habe. Die Rechtsgrundlage für diese Vorgangsweise sei § 10 Zif. 13 BVergG 2006 gewesen und sie habe mit der Kollegin, Frau Mag. K (Juristin in der IT-Sektion des BMF) ausführlich über die Tatbestandsvoraussetzungen zur Inanspruchnahme die Ausnahmebestimmung gesprochen. Sie hätten mehrere Stunden darüber diskutiert, ob über die Tatbestandsvoraussetzungen zur Inanspruchnahme dieser Ausnahmebestimmung vorliegen, mit dem Ergebnis, dass es vertretbar wäre. Die Kollegin aus dem BMF habe ihr am Folgetag einen Auszug aus dem Vergaberechtskommentar von Fruhmann per Mail übermittelt, den sie dann studiert habe. Sie habe keinen Anhaltspunkt (auch nicht in einer Fußnote) gefunden, der Bedenken bei ihr hervorgebracht hätte. Nach Zitat des § 10 Z 13 BVergG 2006 und der Frage, wer Eigentümer des Produkts werden sollte, antwortete sie: "Nicht ausschließlich der Bund, sondern auch mehr oder weniger die Öffentlichkeit, weil die im Rahmen des Projektes entwickelten Ergebnisse unter eine Open-Source-Lizenz gestellt werden sollten. Es war auch gedacht, dass bei Bedarf Lizenzen auch anderen zur Verfügung gestellt werden sollen. Beispielsweise war im Gespräch die TIROLER KULTURVERWALTUNG, die Interesse gehabt hat und zwar kostenfrei." Auf Vorhalt, dass man als Eigentümer eine Lizenz ausstelle, und dass hier offenbar ein System bzw. dessen Entwicklung bestellt werden sollte, dass ins Eigentum des Bundes übergeht, mit dem primären Ziel entsprechend moderne Arbeitsplätze für das Bundesdenkmalamt zu schaffen, aber mit dem weiteren Ziel, die Ergebnisse auch anderen zugänglich zu machen, antwortete sie mit ja. Auf Vorhalt, dass schon vor dem Hintergrund des Wortlauts der Z 13 erhebliche Zweifel bestehen würden, dass etwas, was ins Eigentum des Bundes übergehen soll unter diesen Ausnahmebestand fallen kann, und zwar unabhängig davon, ob es eine Forschungs- und Entwicklungsleistung ist, antwortete sie, dass sie im Vergabeakt ihre vergaberechtliche Beurteilung auf einer Seite zusammengefasst habe. In der Folge legte sie den entsprechenden Auszug des Aktes BMUKK-11.800/0045-IV/3/2010 vor. Die Kürze der darin enthaltenen Votalausführungen habe vor allem auch damit zu tun, dass ihr Sektionschef zwar lange Gespräche mit ihr darüber geführt habe, auf der anderen Seite aber darauf bestanden habe, dass sie in ihren schriftlichen Ausführungen kurz und prägnant bleibe. Es habe de facto eine zwei Monate lange und intensive Entscheidungsfindung gegeben. Sie sei 100% davon überzeugt gewesen. Zum Unterschied zwischen dem Prototyp und DOBIS I befragt gab sie an, dass es sich dabei um ein Model gehandelt habe. Es seien einzelne Phasen gewesen, wo man sich Schritt für Schritt vergewissern wollte, dass es letztlich ein funktionstüchtiges Ergebnis zeigt. Der Prototyp zeigt dem Grunde nach, dass es für den konkreten Fall ein tauglicher Weg ist zu einem Ergebnis zu kommen. Beim Model handle es sich dann um die nächste Stufe in einer gemeinsamen Entwicklung der Firma und des BDA, nämlich ob die Anforderungen, die seitens der Denkmalbehörde an das System gestellt wurden alle abgedeckt wären. Beim DOBIS I wären sie in einer absoluten Entwicklungsphase gewesen, es habe sich um die Weiterführung des Prototyps gehandelt. Es sei in der Verantwortung des BDA gelegen, im Zuge der Entwicklung die Anforderungen zu artikulieren und die Verantwortung der Firma, das Modell zu entwickeln. Bei DOBIS II sei dann für sie eine völlig unerwartete Situation gewesen, nämlich dass sie nach offizieller Abnahme von DOBIS I durch das BDA von der damaligen begleitenden Firma kontaktiert worden sei, dass das Bundesdenkmalamt zum Ergebnis gekommen wäre, dass das Model DOBIS I wesentliche Anforderungen nicht erfülle. Eine Planung von DOBIS II sei ursprünglich nicht vorgesehen gewesen, sondern dass DOBIS I ein Model darstelle, dass nach Migration aller Daten zu einem funktionstüchtigen System werde. Es habe sich herausgestellt, dass es ein mächtiges System werde, dass zum damaligen Zeitpunkt von den vorhandenen Servern nicht unterstützt werden konnte. Es habe sich die Frage gestellt, welches Rechenzentrum dieses System übernehmen könnte und nach einem einjährigen Verhandlungsmarathon sei es zu einem Vertrag mit dem BRZ gekommen. Auf die Frage, ob es rechtliche Erwägungen auch für die Phase DOBIS I gegeben habe, legte sie einen Auszug des Aktes BMUKK-11.800/0044-IV/3/2011 vor. Das Dokument beschreibt ein weiteres Angebot der Firma X betreffend DOBIS Phase I und eine Begründung, weshalb die Annahme dieses Angebotes befürwortet wird. Zur Vergaberechts-Problematik wird in der Folge darin festgestellt, dass wie im Fall der Entwicklung des Prototyps DOBIS Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen vorliegen würden, die vom Geltungsbereich des Bundesvergabegesetz 2006 ausgenommen seien. Als Gesamtbetrag der Kosten wird ein Betrag in der Höhe von 283.048 Euro ausgewiesen. Die Beschuldigte stellt klar, dass man auf die vergaberechtliche Begründung aus dem ersten Akt verwiesen habe. Auf die Frage des Disziplinaranwalts, wie in den Verträgen die Eigentumsrechte geregelt gewesen seien, antwortete die Beschuldigte, dass es nicht um die Eigentumsfrage gegangen sei, sondern um die Nutzungsrechte.
Bei Durchsicht des vorgelegten Aktes, BMUKK-11.800/0045-IV/3/2010, werden das Schreiben des BMUKK, gefertigt von SC. Dr. F, sowie die entsprechenden Beilagen in Augenschein genommen. Im Schreiben teilt das BMUKK am 20.07.2010 der Firma X mit, dass es das Angebot vom 03.06.2010 samt der einen integrierenden Bestandteil bietenden Zusatzvereinbarung (Version vom 01.07.2010) betreffend die Entwicklung des evolutionären Prototyps in 3 Phasen annimmt. Als Beilage findet sich das Anbot der Firma X betreffend den Prototyp. Darin findet sich unter Pkt. E - Nutzungsbedingungen und Lizenzen - zunächst der Hinweis, dass das BDA ein nicht übertragbares, nicht ausschließliches Nutzungsrecht an den dem gegenständlichen Prototyp zugrundeliegenden Komponenten des Firma X Intelligence Management Framework gewährt wird. In 3. Absatz wird dagegen vereinbart, dass der Auftraggeber die uneingeschränkten Nutzungsrechte an dem im Projekt entwickelten Anwendungsspezifischen Datenmodellen sowie an den im Projekt erstellten Dokumentationen und Spezifikationen erwirbt.
Auf die Frage des Disziplinaranwalts, inwieweit die Projekte Dyonipos und DOBIS vergleichbar gewesen wären, wenn es bei DOBIS nur um die Zusammenführung bereits bestehender Daten gegangen sei, antwortete die Beschuldigte, das Wesen dieses Lösungsansatzes gehe weit über das reine Zusammenführen von Datenbanken hinaus. Es handle sich um ein intelligentes System, das aus den zusammengeführten Daten Lösungen vorschlage. Das System unterstütze die Anwender bei zu treffenden Entscheidungen, in dem es Vorschläge mache. Es liste Dokumente, Fotos, div. Materialien auf und generiere einen Entscheidungsvorschlag. Dieses sog. Firma X Framework werde zB bei der Finanzverwaltung im Betrugsbekämpfungsbereich eingesetzt, genauso wie im Sozialministerium und Justizministerium, wo man in manchen Bereichen nicht mehr in der Lage sei, aus der Menge der Daten die relevanten Entscheidungsgrundlagen zu finden. Dieser Lösungsansatz sei auch bei DOBIS zu finden. Die Grundfähigkeiten habe somit die Firma eingebracht. Die Herausforderung sei jedoch gewesen, ob das auch für die Denkmalverwaltung geeignet wäre. Auf die Frage, was bei DOBIS dann noch Forschung im Sinne des Ausnahmetatbestands des BVergG sei, wenn der eigentliche Forschungszweck von Dyonipos von der Firma bereits als Grundkomponenten für die Entwicklung von DOBIS zur Verfügung gestellt wurde, antworte die Beschuldigte, dass es Unterschiede zwischen der Finanzverwaltung und der Denkmalverwaltung gebe. Darüber hinaus sei Forschung eine Hauptaufgabe des BDA. Auf Vorhalt, dass nicht alles, was entwickelt werde auch Forschung sei, antwortete die Beschwerdeführerin, dass es ihrer Meinung nach jedenfalls Forschungs- und Entwicklungsarbeit gewesen sei. Auf die Frage des Disziplinaranwalts, weshalb sie keine Gutachten eingeholt habe, obwohl die Einordnung des Projekts in den Ausnahmetatbestand höchst strittig sei, antwortete sie im Wesentlichen, dass sie dafür keine Weisung erhalten hätte. Sie habe sich aber dennoch Gedanken gemacht, wie sie ihre Vergaberechtseinschätzung absichern könne. Sie habe ihrer Erinnerung nach mit der damaligen Leiterin der Innenrevision und dem Leiter der allgemeinen Rechtsabteilung diesbezüglich Kontakt aufgenommen, aber die hätten ihr auch nicht helfen können. Selbstverständlich habe sie auch an eine Einbindung des Verfassungsdienstes des BKA gedacht, habe dann aber davon Abstand genommen, weil der dort zuständige Vergabejurist auch der Verfasser des Kommentars gewesen sei, den sie zu Rate gezogen habe. Der Kommentar beinhalte bereits an mehreren Stellen Hinweise darauf, dass derartige Prototypentwicklungen im IT-Bereich als Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen angesehen werden könnten. In