Entscheidungsdatum
02.07.2019Norm
B-VG Art. 133 Abs4Spruch
W116 2105010-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Mario DRAGONI als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Kommandanten der 1. Führungsunterstützungskompanie, Führungsunterstützungsbataillon 2 vom 26.02.2015, GZ 1128930/5-FüUB2/1.FüKp/2015(1) betreffend die Bemessung einer Ersatzgeldstrafe zu Recht erkannt:
A)
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer war im verfahrensgegenständlichen Zeitraum Soldat des Österreichischen Bundesheeres und absolvierte seinen Grundwehrdienst als Rekrut in der 1. Führungsunterstützungskompanie des Führungsunterstützungsbataillons 2.
2. Mit mündlicher Disziplinarverfügung vom 26.02.2015 verhängte der Kompaniekommandant als Einheitskommandant gegen den Beschwerdeführer die Disziplinarstrafe des Ausgangsverbots an 14 Tagen, weil dieser am 20.02.2015 nicht eingerückt ist, obwohl er wusste, dass er am Samstag Dienst zu versehen hatte. Er habe damit schuldhaft gegen die Gehorsamspflicht nach § 7 Abs. 1 ADV verstoßen.
3. Mit nunmehr beschwerdegegenständlichem Bescheid des Kommandanten der 1. Führungsunterstützungskompanie als Einheitskommandant vom 26.02.2015 wurde festgestellt, dass an Stelle des bis zur Entlassung des Beschwerdeführers aus dem Grundwehrdienst nicht mehr vollstreckbaren Teiles der Disziplinarstrafe Ausgangsverbot im Ausmaß von 14 Tagen gemäß § 50 Abs. 1 HDG 2014 eine Ersatzgeldstrafe im Ausmaß von € 245,96.-- tritt.
4. Mit Schreiben vom 19.03.2015 brachte der Beschwerdeführer ein als "Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid" betiteltes Rechtsmittel beim Kompaniekommandanten ein.
5. Mit Schreiben vom 01.04.2015 übermittelte der Kompaniekommandant die Unterlagen an das Bundesverwaltungsgericht mit dem Hinweis, dass der Beschwerdeführer mit seinem Schreiben eine Beschwerde gegen den als Beilage übermittelten Ersatzgeldbescheid erhoben hat. Er habe dabei im Betreff jedoch irrtümlich die falsche Geschäftszahl angeführt. Die korrekte Geschäftszahlt sei im Ersatzgeldstrafenbescheid ersichtlich.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
Der Beschwerdeführer war im verfahrensgegenständlichen Zeitraum Soldat des Österreichischen Bundesheeres und absolvierte als Rekrut seinen Grundwehrdienst in der 1. Führungsunterstützungskompanie des Führungsunterstützungsbataillons 2. Mit mündlicher Disziplinarverfügung vom 26.02.2015 verhängte der Kompaniekommandant als Einheitskommandant gegen den Beschwerdeführer die Disziplinarstrafe des Ausgangsverbots an 14 Tagen. Mit nunmehr beschwerdegegenständlichem Bescheid des Kommandanten der 1. Führungsunterstützungskompanie als Einheitskommandant wurde festgestellt, dass an Stelle des bis zur Entlassung des Beschwerdeführers aus dem Grundwehrdienst nicht mehr vollstreckbaren Teiles der Disziplinarstrafe Ausgangsverbot im Ausmaß von 14 Tagen gemäß § 50 Abs. 1 HDG 2014 eine Ersatzgeldstrafe im Ausmaß von €
245,96.-- tritt. Dagegen richtet sich die vorliegende, rechtzeitig eingebrachte Beschwerde.
2. Beweiswürdigung:
Der für die Entscheidung relevante Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus der vorgelegten Aktenlage, insbesondere aus dem beschwerdebezogenen Bescheid, der vom Kompaniekommandanten des Beschwerdeführers als Einheitskommandant unterfertigt wurde.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu Spruchteil A):
3.1.1. Zu den maßgeblichen Bestimmungen:
Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Heeresdisziplinargesetzes 2014 - HDG 2014 BGBl. I Nr. 2/2014 (WV) lauten:
"Disziplinarbehörden
§ 11. (1) Disziplinarbehörden sind
1. die Disziplinarkommandanten
a) als Einheitskommandanten und
b) als Disziplinarvorgesetzte
und
2. die Disziplinarkommission.
Einheitskommandanten
§ 12. (1) Einheitskommandanten sind die Offiziere, denen der Befehl über eine Einheit übertragen ist, sowie die ihnen auf Grund der militärischen Organisation Gleichgestellten. Sie sind Disziplinarbehörde gegenüber den ihrer Befehlsgewalt unterstellten Soldaten. Den Einheitskommandanten sind als Disziplinarbehörden gleichgestellt
1. die Kommandanten
a) eines abgesonderten Kommandos oder
b) eines Transportes oder
c) eines Kurses
jeweils gegenüber jenen ihrer disziplinären Befugnis schriftlich unterstellten Soldaten, die nicht einem nachgeordneten Einheitskommandanten unterstellt sind,
2. die Kommandanten heereseigener Sanitätseinrichtungen gegenüber jenen ihrer disziplinären Befugnis schriftlich unterstellten Soldaten, die in dieser Einrichtung
a) in Dienstverwendung stehen oder
b) sich in stationärer Krankenbehandlung befinden
und nicht einem nachgeordneten Einheitskommandanten unterstellt sind,
3. die Kommandanten größerer militärischer Dienststellen als einer Einheit gegenüber den ihrer Befehlsgewalt unmittelbar unterstellten Soldaten, soweit nicht ein Einheitskommandant oder ein Gleichgestellter nach den Z 1 oder 2 zuständig ist, und
4. der Bundesminister für Landesverteidigung und Sport gegenüber
a) Soldaten, die der Zentralstelle des Bundesministeriums für Landesverteidigung und Sport angehören oder dieser dienstzugeteilt sind,
b) Offizieren mit einem höheren Dienstgrad als Oberst und
c) anderen Soldaten, soweit nicht ein Einheitskommandant oder ein Gleichgestellter nach den Z 1 bis 3 zuständig ist.
(2) Gegenüber ranghöheren Soldaten steht den Einheitskommandanten und den Gleichgestellten nach Abs. 1 Z 1 und 2 keine Strafbefugnis zu. In diesen Fällen hat als ein dem Einheitskommandanten Gleichgestellter der nächsthöhere Vorgesetzte einzuschreiten.
(3) Ist ein Soldat sowohl der Befehlsgewalt eines Einheitskommandanten als auch der Befehlsgewalt eines nach Abs. 1 Z 1 bis 3 Gleichgestellten unmittelbar unterstellt, so gilt der Letztgenannte als Disziplinarbehörde. Steht jedoch einem solchen Gleichgestellten auf Grund des Abs. 2 keine Strafbefugnis zu, so ist dessen nächsthöherer Vorgesetzter als ein dem Einheitskommandanten Gleichgestellter Disziplinarbehörde.
(4) Im Falle des Abs. 3 dürfen Gleichgestellte nach Abs. 1 Z 1 bis 3 oder nach Abs. 3 zweiter Satz ihre Strafbefugnis dem Einheitskommandanten abtreten, wenn dies der Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens dient.
Disziplinarvorgesetzte
§ 13. (1) Disziplinarvorgesetzte gegenüber Soldaten sind
1. die Kommandanten von Bataillonen und die ihnen auf Grund der militärischen Organisation Gleichgestellten gegenüber den ihrer jeweiligen Befehlsgewalt unterstellten Soldaten,
2. die auf Grund der militärischen Organisation den Kommandanten nach Z 1 übergeordneten Kommandanten gegenüber den ihrer jeweiligen Befehlsgewalt unmittelbar unterstellten Soldaten, soweit nicht ein Disziplinarvorgesetzter nach Z 1 zuständig ist, und
3. der Bundesminister für Landesverteidigung und Sport gegenüber
a) Soldaten, die der Zentralstelle des Bundesministeriums für Landesverteidigung und Sport angehören oder dieser dienstzugeteilt sind,
b) Offizieren mit einem höheren Dienstgrad als Oberst und
c) anderen Soldaten, soweit nicht ein Disziplinarvorgesetzter nach den Z 1 und 2 zuständig ist.
(2) Disziplinarvorgesetzter gegenüber Wehrpflichtigen des Miliz- und Reservestandes ist der Militärkommandant.
(3) Disziplinarvorgesetzter gegenüber Berufssoldaten des Ruhestandes ist der im Zeitpunkt ihres Ausscheidens aus dem Dienststand zuständig gewesene Disziplinarvorgesetzte nach Abs. 1.
(4) Wird die disziplinäre Ahndung von Pflichtverletzungen im gesamten Zuständigkeitsbereich eines nach Abs. 1 Z 1 und 2 zuständigen Disziplinarvorgesetzten oder in Teilen dieses Zuständigkeitsbereiches infolge der örtlichen Verhältnisse beträchtlich erschwert, so hat der Bundesminister für Landesverteidigung und Sport diesen Zuständigkeitsbereich oder Teile davon einem anderen Disziplinarvorgesetzten zuzuweisen. Diese Zuweisung ist nach den jeweiligen örtlichen und organisatorischen Verhältnissen durch Verordnung zu verfügen. Diese Verordnung bedarf nicht der Kundmachung im Bundesgesetzblatt, sondern ist auf die für Dienstanweisungen im Bundesheer übliche Art kundzumachen.
Ersatzgeldstrafe
§ 50. (1) Soweit das Ausgangsverbot bis zum Tag der Entlassung des Bestraften aus dem Grundwehrdienst oder aus dem im Anschluss an diesen geleisteten Aufschubpräsenzdienst nicht oder nicht zur Gänze vollstreckt werden kann, tritt an die Stelle dieser Disziplinarstrafe eine Ersatzgeldstrafe. Das Ausmaß dieser Ersatzgeldstrafe ist vom Disziplinarvorgesetzten des Bestraften mit Bescheid festzustellen. Dieser Bescheid bedarf keiner Begründung.
(2) Ist im Zeitpunkt der Entscheidung abzusehen, dass das Ausgangsverbot bis zum Tag der Entlassung nach Abs. 1 nicht oder nicht zur Gänze vollstreckt werden kann, so hat die Behörde an Stelle der voraussichtlich nicht vollstreckbaren Teile dieser Disziplinarstrafe eine Ersatzgeldstrafe zu verhängen.
(3) Ist die Entscheidung erst nach der Entlassung nach Abs. 1 zu fällen, so ist von der Behörde an Stelle des Ausgangsverbotes eine Ersatzgeldstrafe zu verhängen.
(4) Die Ersatzgeldstrafe beträgt folgenden Hundertsatz der Bemessungsgrundlage für die Geldbuße nach § 47 Abs. 2 und 3:
1. 10 vH, zuzüglich 0,7 vH für jede Stunde eines teilweisen Entzuges des Ausganges und
2. 10 vH, zuzüglich 5 vH für jeden Tag eines vollen Entzuges des Ausganges.
(5) Zur Sicherung der Einbringlichkeit der Ersatzgeldstrafe können die dem Beschuldigten auszuzahlenden Barbezüge nach § 47 Abs. 2 ab Verkündung oder Unterfertigung der Entscheidung der Disziplinarbehörde bis zur Höhe der Ersatzgeldstrafe vorläufig einbehalten werden.
3.1.2. Zur Auslegung:
Gemäß § 50 abs. 1 HDG 2014 tritt an die Stelle der Disziplinarstrafe Ausgangsverbot eine Ersatzgeldstrafe, soweit das Ausgangsverbot bis zum Tag der Entlassung des Bestraften aus dem Grundwehrdienst nicht oder nicht zur Gänze vollstreckt werden kann. Es handelt sich dabei um eine Rechtsfolge, welche bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen ex lege eintritt. Das Ausmaß dieser Ersatzgeldstrafe ist vom Disziplinarvorgesetzten des Bestraften mit Bescheid festzustellen. Dieser Bescheid bedarf keiner Begründung.
Wie sich jedoch aus dem Sachverhalt unzweifelhaft ergibt, wurde der beschwerdebezogene Feststellungsbescheid vom Kompaniekommandanten des Beschwerdeführers als Einheitskommandant gemäß § 12 Abs. 1 HDG 2014 und nicht vom Disziplinarvorgesetzten gemäß § 13 Abs. 1 Z 1 HDG 2014 erlassen. Da § 50 Abs. 1 HDG 2014 für die Erlassung solcher Feststellungsbescheide jedoch ausdrücklich eine Zuständigkeit des Disziplinarvorgesetzten vorsieht, hat im gegenständlichen Fall eine unzuständige Behörde entschieden.
§ 27 VwGVG normiert den Prüfumfang für Beschwerdeverfahren beim BVwG. Die relevante Bestimmung lautet: "§ 27 Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder aufgrund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen."
Hat - wie im gegenständlichen Fall - eine unzuständige Behörde entschieden, so hat das mit der Beschwerde angerufene Verwaltungsgericht diese Unzuständigkeit wahrzunehmen und diese Entscheidung zu beheben. Eine anstelle dessen erfolgte Entscheidung des Verwaltungsgerichtes in der Sache belastet diese mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes (VwGH 28.01.2016, Ra 2015/07/0140).
Das Verwaltungsgericht hat daher die Unzuständigkeit der Behörde auch dann von Amts wegen wahrzunehmen, wenn sie in der Beschwerde nicht geltend gemacht wurde (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren 2013, § 27 VwGVG, Anm. 4, vgl. auch VwGH 10.05.2010, 2009/16/0226 zu § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG).
Demzufolge war der angefochtene Bescheid vom Bundesverwaltungsgericht gemäß § 27 VwGVG wegen Rechtswidrigkeit infolge der Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben, ohne dass auf das Beschwerdevorbringen weiter einzugehen war.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchteil B):
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Im gegenständlichen Fall ist eine Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommen würde. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen, oben umfassend dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Die oben dargestellte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bezieht sich zudem auf den konkreten Fall.
Schlagworte
Disziplinarbehörde - Heer, Disziplinarvorgesetzter,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W116.2105010.1.01Zuletzt aktualisiert am
28.01.2020