TE Bvwg Beschluss 2019/7/23 W170 2210811-1

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Veröffentlicht am 23.07.2019
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Entscheidungsdatum

23.07.2019

Norm

ÄrzteG 1998 §27
ÄrzteG 1998 §4 Abs2 Z3
ÄrzteG 1998 §59
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §13
VwGVG §22 Abs3
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W170 2210811-2/2E

W170 2210811-1/30Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Thomas MARTH im Verfahren über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Daniel STANONIK, LLM, gegen den Bescheid des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer vom 11.10.2018, Zl. BÄL 68/2018/11102018-Mag.SCH, beschlossen:

I.

A) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand des XXXX

vom 18.12.2018 wird gemäß §§ 28 Abs. 2 und 33 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2018, als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2019, nicht zulässig.

II.

A) Die Anträge auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung vom 15.11.2018 und vom 18.12.2018 werden gemäß §§ 28 Abs. 2, 31 und 22 Abs. 3 Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2018, abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2019, nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Das Bundesverwaltungsgericht hat über den Wiedereinsetzungsantrag erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Mit Bescheid des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer (in Folge: Behörde) vom 11.10.2018, Zl. BÄL 68/2018/11102018-Mag.SCH, wurde festgestellt, dass XXXX (in Folge: Beschwerdeführer) nicht über die gemäß § 4 Abs. 2 Z 3 Ärztegesetz, BGBl. I Nr. 169/1998 in der Fassung BGBl. I Nr. 20/2019 und BGBl. I Nr. 28/2019 (in Folge: ÄrzteG), zur Erfüllung der ärztlichen Berufspflichten erforderliche gesundheitliche Eignung verfügen würde. Er sei somit die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes gemäß § 59 Abs. 1 Z 1 ÄrzteG erloschen und sei der Beschwerdeführer aus der Ärzteliste zu streichen. Eine Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes bestehe bis zu einem allfälligen neuerlichen Nachweis der gemäß § 4 ÄrzteG gesetzlich vorgeschriebenen Voraussetzungen und einer damit verbundenen neuerlichen Eintragung in die Ärzteliste nicht mehr. Gemäß § 63 ÄrzteG sei der Ärzteausweis infolge des Erlöschens der ärztlichen Berufsberechtigung unverzüglich an die Österreichische Ärztekammer abzuliefern, werde dieser nicht abgeliefert, so habe die nach dem letzten Berufssitz zuständige Bezirksverwaltungsbehörde den Ärzteausweis auf Antrag zwangsweise einzuziehen. Schließlich wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde ausgeschlossen.

Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 19.10.2018 zugestellt.

1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die am 15.11.2018 bei der Behörde eingelangte Beschwerde vom 15.11.2018; die Beschwerde wurde dem Bundesverwaltungsgericht am 07.12.2018 vorgelegt.

1.3. Diese wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.12.2018, W170 2210811-1/2E, wegen Unzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zurückgewiesen.

1.4. Gegen diesen Beschluss wurde rechtzeitig Revision erhoben; in Erledigung dieser Revision wurde der unter 1.3. bezeichnete Beschluss mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24.04.2019, Ro 2019/11/0004-4, aufgehoben und ausgesprochen, dass für die Erledigung der Beschwerde das Bundesverwaltungsgericht zuständig sei.

1.5. Mit Schriftsatz vom 18.12.2018 wurde seitens des Beschwerdeführers ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt und im Wesentlichen damit begründet, dass für den Beschwerdeführer die sich aus dem unter 1.3. dargestellten Beschluss ergebende Unzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes nicht absehbar gewesen sei. Dieser Antrag wurde an das Verwaltungsgericht Wien gerichtet und beim Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer eingebracht.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu I. A)

3.1. Zur Zuständigkeit: Im Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird eine Verspätung der (beigelegten und nunmehr an das Verwaltungsgericht Wien gerichteten) Beschwerde behauptet, die sich aus der sich auf die Rechtsmittelbelehrung stützende Einbringung der Beschwerde ergebe.

Entgegen den Erläuterungen der Regierungsvorlage zum Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013, BGBl. I Nr. 33, (2009 BlgNR 24. GP, 8) ist bei Versäumen der Beschwerdefrist § 33 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2018 (in Folge: VwGVG), für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand die maßgebliche Bestimmung und nicht §§ 71, 72 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 in der Fassung BGBl. I Nr. 58/2018 (in Folge: AVG), insbesondere nicht § 71 Abs. 4 AVG, weil es sich um ein Verfahren über eine im VwGVG geregelte Beschwerde handelt (siehe VwGH 05.12.2018, Ra 2018/20/0441).

Maßgeblich für die Zuständigkeit zur Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist, ob dieser vor Vorlage der Beschwerde gestellt wurde oder erst danach. Für einen vor Vorlage der Beschwerde gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bleibt die belangte Behörde auch nach Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht weiterhin zuständig, zumal es andernfalls vom bloßen Willen der belangten Behörde abhängen würde, sich der sie gemäß § 33 Abs. 4 VwGVG treffenden Entscheidungspflicht zu entledigen und dem Antragsteller mit dieser Vorgehensweise zugleich eine Rechtsmittelinstanz zu entziehen. Eine andere Auslegung würde bedeuten, dass es unabhängig von einer diesbezüglichen Antragstellung durch den Wiedereinsetzungswerber einzig und allein im Belieben der vor Vorlage der Beschwerde unzweifelhaft zuständigen Behörde stünde, durch Vorlage der Beschwerde einen Übergang der Zuständigkeit für die Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag auf das Verwaltungsgericht herbeizuführen und damit nach Wahl der Behörde, ohne weitere gesetzliche Vorgaben und unabhängig von einem entsprechenden Parteienantrag einen Wechsel der Zuständigkeit von der Verwaltungsbehörde zum Verwaltungsgericht verbunden mit dem Verlust einer Instanz herbeizuführen. Eine derartige Absicht ist dem Gesetzgeber nicht zu unterstellen (VwGH 26.09.2018, Ra 2017/17/0015), das heißt § 33 Abs. 4 VwGVG kann damit verfassungskonform nur die Bedeutung zugemessen werden, dass über Wiedereinsetzungsanträge, die bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde eingebracht werden, von dieser, und über jene, die ab Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht eingebracht werden, von jenem mit Beschluss zu entscheiden ist (VwGH 28.09.2016, Ro 2016/16/0013).

Die Beschwerde wurde bereits am 07.12.2018 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt, der gegenständliche Antrag erst am 18.12.2018 bei der Österreichischen Ärztekammer gestellt; vom Antrag erfuhr das Bundesverwaltungsgericht - mangels Weiterleitung durch die Österreichische Ärztekammer gemäß § 6 AVG, eine solche erfolgte nach Aktenlage auch nicht an das Landesverwaltungsgericht - erst im Rahmen der Aktenanforderung in Bezug auf die ordentliche Revision; zuständig ist es für die Erledigung dieses - laut Aktenlage unerledigten Antrags - im Sinne des oben ausgeführten trotzdem und insbesondere aufgrund des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 24.04.2019, Ro 2019/11/0004-4, mit dem ausgesprochen wurde, dass für die Erledigung der Beschwerde das Bundesverwaltungsgericht zuständig ist; das muss auch für alle verfahrensrechtlichen Anträge im Rahmen des Verfahrens über diese Beschwerde gelten. Daran ändert kann auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer den Wiedereinsetzungsantrag an das Verwaltungsgericht Wien gerichtet hat, nichts, da dieses jenen nach einer Weiterleitung durch die Österreichische Ärztekammer aufgrund des genannten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes wiederum an das Bundesverwaltungsgericht weiterzuleiten gehabt hätte.

Gemäß § 6 AVG hat die Behörde ihre sachliche und örtliche Zuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen; langen bei ihr Anbringen ein, zu deren Behandlung sie nicht zuständig ist, so hat sie diese ohne unnötigen Aufschub auf Gefahr des Einschreiters an die zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese zu weisen. Durch Vereinbarung der Parteien kann die Zuständigkeit der Behörde weder begründet noch geändert werden.

3.2. Zu Inhaltlichem: § 33 VwGVG lautet:

"Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

§ 33. (1) Wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

(2) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Vorlageantrags ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil die anzufechtende Beschwerdevorentscheidung fälschlich ein Rechtsmittel eingeräumt und die Partei das Rechtsmittel ergriffen hat oder die Beschwerdevorentscheidung keine Belehrung zur Stellung eines Vorlageantrags, keine Frist zur Stellung eines Vorlageantrags oder die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.

(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist in den Fällen des Abs. 1 bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen. In den Fällen des Abs. 2 ist der Antrag binnen zwei Wochen

1. nach Zustellung eines Bescheides oder einer gerichtlichen Entscheidung, der bzw. die das Rechtsmittel als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.

2. nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Stellung eines Antrags auf Vorlage Kenntnis erlangt hat,

bei der Behörde zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.

(4) Bis zur Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag die Behörde mit Bescheid zu entscheiden. § 15 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden. Ab Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag das Verwaltungsgericht mit Beschluss zu entscheiden. Die Behörde oder das Verwaltungsgericht kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung zuerkennen.

(4a) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Antrags auf Ausfertigung einer Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4 ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil auf das Erfordernis eines solchen Antrags als Voraussetzung für die Erhebung einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof und einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof nicht hingewiesen wurde oder dabei die zur Verfügung stehende Frist nicht angeführt war. Der Antrag ist binnen zwei Wochen

1. nach Zustellung einer Entscheidung, die einen Antrag auf Ausfertigung der Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4, eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof oder eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.

2. nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit eines Antrags auf Ausfertigung der Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4 Kenntnis erlangt hat,

beim Verwaltungsgericht zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen. Über den Antrag entscheidet das Verwaltungsgericht.

(5) Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat.

(6) Gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrags findet keine Wiedereinsetzung statt."

Unabhängig von der Frage, ob der Wiedereinsetzungsantrag auf Grund der Einbringung bei der Behörde (siehe § 33 Abs. 3 1. Satz VwGVG) und der nicht erfolgten Weiterleitung rechtzeitig ist, ist dieser jedenfalls unzulässig. Dies aus folgenden Gründen:

Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 19.10.2018 zugestellt, gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats. Gemäß § 7 Abs. 4 1. Fall VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen, somit endete die Frist für die Beschwerde gegen den verfahrensgegenständlichen Bescheid am 16.11.2018; die Beschwerde war bereits am 15.11.2018 - fristwahrend und unabhängig von der Zuständigkeit des jeweiligen Verwaltungsgerichtes - bei der Behörde eingegangen und erweist sich daher als rechtzeitig.

3.3. Daher liegt das behauptete Versäumen der Rechtsmittelfrist jedenfalls - auch wenn das Bundesverwaltungsgericht nicht zuständig gewesen wäre - nicht vor und ist daher ein Antrag, der auf Wiedereinsetzung in die nicht versäumte Beschwerdefrist abzielt, unzulässig und als solcher zurückzuweisen.

Zu I. B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 33/2019 (in Folge: VwGG), hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2019 (in Folge: B-VG), zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Gegenständlich liegt eine ganz klare Rechtslage vor, es ist keine Rechtsfrage und somit auch keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung zu erkennen. Daher ist die Revision unzulässig.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die Anträge auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Mit Bescheid des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer (in Folge: Behörde) vom 11.10.2018, Zl. BÄL 68/2018/11102018-Mag.SCH, wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer, bisher Arzt für Allgemeinmedizin und Facharzt für Psychologie und psychotherapeutische Medizin, nicht über die gemäß § 4 Abs. 2 Z 3 ÄrzteG, zur Erfüllung der ärztlichen Berufspflichten erforderliche gesundheitliche Eignung verfügen würde. Er sei somit die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes gemäß § 59 Abs. 1 Z 1 ÄrzteG erloschen und sei der Beschwerdeführer aus der Ärzteliste zu streichen. Eine Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes bestehe bis zu einem allfälligen neuerlichen Nachweis der gemäß § 4 ÄrzteG gesetzlich vorgeschriebenen Voraussetzungen und einer damit verbundenen neuerlichen Eintragung in die Ärzteliste nicht mehr. Gemäß § 63 ÄrzteG sei der Ärzteausweis infolge des Erlöschens der ärztlichen Berufsberechtigung unverzüglich an die Österreichische Ärztekammer abzuliefern, werde dieser nicht abgeliefert, so habe die nach dem letzten Berufssitz zuständige Bezirksverwaltungsbehörde den Ärzteausweis auf Antrag zwangsweise einzuziehen. Schließlich wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde ausgeschlossen.

Begründend stützt sich der Bescheid im Wesentlichen auf ein Gutachten des Prim. Dipl. Ing. Dr. XXXX , Facharzt für Psychiatrie und Neurologie und allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für dieses Fach. In diesem Gutachten, das aus Befund und Gutachten im engeren Sinne besteht, kommt der Sachverständige zu dem Schluss, dass beim Beschwerdeführer "eindeutig zu diagnostizierende wahnhafte Erlebnisverzerrung, die Beschäftigung mit bizarren Krankheits- und Behandlungstheorien, die diesbezüglich mangelnde Kritikfähigkeit, die Hinweise auf eine mögliche Unterbrechung der Erlebniskontinuität, Depersonalisierungs- bzw. Derealisationsphänomene und die mangelnde Fähigkeit zur Selbstkritik" zweifellos zu einer deutlichen Einschränkung der geistigen Gesundheit führen und damit eine verantwortungsvolle Ausübung der ärztlichen Tätigkeit verhindern würden. Der Beschwerdeführer verfüge nicht über die nötige neutrale Urteilskraft, selbstkritische Prüfung eigener Urteile, vor allem auch in medizinischen Angelegenheiten.

Hinsichtlich des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung hat die Behörde begründend ausgeführt, dass der Verwaltungsgerichtshof auf Grundlage des § 49 Abs. 1 ÄrzteG wiederholt ausgesprochen habe, dass Interessen einer ärztlichen Beratung und Behandlung von Gesunden und Kranken die dem Stand der medizinischen Wissenschaft bzw. den Grundsätzen und anerkannten Methoden der medizinischen Wissenschaft entspreche, sowie die Wahrung des Wohles der Kranken und der Schutz der Gesundheit durch gewissenhafte Betreuung oder Behandlung als zwingende öffentliche Interessen anzusehen seien. Aus dem, im Bescheid zitierten gutachterlichen Befund ergebe sich für den vorliegenden Fall, dass nicht nur allgemeine abstrakte Gründe und unspezifische typische Gefahren vorliegen würden, die mit jeder medizinischen Behandlung einhergehen, sondern bereits im Bereich der grundlegenden Voraussetzungen für die Ausübung der Arztberufes aufgrund der im Gutachten eindeutig festgestellten Einschränkungen der geistigen Gesundheit und der damit einhergehenden Verhinderung einer verantwortungsvollen Ausübung der ärztlichen Tätigkeit erhebliche Beeinträchtigungen gegeben seien, die die obengenannten öffentlichen Interessen gefährden würden. Daher sei die aufschiebende Wirkung der Beschwerde jedenfalls auszuschließen.

Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 19.10.2018 zugestellt.

1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die am 15.11.2018 bei der Behörde eingelangte Beschwerde vom 15.11.2018, verbunden mit dem Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen; der Schriftsatz wurde dem Bundesverwaltungsgericht am 07.12.2018 vorgelegt.

Hinsichtlich der Begründung des Antrages auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wurde einerseits insbesondere ausgeführt, dass das der Entscheidung zugrundeliegende Gutachten weder schlüssig noch nachvollziehbar sei, es wurde dem Gutachten aber nicht auf gleichem wissenschaftlichem Niveau entgegengetreten, da kein Gegengutachten vorgelegt wurde. Weiters wurde ausgeführt, dass keine zwingenden öffentlichen Interessen noch Gefahr im Verzug vorliege und die gebotene Interessensabwägung verabsäumt wurde bzw. bloß allgemeine Ausführungen zu öffentlichen Interessen wiedergegeben worden seien. Hinsichtlich der Interessen des Beschwerdeführers wird darauf verwiesen, dass ein nicht wiederherstellbarer Schaden für diesen nicht ausgeschlossen werden könne, insbesondere könne nicht ausgeschlossen werden, dass Patienten, die für die Dauer des Verfahrens gezwungen seien, andere Ärzte aufzusuchen auch weiter in deren Behandlung bleiben würden. Es sei den Patienten auch nicht zumutbar, zu einem Arztwechsel gezwungen zu sein. Auch drohe dem Beschwerdeführer ein nicht mehr rückführbarer Reputationsschaden. Schließlich sei während des das Verfahren auslösenden bezirksgerichtlichen Verfahrens die Erlöschung des Arztberufes nicht ausgesprochen worden, was gegen das Bestehen von öffentlichen Interessen sprechen würde.

Mit Schriftsatz vom 18.12.2018 wurde seitens des Beschwerdeführers ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt, dieser mit einer Beschwerde und mit einem neuerlichen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung verbunden.

Letzterer wurde gleichartig wie der am 15.11.2018 gestellte Antrag begründet.

1.3. Die Beschwerde wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.12.2018, W170 2210811-1/2E, wegen Unzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss wurde rechtzeitig Revision erhoben; in Erledigung dieser Revision wurde der unter 1.3. bezeichnete Beschluss mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24.04.2019, Ro 2019/11/0004-4, aufgehoben und ausgesprochen, dass für die Erledigung der Beschwerde das Bundesverwaltungsgericht zuständig sei.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu II. A)

3.1. Gemäß § 13 Abs. 4 VwGVG hat die Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG - also gegen einen Bescheid, mit dem die aufschiebende Wirkung der Beschwerde ausgeschlossen wurde - keine aufschiebende Wirkung. Sofern die Beschwerde nicht als verspätet oder unzulässig zurückzuweisen ist, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Das Verwaltungsgericht hat über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden und der Behörde, wenn diese nicht von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absieht, die Akten des Verfahrens zurückzustellen. Eine Beschwerde gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung liegt aber nicht vor, vielmehr liegt ein Antrag gemäß § 22 Abs. 3 VwGVG vor.

Gemäß § 22 Abs. 3 VwGVG kann das Verwaltungsgericht Bescheide gemäß § 13 und Beschlüsse gemäß Abs. 1 und 2 auf Antrag einer Partei aufheben oder abändern, wenn es die Voraussetzungen der Zuerkennung bzw. des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung anders beurteilt oder wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über den Ausschluss bzw. die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde maßgebend waren, wesentlich geändert haben. Nach dem oben zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes liegt die Zuständigkeit hiefür beim Bundesverwaltungsgericht.

3.2. Zu prüfen ist, ob der gegenständliche Bescheid einem Vollzug zugänglich ist, widrigenfalls der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung nicht in Betracht kommt. Dies ist hier unzweifelhaft der Fall, da als Folge des Bescheides der Beschwerdeführer von der Ärzteliste gestrichen wurde und nicht mehr im Arztberuf tätig sein darf.

In weiterer Folge sind die berührten öffentlichen Interessen und Interessen des Beschwerdeführers - die seiner Patienten sind mangels deren Parteistellung jedenfalls unbeachtlich - abzuwägen.

Es ergibt sich aus dem ÄrzteG, dass als Arzt nur tätig sein darf, wem unter anderem die geistige und körperliche Gesundheit hiezu im nötigen Maße zukommt (siehe § 4 Abs. 2 Z 3 ÄrzteG); insbesondere im Hinblick auf die geistige Gesundheit liegt hinsichtlich jedes Arztes, insbesondere aber hinsichtlich eines Facharztes für Psychologie und psychotherapeutische Medizin, ein schwerwiegendes Interesse vor, dass diese hinreichend gegeben ist, da es widrigenfalls dazu kommen könnte, dass ein geistig kranker Arzt einen geistig kranken Patienten behandelt und dessen Erkrankungszustand dadurch noch verschlechtert; selbiges gilt, wenn auch leicht abgeschwächt, auch für einen Allgemeinmediziner, der die erste Anlaufstelle für Kranke aller Art, also auch für geistig kranke Personen ist.

Der Beschwerdeführer führt hinsichtlich seiner Interessen seine Erwerbsfähigkeit zur Bestreitung seiner Lebensführung, den Verlust von Patienten und seinen Reputationsverlust an; diese Interessen werden aber nicht näher ausgeführt. Hinsichtlich der Erwerbsfähigkeit ist der Beschwerdeführer darauf zu verweisen, dass ihm während seiner Erwerbsunfähigkeit soziale Zuwendungen zustehen, die eine - wenn auch bescheidene - Lebensführung ermöglichen. Das Argument, dass der Beschwerdeführer befürchte, Patienten zu verlieren, ist mangels näherer Darlegung - etwa hinsichtlich der Frage, wie viele Patienten der Beschwerdeführer aktuell hat - nicht nachvollziehbar. Ebenso ist der Reputationsverlust nicht näher dargelegt worden. Schließlich ist dem Beschwerdeführer auch entgegenzuhalten, dass im die aufschiebende Wirkung der Beschwerde betreffenden Verfahren die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides - und somit das Gutachten des Sachverständigen - noch nicht zu prüfen ist, soweit keine augenscheinliche Rechtswidrigkeit vorliegt. Dies ist hier nicht der Fall, da das Verwaltungsgericht die im angefochtenen Bescheid enthaltenen, durch die belangte Behörde angestellten Erwägungen sowie das Gutachten in diesem Provisorialverfahren nicht von vornherein als unschlüssig zu erkennen vermag (siehe hiezu auch VwGH 03.01.2005, AW 2004/11/0074).

Unabhängig von der nicht hinreichenden Darlegung seiner Interessen ist aber jedenfalls das öffentliche Interesse, einen Mediziner, der nach dem prima vista nicht unschlüssigen oder unvollständigen Gutachten eines allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für Psychiatrie und Neurologie unter deutlichen Einschränkungen der geistigen Gesundheit leidet, die eine verantwortungsvolle Ausübung der ärztlichen Tätigkeit verhindern würde, von der Behandlung von Patienten abzuhalten, jedenfalls als höher einzuschätzen als die vorgebrachten Interessen des Beschwerdeführers.

Unzweifelhaft liegt auch Gefahr im Verzug vor, zumal der Beschwerdeführer, der zur Bestreitung seiner Lebensführung dem Arztberuf nachgehen will, jedenfalls praktizieren und mit Patienten in Kontakt kommen würde.

Daher sind die Anträge auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung vom 15.11.2018 und vom 18.12.2018 gemäß §§ 28 Abs. 2, 31 und 22 Abs. 3 VwGVG abzuweisen.

Zu II. B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Gegenständlich liegt eine ganz klare Rechtslage vor, es ist keine Rechtsfrage und somit auch keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung zu erkennen. Daher ist die Revision unzulässig.

Schlagworte

Arzt, Ärztekammerpräsident, Ärzteliste, aufschiebende Wirkung -
Entfall, Gefahr im Verzug, Gesundheitszustand, Interessenabwägung,
psychische Erkrankung, Streichung von der Liste

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W170.2210811.1.02

Zuletzt aktualisiert am

27.01.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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