TE Vwgh Erkenntnis 1998/9/8 94/08/0261

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.09.1998
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §66 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des Dr. H in W, vertreten durch Lanker & Wiedenig, Rechtsanwälte in 9020 Klagenfurt, St. Veiter Ring 35/II, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Kärnten vom 3. Oktober 1994, Zl. IVa1 7022 B, betreffend Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang seines Ausspruches, daß der Beschwerdeführer für die Zeit vom 24. Jänner bis 28. Februar 1994 "mangels Unterlassung" einer vorgeschriebenen Kontrollmeldung keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld habe, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.840,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stellte am 25. Oktober 1993 beim Arbeitsamt Klagenfurt mit dem bundeseinheitlich aufgelegten Antragsformular einen Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld. Als ordentlichen Wohnsitz gab er dabei "9020 Klagenfurt, H.gasse 22" an.

Aufgrund dieses Antrages wurde dem Beschwerdeführer in der Folge Arbeitslosengeld gewährt.

Mit Bescheid vom 29. April 1994 stellte das Arbeitsamt unter Berufung auf § 44 Abs. 1 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG) in Verbindung mit § 50 Abs. 1 und 2 das Arbeitslosengeld mit 1. Jänner 1994 ein. Nach der Begründung habe das Ermittlungsverfahren ergeben, daß sein Wohn- bzw. Aufenthaltsort nicht im Zuständigkeitsbereich des Arbeitsamtes liege. Da der Beschwerdeführer dem Arbeitsamt seinen derzeitigen Wohn- bzw. Aufenthaltsort nicht bekanntgegeben habe, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Darin brachte er im wesentlichen vor, derzeit in Wien zu wohnen, doch handle es sich dabei lediglich um einen Aufenthaltsort zu Arbeitszwecken, da er aufgrund der prekären Arbeitsmarktsituation derzeit nur in Wien (ab 1. März 1994) einen Arbeitsplatz bekommen habe. Der Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen und damit auch sein Wohnsitz befinde sich jedoch in Klagenfurt. Er habe vorübergehend seinen Aufenthalt nach Wien in Abstimmung mit dem Arbeitsamt verlegt. Das Arbeitsamt habe ihm an die Adresse in Wien sogar einige Schreiben gesandt. Er sei vom Arbeitsamt niemals aufgefordert worden, zur Frage seines Wohn- bzw. Aufenthaltsortes Auskunft zu geben.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung teilweise Folge gegeben und ausgesprochen, daß der Beschwerdeführer für die Zeit vom 1. bis 23. Jänner 1994 einen Anspruch auf Arbeitslosengeld habe. Ferner sprach die belangte Behörde aus, daß gemäß § 49 Abs. 2 AlVG für die Zeit vom 24. Jänner bis 28. Februar 1994 "mangels Unterlassung" einer vorgeschriebenen Kontrollmeldung kein Anspruch auf Arbeitslosengeld bestehe.

Nach Wiedergabe des § 66 Abs. 4 AVG und des § 49 Abs. 1 und 2 AlVG verwies die belangte Behörde in ihrer Begründung zunächst darauf, daß dem Beschwerdeführer mit 17. Jänner 1994 nachweislich ein Kontrolltermin für den 24. Jänner 1994 vorgeschrieben worden sei. Der Beschwerdeführer habe jedoch erst am 23. Februar 1994 beim Arbeitsamt vorgesprochen. Dabei sei ihm eine neuerliche Geltendmachung von Arbeitlslosengeld mit Wirkung vom 23. Februar 1994 angeboten worden, womit der Beschwerdeführer jedoch nicht einverstanden gewesen sei. Sein Anspruch auf Arbeitslosengeld bestehe daher für die Zeit vom 1. bis 23. Jänner 1994. Für die Zeit vom 24. Jänner bis 28. Februar 1994 habe er jedoch keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld, da er die vorgeschriebene Kontrollmeldung für den 24. Jänner 1994 nicht eingehalten habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der vorliegenden Beschwerde wird der Bescheid der belangten Behörde seinem gesamten Inhalt nach angefochten. Der Beschwerdeführer erachtet sich allerdings nur in seinem Recht, Arbeitslosengeld für die Zeit vom 24. Jänner bis 28. Februar 1994 gemäß § 49 AlVG zu erhalten, verletzt. Es ist daher im vorliegenden Beschwerdefall davon auszugehen, daß der Bescheid der belangten Behörde nur hinsichtlich seines abweisenden Abspruches (kein Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Zeit vom 24. Jänner bis 28. Februar 1994) angefochten wird. Soweit der Bescheid der belangten Behörde daher der Berufung des Beschwerdeführers Folge gibt und seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Zeit vom 1. bis 23. Jänner 1994 bejaht, ist diesbezüglich Rechtskraft eingetreten.

Wenn sich die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung auf § 66 Abs. 4 AVG beruft, wonach die Berufungsbehörde berechtigt ist, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den bekämpften Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, so ist sie darauf zu verweisen, daß sie sich mit der vorliegenden Verwaltungssache grundsätzlich in gleicher Weise wie die Behörde erster Instanz zu befassen hat. "Sache" des Berufungsverfahrens ist die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterinstanz gebildet hat (vgl. dazu etwa die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 , wiedergegebene Rechtsprechung zu § 66 Abs. 4 AVG, insbesondere E 108 ff).

Inhalt des Spruches des Bescheides des Arbeitsamtes vom 29. April 1994 war die unter Berufung auf § 44 Abs. 1 AlVG verfügte Einstellung des dem Beschwerdeführer gewährten Arbeitslosengeldes. Das Arbeitsamt vertrat dabei im wesentlichen die Auffassung, daß wegen eines Wohnsitzwechsels des Beschwerdeführers eine Voraussetzung für die Gewährung von Arbeitslosengeld weggefallen sei. Demgegenüber hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die Auffassung vertreten, daß dem Beschwerdeführer für den Zeitpunkt vom 24. Jänner bis 28. Februar 1994 gemäß § 49 Abs. 2 AlVG wegen Unterlassung einer vorgeschriebenen Kontrollmeldung kein Anspruch auf Arbeitslosengeld zustehe.

Die belangte Behörde hat somit über einen Sachverhalt entschieden, der nicht Gegenstand des Verfahrens der Behörde erster Instanz war.

Der angefochtene Bescheid war daher im Umfang seines Abspruches, daß dem Beschwerdeführer gemäß § 49 Abs. 2 AlVG für die Zeit vom 24. Jänner bis 28. Februar 1994 wegen Unterlassung einer vorgeschriebenen Kontrollmeldung kein Anspruch auf Arbeitslosengeld zustehe, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 8. September 1998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1994080261.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten