TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/9 W123 2164241-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.09.2019
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Entscheidungsdatum

09.09.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs2
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W123 2164241-1/30E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Michael ETLINGER über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.06.2017, Zl. 1141141402 - 170102129, nach Durchführung einer öffentlich mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 3 Abs. 1 AsylG 2005 stattgegeben und dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 23.01.2017 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Der Beschwerdeführer wurde am 27.01.2017 Tag durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes einvernommen.

2. Am 02.06.2017 erfolgte die Einvernahme vor der belangten Behörde.

3. Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Es wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen, gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.) und die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

4. Gegen den obgenannten Bescheid der belangten Behörde richtete sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde vom 27.06.2017.

5. Am 08.05.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt Die Verhandlungsschrift lautet auszugsweise:

"[...]

RV: Welchen Glauben haben Sie?

BF: Ich bin seit 3 Monaten katholisch.

R: Machen Sie nun einen Nachfluchtgrund geltend? Warum haben Sie das nicht gesagt, als ich Sie nach Ihren Fluchtgründen befragt habe?

BF: Der Grund, weshalb ich aus Afghanistan geflüchtet bin, ist das meine Onkel mich töten wollten. Mittlerweile kann ich aber wegen meines Glaubenswechsels nicht zurückkehren.

R: Sind Sie aus der islamischen Glaubensgemeinschaft ausgetreten?

BF: Ich bin vor ca. 3 Monaten in die Kirche zum Pater gegangen, seither besuche ich regelmäßig die Kirche. Ich habe noch keine Bescheinigung darüber, dass ich vom Islam abgetreten bin, ich kann aber diese innerhalb von zwei Wochen vorlegen.

R: Wann sind Sie das erste Mal mit dem Christentum in Berührung gekommen?

BF: Mein Zimmergenosse XXXX hat sich verschiedenen Videos über das Christentum angesehen und auch darüber gelesen. Er hat mir von diesen Filmen und den Büchern erzählt. Das hat mein Interesse für das Christentum erweckt. Ich bin dann selbstständig zur Kirche gegangen.

R: Waren Sie jemals überzeugter Moslem?

BF: Ja, ich komme aus einer gläubigen Familie.

R: Hat Sie irgendetwas am Islam gestört?

BF: Es gab manche Dinge in meinem Leben, die nicht so schön waren. Ich habe in der Kirche sehr viel Liebe und Verständnis empfangen.

R: Nochmal gefragt: Was war am Islam nicht "schön"?

BF: Der Islam erlaubt es zu lügen, wenn man sich in einer Notlage befindet.

R: In welche Kirche sind Sie gegangen?

BF: In XXXX .

R: Wie heißt der Pfarrer bzw. Pater?

BF: XXXX . Hierzu habe ich ein Foto vom Namen des Paters auf meinem Handy.

R: Ist XXXX der Vorname?

BF: Ja.

R: Schildern Sie die erste Begegnung. Wie war das?

BF: Er hat mich sehr gut behandelt. Er hat meinen Ausweis genommen und meinen Namen registriert.

R: Haben Sie eine Handynummer von dem Pater?

BF: Die Telefonnummer von ihm habe ich nicht, ich habe nur den Namen fotografiert.

R führt um 14:16 ein Telefonat mit Pater XXXX aus der Pfarre XXXX , dieser gibt dazu an:

"Er ist mir bekannt, er ist in der Taufvorbereitung. Ich mache ein Jahr Vorbereitung. Diese Taufvorbereitung findet nicht so regelmäßig statt, normalerweise einmal in der Woche. Der BF kommt fast jeden Sonntag in die Messe." Pater XXXX bestätigt, dass der BF über XXXX in die Pfarre gekommen ist.

R: Haben Sie vor, sich taufen zu lassen?

BF: Ja.

[...]"

6. In der am 29.03.2019 - unter Beteiligung der belangten Behörde - durchgeführten mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht erschien weder der Beschwerdeführer, noch ein Vertreter des Beschwerdeführers.

7. Nach Einräumung des Parteiengehörs durch das Bundesverwaltungsgericht entschuldigte sich der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 12.04.2019 für das Fernbleiben von der Verhandlung und teilte insbesondere mit, dass er konvertiert sei und regelmäßig am Sonntag in die Kirche gehe; am 20.04.2019 habe der Beschwerdeführer den Tauftermin.

8. Am 02.09.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine weitere mündliche Verhandlung statt. Die Verhandlungsschrift lautet auszugsweise:

[...]

R: Welchen Stellenwert hat Jesus Christus im Islam? Was ist der dort?

BF: Im Islam wird Jesus als Prophet betrachtet.

R: Kennen Sie die Heilige Maria?

BF: Ja, sie ist die irdische Mutter Jesus.

R: Welche Stellung hat Maria im Islam?

BF: Prophetin.

R: Ist sie im Islam auch Mutter Gottes?

BF: Nein.

R: Woran glauben Sie jetzt?

BF: Ich glaube daran, dass Jesus Gott ist. Er einst herabgekommen ist und für die Vergebung unserer Sünden gekreuzigt wurde.

R: An welchen Gott glauben Sie?

BF: Ich glaube an Gott als Vater, Sohn und Heiliger Geist.

R: Was ist die wichtigste Aussage im Christentum?

BF: Die wichtigste Aussage ist die nächsten Liebe. Es heißt, dass wir Gott von Herzen lieben und auch unsere Nächsten lieben sollen, wie wir uns selbst lieben. Die Nächstenliebe ist das wichtigste.

[...]

R: Woraus besteht das Neue Testament?

BF: Aus vier Evangelien. Nämlich den Lukas, Matthaus, Johannes und Markus.

R: Was ist überhaupt ein Evangelium? Warum ist das so wichtig im neuen Testament?

BF: Gott ist auf die Erde herabgekommen und hat sich als Sohn Gottes vorgestellt. Er wollte, dass die Menschen so den Weg des Christentums, also den richtigen Weg kennenlernen.

R: Kennen Sie den Ausdruck "Apostel"?

BF: Die Jünger Jesu.

R: Was zeichnet diese Apostel aus? Was haben die für eine besondere Aufgabe?

BF: Die Apostel haben den Weg Gottes dem Gefolge nahegebracht.

R: Wissen Sie wer der wichtigste Apostel war? Wie der geheißen hat?

BF: Johannes und Petrus. Der wichtigste war Petrus, aber derjenige den er am liebsten hatte war Johannes.

R: Kennen Sie auch einen Apostel Paulus?

BF: Paulus ist ebenfalls einer der 12 Apostel Jesu. Er war Jude und glaubte nicht an Jesus und durch die Erscheinung des Auferstandenen wurde er gläubig.

R: Sie haben als wichtigsten Petrus genannt. Wieso war er der wichtigste Apostel? Was war so bedeutsam an ihm?

BF: Er war der erste Apostel. Er war immer an der Seite Jesu und hat alle Sachen für Jesus erledigt.

R: Kennen Sie auch einen Apostel namens Judas?

R stellt die Frage anders. Gab es unter den Aposteln auch einen Verräter?

BF: Ja, Jahuda.

BFV klärt diesbezüglich auf, dass dies der persische Begriff für Judas sei.

R: Was hat dieser Judas gemacht?

BF: Judas nahm 30 Münzen und er gab Jesus einen Kuss auf die Schulter und brachte ihn zu Pilatus. Dann hat Judas gesagt, vollbringt eure Tat.

R: Kennen Sie den Ausdruck "Sakrament"?

BF: Ja. Taufe, Eucharistie, Krankensalbung, Weihe, Ehe, Beichte, Firmung.

R: Sie wurden heuer getauft. Wieso haben Sie sich überhaupt taufen lassen? Was ist bei der Taufe passiert?

BF: Die Taufe ist der einzige Weg des Vaters, Sohnes und Heiligen Geistes durch den man zu Gott gelangen kann. Im Zuge der Taufe wird man von seinen Sünden reingewaschen und man ist wie neugeboren.

[...]

R: Sie haben die Beichte eines der sieben Sakramente genannt. Was geschieht bei der Beichte?

BF: Bei der Beichte geht man in das Haus Gottes. Man teilt den Priester mit, welche Sünden man begannen hat und bittet um Vergebung. So werden die Sünden vergeben.

R: Hat jeder Mensch Sünden?

BF: Ja. Wenn man an Jesus glaubt, werden die Sünden vergeben.

[...]

R: Haben Sie auch muslimische Freunde?

BF: Es gibt dort Muslime, die ich begrüße.

R: Wissen diese Muslime, dass Sie Katholik sind?

BF: Ja.

R: Was sagen die dazu?

BF: Manche haben gar nichts dazu gesagt. Andere wiederum haben mich gefragt, wie ich diesen Weg gehen konnte.

R: Das heißt, Sie haben den muslimischen Freunden gesagt, dass Sie nunmehr Christ sind?

BF: Ja.

R: Versuchen Sie auch diese muslimischen Freunde für Ihren Glauben zu begeistern bzw. vielleicht sogar zu missionieren?

BF: Ja. Ich wünsche mir von meinem Gott, dass er mir die Kraft gibt andere zu meinem Glauben einzuladen. Mein Wissen reicht noch nicht dafür aus, um zu Missionieren aber ich wünsche es mir, dass ich es eines Tages tun kann.

[...]

R: Falls Sie nach Afghanistan zurückkehren müssten: Würden Sie sich wieder an die dortigen Gegebenheiten anpassen?

BF: Nein, niemals.

R: Wie meinen Sie das jetzt?

BF: Ich habe meinen Glauben gewechselt und bin überzeugter Christ. Wenn man in Afghanistan mitbekommen sollte, dass ich Christ geworden bin, würde ich erhängt werden.

[...]

R: Wie lange sind Sie schon Pfarrer in XXXX ?

Z: Über 23 Jahre.

R: Haben Sie das schon vor dem BF einen Asylwerber zu einer Taufe geführt?

Z: Nicht nur einen. Wir hatten in der Pfarre einen Diakon gehabt, der war für die Flüchtlinge zuständig. Dieser Diakon hat die Taufe organisiert. Beim BF habe ich selbst die Taufe vorbereitet, weil der Diakon aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr sein Amt ausüben kann. Wir haben 10 Personen auf die Taufe vorbereitet und getauft und zwar in den letzten 10 Jahren aber ich habe Kontakte mit 100 Flüchtlingen gehabt, die auch zu mir gekommen sind, um von mir Hilfe anzunehmen. Das waren auch Christen.

R: Seit wann kenne Sie den BF?

Z: Jahre. Ich würde sagen, ungefähr zwei Jahre. Oder drei Jahre. ER wurde im April getauft, ein Jahr Vorbereitung. Also fast zwei Jahre.

R: Durch wen ist der BF zu Ihnen in die Pfarrer gekommen?

Z: Mit einem Freund, der ein Christ ist.

Z fragt kurz bei BF nach bezüglich des Namens.

BF: XXXX .

R: Ist dieser XXXX auch Katholik?

Z: Nein, er ist christlich.

R: Wieso führt der Herr XXXX ausgerechnet in eine katholische Kirche?

Z: Die Flüchtlinge haben nicht so viel Wissen über den Glauben. Für den Herr XXXX ist Christlich, gleich Christlich. Dieser XXXX ist sehr engagiert. Er ist mit drei anderen in die Kirche gekommen. Die ganze Sache hat mit einem Gebet in persischer Sprache angefangen. Ich habe zugeschaut und habe mich gewundert. Der BF war dabei. Herr XXXX hat damals gesagt, dass der BF auch Christ werden möchte.

R: Gibt es in der katholischen Kirche Richtlinie wie lange Asylwerber einen Taufkurs besuchen müssen?

Z: Ja. Ein Jahr. Der BF hat einmal in der Woche, am Mittwoch diesen Taufkurs besucht. Anschließen nach dem Taufkurs, also am Mittwoch ist der BF immer in die Kirche gekommen. Auch schon jeden Sonntag. Es war für mich irgendwie anders bei den anderen, weil die anderen wollten, dass nicht zeigen, dass sie in die Kirche gehen. Der BF zeigt das öffentlich. Die anderen Taufbewerber, die auch Flüchtlinge sind, sind z.B. durch den hinteren Eingang, über die Sakristei hineingegangen, damit sie niemand sieht. Z.B bei der Taufe haben wir bei den Anderen keine Fotos gemacht, aber beim BF schon.

R: Haben Sie den BF über das ganze Jahr hin bei der Taufvorbereitung begleitet? Das heißt, haben Sie regelmäßig mit ihm Kontakt gehabt?

Z: Ja. Einmal in der Woche, am Mittwoch.

R: Das heißt aber nicht, dass Sie einen besonderen Kontakt gehabt haben zum BF im Vergleich zu den anderen Taufbewerber?

Z: Nein, aber für mich war der BF ein besonderer Fall.

[...]

R: BF hat zwar sehr viel über den Gottesdienst gesagt, aber nach meiner Empfindung, dass Wesentliche am Gottesdienst nicht verstanden. Können Sie sich das irgendwie erklären?

Z: Erklären kann ich das nicht. Z.B. bei der Vorbereitung auf die Taufe ist BF zur Kommunion gegangen. Der BF hat immer beim Beichtstuhl einen Platz, wo er bei Gottesdienst ist. Er ist zur Kommunion gegangen, obwohl er noch nicht getauft wurde. Dort teilen die Kommunion speziell die Kommunionhelfer aus. Dann habe ich erfahren, dass er zur Komm7union geht. Dann habe ich mit ihm gesprochen und gesagt, dass nicht nur das Brot ist, sondern Jesus und du darfst noch nicht zur Kommunion gehen. Ich habe es ihm dann erklärt, um was es geht. Der BF musste das verstehen, wie nachdem ich ihn das erklärt habe, ist der BF niemals mehr zur Kommunion gegangen, sondern erst nach der Taufe.

[...]

R: Und ist es richtig, dass der BF seit der Taufe jeden Sonntag in die Kirche geht?

Z: Ja, auch Mittwoch, wenn es Gottesdienste gibt und zwar ganz öffentlich im Gegensatz zu den Anderen.

R: Besuchte der BF während der Taufe auch andere Veranstaltungen Ihrer Pfarre?

Z: Ja, beispielsweise Rosenkranz.

R: Würden Sie sagen, dass der BF ein aktives Mitglied Ihrer Pfarre ist?

Z: Ja, sehr Aktiv. Für mich ist er eine Besonderheit. Seit 23 Jahren habe ich Erfahrungen mit den Flüchtlingen und so einen Offenen habe ich noch nie getroffen.

R weist Zeugen darauf hin, dass der BF heute währen der Befragung einen sehr stoischen Eindruck hinterlassen hat. Ist er immer so oder ist er in Ihrer Pfarre ganz anders?

Z: Ganz anders ist er dort. Es ist auch verständlich. Es geht hier um sein Leben

R: Das heißt, in Ihrer Pfarre lacht er auch manchmal?

Z: Ja, sicha. Er ist ein ganz normaler Mensch. Ich sehe ihn heute und heute ist er anders. ER ist z.B. ins Auto eingestiegen und ich habe schon die Anspannung gespürt. Er hat etwas auf seinem Telefon auf Persisch gelesen, es war das Evangelium nach Markus. Vor dem Eintritt in den Verhandlungssaal hat er noch gesagt, bitte bete für mich.

R: Würden Sie meinen, dass der BF aus innerer Überzeugung konvertiert ist?

Z: Ja, wir und insbesondere ich bin total überzeugt.

R: Glauben Sie, dass er auch weiter Ihre Kirche besuchen wird?

Z: Ich denke schon. Eigentlich bin ich überzeugt davon.

R: Wenn der BF z.B. verlegt wird, glauben Sie geht er dann auch dort in die Kirche?

Z: Ich denke schon, soweit ich ihn kenne.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers und seinen Fluchtgründen:

Der Beschwerdeführer ist ein afghanischer Staatsangehöriger und gehört der Volksgruppe der Tadschiken an. Der Beschwerdeführer ist in der Provinz Badachschan geboren und besuchte dort 8 Jahre die Schule. Der Vater des Beschwerdeführers ist bereits verstorben. In Afghanistan leben die Stiefmutter und zwei Halbbrüder des Beschwerdeführers, mit denen der Beschwerdeführer seit einigen Monaten nicht mehr in Kontakt steht.

Der Beschwerdeführer wurde von seinen Eltern nach den islamischen Vorschriften erzogen. Der Vater des Beschwerdeführers war streng religiös und der Beschwerdeführer musste die islamischen Gebete verrichten. Nach dem Tod des Vaters praktizierte der Beschwerdeführer den Islam nur noch selten. Der Beschwerdeführer ging zwar in Afghanistan zur Schule, war jedoch nicht gut ausgebildet und wusste zu dieser Zeit noch nichts vom Christentum.

Der Beschwerdeführer kam im Februar 2018 - über einen Zimmerkollegen - in Kontakt mit EKR XXXX , Pfarrer von XXXX . Ab diesem Zeitpunkt besuchte der Beschwerdeführer einmal in der Woche (ca. ein Jahr) den Taufunterricht und besuchte regelmäßig die Sonntagsmesse sowie die Messe am Mittwoch, die immer nach dem Taufunterricht stattfand. Schließlich empfing der Beschwerdeführer am 20.04.2019 das Sakrament der Taufe durch Pfarrer XXXX. Der Beschwerdeführer besucht auch seit dem Zeitpunkt der Taufe regelmäßig den Sonntagsgottesdienst; zudem den Gottesdienst am Mittwoch, falls an diesem Tag ein Gottesdienst stattfindet. Der Beschwerdeführer ist ein sehr aktives Mitglied der Pfarre XXXX .

Es kann davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer aus innerer Überzeugung vom islamischen Glauben zum Christentum konvertiert ist. Es ist nicht anzunehmen, dass er bereit ist, seinen christlichen Glauben - insbesondere auch nicht in islamischer Umgebung - zu verleugnen.

1.2. Feststellungen zum Herkunftsstaat:

1.2.1. Auszug Staatendokumentation:

Religionsfreiheit

Etwa 99.7% der Bevölkerung sind Muslime, davon sind 84.7-89.7% Sunniten (CIA 21.11.2016; vgl. USCIRF 4.2016). Schätzungen zufolge, sind etwa 10-19% der Bevölkerung Schiiten (AA 9.2016; vgl. auch: CIA 21.10.2016). Andere in Afghanistan vertretene Glaubensgemeinschaften wie z.B. Sikhs, Hindus, Baha¿i und Christen machen zusammen nicht mehr als 1% der Bevölkerung aus. Offiziell lebt noch ein Jude in Afghanistan (AA 9.2016).

Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans. Religionsfreiheit ist in der afghanischen Verfassung verankert, dies gilt allerdings ausdrücklich nur für Anhänger/innen anderer Religionen als dem Islam. Die von Afghanistan ratifizierten internationalen Verträge und Konventionen wie auch die nationalen Gesetze sind allesamt im Lichte des generellen Islamvorbehalts (Art. 3 der Verfassung) zu verstehen (AA 9.2016; vgl. auch: Max Planck Institut 27.1.2004). Die Glaubensfreiheit, die auch die freie Religionsauswahl beinhaltet, gilt in Afghanistan daher für Muslime nicht. Darüber hinaus ist die Abkehr vom Islam (Apostasie) nach Scharia-Recht auch strafbewehrt (AA 9.11.2016).

Die Religionsfreiheit hat sich seit 2001 verbessert, wird aber noch immer durch Gewalt und Drangsale gegen religiöse Minderheiten und reformierte Muslime behindert. Blasphemie und Abtrünnigkeit werden als Kapitalverbrechen angesehen. Nichtmuslimische Religionen sind erlaubt, doch wird stark versucht, deren Missionierungsbestrebungen zu behindern (FH 27.1.2016). Hindus, Sikhs und Schiiten, speziell jene, die den ethnischen Hazara angehören, sind Diskriminierung durch die sunnitische Mehrheit ausgesetzt (FH 27.1.2016; vgl. auch:

CSR 8.11.2016).

Im Strafgesetzbuch gibt es keine Definition für Apostasie. Laut der sunnitisch-hanafitischen Rechtsprechung gilt Enthauptung als angemessene Strafe für Männer, für Frauen lebenslange Haft, sofern sie die Apostasie nicht bereuen. Ein Richter kann eine mindere Strafe verhängen, wenn Zweifel an der Apostasie bestehen. Zu Verfolgung von Apostasie und Blasphemie existieren keine Berichte - dennoch hatten Individuen, die vom Islam konvertierten, Angst vor Konsequenzen. Christen berichteten, dass sie aus Furcht vor Vergeltung, Situationen vermieden, in denen es gegenüber der Regierung so aussehe, als ob sie missionieren würden (USDOS 10.8.2016).

Nichtmuslimische Minderheiten, wie Sikh, Hindu und Christen, sind sozialer Diskriminierung und Belästigung ausgesetzt, und in manchen Fällen, sogar Gewalt. Dieses Vorgehen ist jedoch nicht systematisch (USDOS 10.8.2016). Dennoch bekleiden Mitglieder dieser Gemeinschaften vereinzelt Ämter auf höchster Ebene (CSR 8.11.2016). Im Mai 2014 bekleidete ein Hindu den Posten des afghanischen Botschafters in Kanada (RFERL 15.5.2014). Davor war Sham Lal Bathija als hochrangiger Wirtschaftsberater von Karzai tätig (The New Indian Express16.5.2012).

Laut Verfassung soll der Staat einen einheitlichen Bildungsplan einrichten und umsetzen, der auf den Bestimmungen des Islams basiert; auch sollen religiöse Kurse auf Grundlage der islamischen Strömungen innerhalb des Landes entwickelt werden. Der nationale Bildungsplan enthält Inhalte, die für Schulen entwickelt wurden, in denen die Mehrheiten entweder schiitisch oder sunnitisch sind; ebenso konzentrieren sich die Schulbücher auf gewaltfreie islamische Bestimmungen und Prinzipien. Der Bildungsplan beinhaltet Islamkurse, nicht aber Kurse für andere Religionen. Für Nicht-Muslime ist es nicht erforderlich den Islam an öffentlichen Schulen zu lernen (USDOS 10.8.2016).

Nicht-muslimische religiöse Minderheiten werden durch das geltende Recht diskriminiert. So gilt die sunnitische-hanafitische Rechtsprechung für alle afghanischen Bürgerinnen und Bürger, unabhängig von ihrer Religion (AA 9.2016). Für die religiöse Minderheit der Schiiten gilt in Personenstandsfragen das schiitische Recht (USDOS 10.8.2016).

Militante Gruppen haben sich unter anderem als Teil eines größeren zivilen Konfliktes gegen Moschen und Gelehrte gerichtet. Konservative soziale Einstellungen, Intoleranz und das Unvermögen oder die Widerwilligkeit von Polizeibeamten individuelle Freiheiten zu verteidigen bedeuten, dass jene, die religiöse und soziale Normen brechen, anfällig für Misshandlung sind (FH 27.1.2016).

Blasphemie - welche anti-islamische Schriften oder Ansprachen beinhaltet, ist ein Kapitalverbrechen im Rahmen der gerichtlichen Interpretation des islamischen Rechtes. Ähnlich wie bei Apostasie, gibt das Gericht Blasphemisten drei Tage um ihr Vorhaben zu widerrufen oder sie sind dem Tod ausgesetzt (CRS 8.11.2016).

Ein Muslim darf eine nicht-muslimische Frau heiraten, aber die Frau muss konvertieren, sofern sie nicht Anhängerin der zwei anderen abrahamitischen Religionen, Christentum und Judentum, ist. Einer Muslima ist nicht erlaubt einen nicht-muslimischen Mann zu heiraten. Ehen zwischen zwei Nicht-Muslimen sind legal, solange das Paar nicht öffentlich ihren nicht- muslimischen Glauben deklariert (USDOS 10.8.2016).

[...]

Christen und Konversionen zum Christentum

Afghanische Christen sind in den meisten Fällen vom Islam zum Christentum konvertiert (AA 9.2016). Ihre Zahl kann nicht verlässlich angegeben werden, da Konvertiten sich nicht öffentlich bekennen (AA 2.3.2015; vgl. auch: USDOS.10.8.2016).

Nichtmuslim/innen, z.B. Sikhs, Hindus und Christen, sind Belästigungen ausgesetzt und in manchen Fällen sogar Gewalt. Nachdem Religion und Ethnie stark miteinander verbunden sind, ist es schwierig die vielen Vorfälle nur als Vorfälle wegen religiöser Identität zu kategorisieren (USDOS 10.8.2016).

Die gesellschaftliche Einstellung gegenüber konvertierten Christen ist ablehnend. Zu einer Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis, die speziell Christen diskriminiert, kommt es in Afghanistan in der Regel schon deshalb nicht, weil sich Christen nicht offen zu ihrem Glauben bekennen (AA 9.2016). Konversion wird als Akt der Abtrünnigkeit und Verbrechen gegen den Islam gesehen, der mit dem Tod bestraft werden könnte (AA 9.2016; vgl. USDOS 10.8.2016) - sofern die Konversion nicht widerrufen wird (USDOS 10.8.2016). Keiner wurde bisher aufgrund von Konversion durch den afghanischen Staat hingerichtet (AA 9.2016).

Die Christen verlautbarten, dass die öffentliche Meinung gegenüber Missionierung feindlich ist. Es gibt keine öffentlichen Kirchen (CRS 8.11.2016). Für christliche Afghan/innen gibt es keine Möglichkeit der Religionsausübung außerhalb des häuslichen Rahmens. Zu Gottesdiensten, die in Privathäusern von internationalen NGOs abgehalten werden, erscheinen sie meist nicht oder werden aus Sicherheitsgründen nicht eingeladen. Christliche Gottesdienste für die internationale Gemeinschaft finden u.a. in verschiedenen Botschaften sowie auf dem Gelände der internationalen Truppen statt (AA 9.2016). Einem Bericht einer kanadischen christlichen Organisation zufolge, wächst die Zahl der Hauskirchen in Afghanistan. In diesem Bericht wird angedeutet, dass einige Mitglieder des Parlaments selbst das Christentum angenommen und an christlichen Gottesdiensten teilgenommen haben (The Voice of the Martyrs Canada 5.4.2012).

Einige Konversionsfälle von Christen haben zu harten Strafen geführt und dadurch internationale Aufmerksamkeit erlangt (CRS 8.11.2016). Die im Libanon geborenen Rula Ghani, Ehefrau von Staatspräsident Ashraf Ghanis, entstammt einer christlich-maronitischen Familie (NPR 19.2.2015; vgl. BBC 15.10.2014).

Berichten zufolge gibt es ein christliches Spital in Kabul (NYP 24.4.2014; vgl. CNN 24.4.2014).

1.2.2. Auszug ACCORD-Anfragebeantwortung zu christlichen Konvertiten vom 01.06.2017:

Thomas Ruttig vom Afghanistan Analysts Network (AAN) bemerkte in einem Expertengespräch vom Mai 2016 (veröffentlicht im Juni 2016), dass Christen als religiöse Gruppe in der afghanischen Verfassung "(wohl bewusst) nicht genannt" würden, während Sikhs und Hindus in der Verfassung genannt würden und die gleichen Rechte hinsichtlich der Religionsausübung zuerkannt bekämen wie Muslime schiitischer Konfession. Da es jedoch niemanden gebe, der in der Lage sei, die Verfassung umzusetzen, könne "die Verfassung einen Christen wohl auch dann nicht schützen, wenn die Verfassung die Religionsausübung von Christen garantieren würde und sich ein Christ auf die Verfassung berufen könnte". (ACCORD, Juni 2016, S. 10)

UNHCR bemerkt in seinen im April 2016 veröffentlichten Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender, dass nichtmuslimische religiöse Minderheiten, darunter Christen, "weiterhin im geltenden Recht diskriminiert" würden. Die sunnitische Hanafi-Rechtssprechung gelte für "alle afghanischen Bürger, unabhängig von ihrer Religion". Die "einzige Ausnahme" würden "Personenstandsachen [bilden], bei denen alle Parteien Schiiten sind", in diesem Fall würde "das schiitische Recht für Personenstandsachen angewendet". Für andere religiöse Gruppen gebe es "kein eigenes Recht". Wie UNHCR weiter ausführt, würden unabhängig davon "nicht-muslimische Minderheiten Berichten zufolge weiterhin gesellschaftliche Schikanierung und in manchen Fällen Gewalt" erfahren. So würden Mitglieder religiöser Minderheiten wie etwa der Christen "aus Angst vor Diskriminierung, Misshandlung, willkürlicher Verhaftung oder Tötung" es vermeiden, "sich öffentlich zu ihrer Religion zu bekennen oder sich offen zum Gebet zu versammeln". (UNHCR, 19. April 2016, S. 57-58)

Ähnlich schreibt das US-Außenministerium (USDOS) in seinem im August 2016 veröffentlichten Jahresbericht zur Religionsfreiheit (Berichtsjahr: 2015) unter Berufung auf Vertreter von Minderheitenreligionen, dass die afghanischen Gerichte Nichtmuslimen nicht dieselben Rechte wie Muslimen zugestehen würden und Nichtmuslime häufig der sunnitisch-hanafitischen Rechtsprechung unterworfen würden (USDOS, 10. August 2016, Section 2).

Ruttig geht im Expertengespräch vom Mai 2016 (veröffentlicht im Juni 2016) wie folgt auf die Lage von christlichen Konvertiten ein:

"Die Gleichberechtigung gilt nicht für die zunehmende Zahl von Christen, bei denen es sich ausschließlich um Konvertiten (oft durch evangelikale Gruppen; aber auch bewusste Abwendungen vom Islam unter Gebildeten) und nicht um autochthone Gruppen handelt. Als ehemalige Muslime gelten sie als Abtrünnige, worauf nach der Scharia (siehe Rechtssysteme) die Todesstrafe stehen kann. Ihre Zahl ist nicht bekannt. Es gibt heute eine ganze Reihe von Afghanen, die zum Christentum übergetreten sind. Sie tun alle sehr wohl daran, ihren Glaubensübertritt nicht (weitestgehend nicht einmal gegenüber der eigenen Familie) bekanntzugeben. Es handelt sich zum Teil um Angehörige stark unterprivilegierter Gruppen (Straßenkinder, sehr arme Familien), die über humanitäre Ausreichungen konvertiert worden sind und ich habe auch Leute von denen getroffen, die oft nur geringe Kenntnisse über das Christentum haben. Aber es gibt auch sehr bewusste Entscheidungen unter gebildeten Afghanen, die sich bewusst vom Islam abwenden und Christen werden. Mir sind persönlich Fälle von drei oder vier Leuten bekannt (aber es gibt natürlich viel mehr!), deren Konversion bekannt geworden ist, die dann aus Afghanistan gerettet und ausgeflogen werden mussten. Konversion ist einfach nicht vorgesehen, deswegen stehen diese Christen unter starkem Verfolgungsdruck." (ACCORD, Juni 2016, S. 8-9)

"Afghanen, die einer Konversion beschuldigt werden, stehen völlig im Regen. Es gibt niemanden, der ihnen helfen kann. Falls die Sache vor ein staatliches Gericht kommt (was unwahrscheinlich ist), dann sehen sich die Richter ideologisch derart gezwungen, nach der Scharia zu urteilen, dass der Fall nur schlecht für den Betroffenen ausgehen kann." (ACCORD, Juni 2016, S. 10)

[...]

UNHCR schreibt Folgendes über gesellschaftliche Haltungen gegenüber Christen sowie über das Vorgehen der Taliban gegen (vermeintlich) christliche ausländische Hilfsorganisationen:

"Die gesellschaftliche Einstellung gegenüber Christen ist Berichten zufolge weiterhin offen feindlich. Christen werden gezwungen, ihren Glauben zu verheimlichen. In Afghanistan existieren keine öffentlichen Kirchen mehr und Christen beten allein oder in kleinen Versammlungen in Privathäusern. Im Jahr 2013 riefen vier Parlamentsmitglieder Berichten zufolge zur Hinrichtung von Personen auf, die zum Christentum konvertiert sind. Die Taliban haben Berichten zufolge ausländische Hilfsorganisationen und ihre Gebäude auf der Grundlage angegriffen, dass diese Zentren des christlichen Glaubens seien." (UNHCR, 19. April 2016, S. 58-59)

Die staatliche United States Commission on International Religious Freedom (USCIRF) schreibt im April 2017, dass nichtmuslimische religiöse Gemeinschaften weiterhin von gesellschaftlicher Diskriminierung, Schikanierung und mitunter auch Gewalt betroffen seien. Es würden unter anderem Berichte über Schikanen gegen vom Islam konvertierte Personen vorliegen. Mitglieder nichtmuslimischer Gemeinschaften hätten berichtet, dass allgemein vorherrschende Unsicherheit und Mangel an wirtschaftlichen Möglichkeiten sie dazu bewegt hätten, das Land zu verlassen:

"Non-Muslim religious communities continue to face societal discrimination, harassment, and, at times, violence. Intimidation and harassment to pressure non-Muslims to convert to Islam have been reported, as well as harassment of converts from Islam. Additionally, non-Muslim communities reported that general insecurity and a lack of economic opportunities have compelled them to emigrate." (USCIRF, 26. April 2017)

Das USDOS bemerkt, dass Christen aus Angst vor staatlichen Repressalien weiterhin Situationen aus dem Weg gehen würden, die geeignet wären, bei der Regierung den Eindruck zu erwecken, sie würden versuchen, ihre Religion zu verbreiten. Weiters hätten Christen angegeben, dass die öffentliche Meinung gegenüber christlichen Konvertiten und der Idee der christlichen Missionierung feindselig sei. Mitglieder der kleinen christlichen Gemeinde, von denen viele im Ausland zum Christentum konvertiert seien, würden aus Angst vor Diskriminierung oder Verfolgung weiterhin alleine oder in kleinen Gruppen in Privathäusern Gottesdienst halten. Es gebe weiterhin keine öffentlichen christlichen Kirchen in Afghanistan. Für nichtafghanische Staatsangehörige unterschiedlicher Glaubensrichtungen gebe es Gebetsstätten innerhalb von Militäreinrichtungen der Koalitionstruppen sowie in Botschaften in Kabul:

"Christians said they continued to avoid situations where the government might perceive them as seeking to spread their religion to the larger community out of fear of government reprisal." (USDOS, 10. August 2016, Section 2)

"Christians said public opinion continued to be hostile toward converts to Christianity and to the idea of Christian proselytizing. They said members of the small Christian community, many of whom had converted to Christianity while living in third countries, continued to worship alone or in small congregations in private homes out of fear of societal discrimination and persecution. [...]

There continued to be no public Christian churches. Worship facilities for noncitizens of various faiths were located at coalition military facilities and at embassies in Kabul." (USDOS, 10. August 2016, Section 3)

Laut Angaben der USCIRF befinde sich die einzige bekannte christliche Kirche im Land auf dem Gelände der italienischen Botschaft (USCIRF, 26. April 2017).

Der Deutschlandfunk, ein öffentlich-rechtlicher Radiosender mit Sitz in Köln, zitiert im Februar 2017 den deutschen reformierten Theologen und Religionswissenschaftler Thomas Schirrmacher mit folgender Aussage, die sich auf Übertritte afghanischer Asylwerber zum Christentum bezieht:

"Für viele Muslime ist die Sache hoch gefährlich, weil im Islam eine Strafe auf Apostasie und Blasphemie steht. Und sie können dann so oder so nicht mehr in ihre Länder zurück. Im Regelfall wird aber auch die Familie sie verstoßen. In Afghanistan gibt es - ja man kann schon sagen - ein Kampf auf Leben und Tod zwischen dem offiziellen Islam und allen abweichenden Formen und der zweitgrößten Religion im Land, dem Christentum.'" (Deutschlandfunk, 13. Februar 2017)

Die Evangelische Allianz in Deutschland (EAD) beschreibt die Lage von Christen wie folgt:

"Gemeinden leben fast ausschließlich als Untergrundkirche, und es gab nur eine leichte Verbesserung seit dem Sturz der Taliban. Gläubige aus dem Ausland, die stark zugenommen haben, können nur sehr vorsichtig ihren Glauben bezeugen. Die Zahl der afghanischen Gläubigen wächst, ebenso die Mittel, die zur Verfügung stehen, um ihnen zu helfen. [...] Werden spirituellen Aktivitäten unter den Gläubigen entdeckt, wird auf dem muslimischem Hintergrund in den Medien intensiv darüber berichtet und versichert, hart durchzugreifen bis hin zur Todesstrafe." (EAD, 9. Juni 2015)

Landinfo schreibt in einem Bericht vom September 2013, dass sich die religiösen, kulturellen und gesellschaftlichen Beschränkungen, denen Christen in Afghanistan unterworfen seien, nicht anders gestalten würden als für andere Gruppen mit Meinungen, Weltansichten, politischen Überzeugungen und Glaubensvorstellungen, die als Abfall vom Islam wahrgenommen werden könnten. Ebenso wie Personen mit säkularen Ansichten, Atheisten und nichtgläubige Afghanen müssten auch Christen ständige Selbstzensur üben und könnten sich wegen drohender Angriffe nicht zu ihrem Verhältnis zum bzw. ihrer Sicht auf den Islam äußern. Angehörige solcher Gruppen seien gezwungen, sich konform mit dem Islam, d.h. so zu verhalten, als wären sie Muslime. Nach außen hin müssten alle Afghanen die religiösen Erwartungen ihrer lokalen Gemeinschaft hinsichtlich religiösen Verhaltensweisen, Gebeten etc. erfüllen. Laut Angaben unter anderem der norwegischen Kulturberatungsfirma Hansen Cultural Coaching (HCC) gebe es viele Afghanen (nicht nur christliche Konvertiten), die lokale religiöse Sitten befolgen und an religiösen Ritualen teilnehmen, ohne dass diese Handlungen ihre tatsächlichen inneren Glaubensvorstellungen und Überzeugungen widerspiegeln würden:

"De begrensninger religiøse, kulturelle og sosiale rammer setter for kristne i Afghanistan - som enkeltpersoner med en særskilt ‚indre' overbevisning betraktet - er ikke eller fungerer ikke annerledes enn for enkelte andre grupper med synspunkt, verdensanskuelse, politisk overbevisning eller tro som kan oppfattes som frafall fra islam. Personer i sekulære miljøer, ateister og ikke-troende afghanere vil - som de kristne - måtte utøve kontinuerlig selvsensur og ikke ytre seg om sitt forhold til eller synspunkt på islam, på grunn av risiko for sanksjoner.

Likeledes vil disse gruppene være tvunget til adferd som er konform med islam; de må handle og opptre som om de var muslimer; i det ytre må alle afghanere oppfylle det lokale miljøs forventninger om religiøs adferd, bønn, og så videre. Det er, blant annet ifølge HCC, mange afghanere, ikke kun kristne konvertitter, som følger lokale religiøse skikker og deltar i ritualer uten at det reflekterer deres ‚indre' tro og overbevisning (samtale 13. august 2013)." (Landinfo, 4. September 2013)

Die US-Tageszeitung New York Times (NYT) berichtet in einem älteren Artikel vom Juni 2014, dass es aus offizieller Sicht keine afghanischen Christen gebe. Die wenigen Afghanen, die das Christentum praktizieren würden, würden dies aus Angst vor Verfolgung im Privaten tun und eine der wenigen Untergrundkirchen besuchen, von denen man annehme, dass sie im Land existieren würden. Ausländische Christen würden Kapellen in Botschaftseinrichtungen besuchen, doch diese seien für Afghanen praktisch unzugänglich. Im vergangenen Jahrzehnt seien nur wenige Fälle von Konversion öffentlich bekannt geworden. In der Regel sei die Regierung dann rasch und lautlos vorgegangen: Die Betroffenen seien dazu aufgefordert worden, ihren Glaubensübertritt zu widerrufen, und wenn sie sich geweigert hätten, seien sie aus dem Landes vertrieben worden, in der Regel nach Indien:

"In official eyes here, there are no Afghan Christians. The few Afghans who practice the faith do so in private for fear of persecution, attending one of a handful of underground churches that are believed to be operating in the country. Expatriates use chapels on embassy grounds, but those are effectively inaccessible to Afghans.

Only a few Afghan converts have surfaced in the past decade, and the government has typically dealt with them swiftly and silently: They are asked to recant, and if they refuse, they are expelled, usually to India, where an Afghan church flourishes in New Delhi." (NYT, 21. Juni 2014)

[...]

Die International Humanist and Ethical Union (IHEU) schreibt, dass im Jahr 2006 ein Afghane namens Abdul Rahman, der vom Islam zum Christentum konvertiert sei, strafrechtlich angeklagt worden sei. Der Richter habe gedroht, Rahman zum Tode zu verurteilen, sollte er nicht wieder zum Islam zurückkehren. Schließlich habe der damalige Staatspräsident Karsai auf internationalen Druck hin den Obersten Gerichtshof ersucht, die Anklage zurückzuziehen. Die Anklagepunkte seien dann aufgrund mangelhafter Beweislage und offensichtlicher psychischer Labilität Rahmans fallengelassen worden, und dieser habe kurz darauf das Land verlassen (IHEU, 1. November 2016, siehe hierzu auch BBC News, 14. Jänner 2014).

2. Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben mittels Durchführung einer öffentlich mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, des bekämpften Bescheides und des Beschwerdeschriftsatzes sowie in die vom Beschwerdeführer vorgelegten Urkunden.

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu Identität, Sprachkenntnissen, Herkunft und Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers gründen sich auf seine diesbezüglich gleichbleibenden und daher glaubhaften Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, der belangten Behörde, in dem Beschwerdeschriftsatz und in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, das Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufkommen lässt.

2.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Was die individuellen Feststellungen hinsichtlich der Konversion des Beschwerdeführers zum Christentum anbelangt, wird aus folgenden Erwägungen vom oben ersichtlichen Sachverhalt ausgegangen:

Einleitend ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs hinzuweisen, wonach es bei der Beurteilung eines behaupteten Religionswechsels und der Prüfung einer Scheinkonversion auf die aktuell bestehende Glaubensüberzeugung des Konvertiten ankommt, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung von Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten zu ermitteln ist ( VwGH 25.2.2019, Ra 2019/19/0017; VwGH 26.03.2019, Ra 2018/19/0603).

Demzufolge war daher die Tatsache, dass sich der Beschwerdeführer in Afghanistan noch nicht intensiv mit dem islamischen Glauben auseinandergesetzt bzw. vom Christentum noch gar nichts erfahren hatte, für die nunmehrige Glaubensüberzeugung des Beschwerdeführers von geringer Relevanz, zumal die Aussage des Beschwerdeführers, in Afghanistan (trotz Schulbesuchs) nicht gut ausgebildet gewesen zu sein, glaubhaft erschien.

Im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 02.09.2019 wurde der Beschwerdeführer ausführlich zur behaupteten Konversion zum Christentum befragt. Zwar zeigte sich der Beschwerdeführer dabei äußerst schüchtern und zurückhaltend (vgl. diesbezüglich auch Anmerkung, Seite 19 Verhandlungsprotokoll) und musste die Dolmetscherin überdies sehr häufig die gestellten Fragen wiederholen. Diesen Umstand konnte jedoch der geladene Zeuge insofern aufklären, als dieser nachvollziehbar die angespannte Lage des Beschwerdeführers angesichts der für ihn so entscheidungsrelevanten Befragung durch das Bundesverwaltungsgericht schilderte (vgl. Seite 20 Verhandlungsprotokoll). Überdies konnte im Rahmen der Verhandlung festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer die zentralen Grundaussagen des Christentums bereits verinnerlicht und zudem einige (durchaus wichtige) Fragen über die Bibel und den christlichen Glauben beantworten konnte (siehe die unter I., 8., wiedergegebenen Passagen aus der Niederschrift; siehe zur Beantwortung von Wissensfragen auch VfGH 26.02.2019, E 4695/2018). Ausschlaggebend für die Glaubhaftigkeit des Beschwerdeführers waren aber letztlich die Aussagen des Zeugen, dem Pfarrer von XXXX und Taufspender des Beschwerdeführers:

Der Zeuge verfügt - aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit als Pfarrer in XXXX - über eine beachtliche Erfahrung im Kontakt mit Flüchtlingen bzw. Asylwerbern, wobei von ihm, in seiner Eigenschaft als Pfarrer, in den letzten 10 Jahren lediglich 10 Personen auf die Taufe vorbereitet und getauft wurden; bei gleichzeitigem Kontakt des Zeugen mit über 100 Flüchtlingen. Schon dieser Umstand bestätigt, dass die Pfarre XXXX offensichtlich mit großer Sorgfalt am Christentum interessierte Asylwerber für eine Taufvorbereitung heranzieht und nicht wahllos das für Christen so wichtige Sakrament der Taufe "verschenkt". In diesem Zusammenhang ist überdies auf die Richtlinien der katholischen Kirche über die Taufvorbereitung für Asylwerber hinzuweisen, die ein ganzes Jahr beträgt (vgl. Seite 18 Verhandlungsprotokoll). Die Aussagen des Zeugen zum Beschwerdeführer waren insgesamt überzeugend, insbesondere das Engagement und das öffentliche Bekenntnis des Beschwerdeführers betreffend (vgl. Seite 18 Verhandlungsprotokoll, arg. "Z: Anschließen nach dem Taufkurs, also am Mittwoch ist der BF immer in die Kirche gekommen. Auch schon jeden Sonntag. Es war für mich irgendwie anders bei den anderen, weil die anderen wollten, dass nicht zeigen, dass sie in die Kirche gehen. Der BF zeigt das öffentlich. Die anderen Taufbewerber, die auch Flüchtlinge sind, sind z.B. durch den hinteren Eingang, über die Sakristei hineingegangen, damit sie niemand sieht. Z.B bei der Taufe haben wir bei den Anderen keine Fotos gemacht, aber beim BF schon." bzw. Seite 19 f Verhandlungsprotokoll, arg. "R: Und ist es richtig, dass der BF seit der Taufe jeden Sonntag in die Kirche geht? Z: Ja, auch Mittwoch, wenn es Gottesdienste gibt und zwar ganz öffentlich im Gegensatz zu den Anderen. R: Besuchte der BF während der Taufe auch andere Veranstaltungen Ihrer Pfarre? Z: Ja, beispielsweise Rosenkranz. R: Würden Sie sagen, dass der BF ein aktives Mitglied Ihrer Pfarre ist? Z: Ja, sehr Aktiv. Für mich ist er eine Besonderheit. Seit 23 Jahren habe ich Erfahrungen mit den Flüchtlingen und so einen Offenen habe ich noch nie getroffen. [...] R: Würden Sie meinen, dass der BF aus innerer Überzeugung konvertiert ist? Z: Ja, wir und insbesondere ich bin total überzeugt. R: Glauben Sie, dass er auch weiter Ihre Kirche besuchen wird? Z: Ich denke schon. Eigentlich bin ich überzeugt davon. R:

Wenn der BF z.B. verlegt wird, glauben Sie geht er dann auch dort in die Kirche? Z: Ich denke schon, soweit ich ihn kenne."). Das Bundesverwaltungsgericht sieht keine Veranlassung, an den Aussagen des Zeugen zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer ist (durch die vollzogene Taufe) spätestens seit 20.04.2019 faktisch und für Dritte wahrnehmbar zum christlichen Glauben konvertiert. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Tatsache der Konversion des Beschwerdeführers zum Christentum über das persönliche Umfeld des Beschwerdeführers hinaus bekannt geworden ist. Nach Ansicht des erkennenden Richters besteht kein Grund, insgesamt an der Glaubwürdigkeit der Angaben des Beschwerdeführers in Bezug auf seine Konversion zum Christentum zu zweifeln.

2.3. Zum Herkunftsstaat:

Es wurde vor allem Einsicht genommen in folgende Erkenntnisquellen des Herkunftsstaates des Beschwerdeführers:

* Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 29.06.2018:

Religionsfreiheit; Christen und Konversionen zum Christentum

* ACCORD Anfragebeantwortung zu christlichen Konvertiten vom 01.06.2017

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquelle sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Ausführungen zu zweifeln.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A)

Gemäß § 3 Abs. 1 Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 - AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg.cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge: GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der RL 2004/83/EG des Rates verweist).

Im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder in Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.01.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde (vgl. VwGH 19.12.2007, 2006/20/0771). Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.01.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (vgl. VwGH 09.09.1993, 93/01/0284; 15.03.2001, 99/20/0128; 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.

Auch wenn in einem Staat allgemein schlechte Verhältnisse bzw. sogar bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen sollten, so liegt in diesem Umstand für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der GFK. Um asylrelevante Verfolgung erfolgreich geltend zu machen, bedarf es daher einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Heimatstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht (vgl. VwGH vom 19.10.2000, 98/20/0233).

Zur Beurteilung, ob die Verfolgungsgründe als glaubhaft gemacht anzusehen sind, ist auf die persönliche Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers und das Vorbringen zu den Fluchtgründen abzustellen. Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung setzt positiv getroffene Feststellungen der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (vgl. VwGH 11.06.1997, 95/01/0627).

"Glaubhaftmachung" im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK ist die Beurteilung des Vorgetr

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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