Entscheidungsdatum
17.09.2019Norm
B-VG Art. 133 Abs4Spruch
G307 2213211-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD als Einzelrichter über den Vorlageantrag des XXXX, geb. XXXX, StA.: Deutschland, vertreten durch den Verein Menschenrechte in 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.01.2019, Zahl XXXX, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) wurde anlässlich seiner neuerlichen Verurteilung mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 14.09.2018, über die Einleitung eines Aufenthaltsverbotsverfahrens in Kenntnis gesetzt und gleichzeitig zur dahingehenden Stellungnahme binnen 14 Tagen aufgefordert.
2. Mit Schreiben vom 25.09.2018, beim BFA eingelangt am 26.09.2018, gab der BF hiezu eine Stellungnahme ab.
3. Mit Bescheid des BFA vom 02.01.2019, dem BF persönlich zugestellt am selben Tag, wurde gegen diesen gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein auf 10 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), ihm gemäß § 70 Abs. 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.), sowie einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. (Spruchpunkt III.)
4. Mit per Telefax am 15.01.2019 beim BFA eingebrachtem Schriftsatz erhob der BF durch seine Rechtsvertretung (im Folgenden: RV) Beschwerde gegen den zuvor genannten Bescheid an das Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG).
Darin wurde beantragt, den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben, allenalls das gegen den BF gemäß § 67 Abs. 1 und Abs. 3 erlassene Aufenthaltsverbot für die Dauer von 10 Jahren zur Gänze zu beheben, in eventu die Dauer des Aufenthaltsverbotes zu reduzieren, in eventu den Bescheid zur Gänze zu beheben und zur neuerlichen Entscheidung an das BFA zurückzuverweisen, dieser Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen sowie eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) anzuberaumen.
5. Die gegenständliche Beschwerde samt Verwaltungsakt wurden vom BFA dem BVwG am 15.01.2019 vorgelegt und langten dort am 18.01.2019 ein.
6. Am 22.02.2019 übermittelte die belangte Behörde dem BVwG ein am 21.02.2019 unterfertigtes Formular des Vereins Menschenrechte, wonach der BF einen Antrag auf unterstützte freiwillige Rückkehrhilfe gestellt habe.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
1.1. Der BF führt die im Spruch angegebene Identität (Name und Geburtsdatum), ist deutscher Staatsbürger, ledig und frei von Obsorgepflichten. Vor seiner Festnahme am XXXX.2018 arbeitete er als Koch im XXXX in XXXX und erhielt hiefür zwischen € 1.500 und 1.800,00 netto monatlich.
Der BF wuchs in Deutschland auf, absolvierte dort Volks-und Hauptschule, legte die technische Reifeprüfung ab, arbeitete als CNC-Fräser, Schweißer, Koch und studierte 4 Semester Wirtschaftswissenschaften.
Der BF verfügt über kein Vermögen und hatte zum Stichtag 13.09.2018 Außenstände in der Höhe von € 5.000,00, welche aus Zollstrafen und Rückforderungen des Arbeitsamtes resultierten, zu verbuchen.
In Deutschland weist der BF insgesamt 16 Vorstrafen auf, wobei es sich bei einer Eintragung um eine Gesamtstrafenbildung und bei der jüngsten dortigen Eintragung um eine Verurteilung in der Schweiz handelt.
1.2. Der BF reiste zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt, jedenfalls jedoch spätestens am 10.11.2017 nach Österreich ein, um im Bundesgebiet in regelmäßigen Abständen Einbruchsdiebstähle zu begehen. Der BF verfügt hier weder über familiäre Anknüpfungspunkte noch hatte er im Bundesgebiet bis dato einen ordentlichen Wohnsitz außerhalb von Justizanstalten. Besondere gesellschaftliche, berufliche oder sonstige Bindungen konnten dem BF nicht attestiert werden.
1.3. Der BF ging in Österreich bis dato keiner legalen Beschäftigung nach. Anhaltspunkte für eine Arbeitsunfähigkeit oder irgendwelche Krankheiten fanden sich beim BF nicht.
1.4. Der BF wurde vom Landesgericht XXXX (LG XXXX) zu XXXX, in Rechtskraft erwachsen am XXXX.2018, wegen unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen und schweren teils versuchten, teils vollendeten gewerbsmäßigen Einbruchsdiebstahls zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 4 Jahren verurteilt.
Dem BF wurde darin angelastet, er habe im Zeitraum zwischen XXXX.2017 und XXXX.2018 in XXXX, XXXX, XXXX und XXXX in 25 Fällen fremde bewegliche in einem Gesamtwert von € 37.023,28 mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, weggenommen, indem er sich jeweils unter Verwendung eines Flachwerkzeugs, mit dem er Fenster oder Türen aufhebelte, Zugang zu Objekten verschaffte habe.
Ferner habe er in weiteren 11 Fällen zwischen dem XXXX.2017 und XXXX.2018 in XXXX, XXXX, XXXX, XXXX und XXXX vorzufindendes Bargeld und Wertgegenstände wegzunehmen versucht, wobei er die Tathandlungen durch den Einsatz von Körperkraft, das Aushebeln oder Einschlagen von Fenster sowie Eingangstüren setzte.
Als mildernd wurden hiebei die umfassende, geständige Verantwortung sowie der Umstand, dass diese Taten teilweise im Versuch geblieben sind, als erschwerend die Vorstrafenbelastung, das Zusammentreffen eines Vergehens mit einem Verbrechen, der längere Tatzeitraum, der rasche Rückfall nach der Entlassung aus einer Haftstrafe in der Schweiz sowie das Vorliegen der Rückfallsvoraussetzungen nach § 39 StGB gewertet.
Es wird festgestellt, dass der BF die besagten Straftaten begangen und die beschriebenen Verhaltensweisen gesetzt hat.
Der BF wurde am XXXX.2018 festgenommen, befindet sich seitdem durchgehend in Untersuchungs- oder Strafhaft und ist das voraussichtliche Strafende mit XXXX.2022 angesetzt.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
2.2. Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:
2.2.1. Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zu Identität, Staatsangehörigkeit, Familienstand, Obsorgefreiheit, bisher fehlendem ordentlichen Wohnsitz in Österreich, Schul- und Berufsausbildung sowie mangelnden familiären Anknüpfungspunkten in Österreich getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht substantiiert entgegengetreten wurde, dem Inhalt der Stellungnahme vom 25.09.2018 und jenem des Urteils des LG XXXX.
Vermögens- und Einkommensverhältnisse, Außenstände, letzte Beschäftigung vor der Haft und das hiefür lukrierte Entgelt folgen ebenso dem Inhalt des soeben erwähnten Urteils.
Der BF legte einen auf seinen Namen ausgestellten deutschen Personalausweis vor, an dessen Echtheit und Richtigkeit keine Zweifel aufgekommen sind.
Dass der BF in Österreich bis dato keiner Beschäftigung nachgegangen ist, folgt dem Inhalt des auf seinen Namen lautenden Sozialversicherungsdatenauszuges.
Dem Akteninhalt waren keine Anhaltspunkte für eine allfällige Arbeitsunfähigkeit oder das Vorliegen von Krankheiten auf Seiten des BF zu entnehmen.
Der BF behauptete zwar in Stellungnahme und Beschwerde, Freunde in Österreich zu haben, unterließ es jedoch, Namen, Anschrift, Art des Bezugs, Anzahl und Intensität der Kontakte zu diesen Menschen darzulegen.
Die jüngste Verurteilung samt Entscheidungs- und Strafzumessungsgründen wie der Bestand zahlreicher Vorstrafen in Deutschland sind dem Urteil des LG XXXX sowie dem Amtswissen des erkennenden Gerichtes durch Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich zu entnehmen.
Zeitpunkt der Festnahme und voraussichtlichen Entlassung sind der Vollzugsdateninformation der Justizanstalt XXXX vom XXXX.2019 entnehmbar.
Wenn in der Beschwerde behauptet wird, das Bundesamt begnüge sich mit der formelhaften Wiedergabe der Straftaten zur Begründung des Aufenthaltsverbotes, so entspricht es zwar den Tatsachen, dass Auszüge aus dem Strafurteil wortwörtlich wiedergegeben wurden. Das Rechtsmittel verkennt jedoch, dass gerade in Ermangelung geringer bis nicht vorhandener Bezüge des BF zu Österreich dessen jüngste Verurteilung im Mittelpunkt der Verhängung des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes stand.
Des Weiteren handelt es sich vorliegend zwar um die einzige Verurteilung in Österreich, völlig außer Acht gelassen werden jedoch die 16 Vorstrafen in Deutschland. Genau aus diesem Grund widerspricht es der Lebenserfahrung, wenn der BF im Rechtsmittel vermeint, er sei entschlossen, sein Leben zu ändern und bitte er, ihm eine "zweite" Chance zu geben.
Zutreffend ist, dass der Bescheid unrichtiger Weise (auf den Seiten 13 und 15) von mangelnden Deutschkenntnissen und irrtümlich von einem Aufenthalt des BF in Italien ausgegangen ist. Betrachtet man jedoch den restlichen Bescheidinhalt, so schaden diese beiden Fehler der Begründung nicht derart, dass die Entscheidung der belangten Behörde aufgehoben werden müsste.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
3.1. Zur Abweisung der Beschwerde:
3.1.1. Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, jener der die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Abs. 4 Z 8 leg cit als EWR-Bürger, jener Fremder, der Staatsangehöriger einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) ist.
Der BF als Staatsangehöriger von Deutschland ist sohin EWR-Bürger iSd. § 2 Abs. 4 Z 8 FPG.
3.1.2. Der mit "Aufenthaltsverbot" betitelte § 67 FPG lautet:
"§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.
(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.
(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere
1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);
3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder
4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.
(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise.
(Anm.: Abs. 5 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)"
Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet:
"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.
(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."
3.1.3. Die Beschwerde gegen den Bescheid des BFA war aus folgenden Gründen abzuweisen:
Da vom BF, der aufgrund seiner deutschen Staatsangehörigkeit in den persönlichen Anwendungsbereich von § 67 FPG fällt, - aufgrund seiner Anhaltung in Strafhaft (siehe EUGH 16.01.2014, C-378/12: wonach Strafhaften Aufenthaltszeiten unterbrechen und ein Addieren einzelner Zeiten vor und nach Strafhaften nicht möglich sei) die Voraussetzung eines durchgehenden rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet weder seit mehr als 5 noch 10 Jahren erfüllt ist, kommt für diesen der Prüfungsmaßstab des § 67 Abs. 1 1. und 2. Satz FPG für Unionsbürger zu Anwendung.
Gegen den BF als grundsätzlich unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gemäß § 67 Abs. 1 FPG sohin nur zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet tatsächlich, gegenwärtig und erheblich gefährdet wäre. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahme begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.
"Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" des Fremden abzustellen ist und strafrechtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (vgl. - noch zu § 86 FPG in der Fassung vor dem FrÄG 2011, der Vorgängerbestimmung des § 67 FPG - etwa die hg. Erkenntnisse vom 26. September 2007, Zl. 2007/21/0197, und vom 21. Februar 2013, Zl. 2012/23/0042, mwN)." (VwGH 25.04.2014, Ro 2014/21/0039)
Zudem gilt es festzuhalten, dass die fremdenpolizeilichen Beurteilungen eigenständig und unabhängig von den die des Strafgerichts für die Strafbemessung, die bedingte Strafnachsicht und den Aufschub des Strafvollzugs betreffenden Erwägungen zu treffen sind (vgl. Erkenntnis des VwGH v. 6.Juli 2010, Zl. 2010/22/0096) und es bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes/Einreiseverbotes in keiner Weise um eine Beurteilung der Schuld des Fremden an seinen Straftaten und auch nicht um eine Bestrafung geht. (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 8. Juli 2004, 2001/21/0119).
3.1.4. Der BF wurde unbestritten zuletzt wegen des Verbrechens des teilweise vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen, schweren Einbruchsdiebstahls zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 4 Jahren verurteilt.
Das vom BF gezeigte Verhalten, insbesondere die Gewerbsmäßigkeit der Taten, andere zum eigenen Vorteil an deren Eigentum zu schädigen, lässt eine massive kriminelle Energie erkennen. Dies wird zudem durch dessen unzählige, teils einschlägige Verurteilungen unterstrichen. Besonders hervorzuheben ist der Umstand, dass der BF nicht nur bereits mehrere Vorverurteilungen aufweist, sondern vor allem kurz nach seiner letzten Haftentlassung einschlägig delinquierte.
Das wiederholt (straf-)rechtswidrige Verhalten des BF, welches sich in mehreren einschlägigen Verurteilungen zeigt, lässt ein Fehlen einer Verbundenheit zu rechtsstaatlich geschützten Werten erkennen. Die bloße Behauptung, das geschehene Handeln zu beteuern, lässt eine reflektive Verantwortungsauseinandersetzung nicht erkennen. Der BF versuchte letztlich vielmehr, durch den Verweis darauf, ihm eine "zweite Chance" zu geben, die Verantwortung für seine Taten von sich zu weisen.
Vor dem Hintergrund, dass der BF trotz wiederholter einschlägiger Verurteilungen und erfahrener Haftübel in nur kurzen Zeitabständen wiederholt teils einschlägig delinquierte, lässt sich eine Wesens- bzw. Einstellungsänderung in absehbarer Zeit nicht prognostizieren.
Auch der seit den Straftaten des BF vergangene vorfallfreie Zeitraum lässt einen Schluss auf ein zukünftiges Wohlverhalten des BF nicht zu, befindet er sich zudem nach wie vor in Haft. Zum einen ist dieser - im Lichte seiner Kriminalhistorie - viel zu kurz, um daraus Rückschlüsse ziehen zu können und zum anderen verbrachte der BF die jüngste Vergangenheit durchgehend in Untersuchungs- und Strafhaft (vgl. VwGH 13.07.2011, 2007/18/0785: wonach es zur Beurteilung einer Wesensänderung eines Wohlverhaltens in Freiheit bedarf).
Abgesehen davon lässt die Vermögens- und Einkommenssituation des BF (Außenstände, kein - weil haftbedingtes - regelmäßiges Einkommen) den Rückfall in weiteres strafbares Verhalten befürchten.
Das vom BF gezeigte Verhalten lässt eine maßgebliche Gefährdung öffentlicher Interessen, insbesondere der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erkennen und kann diesem zudem keine positive Zukunftsprognose erstellt werden.
Ferner konnte im Hinblick auf § 9 BFA-VG, eingedenk des vom BF gezeigten Verhaltens, nicht von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes Abstand genommen werden.
In Bezug auf den BF konnten keine maßgeblichen Integrationssachverhalte festgestellt werden. Letztlich lässt das gezeigte Verhalten des BF auch keinen Integrationswillen erkennen.
Angesichts des besagten und - insbesondere - in seiner Gesamtheit gravierenden Fehlverhaltens des BF ist davon auszugehen, dass die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 9 BFA-VG zulässig ist. Dies deshalb, weil es zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele, insbesondere der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Hinblick auf die Verhinderung strafbarer Handlungen im Bereich von Eigentumsdelikten und dem damit einhergehenden Schutz von Vermögenswerten dringend geboten ist. So hat auch der VwGH schon wiederholt festgestellt, dass ein großes öffentliches Interesse an der Verhinderung von strafbaren Handlungen, insbesondere der Eigentumskriminalität, bestünde (vgl. VwGH 22.11.2017, Ra 2017/19/0474; 22.02.2017,
Ra 2017/19/0043).
Die öffentlichen Interessen an der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sind demnach höher zu gewichten als die gegenläufigen privaten Interessen des BF. Das vom BF gesetzte Verhalten ist als schwerwiegend anzusehen und geeignet, die öffentlichen Interessen maßgeblich zu gefährden, sodass die Voraussetzungen für die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 67 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG gegenständlich vorliegen und unter den gegebenen Umständen die Erlassung eines solchen auch im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 9 BFA-VG als zulässig zu werten ist.
3.1.5. Auch was die gewählte Dauer des Aufenthaltsverbotes betrifft, bewegt sich diese innerhalb des dem Bundesamt zur Verfügung stehenden Rahmens. So sieht § 67 Abs. 2 FPG im vorliegenden Fall, insbesondere aufgrund der Verurteilung des BF zu einer 4jährigen Freiheitsstrafe die Erlassung eines bis zu 10 Jahren befristeten Aufenthaltsverbotes als zulässig an.
Wirft man einen Blick auf die zahlreichen Verfehlungen des BF und deren Unwerte, insbesondere im Hinblick auf das gewerbsmäßige Vorgehen, aber auch auf den vom BF wiederholt aufgezeigten Unwillen, sich an gültige Normen zu halten, so kann, unter Berücksichtigung fehlender Bezugspunkte und Integration in Österreich, der Einschätzung des Bundesamtes nicht entgegengetreten werden, wenn dieses in Ermangelung des Erkennens einer Reue beim BF, die Verhängung eines auf 10 Jahre befristetes Aufenthaltsverbotes für zulässig erachtet.
3.1.6. Der mit "Ausreisepflicht und Durchsetzungsaufschub" betitelte § 70 FPG lautet wie folgt:
"§ 70. (1) Die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot werden spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige hat dann unverzüglich auszureisen. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit ist für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde.
(Anm.: Abs. 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)
(3) EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.
(4) Der Durchsetzungsaufschub ist zu widerrufen, wenn
1. nachträglich Tatsachen bekannt werden, die dessen Versagung gerechtfertigt hätten;
2. die Gründe für die Erteilung weggefallen sind oder
3. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige während seines weiteren Aufenthaltes im Bundesgebiet ein Verhalten setzt, das die sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gebietet."
Vor dem Hintergrund der vom BF ausgehenden Gefährlichkeit, insbesondere dessen negativer Zukunftsprognose, hervorgerufen durch die wiederholten Straffälligkeit einen neuerlichen Rückfall befürchten lässt, kann der belangten Behörde zudem nicht entgegengetreten werden, wenn diese - unter Beachtung der aktuellen Inhaftierung und mangelnder Erkennbarkeit einer maßgeblichen Wesensänderung (vgl. VwGH 13.07.2011, 2007/18/0785: Hinsichtlich der Notwendigkeit maßgeblicher Zeiträume des Wohlverhaltens in Freiheit) - die sofortige Beendigung des Aufenthaltes des BF im Bundesgebiet als im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung für gelegen erachtet.
3.1.7. Der mit "Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde" betitelte § 18 BFA-VG lautet:
"§ 18. (1) Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz kann das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn
1. der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt,
2. schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,
3. der Asylwerber das Bundesamt über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat,
4. der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat,
5. das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,
6. gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder
7. der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.
Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt, so ist Abs. 2 auf diese Fälle nicht anwendbar. Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung.
(2) Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist vom Bundesamt abzuerkennen, wenn
1. die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist,
2. der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist oder
3. Fluchtgefahr besteht.
(3) Bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.
(4) Der Beschwerde gegen eine Ausweisung gemäß § 66 FPG darf die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt werden.
(5) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.
(6) Ein Ablauf der Frist nach Abs. 5 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen.
(7) Die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG sind in den Fällen der Abs. 1 bis 6 nicht anwendbar."
Wie bereits oben zur Gefährlichkeit des BF und dessen negativen Zukunftsprognose ausgeführt wurde, kann der belangten Behörde auch nicht entgegengetreten werden, wenn diese die Effektuierung des ausgesprochenen Aufenthaltsverbotes im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung für erforderlich erachtet.
Anhaltspunkte, welche eine Beeinträchtigung der dem BF gemäß Art 2 oder 3 EMKR zugesicherten Rechte naheliegen ließen, konnten weder von Amts wegen festgestellt werden, noch wurde dies vom BF konkret behauptet. Eine Verletzung von Art 8 EMRK ist zudem schon aufgrund der gänzlichen Abweisung der Beschwerde nicht erkennbar. Verfahrensgegenständlich lässt sich sohin ein Grund für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht feststellen.
3.1.8. Im Ergebnis war die Beschwerde demzufolge als unbegründet abzuweisen.
3.2. Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.
Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat in Bezug auf § 41 Abs. 7 AsylG 2005 in der Fassung bis 31.12.2013 unter Berücksichtigung des Art. 47 iVm. Art. 52 der Grundrechte-Charta der Europäischen Union (im Folgenden: GRC) ausgesprochen, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde erklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat die beschwerdeführende Partei hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor der belangten Behörde releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die von der beschwerdeführenden Partei bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen - allenfalls mit ergänzenden Erhebungen - nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfGH 14.03.2012, U 466/11-18, U 1836/11-13).
Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014,
Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des VfGH vom 12.03.2012,
Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.
Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen. Der Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.
Es konnte daher die gegenständliche Entscheidung auf Grund der Aktenlage getroffen und von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.
Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Schlagworte
Aufenthaltsverbot, Durchsetzungsaufschub, Interessenabwägung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:G307.2213211.1.00Zuletzt aktualisiert am
28.01.2020