TE Vwgh Erkenntnis 1998/9/8 95/03/0185

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Veröffentlicht am 08.09.1998
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §7 Abs1;
StVO 1960 §97 Abs5;
VStG §44a Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des M E in Z, vertreten durch Dr. Anton Waltl und Dr. Peter Krempl, Rechtsanwälte in 5700 Zell am See, Sebastian-Hörl-Straße 7, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 16. Mai 1995, Zl. UVS-3/2936/4-1995, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I. Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 17. Mai 1992 um 07.40 Uhr im Stadtgebiet von Zell am See ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Motorfahrrad in der Salzmannstraße, vom Bahnhof kommend, Richtung Kreuzgasse gelenkt und dabei 1. in der Salzmannstraße Richtung Kreuzgasse fahrend als Fahrzeuglenker eines einspurigen Fahrzeuges die durch deutlich sichtbare Zeichen gegebene Aufforderung eines Organs der Straßenaufsicht zum Anhalten nicht befolgt, und

2. sei er in der Salzmannstraße, beginnend von der Abzweigung der Bahnhofstraße in die Salzmannstraße bis zur Abzweigung der Salzmannstraße nach links in die Kreuzgasse nicht so weit rechts gefahren, wie ihm dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung oder Belästigung anderer Straßenbenützer und ohne Schädigung von Sachen möglich gewesen wäre, da er ohne zwingenden Grund wiederholt vorschriftswidrig den linken Fahrstreifen befahren habe. Er habe dadurch Übertretungen zu 1. nach § 97 Abs. 5 StVO 1960, zu 2. nach § 7 Abs. 1 StVO 1960 begangen; über ihn wurde zu 1. gemäß § 99 Abs. 4 lit. i StVO 1960 eine Geldstrafe von S 600,-- (als Ersatzfreiheitsstrafe: 36 Stunden), zu 2. gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960 eine Geldstrafe von S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 30 Stunden) verhängt. In einer Reihe von anderen Punkten wurde der Erstbescheid - der Berufung folgend - aufgehoben und das Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer diesbezüglich eingestellt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

II. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerde wendet gegen den angefochtenen Bescheid - mit Blick auf § 33a VwGG - zunächst ein, daß die Erstbehörde den Beschwerdeführer "infolge sechs Verwaltungsübertretungen zu einer Geldstrafe in der Höhe von S 16.900,--" verurteilt habe; dieser Bescheid sei vom Beschwerdeführer in seiner Berufung "seinem gesamten Umfang nach angefochten" worden, "sodaß von einem 'Streitwert' von

S 16.900,-- auszugehen" sei. Aus diesem Grund hätte der angefochtene Bescheid im Lichte des § 51c VStG nicht von einem Einzelmitglied erlassen werden dürfen.

Dieses Vorbringen ist verfehlt. Durch die Verhängung mehrerer Geldstrafen gegen denselben Täter wegen mehrerer Verwaltungsübertretungen - wie vorliegend - in einer einheitlichen Bescheidausfertigung durch die Erstbehörde wird nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nämlich nicht bewirkt, daß die Geldstrafen insgesamt zusammenzuzählen sind und damit eine Veränderung in der Zusammensetzung des unabhängigen Verwaltungssenates (§ 51c VStG) eintritt, handelt es sich doch dabei um mehrere Bescheide, die nur gemeinsam ausgefertigt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Juli 1993, Zlen. 93/03/0040, 93/03/0041, mwH). Es kann daher nicht als rechtswidrig angesehen werden, wenn im vorliegenden Fall ein Einzelmitglied des unabhängigen Verwaltungssenates über die nicht über der im § 51c leg. cit. genannten Wertgrenze liegenden Strafen entschieden hat.

2. Zur Übertretung nach § 97 Abs. 5 StVO 1960

Gemäß § 97 Abs. 5 StVO sind die Organe der Straßenaufsicht berechtigt, durch deutlich sichtbare Zeichen Fahrzeuglenker zwecks Lenker- oder Fahrzeugkontrolle oder anderer den Fahrzeuglenker oder eine beförderte Person betreffenden Amtshandlungen zum Anhalten aufzufordern. Der Fahrzeuglenker hat der Aufforderung Folge zu leisten. Das Tatbild einer solchen Übertretung besteht demnach jedenfalls darin, daß der Fahrzeuglenker einer Aufforderung eines Organs der Straßenaufsicht zum Anhalten nicht Folge geleistet hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genügt es bei der Spruchfassung nicht, die im Gesetz enthaltenen Worte "durch deutlich sichtbare Zeichen zum Anhalten aufzufordern" zu verwenden, vielmehr ist in den Spruch aufzunehmen, welches bestimmte Zeichen des Straßenaufsichtsorgans vom Lenker nicht befolgt wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. März 1992, Zlen. 91/03/0044, 91/03/0045, mwH). Mit ihrer Rüge, daß der angefochtene Bescheid eine derartige Konkretisierung vermissen lasse, ist die Beschwerde im Recht.

3. Zur Übertretung nach § 7 Abs. 1 StVO 1960

Nach § 7 Abs. 1 erster Satz leg. cit. hat der Lenker eines Fahrzeuges, sofern sich aus der StVO 1960 nichts anderes ergibt, so weit rechts zu fahren, wie ihm dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer und ohne Beschädigung von Sachen möglich ist. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fordert die Tatumschreibung einer Übertretung nach § 7 Abs. 1 StVO 1960 einerseits die Konkretisierung, wie weit rechts ein Fahrzeuglenker gefahren sei, und andererseits die konkrete Angabe, wie weit ihm dies zumutbar und möglich gewesen sei (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 14. Juli 1993, Zl. 92/03/0080, und vom 15. Dezember 1993, Zl. 92/03/0249). Zwar wird der angefochtene Bescheid dem sich daraus ergebenden Erfordernis der örtlichen Beschreibung der Tat in Ansehung der Tatanlastung, "ohne zwingenden Grund wiederholt vorschriftswidrig den linken Fahrstreifen befahren" zu haben, - entgegen der Beschwerde - gerecht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 21. September 1988, Zl. 88/03/0042, und vom 14. Dezember 1988, Zl. 88/02/0164). Mit ihrem Einwand, es seien diesbezüglich von der Erstbehörde keine Verfolgungshandlungen gesetzt worden, ist die Beschwerde aber im Recht. Dem Beschwerdeführer wurden nämlich die besagten, im Spruch des angefochtenen Bescheides enthaltenen Umstände nach Ausweis des Verwaltungsaktes erstmals von der belangten Behörde - somit jedenfalls nach der sechsmonatigen Verjährungsfrist nach § 31 Abs. 2 VStG - die im Beschwerdefall am 17. Mai 1992, dem Tatzeitpunkt, zu laufen begann und am 17. November 1992 endete - gesetzt, weshalb § 31 Abs. 1 VStG der Verfolgung des Beschwerdeführers wegen des in Rede stehenden Deliktes durch die belangte Behörde entgegenstand.

4. Diese Ausführungen zeigen, daß die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid hinsichtlich beider Übertretungen mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet hat. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben. Auf das weitere Beschwerdevorbringen war daher nicht einzugehen.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 8. September 1998

Schlagworte

"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung) Spruch Begründung (siehe auch AVG §58 Abs2 und §59 Abs1 Spruch und Begründung) Tatvorwurf Beschreibung des in der Begründung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1995030185.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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