Entscheidungsdatum
18.09.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs2Spruch
G307 2214497-1/6E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde und den Vorlageantrag des XXXX, geb. am XXXX, StA. Bosnien und Herzegowina, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. Roland GRILC, Mag. Rudolf VOUK, Dr. Maria ŠKOF, MMag. Maja RANC, Mag. Sara GLILC, LL.M., in 9020 Klagenfurt, gegen den Bescheid vom 13.09.2018 sowie die Beschwerdevorentscheidung vom 06.02.2019 des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Zahl XXXX beschlossen:
A) Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
Verfahrensgang und Sachverhalt:
Am 18.06.2018 langte beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) ein Abschlussbericht der LPD XXXX ein, wonach der Beschwerdeführer (BF) wegen einer am XXXX.2018 begangenen Urkundenfälschung an die Staatsanwaltschaft XXXX angezeigt worden sei. Im dahingehend angefertigten Personalblatt spiegelte sich seine Hauptwohnsitzadresse in Bosnien und Herzegowina, nämlich XXXX, wieder.
Gleichzeitig wurde auch die Zustellbestätigung übermittelt, wonach dem BF am 14.04.2018 persönlich die Verständigung von der Beweisaufnahme des BFA durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes der LPD XXXX ausgehändigt wurde. Darin wurde der BF über die beabsichtigte Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme informiert und aufgefordert, binnen zwei Wochen nach Zustellung dieser Verständigung hierzu eine Stellungnahme abzugeben. Es wurde ebenso darauf hingewiesen, dass der BF gemäß § 8 ZuStG jede Änderung seiner Zustelladresse der Behörde unverzüglich mitzuteilen habe, ansonsten ist die Zustellung weiterer Schriftstücke durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch vorzunehmen, falls eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Eine Stellungnahme wurde vom BF nicht erstattet.
Am 14.08.2018 wurde hinsichtlich des BF eine Abfrage im Zentralen Melderegister durchgeführt. Der BF verfügte über keine Wohnsitzmeldung in Österreich.
Mit Schreiben vom 14.08.2018 wurde vom BFA eine Anfrage an das Polizeikooperationszentrum (PKZ) XXXX gerichtet, ob es bezüglich des BF eine Vormerkung in Bosnien und Herzegowina gäbe, wobei das BFA auch die oben erwähnte Heimatadresse des BF angab. Am 03.09.2018 wurde das BFA davon verständigt, dass laut den Behörden des Heimatstaates des BF keine polizeilichen Vormerkungen existieren.
Mit dem im Spruch angeführten Bescheid vom 13.09.2018 wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Bosnien und Herzegowina zulässig ist (Spruchpunkt III.), gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 2 FPG gegen den BF ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt V.).
Die Zustellung des angefochtenen Bescheides erfolgte gemäß § 8 Abs. 2 iVm § 23 ZustG durch Hinterlegung ohne vorhergehenden Zustellversuch bei der Behörde.
Mit Schriftsatz vom 20.12.2018, eingelangt beim BFA am 21.12.2018, wurde dagegen Beschwerde behoben und zugleich ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, ein Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung sowie ein Eventualantrag auf Aufhebung des Einreiseverbotes gestellt. Hinsichtlich der Zustellung des angefochtenen Bescheides wurde zusammengefasst vorgebracht, dieser sei dem BF niemals persönlich zugestellt, sondern der Bescheid durch Anschlag auf der Amtstafel "zugestellt" worden. Diese Form der Zustellung erweise sich als rechtswidrig. Dem Akt des Landesgerichtes XXXX wäre ohne weiteres eine Adresse des Beschwerdeführers zu entnehmen gewesen. In der Niederschrift, aufgenommen am 14.04.2018, sei dem BF, unter Verletzung der die Behörde treffenden Manuduktionspflicht nicht ausreichend klargelegt worden, mit welchen Rechtsfolgen zu rechnen sei und welche Maßnahmen die Behörde zu treffen beabsichtige. Der Behörde sei es jederzeit möglich gewesen, die Adresse des BF oder zumindest die Adresse des Arbeitgebers des BF zu eruieren und den Bescheid an diese Adresse zuzustellen. Die Behörde habe aber nicht einmal einen Versuch einer derartigen Zustellung unternommen. Der BF habe erstmalig am XXXX.2018 am Grenzübergang XXXX bei der Einreise nach Slowenien durch die slowenische Zollbehörde davon erfahren, dass gegen ihn ein Einreiseverbot bestehe. Der Arbeitgeber des Beschwerdeführers habe daraufhin veranlasst, dass eine Erhebung bei der erstinstanzlichen Behörde durchgeführt und am 17.12.2018 der Bescheid in Fotokopie eingeholt werde.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 06.02.2019 wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 13.09.2018 gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG zurückgewiesen mit der Begründung, dass dem BF am 14.04.2018 die Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme zugestellt worden sei mit dem Hinweis, dass der BF gemäß § 8 ZustG jede Änderung der Zustelladresse der Behörde unverzüglich mitzuteilen habe, weil ansonsten die die Zustellung weiterer Schriftstücke durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch vorgenommen werde. Der BF habe weder eine Stellungnahme eingebracht oder eine Zustelladresse bekannt gegeben, wodurch der belangte Bescheid im Akt hinterlegt und am 30.10.2018 in Rechtkraft erwachsen sei. Die dagegen am 21.12.2018 erhobene Beschwerde sei somit nicht zulässig.
Am 11.02.2019 langte beim BFA der Vorlageantrag des BF ein. Darin wird noch einmal darauf hingewiesen, dass im gegenständlichen Fall keine Hinterlegung des Bescheides erfolgen hätte dürfen.
Die Beschwerde und der zugehörige Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) vorgelegt, wo sie am 14.02.2019 einlangten.
Beweiswürdigung:
Der oben angeführte Verfahrensgang und Sachverhalt ergibt sich aus dem diesbezüglichen unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und dem Beschwerdevorbringen des BF.
Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
Eine Partei, die während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre bisherige Abgabestelle ändert, hat dies gemäß § 8 Abs. 1 ZuStG der Behörde unverzüglich mitzuteilen. Wird diese Mitteilung unterlassen, so ist laut § 8 Abs. 2 ZuStG, soweit die Verfahrensvorschriften nicht anderes vorsehen, die Zustellung durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch vorzunehmen, falls eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden kann.
Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden kann, sind auch die Möglichkeiten des BFA miteinzubeziehen, wie beispielsweise die Möglichkeit der Kontaktaufnahme bei den Behörden des Heimatlandes (vgl. VwGH 11.06.2013, 2013/21/0011).
Im gegenständlichen Verfahren wurde dem BF mittels der ihm persönlich ausgehändigten Verständigung über die Beweisaufnahme mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, eine aufenthaltsbeendende Maßnahme zu erlassen. Somit ist davon auszugehen, dass der BF Kenntnis von einem ihn betreffenden beim BFA anhängigen Verfahren hat. Bezüglich der Hinterlegung beruft sich die Behörde darauf, dass der BF keine Zustelladresse bekannt gegeben habe, weswegen der Bescheid im Akt hinterlegt worden sei. Dabei wird aber übersehen, dass aus dem Akt sehr wohl eine Zustelladresse des BF hervorgeht. Im Abschlussbericht der LPD XXXX (Personalblatt) wird die Heimatadresse angeführt und auch seitens des BFA für eine Anfrage an die Behörden des Heimatlandes des BF verwendet. Ein Zustellversuch an diese Adresse wurde von der Behörde nicht unternommen.
Dem Akteninhalt lässt sich nicht entnehmen, dass der BF seine Abgabestelle im Laufe des Verfahrens geändert hätte bzw. dass die (allenfalls geänderte) Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden hätte können. So wäre es dem BFA im Falle eines fehlgeschlagenen Zustellversuches, wie schon beim Auskunftsersuchen bezüglich polizeilicher Vormerkungen, möglich gewesen, auch diesbezüglich an die Behörden des Heimatlandes des BF heranzutreten.
Das BFA hätte sohin nicht ohne weiteres den Bescheid gemäß § 8 Abs. 2 iVm § 23 ZuStG durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch zustellen dürfen. Es liegt daher ein Zustellmangel vor, der gemäß § 7 ZustG grundsätzlich sanierbar ist.
Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt die Zustellung gemäß § 7 ZuStG als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist.
Dabei muss es sich um das zuzustellende Dokument handeln. Die Kenntnis vom Bescheidinhalt durch Übermittlung einer Kopie stellt kein tatsächliches Zukommen im Sinne des § 7 ZuStG dar. Maßgeblich ist, dass der Bescheid im Original vom BF oder dem von ihm bevollmächtigten Vertreter in Empfang genommen wird (vgl. VwGH 16.07.2014, 2013/01/0173; 11.11.2013, 2012/22/0120).
In der Beschwerde wird ausgeführt, dass der Bescheid lediglich in Fotokopie eingeholt worden sei, dies auf Veranlassung des Arbeitgebers des BF.
Die Beweislast dafür, ob der Bescheid dem BF oder seinen bevollmächtigten Vertretern im Sinne des § 7 ZuStG tatsächlich zugekommen ist, trägt die Behörde. Sie muss durch Anhaltspunkte belegen können, dass das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist, allenfalls hat sie diese Frage durch Ermittlungen zu klären (vgl. VwGH 03.10.2013, 2013/09/0103).
Aus dem Akteninhalt ist nicht erkennbar, dass der Bescheid dem BF oder seinen bevollmächtigten Vertretern im Original zugekommen ist und er nicht bloß durch eine Fotokopie Kenntnis von seinem Inhalt erlangt hat.
In Anbetracht der oben angeführten Judikatur ist somit nicht von einer rechtswirksamen Zustellung auszugehen und ist die Beschwerde daher als unzulässig zurückzuweisen.
Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
rechtswirksame Zustellung, ZustellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:G307.2214497.1.00Zuletzt aktualisiert am
28.01.2020