Entscheidungsdatum
30.09.2019Norm
B-VG Art. 133 Abs4Spruch
G306 2214945-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Dietmar MAURER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. am XXXX, StA. Griechenland, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.02.2019, Zl. XXXX zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer (BF) wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX, Zl. XXXX, vom XXXX.1995, wegen Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Diese Verurteilung wurde im Rechtsmittelweg durch den Obersten Gerichtshof (OGH) bestätigt. Der BF befindet sich seither durchgehend in Strafhaft.
Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwessen und Asyl (BFA) vom 02.10.2015 wurde der BF aufgefordert, betreffend des geplanten Aufenthaltsverbotes Stellung zu nehmen.
Am 09.10.2015 langte das mit 06.10.2015 datierte Schreiben des BF beim BFA ein.
Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid, wurde gegen den BF gemäß § 67 Abs. 1 und 3 FPG ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), und diesem gemäß § 70 Abs. 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt. (Spruchpunkt II.) und der Beschwerde gegen das Aufenthaltsverbot gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).
Mit Schreiben vom 18.02.2019 beim BFA am 19.02.2019 eingelangt, erhob der BF Beschwerde gegen den oben genannten Bescheid an das Bundesverwaltungsgericht.
Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden vom BFA vorgelegt und ist am 20.02.2019 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Feststellungen:
Der, die im Spruch angeführte Identität (Name und Geburtsdatum) führende, BF ist griechischer Staatsbürger und sohin EWR-Bürger gemäß § 2 Abs. 4 Z 8 FPG.
Der BF ist zu einem nicht genau feststellbaren Zeitpunkt, jedoch im Jahr 1949 in das österreichische Bundesgebiet eingereist und hält sich seitdem in diesem auf. Der BF weist im Bundesgebiet insgesamt 9 strafrechtliche Verurteilungen auf.
Der BF befindet sich seit dem Jahr 1995 durchgehend in Strafhaft. Der BF ist seit dem XXXX.1995 in diversen Justizanstalten mittels Hauptwohnsitz gemeldet.
Der BF wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX, Zl. XXXX, vom XXXX.1995, wegen Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Diese Verurteilung wurde im Rechtsmittelweg durch den Obersten Gerichtshof (OGH) bestätigt.
Aus dem zitierten Strafurteil geht die Tathandlung ausführlich hervor und bezieht sich auf die Strafbemessung als mildernd das Geständnis und als erschwerend das getrübte Vorleben, das Zusammentreffen von drei Verbrechen (Mord, Vergewaltigung und Freiheitsentziehung), und die brutalen und grausamen Begehungsweise. Aufgrund der brutalen und grausamen Begehungsweise verzichtet das erkennende Gericht auf eine detaillierte Ausführung des Tatherganges.
Der BF besuchte in Österreich die Grundschule und begann eine Lehre zum Schlosser, welcher er jedoch nicht abschloss. Der BF reiste nach Abbruch der Lehre nach Griechenland aus, kehrte jedoch wieder in das Bundesgebiet zurück und wurde hier erstmalig 1974 straffällig. Im Anschluss erfolgten weitere 8 Verurteilungen.
Der BF verfügt im Bundesgebiet über familiäre Anknüpfungspunkte in Form seiner Tochter und seines Sohnes. Es besteht zu ihnen kein Kontakt (seit der Inhaftierung).
Sonst konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration des BF in Österreich festgestellt werden.
Beweiswürdigung:
Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Zur Person und zum Vorbringen der beschwerdeführenden Partei:
Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zu Identität, zur Staatsangehörigkeit, zur Dauer des Aufenthaltes des BF in Österreich getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurden.
Die rechtskräftige Verurteilung(en) sowie die bezughabenden Ausführungen hinsichtlich der Straftat, beruhen auf den Ausführungen des BF in der Beschwerde sowie den im Akt befindlichen Urteilsausfertigung des genannten Urteils und dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichts (Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich).
Die Feststellungen zu den familiären Bezügen im Bundesgebiet beruhen auf den Angaben des BF sowie aus dem Akteninhalt.
Die andauernde Inhaftierung des BF seit dem Jahr 1995 beruht auf einem aktuellen Auszug aus dem Zentralen Melderegister und ergeben sich die fehlenden Anhaltspunkte hinsichtlich einer hinreichenden Integration des BF aus dem Umstand, dass weder vor der belangten Behörde noch in der Beschwerde konkrete Angaben dahingehend getätigt wurden, die eine hinreichende Integration in Österreich annehmen lassen würden. Diesbezüglich wird darauf verwiesen, dass sich der BF nunmehr beinahe 25 Jahr in Haft befindet.
Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
Zu Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides.:
Der BF ist auf Grund seiner deutschen Staatsbürgerschaft EWR-Bürger gemäß § 2 Abs. 4 Z 8 FPG.
Die entsprechenden Bestimmungen des FPG hinsichtlich des Aufenthaltsverbotes lauten wie folgt:
"§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.
(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.
(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere
1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);
3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder
4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.
(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise."
"§ 70. (1) Die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot werden spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige hat dann unverzüglich auszureisen. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit ist für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde.
(2) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)
(3) EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.
(4) Der Durchsetzungsaufschub ist zu widerrufen, wenn
1. nachträglich Tatsachen bekannt werden, die dessen Versagung gerechtfertigt hätten;
2. die Gründe für die Erteilung weggefallen sind oder
3. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige während seines weiteren Aufenthaltes im Bundesgebiet ein Verhalten setzt, das die sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gebietet."
Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet:
§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 Abs. 1a FPG nicht erlassen werden, wenn
1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, oder
2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.
(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."
Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Beschwerde des BF nicht begründet und daher abzuweisen war.
Gegen den BF als grundsätzlich unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gemäß § 67 Abs. 1 FPG nur zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahme begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Der strengere Prüfungsmaßstab nach Abs. 5 des § 67 Abs. 1 FPG kommt nicht zu Tragen, da der BF sich mittlerweile seit beinahe 25 Jahren durchgehend in Haft befindet und damit der Aufenthalt im Bundesgebiet in dieser Zeit als unterbrochen gilt. Der BF gibt auch selbst an, dass seine Kinder den Kontakt zu ihm seit der Straftat abgebrochen haben und somit auch keine familiären Bindungen zu diesen festgestellt werden konnte.
Bei der Stellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose - gleiches gilt auch für ein Aufenthaltsverbot oder Rückkehrverbot - ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesen zugrunde liegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an. (vgl. VwGH 19.2.2013, 2012/18/0230)
In diesem Zusammenhang weist das erkennende Gericht der Vollständigkeit halber darauf hin, dass die fremdenpolizeilichen Beurteilungen unabhängig und eigenständig, von den die des Strafgerichts für die Strafbemessung, die bedingte Strafnachsicht und den Aufschub des Strafvollzugs betreffenden Erwägungen zu treffen hat (vgl. Erkenntnis des VwGH v. 6.Juli 2010, Zl. 2010/22/0096). Es obliegt daher dem erkennenden Gericht festzustellen, ob eine Gefährdung im Sinne des FPG vorliegt oder nicht. Es geht bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in keiner Weise um eine Beurteilung der Schuld des Fremden an seinen Straftaten und auch nicht um eine Bestrafung (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 8. Juli 2004, 2001/21/0119).
Der BF wurde unbestritten mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX, wegen Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB schuldig gesprochen und zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Der BF beging den Mord (auch Vergewaltigung und Freiheitsentziehung) in einer brutalen und grausamen Weise, welches dem Opfer unvorstellbare Qualen bescherte.
In dieser Hinsicht hat der BF die allgemeinen Aufenthaltsverbotstatbestände des § 67 Abs. 1 iVm Abs. 3 FPG erfüllt.
Dies indiziert jedenfalls, dass vom BF eine schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit im Sinn des § 67 Abs. 1 FPG ausgeht.
Der BF ging bei seiner Tathandlung äußerst aggressiv, brutal und kaltblütig vor. Er hielt sein Opfer zumindest 10 Tage in einer Wohnung gefangen. Das Opfer wurde in dieser Zeit vergewaltigt und musste über sich unzählige Erniedrigungen ergehen lassen um schlussendlich durch einen Schuss in den linken Nacken durch den BF getötet zu werden.
Sohin ist die vom BF begangene Tat nicht nur als schwerwiegend verwerflich anzusehen, sondern hat der BF damit auch wesentliche Interessen der Gesellschaft an sich, nämlich Sicherheit für die Person und ihrer Interessen sowie des sozialen Friedens, zuwidergehandelt. Das vom BF gezeigte, Verhalten weist sohin auf eine hohe Bereitschaft der Negierung nicht nur österreichscher Gesetze und gesellschaftlicher Regeln hin, sondern löschte er ein Menschenleben aus und verstieß dadurch gegen das höchste Gebot, welches durch einen Menschen verletzt werden kann, nämlich das Recht auf Leben. Das Verhalten des BF erfährt dadurch eine Potenzierung und ist von einer besonderen Gefährlichkeit einer solchen Person ausgehenden.
Das bisher nicht wahrnehmbare Bereuen der Taten seitens des BF sowie des in der Beschwerde fehlenden Ausdruckes einer allfälligen Einsicht in das Unrecht der Taten und einer erfolgt habenden Auseinandersetzung mit diesen, kann, vor dem Hintergrund des oben ausgeführten, dem BF gegenwärtig keine positive Zukunftsprognose erstellt werden.
Auffällig ist auch, dass der BF in seiner Beschwerde und seinen weiteren Eingaben, zwar darauf hinweist, dass es ihm bewusst sei eine schwere Tat begangen zu haben, gleichzeitig diese jedoch damit rechtfertigt, dass er eine schwere Kindheit hatte, bzw. selbst Opfer des Stiefvaters und dessen Sohn wurde. Der BF vermeint auch aufgrund seines langen Aufenthaltes in Haft dazugelernt zu haben und bringt diverse Unterlagen in Vorlage (Bestätigung über Bachelor Studium).
Der BF befindet sich nun seit dem Jahr 1994 durchgehend in Haft (bis auf überwachte Ausgänge). Eine bedingte Haftentlassung ist noch nicht vorhersehbar. Es ist daher davon auszugehen, dass bei einer fehlenden Bereitschaft sich seinen Taten und damit verbundenen Gewaltbereitschaft samt der damit zusammenhängenden potentiellen Gefährdung öffentlicher und privater Interessen zu stellen, in absehbarer Zeit kein Eintritt einer Änderung dieser erkannt und angenommen werden kann.
Auch die im Lichte des § 9 BFA-VG gebotene Abwägung der privaten und familiären Interessen des BF mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen konnte eine Abstandnahme von der Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes nicht rechtfertigen. Vielmehr weist der BF aufgrund seiner bereits vergangenen, beinahe 25-jährigen Inhaftierung und der andauernden gegenwärtigen Inhaftierung, kein aufrechtes Familienleben mehr auf und müssen aufgrund seiner Inhaftierung und der sich damit naturgemäß ergebenden Unmöglichkeit des Erhaltens intensiver Kontakte, jedenfalls eine Relativierung hinnehmen, welche durch die vom BF begangenen Tat eine weitere Potenzierung erfährt. So konnten den BF weder seine familiären Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet sowie der allfällige damit aufgrund des möglichen Entzuges der Aufenthaltsberechtigung im Bundesgebiet in Verbindung gestanden habende Verlust dieser von der Begehung der Straftat abhalten. In diesem Zusammenhang wird auch darauf verwiesen, dass gegen den BF bereits im Jahr 1984 ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen wurde, im damals ein Durchsetzungsaufschub eingeräumt wurde und er einer freiwilligen Ausreise nicht nachkam, sondern im Bundesgebiet weiterhin verblieb und Straftaten beging.
Auf wenn der BF laufend psychologische Betreuung in Anspruch nimmt, kann nicht davon ausgegangen werden, dass vom BF keine Gefahr mehr ausgehen wird. Falls man davon ausgeht, dass der BF im Zuge seiner Therapie Störungen reduzieren vermag, so kann man für die Zukunft jedoch einen erneuten Ausbruch seiner Aggressionen - einhergehend z. B. mit schweren Körperverletzungen bis zum Mord, nicht ausschließen. Es gibt auch zum heutigen Zeitpunkt keine Gewähr dafür, dass der BF seine Therapie weiterführt bzw. sie nicht abbricht und es daher neuerlich zu schweren strafrechtlichen Taten kommen wird.
Den insoweit geminderten persönlichen Interessen des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet, steht sohin zum einen der Umstand die aufgrund seiner Straftat gipfelnden Verhaltens resultierende Gefährdung öffentlicher Interessen gegenüber, wobei dem ein, im Lichte des großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung von strafbaren Delikten - insbesondere jene des BF-, sohin den Interessen der österreichischen Gesellschaft zuwiderlaufendes, schwer verwerfliches Fehlverhalten zur Last liegt. Bei Abwägung der genannten gegenläufigen Interessen ist zur Auffassung zu gelangen, dass die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen, somit zur Erreichung von im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen, dringend geboten ist und somit die Interessen des BF überwiegen.
Unter Zugrundelegung des großen öffentlichen Interesses an der Beendigung des Aufenthalts des BF erweist sich auch das Ergebnis der von der belangten Behörde vorgenommenen Abwägung als unbedenklich.
Angesichts des vom BF begangenen Verbrechens, der Ausführung der Tat, der Strafhöhe seiner Verurteilung, die gewaltbereite Neigung des BF, der möglichen Auswirkungen auf die Opfer und der nicht gegebenen positiven Zukunftsprognose, ist im Sinne der bezughabenden Judikatur des VwGH - wonach die Dauer des Aufenthaltsverbotes sich am Bestehen der für den Ausspruch eines solchen maßgeblichen Gründe zu orientieren hat (vgl. VwGH 24.09.2009, 2007/18/0396) - davon auszugehen, dass die von der belangten Behörde verhängte Aufenthaltsverbotsdauer einer Reduktion nicht zugängig ist und der vom BF ausgehenden nachhaltigen Gefährlichkeit nur mit einem unbefristeten Aufenthaltsverbot begegnet werden kann.
Da sich sowohl die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes an sich als auch die Höhe dieses als rechtmäßig erwiesen hat, war die Beschwerde gemäß § 67 Abs. 1 und 3 FPG als unbegründet abzuweisen.
Der BF wird erst in der Zeit der Freiheit (nach Entlassung aus der Strafhaft) beweisen müssen, dass er sich gewandelt hat und er ein Gesetzestreues Leben führen will und auch kann.
Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:
Der mit "Ausreisepflicht und Durchsetzungsaufschub" betitelte § 70
FPG lautet wie folgt:
"§ 70. (1) Die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot werden spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige hat dann unverzüglich auszureisen. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit ist für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde.
(Anm.: Abs. 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)
(3) EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.
(4) Der Durchsetzungsaufschub ist zu widerrufen, wenn
1. nachträglich Tatsachen bekannt werden, die dessen Versagung gerechtfertigt hätten;
2. die Gründe für die Erteilung weggefallen sind oder
3. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige während seines weiteren Aufenthaltes im Bundesgebiet ein Verhalten setzt, das die sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gebietet."
Der BF stellt eine schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Interessen dar und ist der belangten Behörde folgend, davon auszugehen, dass die sofortige Ausreise des BF iSd. der obzitierten Norm von Nöten wäre.
Insofern ist der belangten Behörde sohin nicht entgegenzutreten und war angesichts der obigen Bestätigung des Aufenthaltsverbotes, die Beschwerde auch in diesem Umfang als unbegründet abzuweisen.
Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG kann bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.
Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom BFA aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Gemäß § 18 Abs. 6 BFA-VG steht ein Ablauf der Frist nach § 18 Abs. 5 BFA-VG der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen.
Da die gegenständliche Beschwerde bereits hinsichtlich des Spruchpunktes I. und II. des angefochtenen Bescheides abgewiesen worden ist, war auf die Frage, ob die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG vorliegen, nicht weiter einzugehen und folglich auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG sowie § 70 Abs. 3 FPG als unbegründet abzuweisen.
Entfall einer mündlichen Verhandlung
Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint und die Anberaumung einer Verhandlung auch nicht beantragt wurde, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFAVG iVm 24 Abs. 4 VwGVG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.
Zu Spruchteil B):
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Schlagworte
Aufenthaltsverbot, Interessenabwägung, mangelnder Anknüpfungspunkt,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:G306.2214945.1.00Zuletzt aktualisiert am
29.01.2020