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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des T B in Z, vertreten durch Dr. Georg Pitter, Rechtsanwalt in 5700 Zell am See, Brucker Bundesstraße 4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 2. Juli 1997, Zl. UVS-3/3842/7; 7/719/6-1997, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565, -- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 StVO 1960 mit einer Geldstrafe von S 25.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 508 Stunden) bestraft, weil er am 16. September 1995 gegen 3.30 Uhr im Gemeindegebiet von Zell am See auf der Flugplatzstraße in Fahrtrichtung Zellermoos (Baumarkt Ebster) einen nach dem Kennzeichen bestimmten Pkw in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (mindestens 0,77 mg/l Atemalkoholgehalt) gelenkt habe.
Mit Beschluß vom 24. Februar 1998, B 2215/97, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der vom Beschwerdefdührer gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Im Beschwerdefall ist lediglich strittig, ob der Beschwerdeführer oder eine andere Person das Fahrzeug zur Tatzeit gelenkt hat. Die belangte Behörde stellte unter Zugrundelegung der von ihr als glaubwürdig erachteten Aussagen der als Zeugen vernommenen Gendarmeriebeamten, welche die Amtshandlung durchgeführt hatten bzw. bei ihr anwesend gewesen waren, nach Durchführung eines Ortsaugenscheines die Lenkereigenschaft des Beschwerdeführers fest. Die Zeugen gaben übereinstimmend im wesentlichen an, sie hätten vom Streifenwagen aus einen Pkw beobachtet, der im Retourgang in ein Firmengelände eingefahren sei. Sie seien diesem Fahrzeug nachgefahren. Durch eine Hecke sei ihnen zwar für wenige Sekunden die Sicht auf das Fahrzeug entzogen gewesen, sie hätten jedoch sodann neben dem abgestellten Fahrzeug auf der Fahrerseite eine Person stehen gesehen, welche, als der Meldungsleger H. mit eingeschalteter Scheinwerfer - Taschenlampe aus dem Streifenwagen ausgestiegen sei, die Flucht ergriffen habe. Bei dieser Person habe es sich, wie sich nach Verfolgung und Stelligmachung durch den Meldungsleger H. herausgestellt habe, um den Beschwerdeführer gehandelt. Eine andere Person als den Beschwerdeführer hätten die Beamten im Zuge der Amtshandlung nicht wahrgenommen.
Der Verantwortung des Beschwerdeführers, das Fahrzeug sei von dem in Ungarn wohnhaften J.K. gelenkt worden, der vor ihm das auf dem Firmengelände abgestellte Fahrzeug verlassen und sodann über einen Zaun gestiegen sei, sowie der diese Darstellung bestätigenden "eidesstattlichen Erklärung" des J.K. schenkte die belangte Behörde keinen Glauben. Dies unter anderem auch deshalb, weil es der Erfahrung des täglichen Lebens widerspreche, "daß eine Person, welche tatsächlich kein Fahrzeug gelenkt hat, nicht sofort den wahren Fahrzeuglenker benennt, umso mehr, wo er auf seine beruflichen Nachteile im Fall eines Führerscheinverlustes unmittelbar nach dem Betretenwerden hingewiesen hat".
Nach Meinung des Beschwerdeführers sei das Verfahren mangelhaft, weil die belangte Behörde von der von ihm beantragten Einholung des Gutachtens eines Kfz-Sachverständigen zur Frage, "ob und wie es J.K. möglich gewesen war, sich vor dem Beschwerdeführer vom Fahrzeug zu entfernen," Abstand genommen habe. Dieser Beweisantrag ist jedoch - wie sich aus dem angeführten Beweisthema ergibt - nicht auf die Feststellung bestimmter Tatsachen gerichtet, er läuft vielmehr - was schon die belangte Behörde zutreffend erkannt hat - auf einen bloßen Erkundungsbeweis hinaus, zu dessen Aufnahme die Behörde nicht verpflichtet war (vgl. das hg. Erkenntnis vom 1. Juli 1987, 86/03/0162).
Einen weiteren Verfahrensmangel erblickt der Beschwerdeführer in der Abweisung des Beweisantrages auf Durchführung einer Stellprobe zum Beweis dafür, "daß das Beschuldigtenfahrzeug über keinen elektronischen Sperrmechnismus verfügt". Durch diesen Beweis hätte geklärt werden können, "daß das Beschuldigtenfahrzeug offensichtlich nicht vom Beschwerdeführer abgesperrt worden sein konnte, was
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mangels Vorliegens eines elektronischen Sperrmechanismus - zum logischen Schluß führt, daß eine weitere Person, nämlich der beschuldigtenseits namhaft gemachte Zeuge K das Fahrzeug bereits zuvor verschlossen hatte und davongelaufen war". Dieses Vorbringen geht schon deshalb ins Leere, weil es die von der belangten Behörde aufgezeigte Möglichkeit, "ein Fahrzeug durch Betätigen des inneren Knopfes bei der Fahrertür zu versperren," außer Acht läßt.
Einer Ladung des Zeugen J.K., deren Unterbleiben vom Beschwerdeführer gleichfalls als Verfahrensmangel gerügt wird, stand
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worauf die belangte Behörde zutreffend verwiesen hat - das Fehlen eines eine solche Vorgangsweise rechtlich ermöglichenden Rechtshilfeabkommens mit Ungarn entgegen. Im Hinblick auf die bereits vorliegende schriftliche Stellungnahme dieses Zeugen bestand für die belangte Behörde auch keine Veranlassung, mit ihm im Sinne des hg. Erkenntnisses eines verstärkten Senates vom 4. Juni 1991 , Slg. Nr. 13.451/A, in Verbindung zu treten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. November 1997, Zl. 97/03/0037).
Der Verwaltungsgerichtshof vermag somit im Rahmen der ihm obliegenden Prüfung der Beweiswürdigung (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) nicht zu finden, daß der Sachverhalt nicht genügend erhoben worden sei; auch gegen die Schlüssigkeit der bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen bestehen keine Bedenken.
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht der Beschwerdeführer ferner geltend, die belangte Behörde hätte im Hinblick darauf, daß er - mit Schriftsatz vom 30. Juni 1997 - den Widerruf des Vollmachtsverhältnisses zu seinen bisherigen Rechtsvertretern bekanntgegeben und die Gewährung der Verfahrenshilfe sowie die Abberaumung der für den 2. Juli 1997 anberaumten Verhandlung beantragt habe, diese Verhandlung absetzen, ihm einen Verfahrenshelfer beistellen und diesem eine ausreichende Vorbereitungsfrist gewähren müssen. Ferner brachte er vor, daß es, wenngleich er zum Zeitpunkt der Zustellung der Ladung für die Verhandlung am 2. Juli 1997 anwaltlich vertreten gewesen sei, der Behörde oblegen gewesen wäre, nach Kenntnisnahme des Widerrufs der Vollmacht dem Beschwerdeführer eine Ladung (offenbar zur Verhandlung am 2. Juli 1997) zuzustellen.
Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer nicht im Recht. Nach dem Protokoll über die Verhandlung am 2. Juni 1997 faßte "der Senat" nach Aufnahme der vorgesehenen Beweise und Stellung umfangreicher Beweisanträge durch den Beschwerdeführer den Beschluß, den Beweisanträgen keine Folge zu geben, "die Begründung erfolgt im Bescheid". Sodann erstatteten die Vertreter der Parteien ihre Schlußanträge. Im Anschluß daran begehrte der Vertreter des Beschwerdeführers - unter anderem - die Ladung zur öffentlichen mündlichen Bescheidverkündung. Mit Verfügung vom 18. Juni 1997 beraumte die belangte Behörde eine "öffentliche mündliche Verhandlung" für den 2. Juli 1997 an. Die Ladung zu dieser Verhandlung wurde den Vertretern des Beschwerdeführers am 19. Juni 1997 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 30. Juni 1997 gab der Beschwerdeführer, "vertreten durch Dr. Michael Kienberger, Dr. Alexander Schuberth und Mag. Franz Lochbichler, ..." bekannt, das Vollmachtsverhältnis zu den angeführten Vertretern widerrufen zu haben. Ferner beantragte er, ihm Verfahrenshilfe zu gewähren und einen Verteidiger als Verfahrenshelfer im laufenden Verfahren beizustellen, weiters, die für den 2. Juli 1997 anberaumte Berufungsverhandlung "kurzfristig abzuberaumen und die Wahlverteidiger (Dr. Kienberger, Dr. Schuberth, Mag. Lochbichler) hievon kurzfristig schriftlich zu verständigen". Am 2. Juli 1997 erfolgte - in Abwesenheit des Beschwerdeführers - die öffentliche Verkündung des angefochtenen Bescheides. Mit Bescheid vom 6. August 1997 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Bewilligung der Verfahrenshilfe abgewiesen.
Dieser Verfahrensablauf läßt nicht erkennen, daß die belangte Behörde Verfahrensvorschriften verletzt hätte, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Zwar steht es einem Beschuldigten frei, in jedem Stadium des Verfahrens gemäß § 51a Abs. 1 VStG die Beigebung eines Verteidigers im Rahmen der Verfahrenshilfe zu beantragen; das Gesetz schreibt jedoch nicht zwingend vor, daß aus Anlaß eines derartigen Antrages eine Berufungsverhandlung abgesetzt werden müßte und erst nach Absprache über den Antrag wieder anberaumt werden dürfte. Die Durchführung der Verhandlung vor der Entscheidung über den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe verletzt insbesondere dann keine Rechte des Beschuldigten, wenn der Antrag unbegründet ist. Dies trifft im Beschwerdefall zu, war doch - was auch der Beschwerdeführer einräumt - die Verhandlung vom 2. Juli 1997 bloß zur Verkündung des Bescheides bestimmt. Daß aber die Beigebung eines Verteidigers für die Verkündung eines Bescheides gemäß § 51a Abs. 1 VStG "im Interesse der Verwaltungsrechtspflege, vor allem im Interesse einer zweckentsprechenden Verteidigung erforderlich ist", vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers bedarf es nicht der Verkündung der "vollständigen und abschließenden Begründung"; gemäß § 51h Abs. 4 letzter Satz VStG genügt vielmehr die Verkündung des Spruches des Bescheides und seiner wesentlichen Begründung. Dies übersieht der Beschwerdeführer, wenn er meint, bei einem derart komplexen Sachverhalt wie dem gegenständlichen sei es dem Beschwerdeführer infolge der kurzfristigen Beendigung des Vollmachtsverhältnisses nicht zuzumuten, "persönlich zur Verhandlung ohne Rechtsbeistand zu kommen, wobei einem 'neuen' Rechtsanwalt eine derart kurzfristige Vorbereitung (innerhalb weniger Tage) auf die Tagsatzung vom 02.07.1997 - wenngleich hier bloß der Bescheid verkündet werden sollte - ohnedies nicht entsprochen hätte, da ein exaktes Aktenstudium bei der ausführlich zu erfolgenden mündlichen Bescheidbegründung unbedingt erforderlich ist".
Daß den Parteien für die bloße Verkündung des Bescheides keine Vorbereitungszeit im Sinne des § 51e Abs. 4 VStG eingeräumt werden muß, folgt aus § 51h Abs. 4 VStG, wonach die Verkündung des Bescheides nach Möglichkeit sofort zu erfolgen hat. Somit stellte auch der Widerruf der Vollmacht der seinerzeitigen Rechtsvertreter des Beschwerdeführers keinen tauglichen Grund für eine Vertagung der für den 2. Juli 1997 anberaumten Verhandlung dar. Da das Vollmachtsverhältnis des Beschwerdeführers zu seinen seinerzeitigen Rechtsvertretern im Zeitpunkt der Zustellung der Ladung zur Verhandlung am 2. Juli 1997 an diese noch aufrecht bestanden hat, erfolgte die Ladung rechtmäßig; es bedurfte daher entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers trotz der späteren Bekanntgabe des Widerrufs der Vollmacht nicht der Zustellung einer neuerlichen Ladung an den Beschwerdeführer.
Die Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 8. September 1998
Schlagworte
Verwaltungsrecht Internationales Rechtsbeziehungen zum Ausland VwRallg12European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998030112.X00Im RIS seit
11.07.2001