TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/1 G309 2176723-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.10.2019
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Entscheidungsdatum

01.10.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

G309 2176723-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Ing. Mag. Franz SANDRIESSER über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, StA: Irak, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Gerhard MORY, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.10.2017, Zl. XXXX, betreffend internationalen Schutz nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 26.06.2019, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) verließ seinen Herkunftsstaat Irak Ende Juni 2015 und stellte nach seiner schlepperunterstützten Einreise ins Bundesgebiet am 21.07.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen der niederschriftlichen Erstbefragung gab der BF vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Landespolizeidirektion XXXX, Abteilung Fremdenpolizei und Anhaltevollzug, am 22.07.2015 an, den im Spruch genannten Namen zu führen, am XXXX in Bagdad geboren zu sein, Staatsangehöriger des Irak zu sein, der arabischen Volksgruppe anzugehören und Moslem der sunnitischen Glaubensrichtung zu sein. Er sei ledig und habe keine Kinder. Zuletzt habe er im Stadtteil XXXX, Bagdad, Irak, gelebt.

Zu den Gründen seiner Ausreise befragt, gab der BF an, dass er sein Heimatland verlassen habe, weil dort Krieg herrsche. Die verschiedenen Milzen würden sich gegenseitig bekämpfen und auch seine Familie sei bedroht worden. Sie seien erpresst worden und hätten Geld an die Milizen bezahlen müssen, sonst hätten sie diese vermutlich getötet. Er sei der älteste Sohn und seine Mutter habe beschlossen, dass er als erster das Land verlassen solle. Später sei seine Familie weiter bedroht worden und habe ebenfalls das Land verlassen um in Sicherheit leben zu können.

2. Nach Zulassung des Verfahrens wurde der BF am 15.12.2016 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), Regionaldirektion Salzburg, im Beisein einer Vertreterin, einer Vertrauensperson und eines geeigneten Dolmetschers in arabischer Sprache niederschriftlich vor dem zur Entscheidung berufenen Organwalter einvernommen.

Eingangs bestätigte der BF, die arabische Sprache zu verstehen, psychische Probleme zu haben aber ansonsten gesund zu sein und im Verfahren bislang wahrheitsgemäße Angaben gemacht zu haben. Zur Person und seinen Lebensumständen befragt gab der BF an, dass er Araber und Moslem der schiitischen und nicht sunnitischen Glaubensrichtung sei. Er habe vier Geschwister, wobei er nur mit seiner ältesten Schwester einmal die Woche über das Internet Kontakt habe. Er habe bei seinem Onkel XXXX in Bagdad gewohnt. Er habe elf Jahre die Schule in Bagdad besucht und bei seinem Onkel als XXXX gearbeitet.

Zu seinen Asylgründen befragt gab der BF an, dass 2008 sein Vater in seiner Gegenwart von Mitgliedern der XXXX erschossen worden sei. Nach dem Tod seines Vaters habe die Mutter wieder geheiratet und habe er, da der Stiefvater ihn nicht akzeptierte, ab 2013 bei seinem Onkel gelebt. Es habe eine religiöse Gruppe gegeben, welche von ihm verlangt hätte, Mitglied zu werden. Diese habe ihn mehrmals aufgesucht und die Bedrohungen intensiviert, als er kein Interesse gezeigt habe. Im Juni 2015 sei sein Onkel von der Gruppe entführt worden und das Geschäft des Onkels in Brand gesteckt worden. Bei der Gruppierung handle es sich ebenfalls um die XXXX. Er habe sich daraufhin bei einem Freund versteckt, weil er von seinem Stamm bzw. seiner Familie verstoßen worden sei. Er habe keine andere Wahl gehabt, außer zu fliehen oder zu sterben. Für diese Gruppierung sei er ein Verräter.

3. Mit dem am 21.12.2016 beim BVwG eingelangten und mit demselben Tag datierten Schriftsatz erstattete der BF vertreten durch SABERA - Diakonie Flüchtlingsdienst Stellungnahme zu den in der Niederschrift vor dem BFA getätigten Angaben.

4. Am 27.12.2016 legte der BF persönlich beim BFA, RD Salzburg diverse Bestätigungen zu seinen Integrationsbemühungen (Deutschkurs, ehrenamtliche Tätigkeiten, Unterstützungserklärung, Lichtbilder), einen Befundbericht des Uniklinikums XXXX vom XXXX12.2016 betreffend seine posttraumatische Belastungsstörung, sowie zwei fremdsprachige Dokumente (Totenschein des Vaters, Erklärung der irakischen Regierung zum Tod des Vaters) vor.

5. Am 12.09.2017 übermittelte das BFA dem BF aktuelle Länderdokumentationsunterlagen zur Lage im Irak zur Stellungnahme. Mit dem am 15.08.2018 beim BVwG eingelangten und mit 14.09.2017 datierten Schriftsatz erstattete der BF Stellungnahme zu den Länderberichten. Dabei führte er im Wesentlichen zusammengefasst aus, dass sein Leben bei einer Rückkehr im Irak durch die Gruppierung XXXX(früher XXXX) bedroht sei. Diese Gruppe hätte auch seinen Vater getötet und Onkel entführt. Er besuche zweimal in der Woche einen Deutschkurs und arbeite ehrenamtlich für die Gemeinde

XXXX. Aufgrund der langen Wartezeiten sei eine Behandlung seiner posttraumatischen Belastungsstörung bei der Caritas derzeit nicht möglich.

6. Mit dem im Spruch angeführten Bescheid des BFA, dem BF zugestellt am 18.10.2017, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 21.07.2015 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG [2005] (Spruchpunkt I.) sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG [2005] (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG [2005] nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG [2005] iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs.9 FPG 2005 festgestellt, dass die Abschiebung des BF in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des BF 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt IV.).

Begründend führte das BFA nach Wiedergabe der Einvernahme des BF und den Feststellungen zu dessen Person aus, dass seitens des BFA nicht festgestellt werden könne, dass der BF im Irak konkret und gezielt gegen seine Person gerichteten Übergriffen maßgeblicher Intensität oder einer Zwangsrekrutierung ausgesetzt gewesen sei. Auch habe der BF nie Probleme mit den Behörden seines Heimatlandes gehabt. Im Falle einer Rückkehr sei er keiner Gefährdung durch den irakischen Staat oder private Personen ausgesetzt. Eine Verfolgung durch die Organisation Islamischer Staat brachte der BF nicht vor. Die Rückkehr in den Irak sei dem BF zumutbar und möglich.

In rechtlicher Hinsicht folgerte das BFA, dass der BF keine Verfolgung im Sinn der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft machen konnte, sodass kein internationaler Schutz zu gewähren sei. Dem BF sei der Status eines subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen, da keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention drohe. Dem BF sei kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 zu erteilen, die Rückkehrentscheidung und seine Abschiebung gemäß § 50 FPG seien zulässig. Besondere Umstände, die die Verlängerung der Frist der freiwilligen Ausreise erforderlich machen, liegen keine vor.

7. Mit Verfahrensanordnung vom 16.10.2017 wurde dem BF gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG amtswegig ein Rechtsberater zur Verfügung gestellt.

Mit dem am 08.11.2017 beim BFA eingelangten und mit 02.11.2017 datierten Schriftsatz erhob der BF, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Gerhard MORY, Beschwerde gegen den oben angeführten Bescheid. In der Beschwerde wurde nach Darlegung der Beschwerdegründe beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung durchführen; den angefochtenen Bescheid der Erstbehörde dahingehend abändern, dass dem BF der Status eines Asylberechtigten zuerkannt und seine Flüchtlingseigenschaft festgestellt werde; in eventu dem BF den Status eines subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 zuerkennen; in eventu den Bescheid dahingehend abändern, dass die dauerhafte Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung festgestellt und dem BF gem. § 55 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt wird, sowie die gegen den BF ausgesprochene Rückkehrentscheidung und Abschiebungszulässigkeitsfeststellung aufzuheben.

In der Sache brachte der BF unter Beanstandung der Ermittlungen der Länderfeststellungen, sonstiger Verfahrensmängel, einer mangelhaften Beweiswürdigung und inhaltlicher Rechtswidrigkeit vor, dass BFA habe sich nicht ausreichend mit der Situation des BF und den Länderfeststellungen zum Zeitpunkt der Bedrohung im Sommer 2015 auseinandergesetzt. Bei der Protokollierung habe es mehrere Fehler gegeben und ließen sich die von der belangten Behörde aufgezeigten Widersprüche teilweise auf diese von ihr bzw. dem Dolmetscher verursachten Fehler zurückführen. Was die Feststellungen des BFA zur Zwangsrekrutierung betrifft, habe der BF in seinen Einvernahmen nicht von einer solchen typischen Zwangsrekrutierung gesprochen, sondern davon, dass er sich den Verfolgern hätte anschließen und ihr "Mitglied" werden sollen. Der BF habe die Besuche der Milizionäre im Geschäft seines Onkels als Ausfluss und Ergebnis der allgemeinen Entwicklungen im Land und der Gewinnung von Kämpfern gegen den IS betrachtet und deshalb die Drohungen nicht so ernst genommen. Unter Berücksichtigung der Länderfeststellungen sei es durchaus wahrscheinlich, dass der BF aufgrund der Situation in Bagdad und der Macht der Miliz tatsächlich einer individuellen Verfolgung unterworfen gewesen sei.

Im Falle der Rückkehr würden dem BF Obdachlosigkeit, Arbeitslosigkeit, schlechte Lebensbedingungen, mangelnde Ernährungssicherheit und mangelnde medizinische Versorgung drohen. Der BF sei von seiner Herkunftsfamilie und dem Stamm ausgestoßen worden und verfüge über kein soziales Netzwerk im Herkunftsland. Dem BF stehe auch keine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung und habe die belangte Behörde auch keine konkreten Feststellungen zu möglichen Alternativen im Bescheid getroffen. Die belangte Behörde habe es verabsäumt, sich mit der sozio-ökonomisch/ existenziell bedingten Rückkehrgefährdung des BF auseinanderzusetzen. Bei der Rückkehrentscheidung habe die Behörde die erheblichen, auch urkundlich nachgewiesenen Integrationserfolge des BF nicht ausreichend berücksichtigt.

8. Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) am 13.11.2017 vom BFA vorgelegt und langten am 16.11.2017 beim BVwG ein.

9. Am 06.05.2019 übermittelte der BF eine Kopie seiner Gewerbeberechtigung zur Ausübung des freien Gewerbes der XXXX, bestehend in der Durchführung einfacher Reinigungstätigkeiten einschließlich objektbezogener einfacher Wartungstätigkeiten.

10. Mit Schreiben vom 15.05.2019, dem BVwG vom BFA vorgelegt am 20.05.2019, erfolgte die Mitteilung, dass der BF mit 31.03.2019 aus der Grundversorgung des Landes XXXX aufgrund mangelnder Hilfsbedürftigkeit entlassen wurde.

11. Am 22.05.2019 übermittelte das BVwG den Verfahrensparteien mitsamt der Ladung für den Verhandlungstermin aktuelle Länderdokumentationsunterlagen zur Lage im Irak (Stand 09.04.2019) zur Stellungnahme.

Mit dem am 14.06.2019 beim BVwG eingelangten und mit demselben Tag datierten Schriftsatz erstattete der BF durch seinen Rechtsvertreter Stellungnahme zu den Länderfeststellungen, Vorbringen zu den Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Art. 8 EMRK und Vorlage diverser Urkunden. Dazu führte der BF zusammengefasst aus, dass er seit zweieinhalb Jahren eine monogame Beziehung mit der österreichischen Staatsbürgerin XXXX führe, mit dieser im gemeinsamen Haushalt lebe und beabsichtige sie zu heiraten und eine Familie mit Kindern zu gründen. Der BF übe seit XXXX02.2019 das freie Gewerbe der XXXX aus und beziehe Einkünfte aus diesem Gewerbebetrieb, wobei er bisher ca. EUR 3.600,00 erwirtschaftet habe. Bei einer Rückkehr könne er mit keiner Unterstützung durch Familienangehörige rechnen, da beide Elternteile verstorben seien und die Geschwister selbst mit Existenzschwierigkeiten zu kämpfen hätten.

12. Am 26.06.2019 führte das BVwG in der Außenstelle Graz eine öffentliche mündliche Verhandlung im Beisein des BF, seines Rechtsvertreters und eines Dolmetschers für die arabische Sprache durch bei der auch die Lebensgefährtin des BF, XXXX, als Zeugin einvernommen wurde. Ein Vertreter des BFA nahm an der Verhandlung nicht teil. Die Niederschrift der Verhandlung wurde dem BF im Anschluss ausgefolgt und dem BFA per E-Mail übermittelt.

13. Mit dem am 21.08.2019 beim BVwG eingelangten und mit demselben Tag datierten Schriftsatz erstattete der BF durch seinen Rechtsvertreter Stellungnahme und Urkundenvorlage zum Vorgehen der XXXX Milizen bzw der XXXX, insbesondere im Jahr 2015, sowie erneute Darstellung seiner Fluchtgeschichte.

14. Mit dem am 28.08.2019 beim BVwG eingelangten und mit demselben Tag datierten Schriftsatz erstattete der BF durch seinen Rechtsvertreter Urkundenvorlage zur seiner wirtschaftlichen Selbsterhaltungsfähigkeit und den von ihm erzielten Einkünften aus der Ausübung des freien Gewerbes der XXXX.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des BF:

Der BF führt den im Spruch angeführten Namen, ist Staatsangehöriger des Irak, Angehöriger der arabischen Volksgruppe und Moslem der schiitischen Glaubensrichtung. Er wurde am XXXX in Bagdad geboren. Der BF ist ledig und hat keine Kinder. Bis zu seiner Ausreise im Juni 2015 lag der private und familiäre Lebensmittelpunkt des BF im Stadtteil XXXX, XXXX, Bagdad, Irak. Bis 2013 lebte der BF mit seinen Eltern (Tod des Vaters 2008) und seinen Geschwistern im gemeinsamen Haushalt. Ab 2013 lebte er bei einem Onkel, der auch ein Geschäft betrieb. Die Geschwister des BF und weitere Verwandte halten sich nach wie vor im Herkunftsstaat auf. Der BF steht mit seiner ältesten Schwester wöchentlich telefonisch in Kontakt.

Im Bundesgebiet bzw. im Unionsgebiet hat der BF keine nahen Angehörigen, ein Tante des BF lebt in Schweden. Der BF spricht arabisch und hat zumindest Grundkenntnisse der deutschen Sprache. Der BF besuchte sechs Jahre die Grundschule sowie fünf Jahre das Gymnasium im Herkunftsstaat.

Der BF verfügt über einen am XXXX10.2014 ausgestellten irakischen Reisepass und einen am XXXX05.2013 ausgestellten Personalausweis im Original.

Der BF ist ein körperlich gesunder, arbeitsfähiger Mann mit hinreichender Ausbildung in der Schule. Der BF leidet weder an einer schweren noch einer unmittelbar lebensbedrohlichen Erkrankung. Der BF verfügt über eine - wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich - gesicherte Existenzgrundlage in seinem Herkunftsstaat sowie über familiäre Anknüpfungspunkte und eine hinreichende Versorgung mit Nahrung und Unterkunft.

Am 25.06.2015 verließ der BF den Irak legal mit dem Flugzeug von Bagdad nach Istanbul. Von dort reiste er teilweise schlepperunterstützt über die Balkanroute nach Österreich, wo er am 21.07.2015 den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Er reiste rechtswidrig ins Bundesgebiet ein, ist seither Asylwerber und verfügt über keinen anderen Aufenthaltstitel.

Der BF bezog seit der Antragstellung Leistungen der staatlichen Grundversorgung für Asylwerber. Mit 31.03.2019 wurde der BF aus der Grundversorgung, aufgrund mangelnder Hilfsbedürftigkeit, entlassen und erhält sich selbst. Seit 18.02.2019 betreibt der BF das freie Gewerbe der XXXX und hat daraus bisher Einkünfte von ca. EUR 8.400,00 erwirtschaftet. Der BF besuchte im Bundesgebiet Deutschkurse (Deutsch für Asylwerber - Alphabetisierungskurs 3), wobei eine Bestätigung über ein bestimmtes Niveau nicht vorliegt. Der BF war in der Verhandlung jedoch in der Lage, einfache Fragen auf Deutsch zu beantworten. Ansonsten pflegt er die üblichen sozialen Kontakte. Der BF hat sich ehrenamtlich in seiner Unterkunft, der Gemeinde und bei der Caritas engagiert.

Der BF führt seit über zwei Jahren eine Beziehung mit der österreichischen Staatsbürgerin XXXX, mit der er seit Februar 2019 im gemeinsamen Haushalt lebt und die er zu heiraten beabsichtigt.

Der BF ist in Österreich strafrechtlich unbescholten und weist im Bundesgebiet durchgehend Wohnsitzmeldungen auf.

1.2. Zu den Fluchtmotiven des BF:

Das Vorbringen des BF vor dem BFA, in der Beschwerde, den Stellungnahmen und der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht zu den Gründen für das Verlassen seines Herkunftsstaates wonach - im Wesentlichen zusammengefasst - er den Irak verlassen habe, weil er aufgrund seiner schiitischen Glaubensrichtung von Mitgliedern der Miliz XXXX bedroht und verfolgt werde; diese versucht hätten ihn als Mitglied zu werben und er von seinem Stamm bzw. seiner Familie verstoßen worden sei, wird dieser Entscheidung nicht als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt. Weitere Gründe für das Verlassen des Herkunftsstaates wurden nicht vorgebracht.

Der BF war im Irak nicht politisch tätig und hatte keine Schwierigkeiten aufgrund seiner politischen Überzeugung, seiner Volksgruppenzugehörigkeit, seines Religionsbekenntnisses oder sonstige Probleme zu gewärtigen.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF im Herkunftsstaat aus Gründen seines schiitischen Glaubens durch eine Miliz, insbesondere die XXXX bedroht oder verfolgt worden wäre.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF vor seiner Ausreise aus seinem Herkunftsstaat einer individuellen Gefährdung oder psychischer und/oder physischer Gewalt durch staatliche Organe oder durch Dritte ausgesetzt war oder er im Falle einer Rückkehr in seinem Herkunftsstaat einer solchen mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgesetzt wäre.

Ein konkreter Anlass für das (fluchtartige) Verlassen des Herkunftsstaates im Juni 2015 konnte nicht festgestellt werden. Der BF hatte mit den Behörden des Herkunftsstaates weder auf Grund seines Religionsbekenntnisses (schiitischer Islam), seiner Volksgruppenzugehörigkeit (Araber) oder seiner politischen Gesinnung Probleme noch sonst irgendwelche Probleme. Auch sonstige Gründe, die einer Rückkehr oder Rückführung (Abschiebung) in den Herkunftsstaat allenfalls entgegenstehen würden, konnten nicht festgestellt werden.

1.3. Zur Situation im Herkunftsstaat:

Zur aktuellen Lage im Irak werden folgende Feststellungen unter Heranziehung der gegenüber dem BF offengelegten Quellen getroffen:

"Vergleichende Länderkundliche Analyse (VLA) i.S. §3 Abs 4a AsylG

Erläuterung

Bei der Erstellung des vorliegenden LIB wurde die im §3 Abs 4a AsylG festgeschriebene Aufgabe der Staatendokumentation zur Analyse "wesentlicher, dauerhafter Veränderungen der spezifischen, insbesondere politischen Verhältnisse, die für die Furcht vor Verfolgung maßgeblich sind", berücksichtigt. Hierbei wurden die im vorliegenden LIB verwendeten Informationen mit jenen im vorhergehenden LIB abgeglichen und auf relevante, im o.g. Gesetz definierte Verbesserungen hin untersucht.

Als den oben definierten Spezifikationen genügend eingeschätzte Verbesserungen wurden einer durch Qualitätssicherung abgesicherten Methode zur Feststellung eines tatsächlichen Vorliegens einer maßgeblichen Verbesserung zugeführt (siehe Methodologie der Staatendokumentation, Abschnitt II). Wurde hernach ein tatsächliches Vorliegen einer Verbesserung i.S. des Gesetzes festgestellt, erfolgte zusätzlich die Erstellung einer entsprechenden Analyse der Staatendokumentation (siehe Methodologie der Staatendokumentation, Abschnitt IV) zur betroffenen Thematik.

Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 9.4.2019, Parlamentswahlen vom 30.12.2018 (relevant für Abschnitt 3. Sicherheitslage)

Die folgende Karte von liveuamap zeigt die Einteilung des Irak in offiziell von der irakischen Zentralregierung kontrollierte Gouvernements (in rosa), die autonome Region Kurdistan (KRG) (in gelb) und Gebiete unter der weitgehenden Kontrolle von Gruppen des Islamischen Staates (IS) (in grau). Die Symbole kennzeichnen dabei Orte und Arten von sicherheitsrelevanten Vorfällen, wie Luftschläge, Schusswechsel/-attentate, Sprengstoffanschläge/Explosionen, Granatbeschuss, uvm.

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Quelle: Liveuamap - Live Universal Awareness Map (1.4.2019): Map of Iraq, https://iraq.liveuamap.com/en/time/01.04.2019, Zugriff 1.4.2019

Seit Sommer 2018 ist die Zahl der sicherheitsrelevanten Vorfälle im Irak zurückgegangen. Im Dezember 2018 wurde ein Rekordtief an Sicherheitsvorfällen registriert (Joel Wing 2.1.2019). Anfang 2019 ist diese Zahl wieder leicht angestiegen, wobei die Monate Jänner und Februar in etwa die gleichen Zahlen an Angriffen und Opfern aufweisen (Joel Wing 4.3.2019). Für März 2019 wurde die niedrigste, je vom Irak-Experten Joel Wing registriere Zahl von Sicherheitsvorfällen verzeichnet (Joel Wing 3.4.2019).

Die folgende Grafik von Iraq Body Count (IBC) stellt die von IBC im Irak dokumentierten zivilen Todesopfer seit 2003 dar (pro Monat jeweils ein Balken). Seit Februar 2017 sind nur vorläufige Zahlen (in grau) verfügbar. (IBC 3.2019).

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Quelle: Iraq Bodycount (3.2019): Monthly civilian deaths from violence, 2003 onwards, https://www.iraqbodycount.org/database/, Zugriff 1.4.2019

Die folgende Tabelle des IBC gibt die Zahlen der Todesopfer an. Für Dezember 2018 sind 155 zivile Todesopfer im Irak ausgewiesen. Im Jänner 2019 wurden von IBC 323 und im Februar 2019 271 getötete Zivilisten im Irak dokumentiert (IBC 3.2019).

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Quelle: IBC - Iraq Bodycount (3.2019): Monthly civilian deaths from violence, 2003 onwards, https://www.iraqbodycount.org/database/, Zugriff 1.4.2019

Der Islamische Staat (IS) ist im Irak weitestgehend auf Zellen von Aufständischen reduziert worden, die meist aus jenen Gebieten heraus operieren, die früher unter IS-Kontrolle standen, d.h. aus den Gouvernements Anbar, Diyala, Kirkuk, Ninewa und Salahaddin. Laut dem Institute for the Study of War (ISW) werden nur die Distrikte Shirqat und Tuz in Salahaddin, Makhmour in Erbil, Hawija und Daquq in Kirkuk, sowie Kifri und Khanaqin in Diyala als umkämpft angesehen (EASO 3.2019). Das ganze Jahr 2018 über führten IS-Kämpfer Streifzüge nach Anbar, Bagdad und Salahaddin durch, zogen sich dann aber im Winter aus diesen Gouvernements zurück. Die Anzahl der verzeichneten Übergriffe und zivilen Todesopfern sank daher im Vergleich zu den Vormonaten deutlich ab (Joel Wing 2.1.2019).

BAGDAD

Aufständische haben mittlerweile die meisten ihrer Ressourcen aus Bagdad abgezogen, einst das Hauptziel des Terrorismus (Joel Wing 4.3.2019). Im Dezember 2018 wurden 15 sicherheitsrelevante Vorfälle mit zehn Toten (Joel Wing 2.1.2019) verzeichnet, bzw. 17 Tote und drei Verwundete (UNAMI 3.1.2019). Im Jänner 2019 wurden zwölf sicherheitsrelevante Vorfälle mit 13 Toten erfasst (Joel Wing 4.2.2019), im Februar dagegen nur noch sieben Vorfälle mit sieben Toten (Joel Wing 4.3.2019) und im März vier Vorfälle mit fünf Toten und fünf verletzten (Joel Wing 3.4.2019). Dabei handelte es sich meist um Schießereien/Schussattentate in den Vorstädten und Dörfern des Gouvernements (Joel Wing 4.3.2019).

Der IS behielt jedoch eine latente Präsenz nördlich von Bagdad und begann damit seine Unterstützungszone weiter auszubauen (ISW 7.3.2019). Er verfügt in Bagdad und den Bagdad Belts über mehrere aktive Zellen (EASO 3.2019). Der nördliche "Bagdad-Belt" dient dabei als Transferroute von Kämpfern zwischen den Gouvernements Anbar, Salahaddin und Diyala, während das sogenannte "Dreieck des Todes" im südlichen Bagdad-Belt IS-Gruppen in den Gouvernements Anbar, Bagdad und Babil verbindet. Irakische Sicherheitskräfte (ISF) haben seit Dezember 2018 mehrere IS-Kämpfer an Kontrollpunkten entlang der Autobahnen, die das Gouvernement Babil mit Bagdad verbindet, festgenommen und im Februar 2019 180 Personen mit Verbindungen zum IS verhaftet (ISW 7.3.2019).

AUTONOME REGION KURDISTAN (KRG)

In Nordkurdistan setzte die Türkei ihre Angriffe auf PKK-Stellungen fort. Zwei Treffer durch Luftschläge in Ninewa zogen letztlich einen Protest der irakischen Regierung nach sich. Die Türkei gab jedoch bekannt, ihre Aktionen fortführen zu wollen (Joel Wing 2.1.2019). Als Folge eines Luftangriffs, bei dem mutmaßlich einige Zivilisten ums Leben kamen, stürmte eine aufgebrachte Menge einen Posten der türkischen Armee nahe Dohuk, wobei eine Person ums Leben kam und zehn verletzt wurden (BBC 26.1.2019). Im Dezember 2018 wurden zwölf Luftschläge mit 31 Toten registriert (Joel Wing 2.1.2019) im Jänner 2019 elf mit 35 Toten (Joel Wing 4.2.2019) und im März zwei Vorfälle mit 32 Toten und 10 Verletzten (Joel Wing 3.4.2019). Zusammenstöße zwischen türkischen Soldaten und kurdischen Kämpfern hatten Todesopfer auf beiden Seiten zur Folge (Joel Wing 26.3.2019). Am 30.3.2019 bombardierte die türkische Luftwaffe erneut PKK-Stellungen im Qandil Gebirge (BAMF 1.4.2019).

Der IS rekrutiert in der kurdischen Autonomieregion (ISW 7.3.2019).

NORD- UND ZENTRALIRAK

In einem Bericht des UN-Sicherheitsrats vom 1.2.2019 heißt es, dass verbliebene IS-Kämpfer nach wie vor eine Bedrohung im Nord- und Zentralirak (Gouvernements Kirkuk, Ninewa und Salahaddin, sowie Anbar, Bagdad und Diyala) darstellen (UNSC 1.2.2019). Diyala, Kirkuk, Ninewa und Salahaddin sind dabei das Herzstück der Umgruppierungsbemühungen des IS. Dort werden monatlich auch die meisten sicherheitsrelevanten Vorfälle verzeichnet. Der IS ist beinahe im gesamten ruralen Gebiet dieser Gouvernements aktiv, kann sich Berichten zufolge in einigen Städten nachts völlig frei bewegen und hebt Steuern ein (Joel Wing 3.4.2019). Die Lage in diesen umstrittenen Gebieten hat sich nach dem Abzug der kurdischen Peschmerga 2017 verschärft (Landinfo 8.1.2019). Die Konkurrenz zwischen der irakischen Zentralregierung und der kurdischen Autonomieregierung, erzeugt in diesen Gebieten zusätzliche Instabilität, die wiederum vom IS ausgenutzt werden kann (ISW 7.3.2019). Sowohl kurdische Streitkräfte als auch Mitglieder der vom Iran unterstützten Volksmobilisierungskräfte (PMF) üben weiterhin in unterschiedlichem Ausmaß Kontrolle und Einfluss aus, was die Zentralregierung in eine prekäre Lage versetzt, da sie sowohl mit zivilen Unruhen, als auch mit Versuchen einer Reorganisation des IS umgehen und gleichzeitig ihre Verbündeten unter Kontrolle halten muss (ACLED 2019).

Insbesondere ländliche Gebiete, das Hamrin-Gebirge, sowie das Diyala-Flußdelta dienen dem IS als Rückzugsorte, von wo bereits im Jahr 2018 ein Großteil der IS-Operationen im Irak ausgegangen sind (Landinfo 8.1.2019). Das Hamrin-Gebirge ermöglicht dabei den Nord-Süd Übergang zwischen den Gouvernements Ninewa und Diyala und bietet dem IS dauerhaften Schutz vor Luftangriffen und Bodenoffensiven (ISW 7.3.2019). Es gelang den irakischen Sicherheitskräften (ISF) bisher trotz umfangreicher Säuberungsaktionen nicht, den IS aus Hawija zu vertreiben (ISW 7.3.2019; vgl. Landinfo 8.1.2019). Zwischen 25. und 27. März wurde eine neuerliche koordinierte Luft- und Bodenoperation durch die Luftwaffe der Koalition und die irakischen Sicherheitskräfte (ISF) gegen den IS im nordwestlichen Irak geführt (OIR 29.3.2019).

Der IS führt seine Operationen hauptsächlich südlich und westlich von Ninewas Hauptstadt Mossul durch (Joel Wing 4.2.2019). Er soll auch in der Stadt über Schläferzellen verfügen und hat dort zuletzt im Februar 2019 eine Autobombe eingesetzt (ISW 7.3.2019). Seit einigen Wochen fordern IS-Angriffe insbesondere in Ninewa regelmäßig viele Opfer (Joel Wing 1.4.2019). So wurden in der Provinz im Dezember 2018 22 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 36 Toten und 37 Verwundeten registriert, wobei hier elf ältere Leichen eingerechnet wurden, die aus Trümmern der Altstadt von Mossul geborgen wurden. Mit den verbliebenen 25 im Dezember getöteten Personen und 37 Verwundeten verzeichnete die Provinz die meisten Gewaltopfer im Irak im Dezember (Joel Wing 2.1.2019). Die Unterstützungsmission der Vereinten Nationen für den Irak nennt für den selben Zeitraum hingegen sieben Tote und 19 Verwundete (UNAMI 3.1.2019). Im Jänner 2019 wurden neun Vorfälle mit 75 Toten und einer verwundeten Person, sowie zwei Massengräberfunde (ältere Gräber aus der Zeit der IS-Herrschaft) mit den Überresten von insgesamt 66 Leichen verzeichnet (Joel Wing 4.2.2019). Im Februar kam es erneut zu einem Anstieg der IS-Aktivitäten, mit 20 Vorfällen mit 147 Toten und 31 Verletzten, wobei wiederum die meisten der Toten auf Funde von Massengräbern älteren Datums zurückgehen (Joel Wing 4.3.2019). Im März wurden elf Vorfälle mit 109 Toten und 53 Verletzten registriert (Joel Wing 3.4.2019).

In Diyala kam es im Dezember 2018 zu 28 sicherheitsrelevanten Vorfällen, mit insgesamt 15 Toten und 16 Verwundeten, darunter drei Angriffe auf Kontrollpunkte (Joel Wing 2.1.2019), sowie Mörserbeschuss der Stadt Saraya (Joel Wing 10.12.2018). Im Jänner 2019 wurden 32 Vorfälle mit zehn Toten und 21 Verwundeten registriert (Joel Wing 4.2.2019), im Februar 26 Vorfälle mit acht

Toten und 16 Verwundeten (Joel Wing 4.3.2019) und im März 17 Vorfälle mit acht Toten und 18 Verletzten (Joel Wing 3.4.2019).

In Kirkuk wurden im Dezember 17 Vorfälle mit 204 Toten und 16 Verwundeten registriert, wobei 200 Leichenfunde aus einem Massengrab im Distrikt Hawija im Süden Kirkuks miteingerechnet wurden (Joel Wing 2.1.2019). Im Jänner 2019 wurden 28 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 13 Toten und 31 Verwundeten registriert (Joel Wing 4.2.2019), im Februar 17 Vorfälle mit 17 Toten und 7 Verwundeten (Joel Wing 4.3.2019) und im März 15 Vorfälle mit sieben Toten und sechs Verletzten (Joel Wing 3.4.2019). Die Stämme von Diyala kündigten um Jänner 2019 eine Mobilmachung gegen den IS an, um die Sicherheitskräfte in ihrem Kampf zu unterstützen (Diyaruna 21.1.2019).

In Salahaddin wurden im Dezember acht Vorfälle mit drei Toten und zwei, bzw. drei Verletzten registriert (Joel Wing 2.1.2019; vgl. UNAMI 3.1.2019), im Jänner 2019 14 Vorfälle mit 17 Toten und 36 Verwundeten (Joel Wing 4.2.2019), im Februar 18 Vorfälle mit 25 Toten und 48 Verwundeten (Joel Wing 4.3.2019) und im März acht Vorfälle mit acht Toten und 14 Verletzten (Joel Wing 3.4.2019).

In Anbar, ist es dem IS wieder gelungen eine Unterstützungszone in der Nähe von Amariyat alFallujah einzurichten, von der aus seit August 2018 Angriffe in Fallujah erfolgen (ISW 7.3.2019). Im Dezember 2018 wurden in Anbar acht Vorfälle mit acht Toten und 13 Verwundeten registriert (Joel Wing 2.1.2019), im Jänner 2019 16 Vorfälle mit elf Toten und 35 Verwundeten (Joel Wing 4.2.2019), im Februar 28 Vorfälle mit 46 Toten und 26 Verletzten und im März fünf Vorfälle mit acht Toten und fünf Verletzten (Joel Wing 3.4.2019). Der starke Anstieg im Februar wird auf das Einsickern fliehender IS-Kämpfer aus dem benachbarten Syrien zurückgeführt (Joel Wing 4.3.2019).

SÜDIRAK

Am 21.12.2018 setzte die Polizei scharfe Munition und Tränengas ein, um Demonstranten im südirakischen Basra an der Erstürmung eines Regierungsgebäudes zu hindern. Die zweitgrößte Stadt des Landes erlebt seit Juli 2018 ausgedehnte Proteste gegen Korruption, Misswirtschaft, die schlechte Grundversorgung und Arbeitslosigkeit (Guardian 18.7.2018; vgl. Reuters 21.12.2019). Auch 2019 kommt es weiterhin zu häufigen Protesten (Jane's 5.2.2019).

In Qadisiya wurde im Dezember 2018 ein sicherheitsrelevanter Vorfall mit einer verwundeten Person registiert. In Babil waren es im Dezember 2018 zwei Vorfälle mit sechs Verletzten (Joel Wing 2.1.2019), im Jänner 2019 drei Vorfälle mit sechs Verletzten (Joel Wing 4.2.2019) und im Februar zwei Vorfälle mit zwei Verletzten (Joel Wing 4.3.2019). Im März wurde in Babil ein Vorfall registriert, bei dem zwei Personen getötet wurden (Joel Wing 3.4.2019). In Basra wurden bei einem Zusammenstoß zweier Stämme am 11.3.2019 mindestens drei Menschen getötet und sieben weitere verwundet (Kurdistan 24 12.3.2019).

Quellen:

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ACLED - The Armed Conflict Location & Event Data Project (2019),Behind Frenemy Lines: Uneasy Alliances against IS in Iraq, https://www.acleddata.com/2019/03/01/behind-frenemylines-uneasy-alliances-against-is-in-iraq/, Zugriff 12.3.2019

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Deutschland) (1.4.2019): Briefing Notes 1 April 2019, per E-Mail

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BBC News (29.1.2019): Kurdish protesters storm Turkish military camp in Iraq, https://www.bbc.com/news/world-middle-east-47015699, Zugriff 13.3.2019

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Diyaruna (21.1.2019): Diyala tribes mobilise to rout ISIS remnants, http://diyaruna.com/en_GB/ articles/cnmi_di/features/2019/01/28/feature-02, Zugriff 14.3.2019

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ISW - Institute for the Study of War (7.3.2019): ISIS Re-Establishes Historical Sanctuary in Iraq, https://iswresearch.blogspot.com/2019/03/isis-re-establishes-historic-sanctuary.html, Zugriff 12.3.2019

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Jane's 360 (5.2.2019): Protests in Iraq's Basra likely throughout 2019, but security force presence mitigates disruption risk to oil sites,

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https://musingsoniraq.blogspot.com/2019/01/islamic-state-went-into-hibernation-in.html, Zugriff 12.3.2019

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Joel Wing, Musings on Iraq (4.2.2019): Slight Uptick In Islamic State Ops In Iraq As New Year Begins, https://musingsoniraq.blogspot.com/2019/02/slight-uptick-in-islamic-state-ops-in.html, Zugriff 12.3.2019

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Joel Wing, Musings on Iraq (4.3.2019): Islamic State Might Be Coming Out Of Its Winter Hibernation In Iraq, https://musingsoniraq.blogspot.com/2019/03/islamic-state-might-becoming-out-of.html, Zugriff 12.3.2019

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Joel Wing, Musings on Iraq (1.4.2019): Security In Iraq Mar 22-28, 2019,

https://musingsoniraq.blogspot.com/2019/04/security-in-iraq-mar-22-28-2019.html, Zugriff 2.4.2019

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Liveuamap - Live Universal Awareness Map (13.3.2019): Map of Iraq, https://iraq.liveuamap.com/en/time/13.03.2019, Zugriff 13.3.2019

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OIR - Operation Inherent Resolve (29.3.2019): Fight is not over:

Iraqi clearances spearhead fight against Daesh in Iraq,

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option=com_k2&view=item&id=10269:un-casualty-figures-for-iraq-for-the-month-of-december2018&Itemid=633&lang=en, Zugriff 12.3.2019

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Politische Lage

Die politische Landschaft des Irak hat sich seit dem Sturz Saddam Husseins im Jahr 2003 enorm verändert (KAS 2.5.2018). Gemäß der Verfassung ist der Irak ein demokratischer, föderaler und parlamentarisch-republikanischer Staat (AA 12.2.2018), der aus 18 Provinzen (muhafazat) besteht (Fanack 27.9.2018). Artikel 47 der Verfassung sieht eine Gewaltenteilung zwischen Exekutive, Legislative und Judikative vor (RoI 15.10.2005). Die Autonome Region Kurdistan ist Teil der Bundesrepublik Irak und besteht aus den drei nördlichen Provinzen Dohuk, Erbil und Sulaymaniya. Sie wird von einer Regionalverwaltung, der kurdischen Regionalregierung, verwaltet und verfügt über eigene Streitkräfte (Fanack 27.9.2018).

An der Spitze der Exekutive steht der irakische Präsident, der auch das Staatsoberhaupt ist. Der Präsident wird mit einer Zweidrittelmehrheit des irakischen Parlaments (majlis al-nuwwab, engl.: Council of Representatives, dt.: Repräsentantenrat), für eine Amtszeit von vier Jahren gewählt und genehmigt Gesetze, die vom Parlament verabschiedet werden. Der Präsident wird von zwei Vizepräsidenten unterstützt. Zusammen bilden sie den Präsidialrat (Fanack 27.9.2018).

Teil der Exekutive ist auch der Ministerrat, der sich aus dem Premierminister und anderen Ministern der jeweiligen Bundesregierung zusammensetzt (Fanack 27.9.2018; vgl. RoI 15.10.2005). Der Premierminister wird vom Präsidenten designiert und vom Parlament bestätigt (RoI 15.10.2005).

Am 2.10.2018 wählte das neu zusammengetretene irakische Parlament den moderaten kurdischen Politiker Barham Salih zum Präsidenten des Irak (DW 2.10.2018). Dieser wiederum ernannte den schiitischen Politik-Veteranen Adel Abd al-Mahdi zum Premierminister und beauftragte ihn mit der Regierungsbildung (BBC 3.10.2018). Abd al-Mahdi ist seit 2005 der erste Premier, der nicht die Linie der schiitischen Da'wa-Partei vertritt, die seit dem Ende des Krieges eine zentrale Rolle in der Geschichte Landes übernommen hat. Er unterhält gute Beziehungen zu den USA. Der Iran hat sich seiner Ernennung nicht entgegengestellt (Guardian 3.10.2018).

Der Premierminister führt den Vorsitz im Ministerrat und leitet damit die tägliche Politik (Fanack 27.9.2018). Im Gegensatz zum Präsidenten, dessen Rolle weitgehend zeremoniell ist, liegt beim Premierminister damit die eigentliche Exekutivgewalt (Guardian 3.10.2018).

Die gesetzgebende Gewalt, die Legislative, wird vom irakischen Repräsentantenrat (Parlament) ausgeübt (Fanack 27.9.2018). Er besteht aus 329 Abgeordneten (CIA 17.10.2018; vgl. IRIS 11.5.2018).

Die konfessionell/ethnische Verteilung der politischen Spitzenposten ist nicht in der irakischen Verfassung festgeschrieben, aber seit 2005 üblich (Standard 3.10.2018). So ist der Parlamentspräsident gewöhnlich ein Sunnite, der Premierminister ist ein Schiite und der Präsident der Republik ein Kurde (Al Jazeera 15.9.2018).

In weiten Teilen der irakischen Bevölkerung herrscht erhebliche Desillusion gegenüber der politischen Führung (LSE 7.2018; vgl. IRIS 11.5.2018). Politikverdrossenheit ist weit verbreitet (Standard 13.5.2018). Dies hat sich auch in der niedrigen Wahlbeteiligung bei den Parlamentswahlen im Mai 2018 gezeigt (WZ 12.5.2018). Der Konfessionalismus und die sogennante "Muhassasa", das komplizierte Proporzsystem, nach dem bisher Macht und Geld unter den Religionsgruppen, Ethnien und wichtigsten Stämmen im Irak verteilt wurden, gelten als Grund für Bereicherung, überbordende Korruption und einen Staat, der seinen Bürgern kaum Dienstleistungen wie Strom- und Wasserversorgung, ein Gesundheitswesen oder ein Bildungssystem bereitstellt (TA 12.5.2018).

Viele sunnitische Iraker stehen der schiitischen Dominanz im politischen System kritisch gegenüber. Die Machtverteilungsarrangements zwischen Sunniten und Schiiten sowie Kurden festigen den Einfluss ethnisch-religiöser Identitäten und verhindern die Herausbildung eines politischen Prozesses, der auf die Bewältigung politischer Sachfragen abzielt (AA 12.2.2018).

Die Zeit des Wahlkampfs im Frühjahr 2018 war nichtsdestotrotz von einem Moment des verhaltenen Optimismus gekennzeichnet, nach dem Sieg über den sogenannten Islamischen Staat (IS) im Dezember 2017 (ICG 9.5.2018). Am 9.12.2017 hatte Haider al-Abadi, der damalige irakische Premierminister, das Ende des Krieges gegen den IS ausgerufen (BBC 9.12.2017). Irakische Sicherheitskräfte hatten zuvor die letzten IS-Hochburgen in den Provinzen Anbar, Salah al-Din und Ninewa unter ihre Kontrolle gebracht. (UNSC 17.1.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (12.2.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1437719/4598_1531143225_deutschlandauswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irakstand-dezember-2017-12-02-2018.pdf, Zugriff 12.10.2018

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Al Jazeera (15.9.2018): Deadlock broken as Iraqi parliament elects speaker,

https://www.aljazeera.com/news/2018/09/deadlock-broken-iraqi-parliament-elects-speaker180915115434675.html, Zugriff 19.10.2018

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BBC - British Broadcasting Corporation (9.12.2017): Iraq declares war with Islamic State is over, http://www.bbc.com/news/world-middle-east-42291985, Zugriff 18.10.2018

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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