TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/3 I403 2141091-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.10.2019
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Entscheidungsdatum

03.10.2019

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I403 2141091-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Irak, , gegen den Bescheid des Bundesamtes für

Fremdenwesen und Asyl vom 27.10.2016, Zl. IFA: 1089754100,

Verfahren: 151482847, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein irakischer Staatsbürger, stellte am 25.09.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der am 04.10.2015 stattfindenden Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab er an, dem sunnitischen Glauben anzugehören und früher für eine amerikanische Firma gearbeitet zu haben. Er habe Drohungen von schiitischen Milizen erhalten. Aus Angst um sein Leben sei er aus dem Irak geflüchtet.

In seiner Einvernahme vor dem BFA am 27.09.2016 gab er zu seinen Fluchtgründen befragt an, im Jahr 2008 für ein amerikanisches Unternehmen gearbeitet zu haben, dessen Hauptsitz sich am Flughafen in Bagdad befunden habe. Der Beschwerdeführer habe seine Arbeit im militärischen Bereich des Flughafens verrichtet. Als die Bewohner seiner Ortschaft von seiner beruflichen Tätigkeit erfahren hätten, sei er in einer andere, von Schiiten bewohnte Ortschaft in Bagdad namens Almaschtal gezogen, wo er sechs Monate zugebracht habe. Da der Beschwerdeführer dort von der schiitischen Al-Mahdi-Miliz bedroht worden sei, sei er an seine alte Wohnadresse zurückgekehrt und sei nicht mehr regelmäßig seiner Arbeit nachgegangen, bis die Amerikaner im Jahr 2011 ohnedies abgezogen seien. Etwa ein Jahr später sei der Beschwerdeführer für ein chinesisches Erdölunternehmen tätig gewesen, wobei sich sein Arbeitsplatz im Ort Alqurna befunden habe, wo die Mehrheit der Einwohner aus schiitischen Milizen bestanden habe. Eines Tages hätten sich Milizen zum Beschwerdeführer begeben und einer hätte von ihm verlangt, für seine Söhne eine Anstellung im Unternehmen zu arrangieren. Als der Beschwerdeführer angegeben habe, dass dies nicht in seiner Macht stehe, da er ein einfacher Angestellter sei, sei er persönlich von einem der "Einheimischen", zudem der Vater eines der Wachebeamten des Unternehmens, mit dem Umbringen bedroht worden. Der Wachebeamte selbst habe zuvor bereits einmal das Auto des Beschwerdeführers durchsucht und diesen aufgefordert, ihm einen Teil seines Einkommens abzugeben, was der Beschwerdeführer verweigert habe. Zudem habe man am Dialekt des Beschwerdeführers erkannt, dass er aus Bagdad sei und sein Familienname würde zudem auf seine Konfession schließen lassen. Der Beschwerdeführer habe seinen Arbeitsplatz zunächst nicht mehr verlassen können, da man ihn umgebracht hätte. Schließlich habe er sich auf der Ladefläche eines Kühllasters versteckt und mit diesem das Gelände verlassen, ohne jemals wieder zurückzukehren. Im Anschluss sei er in Bagdad geblieben und habe dort als Taxi-Lenker gearbeitet. Jedoch sei ihm das Leben in Bagdad von der schiitischen Asa'ib Ahl al-Haqq -Miliz erschwert worden, welche einen Checkpoint gegenüber dem Haus des Beschwerdeführers aufgestellt hätte und im Zuge einer Kontrolle aufgrund seines Ausweises erkannt hätte, dass der Beschwerdeführer Sunnit sei. Jene vier Milizen, welche sich stets an besagtem Checkpoint aufgehalten hätten, hätten sich auch zweimalig an der Wohnadresse des Beschwerdeführers eingefunden und dessen Familie gefragt, wo er sich befinde, er sei jedoch jeweils nicht zu Hause gewesen. Da das Leben unerträglich gewesen sei und der Beschwerdeführer mitbekommen habe, dass viele in das Ausland gereist seien, sei der Beschwerdeführer ebenfalls "nach Europa gereist". Ausschlaggebend für die Ausreise sei gewesen, dass der Beschwerdeführer überall, wo er gearbeitet habe, Gefahren und Drohungen ausgesetzt gewesen sei.

Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 27.10.2016 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß "§ 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 Asylgesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF" als unbegründet ab (Spruchpunkt I.). Gemäß "§ 8 Absatz 1 AsylG" wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.). Die befristete Aufenthaltsberechtigung wurde dem Beschwerdeführer gemäß "§ 8 Absatz 4 AsylG" bis zum 27.10.2017 erteilt (Spruchpunkt III.).

Gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides wurde fristgerecht mit Schreiben vom 16.11.2016 Beschwerde erhoben und eine Vollmacht für die Vertretung durch die "Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH" und "Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH" vorgelegt. Es wurden die inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids sowie die Verletzung von Verfahrensvorschriften moniert. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge den angefochtenen Bescheid hinsichtlich des ersten Spruchpunktes beheben und dem Beschwerdeführer den Status eines Asylberechtigten zuerkennen; in eventu den angefochtenen Bescheid hinsichtlich des ersten Spruchpunktes beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Durchführung des Verfahrens und Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückverweisen; eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchführen.

Beschwerde und Bezug habender Akt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 01.12.2016 vorgelegt.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 30.10.2017 wurde dem Beschwerdeführer die befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß "§ 8 Absatz 4 AsylG" bis zum 27.10.2019 erteilt. Dieser Bescheid erwuchs unangefochten in Rechtskraft.

Aufgrund einer Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesverwaltungsgerichtes wurde der Akt der Gerichtsabteilung I403 der Kammer I neu zugewiesen und dieser am 01.07.2019 vorgelegt.

Mit Schriftsatz des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29.07.2019 wurde dem Beschwerdeführer im Rahmen einer schriftlichen Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme Parteiengehör zum aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zum Irak gewährt. Es wurde vom Beschwerdeführer nicht behoben. Eine neuerliche Zusendung erfolgte am 28.08.2019 im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung, der Diakonie und Volkshilfe (ARGE Rechtberatung). Nachdem zunächst um eine Fristverlängerung bis Ende September ersucht wurde, wurde am 01.20.2019 die Vollmacht zurückgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist illegal in das Bundesgebiet eingereist und hält sich seit (spätestens) 25.09.2015 in Österreich auf. Seine Identität steht fest. Er ist Staatsangehöriger des Irak, gehört der Volksgruppe der Araber an und ist sunnitisch-muslimischen Glaubens.

Der Beschwerdeführer hat in seinem Herkunftsland in der Stadt Bagdad gelebt.

Der Beschwerdeführer hält sich aktuell als subsidiär Schutzberechtigter mit einer bis zum 27.10.2019 befristeten Aufenthaltsberechtigung in Österreich auf. Seit dem 28.09.2019 ist er allerdings nicht mehr im Bundesgebiet gemeldet.

1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner beruflichen Vergangenheit oder aufgrund seiner Konfession der realen Gefahr einer Verfolgung durch schiitische Milizen ausgesetzt ist. Er hat den Irak aufgrund der allgemeinen Sicherheitslage im Jahr 2015 verlassen.

1.3. Zur Situation im Irak:

Zur aktuellen Situation im Irak werden folgende Feststellungen getroffen:

Politische Lage

Die politische Landschaft des Irak hat sich seit dem Sturz Saddam Husseins im Jahr 2003 enorm verändert (KAS 2.5.2018). Gemäß der Verfassung ist der Irak ein demokratischer, föderaler und parlamentarisch-republikanischer Staat (AA 12.2.2018), der aus 18 Provinzen (muhafazät) besteht (Fanack 27.9.2018). Artikel 47 der Verfassung sieht eine Gewaltenteilung zwischen Exekutive, Legislative und Judikative vor (RoI 15.10.2005). Die Autonome Region Kurdistan ist Teil der Bundesrepublik Irak und besteht aus den drei nördlichen Provinzen Dohuk, Erbil und Sulaymaniya. Sie wird von einer Regionalverwaltung, der kurdischen Regionalregierung, verwaltet und verfügt über eigene Streitkräfte (Fanack 27.9.2018).

An der Spitze der Exekutive steht der irakische Präsident, der auch das Staatsoberhaupt ist. Der Präsident wird mit einer Zweidrittelmehrheit des irakischen Parlaments (majlis al-nuwwab, engl.: Council of Representatives, dt.: Repräsentantenrat), für eine Amtszeit von vier Jahren gewählt und genehmigt Gesetze, die vom Parlament verabschiedet werden. Der Präsident wird von zwei Vizepräsidenten unterstützt. Zusammen bilden sie den Präsidialrat (Fanack 27.9.2018).

Teil der Exekutive ist auch der Ministerrat, der sich aus dem Premierminister und anderen Ministern der jeweiligen Bundesregierung zusammensetzt (Fanack 27.9.2018; vgl. RoI 15.10.2005). Der Premierminister wird vom Präsidenten designiert und vom Parlament bestätigt (RoI 15.10.2005).

Am 2.10.2018 wählte das neu zusammengetretene irakische Parlament den moderaten kurdischen Politiker Barham Salih zum Präsidenten des Irak (DW 2.10.2018). Dieser wiederum ernannte den schiitischen Politik-Veteranen Adel Abd al-Mahdi zum Premierminister und beauftragte ihn mit der Regierungsbildung (BBC 3.10.2018). Abd al-Mahdi ist seit 2005 der erste Premier, der nicht die Linie der schiitischen Da'wa-Partei vertritt, die seit dem Ende des Krieges eine zentrale Rolle in der Geschichte Landes übernommen hat. Er unterhält gute Beziehungen zu den USA. Der Iran hat sich seiner Ernennung nicht entgegengestellt (Guardian 3.10.2018).

Der Premierminister führt den Vorsitz im Ministerrat und leitet damit die tägliche Politik (Fanack 27.9.2018)

Im Gegensatz zum Präsidenten, dessen Rolle weitgehend zeremoniell ist, liegt beim Premierminister damit die eigentliche Exekutivgewalt (Guardian 3.10.2018).

Die gesetzgebende Gewalt, die Legislative, wird vom irakischen Repräsentantenrat (Parlament) ausgeübt (Fanack 27.9.2018). Er besteht aus 329 Abgeordneten (CIA 17.10.2018; vgl. IRIS 11.5.2018).

Die konfessionell/ethnische Verteilung der politischen Spitzenposten ist nicht in der irakischen Verfassung festgeschrieben, aber seit 2005 üblich (Standard 3.10.2018). So ist der Parlamentspräsident gewöhnlich ein Sunnite, der Premierminister ist ein Schiite und der Präsident der Republik ein Kurde (Al Jazeera 15.9.2018).

In weiten Teilen der irakischen Bevölkerung herrscht erhebliche Desillusion gegenüber der politischen Führung (LSE 7.2018; vgl. IRIS 11.5.2018). Politikverdrossenheit ist weit verbreitet (Standard 13.5.2018). Dies hat sich auch in der niedrigen Wahlbeteiligung bei den Parlamentswahlen im Mai 2018 gezeigt (WZ 12.5.2018). Der Konfessionalismus und die sogennante "Muhassasa", das komplizierte Proporzsystem, nach dem bisher Macht und Geld unter den Religionsgruppen, Ethnien und wichtigsten Stämmen im Irak verteilt wurden, gelten als Grund für Bereicherung, überbordende Korruption und einen Staat, der seinen Bürgern kaum Dienstleistungen wie Strom- und Wasserversorgung, ein Gesundheitswesen oder ein Bildungssystem bereitstellt (TA 12.5.2018).

Viele sunnitische Iraker stehen der schiitischen Dominanz im politischen System kritisch gegenüber. Die Machtverteilungsarrangements zwischen Sunniten und Schiiten sowie Kurden festigen den Einfluss ethnisch-religiöser Identitäten und verhindern die Herausbildung eines politischen Prozesses, der auf die Bewältigung politischer Sachfragen abzielt (AA 12.2.2018).

Die Zeit des Wahlkampfs im Frühjahr 2018 war nichtsdestotrotz von einem Moment des verhaltenen Optimismus gekennzeichnet, nach dem Sieg über den sogenannten Islamischen Staat (IS) im Dezember 2017 (ICG 9.5.2018). Am 9.12.2017 hatte Haider al-Abadi, der damalige irakische Premierminister, das Ende des Krieges gegen den IS ausgerufen (BBC 9.12.2017). Irakische Sicherheitskräfte hatten zuvor die letzten IS-Hochburgen in den Provinzen Anbar, Salah al-Din und Ninewa unter ihre Kontrolle gebracht. (UNSC 17.1.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (12.2.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1437719/4598_1531143225_deutschlandauswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf.

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Al Jazeera (15.9.2018): Deadlock broken as Iraqi parliament elects speaker,

https://www.aljazeera.com/news/2018/09/deadlock-broken-iraqi-parliament-elects-speaker-180915115434675.html, Zugriff 19.10.2018

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BBC - British Broadcasting Corporation (9.12.2017): Iraq declares war with Islamic State is over, http://www.bbc.com/news/world-middle-east-42291985. Zugriff 18.10.2018

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BBC - British Broadcasting Corporation (3.10.2018): New Iraq President Barham Saleh names Adel Abdul Mahdi as PM, https://www.bbc.com/news/world-middle-east-45722528. Zugriff 18.10.2018

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CIA - Central Intelligence Agency (17.10.2018): The World Factbook

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DW - Deutsche Welle (2.10.2018): Iraqi parliament elects Kurdish moderate Barham Salih as new president, https://www.dw.com/en/iraqi-parliament-elects-kurdish-moderate-barham-salihas-new-president/a-45733912, Zugriff 18.10.2018

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https://www.theguardian.com/world/2018/oct/03/iraqi-president-names-adel-abdul-mahdi-as-next-prime-minister, Zugriff 18.10.2018

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Der Standard (13.5.2018): Wahlen im Irak: Al-Abadi laut Kreisen in Führung,

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Der Standard (3.10.2018): Neue alte Gesichter für Iraks Topjobs, https://derstandard.at/2000088607743/Neue-alte-Gesichter-fuer-Iraks-Topiobs.Zugriff 19.10.2018

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TA - Tagesanzeiger (12.5.2018): Im Bann des Misstrauens, https://www.tagesanzeiger.ch/ausland/naher-osten-und-afrika/im-bann-des-misstrauens/storv/ 29434606, Zugriff 18.10.2018

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UNSC - United Nations Security Council (17.1.2018): Report of the Secretary-General pursuant to resolution 2367 (2017), https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/N1800449.pdf, Zugriff 19.10.2018

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WZ - Wiener Zeitung (12.5.2018): Erste Wahl im Irak nach Sieg gegen IS stößt auf wenig Interesse, https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/welt/weltpolitik/964399_Erste-Wahl-im-Irak-nach-Sieg-gegen-IS-stoesst-auf-wenig-Interesse.html, Zugriff 23.10.2018

Parteienlandschaft

Es gibt vier große schiitische politische Gruppierungen im Irak: die Islamische Da'wa-Partei, den Obersten Islamischen Rat im Irak (OIRI) (jetzt durch die Bildung der Hikma-Bewegung zersplittert), die Sadr-Bewegung und die Badr-Organisation. Diese Gruppen sind islamistischer Natur, sie halten die meisten Sitze im Parlament und stehen in Konkurrenz zueinander - eine Konkurrenz, die sich, trotz des gemeinsamen konfessionellen Hintergrunds und der gemeinsamen Geschichte im Kampf gegen Saddam Hussein, bisweilen auch in Gewalt niedergeschlagen hat (KAS 2.5.2018)

Die meisten politischen Parteien verfügen über einen bewaffneten Flügel oder werden einer Miliz zugeordnet (Niqash 7.7.2016; vgl. BP 17.12.2017) obwohl dies gemäß dem Parteiengesetz von 2015 verboten ist (Niqash 7.7.2016; vgl. WI 12.10.2015). Milizen streben jedoch danach, politische Parteien zu gründen (CGP 4.2018) und haben sich zu einer einflussreichen politischen Kraft entwickelt (Niqash 5.4.2018; vgl. Guardian 12.5.2018).

Die sunnitische politische Szene im Irak ist durch anhaltende Fragmentierung und Konflikt gekennzeichnet, zwischen Kräften, die auf Provinz-Ebene agieren, und solchen, die auf

Bundesebene agieren. Lokale sunnitische Kräfte haben sich als langlebiger erwiesen als nationale (KAS 2.5.2018)

Die politische Landschaft der Autonomen Region Kurdistan ist historisch von zwei großen Parteien geprägt: der Demokratischen Partei Kurdistans (KDP) und der Patriotischen Union Kurdistans (PUK). Dazu kommen Gorran ("Wandel"), eine 2009 gegründete Bewegung, die sich auf den Kampf gegen Korruption und Nepotismus konzentriert, sowie eine Reihe kleinere islamistische Parteien (KAS 2.5.2018).

Abgesehen von den großen konfessionell bzw. ethnisch dominierten Parteien des Irak, gibt es auch nennenswerte überkonfessionelle politische Gruppierungen. Unter diesen ist vor allem die Iraqiyya/Wataniyya Bewegung des Ayad Allawi von Bedeutung (KAS 2.5.2018).

Die Wahl im Mai 2018 war von Vorwürfen von Unregelmäßigkeiten und Wahlbetrug begleitet (Al- Monitor 23.8.2018; vgl. Reuters 24.5.2018, Al Jazeera 6.6.2018). Eine manuelle Nachzählung der Stimmen, die daraufhin angeordnet wurde, ergab jedoch fast keinen Unterschied zu den zunächst verlautbarten Ergebnissen und bestätigte den Sieg von Muqtada al-Sadr (WSJ 9.8.2018; vgl. Reuters 10.8.2018). Die Mehrheit der Abgeordneten im Parlament ist neu und jung (WZ 9.10.2018). Im Prozess zur Designierung des neuen Parlamentssprechers, des Präsidenten und des Premierministers stimmten die Abgeordneten zum ersten Mal individuell und nicht in Blöcken - eine Entwicklung, die einen Bruch mit den üblichen, schwer zu durchbrechenden Loyalitäten entlang parteipolitischer, konfessioneller und ethnischer Linien, darstellt (Arab Weekly 7.10.2018).

Quellen:

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Al Jazeera (6.6.2018): Iraq orders recount of all 11 million votes from May 12 election, https://

www.aljazeera.com/news/2018/06/iraq-orders-recount-11-million-votes-12-election-180606163950024.html. Zugriff 23.10.2018

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Al-Monitor (23.8.2018): Many Iraqi legislators call for canceling election results, https://www.almonitor.com/pulse/originals/2018/05/iraq-election-fraud.html. Zugriff 23.10.2018

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https://thearabweekly.com/room-optimism-iraq-under-new-leadership. Zugriff 23.10.2018

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https://www.thebaghdadpost.com/en/Storv/21086/All-Shia-political-parties-have-armed-militias-Nujaba. Zugriff 22.10.2018

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SWP - Stiftung Wissenschaft und Politik (4.2017): Die Badr-Organisation: Irans wichtigstes politisch-militärisches Instrument im Irak,

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WI - al-Waqä'i'a al-iräqiyya (12.10.2015): Law No. 36 of 2015 on Political Parties,

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WSJ - Wall Street Journal (9.8.2018): Iraq Election Results Unchanged After Recount on Fraud Allegations, https://www.wsj.com/articles/iraq-election-results-unchanged-after-recounton-fraud-allegations-1533852653. Zugriff 23.10.2018

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WZ - Wiener Zeitung (9.10.2018): Schlüsselland Irak, https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/welt/weltpolitik/994916_Schluesselland-Irak.html. Zugriff 15.10.2018

Protestbewegung

Die Protestbewegung, die es schon seit 2014 gibt, gewinnt derzeit an Bedeutung. Zumeist junge Leute gehen in Scharen auf die Straße, fordern bessere Lebensbedingungen, Arbeitsplätze, Reformen, einen effektiven Kampf gegen Korruption und die Abkehr vom religiösen Fundamentalismus (WZ 9.10.2018). Im Juli 2018 brachen im Süden des Landes, in Basra, nahe den Ölfeldern West Qurna und Zubayr Proteste aus. Diese eskalierten, nachdem die Polizei in West Qurna auf Demonstranten schoss (ICG 31.7.2018). Reich an Ölvorkommen, liefert die Provinz Basra 80 Prozent der Staatseinnahmen des Irak. Unter den Einwohnern der Provinz wächst jedoch das Bewusstsein des Gegensatzes zwischen dem enormem Reichtum und ihrer eigenen täglichen Realität von Armut, Vernachlässigung, einer maroden Infrastruktur, Strom- und Trinkwasserknappheit (Carnegie 19.9.2018; vgl. NPR 27.9.2018).

Die Proteste im Juli weiteten sich schnell auf andere Städte und Provinzen im Süd- und Zentralirak aus (DW 15.7.2018; vgl. Presse 15.7.2018, CNN 17.7.2018, Daily Star 19.7.2018). So gingen tausende Menschen in Dhi Qar, Maysan, Najaf und Karbala auf die Straße, um gegen steigende Arbeitslosigkeit, Korruption und eine schlechte Regierungsführung, sowie die iranische Einmischung in die irakische Politik zu protestieren (Al Jazeera 22.7.2018). Die Proteste erreichten auch die Hauptstadt Bagdad (Joel Wing 25.7.2018; vgl. Joel Wing 17.7.2018). Am 20.7. wurden Proteste in 10 Provinzen verzeichnet (Joel Wing 21.7.2018). Demonstranten setzten die Bürogebäude der Da'wa-Partei, der Badr-Organisation und des Obersten Islamischen Rats in Brand; praktisch jede politische Partei wurde angegriffen (Al Jazeera 22.7.2018). Es kam zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften, sowie zu Todesfällen (Kurier 15.7.2018; vgl. CNN 17.7.2018, HRW 24.7.2018). Ende August war ein Nachlassen der Demonstrationen zu verzeichnen (Al Jazeera 3.8.2018). Im September flammten die Demonstrationen wieder auf. Dabei wurden in Basra Regierungsgebäude, die staatliche Fernsehstation, das iranische Konsulat, sowie die Hauptquartiere fast aller Milizen, die vom Iran unterstützt werden, angegriffen. Mindestens 12 Demonstranten wurden getötet (Vox 8.9.2018; vgl. NPR 27.9.2018).

Quellen:

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Al Jazeera (22.7.2018): Iraq protests: What you should know, https://www.aljazeera.com/indepth/features/iraq-protests-180717074846746.html. Zugriff 23.10.2018

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Al Jazeera (3.8.2018): Protests in Iraq dwindle after weeks of anger,

https://www.aljazeera.com/news/2018/08/protests-iraq-dwindle-weeks-anger-180803192747710.html, Zugriff 24.10.2018

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Carnegie - Carnegie Middle East Center (19.9.2018): The Basra Exception, http://carnegie- mec.org/diwan/77284?lang=en. Zugriff 23.10.2018

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CNN - Central News Network (17.7.2018): Protests spread, turn deadly in Iraq: At least 8 are dead, dozens hurt, https://edition.cnn.com/2018/07/16/world/iraq-protests-violent/index.html. Zugriff 23.10.2018

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The Daily Star (19.7.2018): In Iraq, old grievances fuel deadly protests,

https://www.dailystar.com.lb/News/Middle-East/2018/Jul-19/457085-in-iraq-old-grievances-fuel-deadly-protests.ashx, Zugriff 23.10.2018

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DW - Deutsche Welle (15.7.2018): Protests spread from oil-rich Basra across southern Iraq,

https://www.dw.com/en/protests-spread-from-oil-rich-basra-across-southern-iraq/a-44678926. Zugriff 23.10.2018

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HRW - Human Rights Watch (24.7.2018): Iraq: Security Forces Fire on Protesters,

https://www.hrw.org/news/2018/07/24/iraq-security-forces-fire-protesters, Zugriff 24.10.2018

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Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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