TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/3 G308 2215922-9

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Veröffentlicht am 03.10.2019
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Entscheidungsdatum

03.10.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §76

Spruch

G308 2215922-9/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. PENNITZ in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren zur Überprüfung der Anhaltung in Schubhaft des XXXX, geboren am XXXX,

Staatsangehörigkeit: Mauretanien alias Gambia, alias Senegal,

BFA-Zahl XXXX, zu Recht:

A) Es wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die

für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Feststellungen:

1. Der betroffene Fremde (BF) reiste zu einem nicht näher genannten bzw. feststellbaren Zeitpunkt, spätestens jedoch am 06.06.2013 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid vom 08.02.2018 wurde der Antrag (rechtskräftig) abgewiesen, dem BF weder internationaler Schutz noch subsidiärer Schutz gewährt. Dem BF wurde kein Aufenthaltstitel erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung nach Mauretanien zulässig ist. Gegen den BF wurde ein auf die Dauer von 8 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Dem BF wurde für die freiwillige Ausreise eine Frist gewährt. Der Bescheid erwuchs mit 10.03.2018 in Rechtskraft.

2. Am 09.04.2018 wurde der BF - in einem Reisezug- von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes einer Kontrolle unterzogen. Der BF beging im Zuge dieser Kontrolle einen Widerstand gegen die Staatsgewalt. Der BF wurde im Anschluss in die Justizanstalt XXXXeingeliefert wo sich dieser bis zur gegenständlichen Inschubhaftnahme in Untersuchungshaft befand.

3. Dem BF wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) mit Schreiben vom 27.04.2018 ein Parteiengehör - Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme - übermittelt.

4. Gegen den BF wurde mit Bescheid vom 23.11.2018, Zahl XXXX des BFA die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

Der BF wurde am XXXX.2018 aus der Untersuchungshaft entlassen und in Schubhaft genommen. Der BF wurde von XXXX.2018 - XXXX.2019 im PAZ XXXX und im Anschluss im Anhaltezentrum XXXX in Schubhaft angehalten, wo er sich seither aufhält.

Gegen die Inschubhaftnahme brachte der BF kein Rechtsmittel ein.

5. Am 11.04.2019 erfolgte gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG die erste Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft. Es wurde eine mündliche Verhandlung durchgeführt, und mit mündlich verkündetem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) vom 20.03.2019, Zahl G301 2215922-1/9Z, die Anhaltung bestätigt und als verhältnismäßig erachtet. Der BF brachte kein Rechtsmittel ein.

6. Die bisher jeweils fristgerecht erfolgten amtswegigen Überprüfungen (insgesamt acht bisher) der Verlängerung der Schubhaft - Verhältnismäßigkeit - gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 22a Abs. 4 BFA-VG beim BVwG (4-wöchige Folgeüberprüfung) ergaben seitens des BVwG, dass die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach wie vor gegeben war. Teilweise fanden mündlichen Verhandlungen statt, an denen der BF jedoch die Mitwirkung verweigerte, indem er keine Antworten gab.

7. Am 30.09.2019 wurde nunmehr der Akt zur neuerlichen Überprüfung dem BVwG vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Festgestellt wird, dass der BF seit XXXX.2018, XXXX Uhr durchgängig in Schubhaft angehalten wird, dass er haftfähig ist und keine Umstände hervorgekommen sind, die eine Änderung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts indizieren oder Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des BF in Schubhaft erwecken. Solches wurde vom Fremden auch nicht, etwa in einer Schubhaftbeschwerde, geltend gemacht. Festgestellt wird, dass vor dem BVwG bereits acht Überprüfungen der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG stattgefunden haben. Der BF verweigerte bisher jegliche Zusammenarbeit mit den Behörden als auch mit dem erkennenden Gericht, indem er etwa in einer mündlichen Verhandlung keine Antworten gab, sondern lediglich den Kopf schüttelte.

Festgestellt wird, dass die Behörde das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikats rechtzeitig und mit Nachdrücklichkeit geführt hat bzw. immer noch führt Ein Heimreisezertifikat liegt aktuell zwar nicht vor, jedoch hat das BFA bisher alles unternommen um eines zu erlangen.

Die Identität des BF steht nach wie vor nicht eindeutig fest, da dieser keine behördlichen Dokumente vorlegen konnte oder wollte, aus denen seine tatsächliche Identität prüfbar wäre. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Weiterführung der Schubhaft sind zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung nach wie vor gegeben.

Der BF verfügt über keinerlei berufliche, familiäre oder sonstige soziale Bindungen in Österreich, er hat keinen Wohnsitz und ist in keiner Weise selbsterhaltungsfähig. Der BF ist bereits dreimal rechtskräftig strafrechtlich verurteilt worden. Der BF weist im Bundesgebiet folgende strafrechtliche Verurteilungen auf:

"01) LG XXXX XXXX vom XXXX.2015 RK XXXX.2015

§87 (1) StGB

Datum der (letzten) Tat XXXX.2015

Freiheitsstrafe 16 Monate, bedingt Probezeit 3 Jahre

Zu LG XXXX XXXX RK XXXX.2015

Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre

LG XXXX XXXX XXXX.2016

02) LG XXXX XXXX vom XXXX.2016 RK XXXX.2017

§§ 83 (2), 84 (2) StGB

§ 15 StGB, § 269 (1) StGB

Datum der (letzten) Tat XXXX.2016

Freiheitsstrafe 6 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Anordnung der Bewährungshilfe

Zu LG XXXX XXXX RK XXXX.2017

Unbedingter Teil der Freiheitsstrafe vollzogen am 13.10.2016

LG XXXX XXXX vom XXXX.2017

Zu LG XXXX XXXX RK XXXX.2017

Aufhebung der Bewährungshilfe

LG XXXX XXXX vom XXXX.2017

03) LG XXXX XXXX vom XXXX.2017 RK XXXX.2017

§ 15 StGB § 84 (s) StGB

§ 125 StGB

§ 15 StGB § 269 (1) StGB

§ 88 (3) StGB

Datum der (letzten) Tat XXXX.2017

Freiheitsstrafe 9 Monate

Zu LG XXXX XXXX RK XXXX.2017

Aus der Freiheitsstrafe entlassen am 16.08.2017, bedingt, Probezeit 3 Jahre

LG XXXX XXXX vom XXXX.2017"

Der BF stellte nach seiner illegalen Einreise nach Österreich einen unbegründeten Antrag auf internationalen Schutz. Der BF zeigt ein absolutes unkooperatives Verhalten und ist keinesfalls gewillt freiwillig in sein Heimatland zurückzukehren.

Die Behörde zeigt sich entschlossen ein HRZ für den BF zu erlangen, jedoch verweigert dieser offensichtlich seine wahre Indentität bzw. Herkunftsstaat bekannt zu geben sodass weitere Ermittlungen sowie Urgenzen bei der mauretanischen Botschaft erforderlich sein werden. Das BFA führt nun auch mit den Botschaften Senegals und Gambia ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates.

Das BFA leitete am 09.05.2018 bereits ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates bei der Botschaft Mauretaniens in Berlin ein. Urgenzen wurden am 26.11.2018, 21.01.2019, 27.05.2019 und 28.06.2019 vorgenommen. Eine Antwort der mauretanischen Botschaft ist bis dato nicht eingetroffen. Da die Identität des BF nicht eindeutig feststeht - er legte keine behördlichen Dokumente vor welche seine Identität bestätigen würden - wurden weitere Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates mit den Botschaften von Gambia in London am 18.03.2019 (urgiert am 27.05.2019 und 28.06.2019) sowie bei der Senegalesischen Botschaft in Berlin am 19.03.2019 eingeleitet. Auch diesbezüglich gibt es noch keine Antworten. Weiters wurde am 27.05.2019 die Ausstellung eines HRZ bei der Bundesrepublik Nigeria beantragt, am 14.06.2019 erfolgte eine negative Identifizierung.

Aufgrund seines bisherigen Verhaltens ist eine Weiterführung der Schubhaft nicht nur verhältnismäßig, sondern auch dringend erforderlich.

2. Beweiswürdigung:

Den Verfahrensgang, die getroffenen Feststellungen und die Haftfähigkeit des BF ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten der Behörde und dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichts.

Aufgrund des bisherigen Verhalten des BF (dreimal strafgerichtlich verurteilt, wiederholt den Behörden entzogen und untergetaucht) steht fest, dass der BF nicht in den Herkunftsstaat zurückkehren möchte bzw. nicht gewillt ist, sich der Rechtsordnung entsprechend zu verhalten. Sein bisheriges Verhalten und seine Lebensweise lassen keine Zweifel daran, dass der BF in Österreich nicht integriert ist und dass er seine Freilassung mit hoher Wahrscheinlichkeit dazu nützen wird, sich seiner Abschiebung zu entziehen und wieder Straftaten zu begehen.

Die Behörde ist zutreffend von hoher Fluchtgefahr und akutem Sicherungsbedarf hinsichtlich des BF ausgegangen, was die Verhängung der Schubhaft und das Absehen der Verhängung eines gelinderen Mittels rechtfertigt. Die Schubhaft ist im Hinblick auf sein bisheriges Verhalten und unter Berücksichtigung aller Umstände auch verhältnismäßig.

Im Hinblick auf das zielstrebig betriebene Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates ist begründet zu erwarten, dass dieses zu erlangen sein wird und die Abschiebung jedenfalls innerhalb der gesetzlichen Anhaltefrist erfolgen wird. Die Behörde hat das Verfahren bislang rechtskonform geführt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A. - Fortsetzung der Schubhaft:

3.1. Gesetzliche Grundlagen:

Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakte so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakte gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

Gemäß § 76 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn 1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder 2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen. Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit. n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird.

3.2. Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei ist das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig. Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann. Die Verhängung der Schubhaft darf stets nur ultima ratio sein.

3.3. Zum vorliegenden Fall:

Die Behörde hat im Sinne der angewendeten gesetzlichen Bestimmungen zu Recht die Schubhaft wegen Fluchtgefahr angeordnet, weil aus dem vergangenen Verhalten des BF mit Sicherheit geschlossen werden kann, dass der BF seine Abschiebung mit allen Mitteln zu verhindern oder jedenfalls zu behindern beabsichtigt. Die Behörde hat im Hinblick auf das bisherige Verhalten des BF und seine unzureichende Verankerung im Bundesgebiet zu Recht eine hohe Fluchtgefahr und akuten Sicherungsbedarf angenommen. Der BF hat keine berücksichtigungswürdigen Umstände dargetan, wonach die Schonung seiner Freiheit das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung überwiegen würde, die Schubhaft ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände auch verhältnismäßig. Das Verhalten des BF in der Vergangenheit schließt auch die Anordnung gelinderer Mittel aus. Es besteht nicht nur ein grundsätzliches öffentliches Interesse am effizienten Vollzug des Fremdenrechts, besteht auch ein erhebliches öffentliches Interesse, Fremde nach abgeschlossenem negativen Asylverfahren, die sich ohne Rechtsgrundlage in Österreich aufhalten, außer Landes zu bringen. In diesem Sinne hat die Behörde sichergestellt, dass das Abschiebeverfahren zeitnah und zweckmäßig durchgeführt wird. Die Ausstellung eines HRZ wird nachweisbar vorangetrieben.

Die getroffenen Feststellungen und ihre rechtliche Würdigung lassen im Hinblick auf ihre Aktualität und ihres Zukunftsbezuges keine, die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft ändernde Umstände erkennen.

Die Abklärung der tatsächlichen Staatsangehörigkeit bzw. danach die zeitnahe Ausstellung des für die Rückführung erforderlichen Reisedokuments (Heimreisezertifikats) sowie die daran anschließende tatsächliche Rückführung, erscheinen aus derzeitiger Sicht jedenfalls nicht als ausgeschlossen oder als völlig unwahrscheinlich, insbesondere sind Verfahren zur Abklärung der Staatsangehörigkeit bei den betreffenden ausländischen Vertretungsbehörden bereits im Laufen. Derzeit kommen Gambia und Mauretanien sowie Senegal in Frage.

Hinsichtlich des Umstandes, dass im Zuge des rechtskräftig negativ abgeschlossenen Asylverfahrens eine Rückkehrentscheidung erlassen und gleichzeitig gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass die Abschiebung in den angenommenen Herkunftsstaat Mauretanien zulässig ist, ist auf die Entscheidungen des VwGH vom 26.01.2017, Ra 2016/21/0349, und vom 21.12.2017, Ra 2017/21/0125, hinzuweisen: Kann eine Abschiebung nicht in den ursprünglich vorgesehenen Herkunftsstaat durchgeführt werden, so kann eine Rückkehrentscheidung ausnahmsweise auch ohne Ausspruch nach § 52 Abs. 9 FPG erfolgen, wenn dies aus vom Fremden zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

Die Dauer der Schubhaft ist durch das Verhalten des BF selbst bedingt, als er im Verfahren jegliche Mitwirkung verweigert. So wirkte er weder vor dem Bundesamt noch vor dem BVwG an der Feststellung seiner Identität mit. Das Bundesamt wiederum urgierte zuletzt am 28.06.2019 die Erlangung eines HRZ bei der gambischen Botschaft in London, am 28.06.2019 bei der mauretanischen in Berlin und beantragte am 19.03.2019 sowie am 14.06.2019 die Erlangung eines HRZ bei der senegalesischen Botschaft ebenso in Berlin. Somit laufen derzeit Verfahren mit Gambia, Senegal und Mauretanien.

Auch in der zuletzt stattgefundenen mündlichen Verhandlung gab der BF auf die an ihn gestellten Fragen keine Antwort, was seine fehlende Mitwirkung bestätigt. Der BF hat sich durch sein bisheriges persönliches Gesamtverhalten insgesamt als nicht vertrauenswürdig und unkooperativ erwiesen, was sich insbesondere aus der fehlenden Bereitschaft zur freiwilligen Rückkehr nach negativem Abschluss des Asylverfahrens, durch Untertauchen und der Erlassung eines Einreiseverbots aufgrund seiner mehrfachen Straffälligkeit gezeigt hat. Er wurde insgesamt 3 Mal rechtskräftig verurteilt und führte wiederholt illegale Grenzübertritte durch. Der BF hat bislang weder ein authentisches Dokument zum Nachweis seiner wahren Identität und Staatsangehörigkeit vorgelegt noch sonst an einer raschen Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit mitgewirkt. Dass diese umfangreichen Verfahren auch dadurch mehr Zeit in Anspruch nehmen, hat letztlich der BF selbst zu verantworten.

Die Fortsetzung der Schubhaft wegen Fluchtgefahr erweist sich schon vor diesem Hintergrund und der laufenden Abklärung der Staatsangehörigkeit sowie der sich daraus letztlich ergebenden Möglichkeit einer Abschiebung als verhältnismäßig.

Es war daher gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wie im Spruch angeführt zu entscheiden. Die Schubhaft kann daher fortgesetzt werden.

Die in § 80 Abs. 2 Z 2 FPG grundsätzlich vorgesehene Höchstdauer der Anhaltung in Schubhaft im Ausmaß von sechs Monaten wurde zum Entscheidungszeitpunkt bereits überschritten. Allerdings liegt hier unzweifelhaft ein Sachverhalt im Sinne des § 80 Abs. 4 Z 1 und 4 FPG vor, weshalb die gegenständliche Schubhaft aus derzeitiger Sicht auch über die sechs Monate hinaus fortgesetzt werden kann.

Auf Grund des festgestellten Sachverhaltes erweist sich die Fortsetzung der seit 23.11.2018 und somit seit rund 9 1/2 Monaten andauernden Schubhaft wegen Vorliegens von Fluchtgefahr weiterhin als erforderlich und die Anhaltung in Schubhaft wegen Überwiegens des öffentlichen Interesses an der Sicherung der Abschiebung in den noch zu klärenden Herkunftsstaat bzw. der noch zu klärenden Frage der Ausstellung eines Ausreisedokuments im Vergleich zum Recht des betroffenen Fremden auf persönliche Freiheit auch als verhältnismäßig.

Ein gelinderes Mittel ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des vorliegenden Falles, insbesondere des Vorliegens von erheblicher Fluchtgefahr, zur Erreichung des Sicherungszwecks nicht geeignet.

Die getroffenen Feststellungen und ihre rechtliche Würdigung lassen im Hinblick auf ihre Aktualität und ihres Zukunftsbezuges keine, die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft ändernde Umstände erkennen. Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

4. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint und die Anberaumung einer Verhandlung auch nicht beantragt wurde, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFAVG iVm 24 Abs. 4 VwGVG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Dies umso mehr, als der BF bei den bereits stattgefundenen mündlichen Verhandlungen jegliche Mitwirkung verweigert hat.

Zur Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B.):

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder von den Parteien vorgebracht worden noch sonst hervorgekommen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der einschlägigen Erkenntnisse des VwGH vom 19.02.2015, Zl. Ro 2013/21/0075, vom 23.04.2015, Zl. Ro 2014/21/0077, und vom 19.05.2015, Zl. Ro 2014/21/0071, sowie auch der die Schubhaft betreffenden Erkenntnisse des VfGH vom 12.03.2015, G 151/2014 ua., und E 4/2014.

Schlagworte

Fluchtgefahr, Interessenabwägung, öffentliche Interessen, Schubhaft,
Schubhaftbeschwerde, Sicherungsbedarf, Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G308.2215922.9.00

Zuletzt aktualisiert am

29.01.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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