TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/10 W125 2223927-1

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Veröffentlicht am 10.10.2019
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Entscheidungsdatum

10.10.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z1
AsylG 2005 §4a
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §61

Spruch

W125 2223927-1 /8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Christian FILZWIESER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , StA Somalia, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.09.2019, Zl XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 4a, § 10 Abs. 1 Z 1, § 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 6.8.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Zu seiner Person liegen folgende EURODAC-Treffermeldungen jeweils der Kategorie 1 (Asylantragstellung) vor:

* Italien vom XXXX .7.2011

* Schweden vom XXXX .9.2013

* Schweden vom XXXX .10.2015

* Deutschland vom XXXX .5.2016

* Frankreich vom XXXX .10.2016

2. Bei der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 6.8.2019 gab der Beschwerdeführer eingangs an, Somalisch als Muttersprache zu haben und Italienischkenntnisse auf dem Niveau B 1 (mittel) zu haben, jedoch diese Sprache nicht in Wort und Schrift zu beherrschen. Dann führte er im Wesentlichen aus, er habe sein Heimatland im Juni 2008 verlassen und sei illegal mit dem Bus nach Äthiopien gefahren. Nach acht Monaten habe er sich über den Sudan nach Libyen begeben, wo er zirka drei Jahre im Gefängnis gewesen sei. Nach seiner Entlassung sei er im Juni 2011 in Italien eingereist, wo er im Jahr 2012 Asylstatus bekommen habe. Im Jahr 2013 habe er sich nach Schweden begeben, wo er einen Asylantrag gestellt habe, der abgewiesen worden sei. Er habe sich dann nach Italien zurückbegeben und dort zirka zwei Jahre gelebt. Im Jahr 2015 habe er sich nach Deutschland begeben und das Verfahren über den von ihm dort gestellten Antrag nicht abgewartet, zumal er im Jahr 2016 nach Frankreich weitergereist sei, wo er ebenfalls einen Asylantrag gestellt habe, der abgelehnt worden sei. Zwischenzeitig habe er sich im Oktober 2016 nach Italien begeben, um sein Reisedokument zu erneuern. Ende 2016 bis Mai 2019 habe er in Malta gelebt; dort habe er einen Asylantrag gestellt, ein Arbeitspapier erhalten und als Koch gearbeitet. Er verfüge über ein italienisches Reisedokument, einen "Titolare di protezione sussidaria", ausgestellt am XXXX .10.2016 und gültig bis XXXX .11.2020. Befragt, was gegen eine Rückkehr in diese Länder sprechen würde, antwortete der Beschwerdeführer, seine Familie lebe in Österreich.

Zu seinen familiären Verhältnissen führte er aus, er sei verheiratet und seine Ehefrau samt zwei Kindern würden in Wien mit Status leben. Seine Gattin und er selbst hätten das Sorgerecht über die Kinder. Seine Mutter sei verstorben, sein Vater, seine Brüder und seine Schwestern würden alle in Somalia leben.

3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 8.8.2019 auf Art 34 der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) gestützte Informationsersuchen an Italien, Schweden, Deutschland, Frankreich und Malta.

Mit einem am 14.8.2019 via DubliNET eingelangten Schreiben gaben die französischen Behörden bekannt, dass der Beschwerdeführer am XXXX .10.2016 einen Asylantrag gestellt habe, ein Wiederaufnahmeersuchen von den schwedischen Behörden wegen subsidiären Schutzes und des bis XXXX .11.2020 gültigen Aufenthaltstitels in Italien abgelehnt worden sei und der Beschwerdeführer zur geplanten Überstellung nach Italien nicht erschienen sei.

Die maltesischen Behörden teilten mit Schreiben vom 14.8.2019 mit, dass der Beschwerdeführer am XXXX .7.2017 in Malta internationalen Schutz beantragt habe, ein Informationsersuchen an Italien unbeantwortet geblieben sei und seitens der französischen Behörden bekannt gegeben worden sei, dass der Beschwerdeführer in Italien subsidiär schutzberechtigt sei und von seinen drei minderjährigen Kindern namens XXXX (geboren am XXXX ), XXXX (geboren am XXXX ) und XXXX (geboren am XXXX ) begleitet worden sei.

Mit Schreiben vom 19.8.2019 gaben die italienischen Behörden bekannt, dass dem Beschwerdeführer ein bis XXXX .11.2020 gültiger Aufenthaltstitel wegen subsidiären Schutzes in XXXX ausgestellt worden sei.

Die schwedischen Behörden teilten im Schreiben vom 19.8.2019 mit, der Beschwerdeführer habe am XXXX .9.2013 und am XXXX .10.2015 Asylanträge gestellt. Wegen subsidiären Schutzes in Italien und eines bis XXXX .11.2020 gültigen Aufenthaltstitels sei das Asylbegehren in Schweden abgelehnt ("dismissed") worden.

Am 21.8.2019 langte die Antwort der deutschen Behörden ein, worin ausgeführt wurde, der Beschwerdeführer sei am XXXX .8.2015 in das deutsche Bundesgebiet eingereist und habe am XXXX .2.2017 einen Asylantrag gestellt, der wegen Flüchtlingsschutzes in Italien mit Bescheid vom XXXX .3.2017 abgelehnt worden sei. Der Beschwerdeführer habe gegen diesen Bescheid Klage erhoben und sei am XXXX .5.2017 untergetaucht, woraufhin das Verfahren wegen Nichtbetreibens am XXXX .9.2017 eingestellt worden sei. Am XXXX .12.2017 sei der Beschwerdeführer - aus Österreich kommend - aufgegriffen und zurückgewiesen worden.

4. Bei der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 5.9.2019, an der auch ein Rechtsberater teilnahm, gab der Beschwerdeführer an, er sei gesund. In Österreich würden seine schwangere Frau und seine zwei Kinder wohnen. Er lebe von seiner Familie getrennt, weil er nur die grüne Karte habe und nicht mit seiner Familie wohnen dürfe. Jeden Abend würden sie zu ihm nach XXXX kommen. Ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bestehe nicht. Seit zehn Jahren würden sie schon getrennt leben, weil er den Kontakt zu seiner Familie verloren hätte, als er Somalia verlassen habe. Später sei seine Familie umgezogen und er hätte nur die Festnetznummer gehabt. In Italien habe sein Mitbewohner Besuch bekommen und dieser Mann habe ihm gesagt, dass seine Frau in Österreich sei. So habe er die Kontaktdaten bekommen. Das sei Ende April gewesen und Anfang Mai sei er nach Österreich gekommen. Im österreichischen Bundesgebiet lebe er mit keiner sonstigen Person in Familiengemeinschaft oder familienähnlicher Lebensgemeinschaft und es bestünden auch keine anderen Bindungen zu Österreich. Er lebe von der Grundversorgung, habe noch keine Deutschkurse besucht und sei nicht Mitglied in Vereinen oder sonstigen Organisationen. Am Donnerstag letzter Woche habe er begonnen, in seiner Unterkunft Geschirr zu waschen und zu putzen, wofür er am Tag neun Euro bekomme.

Damit konfrontiert, dass beabsichtigt sei, den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 4a AsylG zurückzuweisen und ihn aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Italien auszuweisen, machte der Beschwerdeführer geltend, er wolle hier in Österreich bei seiner Familie bleiben, weil er sie zehn Jahre nicht gesehen habe. Jeder Vater wolle bei seinen Kindern leben. Er sei acht Jahre in Italien aufhältig gewesen und nach Österreich gekommen, weil er mit seiner Familie leben wolle. Auf die Frage, wieso seine Familie nicht nach Italien gegangen sei, antwortete der Beschwerdeführer, er habe nicht gewusst, dass seine Familie in Österreich wohne.

5. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.9.2019 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 6.8.2019 gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass er sich nach Italien zurückzubegeben habe (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt II.) und gegen ihn gemäß § 61 Abs 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge seine Abschiebung nach Italien gemäß § 61 Abs 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.).

Zur Lage in Italien traf das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl folgende Feststellungen (unkorrigiert):

"Schutzberechtigte

Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte erhalten eine Aufenthaltsgenehmigung für fünf Jahre, humanitärer Aufenthalt wird für zwei Jahre gewährt. Um die Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten, brauchen die Schutzberechtigten eine Meldeadresse, was manchmal ein Problem sein kann. Verlängerungen des Aufenthalts müssen postalisch beantragt werden. Dies kann mehrere Monate in Anspruch nehmen. Nach frühestens fünf Jahren rechtmäßigen Aufenthalts besteht für Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit einen langfristigen Aufenthalt zu erhalten. Anträge auf Familienzusammenführung sind für Schutzberechtigte ohne Zeitlimit möglich. Schutzberechtigte dürfen sich frei im Land niederlassen, wenn sie sich selbst erhalten können. Laut Gesetz haben in SPRAR-Strukturen untergebrachte Schutzberechtigte ein Recht darauf für sechs weitere Monate untergebracht zu bleiben; in besonderen Fällen auch für zwölf oder mehr Monate. Wenn Schutzberechtigte nach Statuszuerkennung einen Platz im SPRAR erhalten (selbe Zeitlimits wie oben), müssen sie diesen annehmen, da sie ansonsten das Recht auf Unterbringung im SPRAR verlieren. Die meisten Asylwerber in Italien leben jedoch in CAS, wo andere, regional sehr unterschiedliche Regeln gelten, wenn Antragsteller von einem Schutzstatus in Kenntnis gesetzt werden (Dauer des weiteren Verbleibs im Zentrum schwankend zwischen mehreren Monaten und lediglich einem Tag). In der Folge kann es daher auch zu Obdachlosigkeit unter Schutzberechtigten kommen. Rechtlich haben anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte Zugang zu Sozialwohnungen, zum Arbeitsmarkt und zu Sozialleistungen im selben Ausmaß wie italienische Staatsbürger (AIDA 21.3.2018).

Manchmal ist es Asylwerbern und Flüchtlingen, die illegaler Arbeit nachgehen, besonders in großen Städten nicht möglich eine Wohnung zu mieten. Oft leben sie unter schlechten Bedingungen in besetzten Gebäuden. Die Regierung unternimmt begrenzte Versuche, Flüchtlinge in die Gesellschaft zu integrieren (USDOS 20.4.2018).

Schätzungen der NGO Medecins sans Frontieres (MSF) zufolge, waren im Feber 2018 im ganzen Land mindestens 10.000 Personen von der Unterbringung faktisch ausgeschlossen, darunter Asylwerber und Schutzberechtigte. Sie leben nicht selten in besetzen Gebäuden, von denen mittlerweile durch Involvierung von Regionen oder Gemeinden viele legalisiert wurden. Die NGO Baobab Experience betreibt in Rom ein informelles Migrantencamp und betreut nach eigenen Angaben eine steigende Zahl von Inhabern eines Schutztitels (MSF 8.2.2018).

Wie Asylwerber, müssen sich Personen mit einem Schutzstatus in Italien beim italienischen Nationalen Gesundheitsdienst registrieren und haben dann dieselben Rechte und Pflichten in Bezug auf medizinische Versorgung wie italienische Staatsbürger. Probleme beim Zugang zu medizinischer Versorgung für Schutzberechtigte können durch das Fehlen einer Meldeadresse entstehen. In einigen Regionen Italiens sind Schutzberechtigte nicht mehr von der Praxisgebühr ("Ticket") ausgenommen, während in anderen Regionen die Befreiung weiter gilt, bis die Schutzberechtigten einen Arbeitsplatz finden (AIDA 21.3.2018).

Die Wohnsitzmeldung ist für Asylwerber und Schutzberechtigte die größte administrative Hürde für die Registrierung beim nationalen Gesundheitsdienst. Wenn sie aus der Unterbringung ausziehen, wird ihr Wohnsitz dort abgemeldet. Folglich müssen sie sich anderswo melden. Eine Wohnsitzmeldung in einem besetzten Gebäude oder unter einer fiktiven Adresse (wie bei Obdachlosen) ist in der Regel nicht möglich, wenn auch in Rom einzelne Kommunen gelegentlich schon Ausnahmen gemacht haben. Die Folge ist ein zunehmender Rückgriff auf das System der vorübergehend aufhältigen Fremden (Straniero Temporaneamente Presente, STP), das illegal aufhältigen Migranten den Zugang zu medizinischer Notfallbehandlung ermöglicht. Medizinische Behandlung wird vermehrt über die Notaufnahmen der Krankenhäuser in Anspruch genommen. Auch die medizinischen Leistungen von privaten humanitären Organisationen werden immer wichtiger. Diese können aber keine Medikamente zu Kassenkonditionen verschreiben, so dass die von ihnen behandelten Migranten die Medikamente zum vollen Preis kaufen müssen (MSF 8.2.2018).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (21.3.2018): Italian Council for Refugees (CIR) / Association for Legal Studies on Immigration (ASGI): Country Report: Italy,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2017update.pdf, Zugriff 3.8.2018

-

MSF - Médecins Sans Frontières (8.2.2018): "Out of sight" - Second edition, https://www.ecoi.net/de/dokument/1424506.html, Zugriff 19.9.2018

-

USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017: Italy, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430262.html, Zugriff 24.9.2018"

Begründend führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer in Italien subsidiär Schutzberechtigter sei und dort Schutz vor Verfolgung gefunden habe. Es seien keine stichhaltigen Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht worden, dass der Beschwerdeführer tatsächlich konkret Gefahr laufen würde, in Italien Folter oder unmenschlicher respektive erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden, oder dass ihm eine Verletzung der durch Art 3 EMRK gewährleisteten Rechte drohen könnte. Die Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG seien in seinem Fall nicht gegeben. Die Außerlandesbringung stelle keinen unzulässigen Eingriff in das Recht auf Achtung des Familien- und Privatlebens dar, zumal der Beschwerdeführer mit seiner Familie nicht im gemeinsamen Haushalt lebe, rund zehn Jahre keinen Kontakt gehabt habe und von ihr finanziell nicht abhängig sei. Die Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet sei relativ kurz und es hätten sich keine Hinweise auf eine besondere Integrationsverfestigung seiner Person in Österreich ergeben.

6. Gegen diesen vom Beschwerdeführer am 11.9.2019 persönlich übernommenen Bescheid richtet sich die fristgerecht am 24.9.2019 durch die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers eingebrachte Beschwerde, worin im Wesentlichen geltend gemacht wurde, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art 8 EMRK führen würde. Darüber hinaus sei Art 24 GRC zu berücksichtigen, wonach das Wohl des Kindes eine vorrangige Erwägung zu sein habe und jedes Kind Anspruch auf regelmäßige persönliche Beziehungen und direkte Kontakte zu beiden Elternteilen habe. Die Frage der finanziellen Abhängigkeit und des in den letzten zehn Jahren fehlenden gemeinsamen Haushaltes sei nicht relevant, vielmehr sei maßgeblich, dass der Beschwerdeführer der Ehegatte und der Vater der angeführten Familienangehörigen sei. Weiters sei darauf hinzuweisen, dass dem Beschwerdeführer subsidiärer Schutz in Österreich zuerkannt worden wäre, wenn die Dublin III-VO zur Anwendung gekommen wäre.

7. Die Beschwerdevorlage langte am 1.10.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

8. Eine Einsicht in die beim Bundesverwaltungsgericht anhängigen Beschwerdeverfahren W256 2192498-1, W256 2192496-1 und W256 2192497-1 betreffend die vom Beschwerdeführer als Ehefrau angegebene WARDHEERE Hodan Yuusuf (W.H.), die als Tochter bezeichnete ABDI FATAH AHMED Qaali (A.Q.) und den als Sohn angegebenen ABDI FATAH AHMED Yuusuf (A.Y.) hat insbesondere Folgendes ergeben:

W.H. stellte für sich und ihre beiden Kinder A.Q. und A.Y. am 21.12.2017 Anträge auf internationalen Schutz im österreichischen Bundesgebiet.

Am 22.12.2017 fand dazu eine Erstbefragung statt, wobei W.H. insbesondere angab, verheiratet zu sein. Befragt nach Familienangehörigen im Herkunftsland oder einem anderen Drittstaat nannte sie unter anderem ihren Ehemann: "ABDI FATAH Ahmed, Alter unbekannt ca. 35 Jahre alt, Aufenthaltsort unbekannt. Keinen Kontakt seit 2009". Somalia habe sie gemeinsam mit ihren Kindern am 13.12.2017 verlassen und sie seien nach einem ungefähr einwöchigen Aufenthalt in der Türkei am 19.12.2017 von Istanbul nach Wien geflogen.

Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme am 28.2.2018 gab W.H. unter anderem zu Protokoll (unkorrigiert):

"(...) LA: Wie ist Ihr Familienstand?

VP: Ich bin verheiratet, aber ich weiß nicht, wo sich mein Mann befindet.

LA: Wie erfolgte die Eheschließung? (traditionell, standesamtlich; falls traditionell - wurde sie beim Amt registriert?)

VP: Es war eine traditionelle Eheschließung.

LA: Sind Sie im Besitz einer Heiratsurkunde oder sonstigen Bescheinigung über Ihre Eheschließung?

VP: Nein.

Nachgefragt, auch nie besessen.

Befragt, wann die Eheschließung stattfand, gebe ich an, dass es 2005 war. Es war Ende August, an den Tag kann ich mich nicht erinnern. Es war ein Mittwoch.

LA: Wie alt waren Sie bei der Eheschließung?

VP: Vielleicht 17, vielleicht 16 Jahre alt. Ich bin mir nicht sicher.

Befragt, wo die Eheschließung stattfand, gebe ich an, dass es in Mogadischu war.

LA: Wo genau?

VP: In einem Haus.

Nachgefragt, in unserem Haus.

Befragt, vom wem die Zeremonie der Eheschließung durchgeführt wurde, gebe ich an, dass ein älterer Mann dort war, ein Scheich. Mein Bruder war auch dort.

Befragt, welche Personen meinem Mann und mir als Zeugen bei der Eheschließung zur Verfügung standen, gebe ich an, dass mein Bruder, ein Nachbar und ein Mann, der mit dem Scheich gekommen ist, die Zeugen waren.

LA: Wo und wann haben Sie Ihren Ehemann kennengelernt?

VP: Ich weiß nicht, wann das war. Wir lernten uns bei einer Hochzeit kennen.

LA: Wessen Hochzeit war das?

VP: Bei einer Freundin.

LA: Wer ist diese Freundin?

VP: Sie war nicht eine richtige Freundin, ein bisschen halt. Sie hieß Halimo Scadiu.

Nachgefragt, sie war aus der Nachbarschaft.

LA: Wie kamen Sie mit Ihrem zukünftigen Ehemann auf der Hochzeit ins Gespräch?

VP: Wir kamen dort ins Gespräch.

LA: Beschreiben Sie die Situation?

VP: Wir kamen ins Gespräch. Was soll ich da erzählen?

LA: Wer waren die anderen Gäste der Hochzeit?

VP: Viele aus der Nachbarschaft.

LA: War Ihr Mann alleine dort?

VP: Er war alleine, als ich ihn ansprach. Er war sicher mit vielen aus der Nachbarschaft dort.

LA: Um wen genau handelt es sich bei Ihrem Ehemann?

VP: Er heißt Cabdifitaax AXMED XASAN.

Befragt zu seinem Alter gebe ich an, dass ich sagen würde, dass er 35 Jahre alt ist.

Befragt zu seiner Volksgruppe gebe ich an, dass er der Volksgruppe der Hawiye angehört.

Befragt zu seiner beruflichen Tätigkeit gebe ich an, dass er ein Geschäft hatte und er hat elektronische Sachen verkauft.

LA: Was waren das für elektronische Sachen?

VP: Batterien, Videorekorder, Radios, alles, was man für den Storm braucht.

Befragt, wie alt wir waren, als wir uns auf der Hochzeit der Freundin kennenlernten, gebe ich an, dass ich ungefähr 17 Jahre alt war. Es war zur gleichen Zeit, als wir heirateten. Wie alt mein Ehemann war, danach habe ich nicht gefragt.

LA: Wie viel Zeit verging zwischen Ihrem Kennenlernen und Ihrer Hochzeit?

VP: Ungefähr zwei Monate vergingen.

LA: Wo haben Sie nach der Eheschließung mit Ihrem Ehemann gewohnt? Nennen Sie bitte die konkrete Adresse.

VP: Es war ein Haus in Mogadischu, aber wir lebten nicht lange zusammen.

LA: Wo und bei wem hält sich Ihr Ehemann aktuell auf?

VP: Ich weiß es nicht.

LA: Wo lebt die Familie Ihres Ehemannes?

VP: Die leben immer noch in Mogadischu.

LA: Stehen Sie mit der Familie Ihres Ehemannes in Kontakt?

VP: Nein.

LA: Wann hatten Sie den letzten Kontakt zu Ihrem Ehemann?

VP: 2009.

LA: Wo hat sich Ihr Ehemann zum damaligen Zeitpunkt befunden?

VP: Er war in Äthiopien.

LA: Wie viel Zeit verging nach der Eheschließung bis Sie und Ihr Ehemann in einen gemeinsamen Haushalt zogen?

VP: Er hat eine Wohnung gemietet und ich bin dann dort eingezogen.

Anmerkung: Die Frage wurde mehrmals wiederholt und erörtert.

VP: Vier Monate nach unserer Verlobung.

Nachgefragt, ob es ein Haus oder eine Wohnung war, gebe ich an, dass es ein Haus war.

LA: Wann haben Sie sich von Ihrem Ehemann getrennt? Wann hatten Sie den letzten Kontakt?

VP: 2008. 2005.

LA: Bitte überlegen Sie in Ruhe. Wann haben Sie ihn das letzte Mal gesehen?

VP: Mitte XXXX .

(...)

LA: Wann haben Sie Ihr Heimatland verlassen?

VP: Am 13.12.2017.

LA: Sie haben nunmehr die Möglichkeit, Ihre Beweggründe für das Verlassen Ihrer Heimat ausführlich darzulegen. Bitte schildern Sie möglichst lebensnahe, also konkret und mit sämtlichen Details, sodass auch unbeteiligte Personen Ihre Darstellung nachvollziehen können, aus welchem Grund Sie Ihr Heimatland verließen.

VP: Ich habe das Land wegen vieler Probleme verlassen. Ich komme aus einem Minderheitsclan und habe einen Mann aus dem Mehrheitsclan geheiratet. Nachdem seine Familie erfahren hat, dass er eine Frau aus einem Minderheitsclan geheiratet hat, hat seine Familie begonnen, Probleme zu machen.

Sie sagten ihm, dass er sich scheiden lassen soll, dass seine Frau ihm nicht würdig wäre. Sie haben ihn unter Druck gesetzt. Immer wieder sagten sie zu ihm, dass er sich scheiden lassen soll und dann bin ich schwanger geworden.

Nachdem ich das erste Kind bekam und er eines Nachts nach Hause kommen wollte, hat man ihn verletzt. Man hat ihm in das Bein geschossen und man hat ihn verletzt. Man brachte ihn ins Spital und er wurde gesund.

Ich war damals mit dem zweiten Kind schwanger. Es interessierte die Familie nicht und sie haben ihn immer wieder unter Druck gesetzt.

Eines Nachts ist er einfach verschwunden und ist nicht nach Hause gekommen.

Nach der Geburt meines zweiten Kindes hat er mich aus Äthiopien angerufen und gesagt, dass er in Äthiopien ist. Von diesem Zeitpunkt an, hat mir die Familie Probleme gemacht. Sie wollten mir die Kinder wegnehmen. Sie sagten, dass die Kinder ihnen gehören würden.

Ich habe mich mit den Kindern immer wieder versteckt, damit sie mir nicht die Kinder wegnehmen.

Eines Tages nahmen sie mir die Tochter weg. Sie haben sie von der Schule entführt. Die Nachbarn haben mir das erzählt. Ich lief zur Schule und der Lehrer sagte, dass er glaubt dass es die Tante war und ich bin dorthin und sah, dass sie die Tochter beschneiden wollten. Ich habe geschrien und die Nachbarn sind gekommen.

Ich bin dann mit meiner Tochter nach Hause und die Tante von meinem Mann, seine Schwester und deren Ehemann sind dann gekommen. Ich wusch gerade die Wäsche und der Cousin von meinem Mann hat dann mit einem Messer auf mich eingestochen.

Ich fiel in Ohnmacht und weiß nicht, was dann passierte. Ich bin im Spital aufgewacht. Ich war fünf Monate im Spital.

Sogar nach dem Spital wurde ich beleidigt und erniedrigt. Ich wollte dort nicht mehr leben, ich wollte in Sicherheit mit meinen Kindern leben und habe deshalb das Land verlassen.

Befragt gebe ich an, dass ich im Falle einer etwaigen Rückkehr befürchte, dass ich nicht zurück will.

LA: Warum hat Ihr Mann Sie verlassen?

VP: Weil seine Familie ihm Probleme machte, weil sie nicht mit mir einverstanden sind.

LA: Warum hat Ihr Ehemann Sie zurückgelassen?

VP: Es war nicht leicht, dass er jemanden mitnimmt.

LA: Ihre Argumentation ist nicht glaubhaft. Sie stammen aus einer nicht wirklich armen Familie. Ihr Mann besitzt ein Geschäft. Wo wäre da das Problem gewesen, sich echte Papiere zu besorgen und gemeinsam, vor allem legal das Land zu verlassen? Noch dazu hätte Ihr Ehemann Sie schutzlos seiner Familie ausgesetzt. Das ist völlig absurd.

VP: Ich lüge nicht. Alles, was ich sage, entspricht der Wahrheit.

LA: Allein die monatlichen 100 US-Dollar hätten Ihnen mit Ihrem Erbteil ja schon viel früher eine Ausreise ermöglicht, vielleicht sogar zu Ihrem Mann nach Äthiopien. War das nie eine Option?

VP: Weil ich nicht weiß, wo er lebt. Wenn ich gewusst hätte, wo er lebt und gesund ist, dann wäre ich zu ihm gezogen.

(...)

LA: Wann hat Ihr Ehemann aus Äthiopien angerufen?

VP: 2009.

LA: Warum gingen Sie nicht zu Ihrem Mann, als er Sie aus Äthiopien angerufen hat? Zu diesem Zeitpunkt wussten Sie, wo er war.

VP: Ich konnte nicht. Ich hatte ja die Kinder.

LA: Warum gingen Sie nicht gemeinsam mit Ihren Kindern nach Äthiopien?

VP: Die Kinder waren klein.

LA: Warum wollte die Familie Ihres Mannes Ihre Kinder, schließlich sind es Kinder einer Frau, die einer Minderheit angehört?

VP: Weil sie wollten, dass die Kinder bei ihnen aufwachsen und nichts mehr mit uns zu tun hätten.

(...)

LA: Wo sind Ihre Kinder geboren?

VP: In Mogadischu.

Befragt zu den Geburtsdaten gebe ich an, dass die Tochter XXXX , am XXXX geboren wurde und der Bub wurde XXXX , am XXXX geboren.

Befragt, woher ich die Geburtsdaten meiner Kinder so genau weiß, gebe ich an, dass ich mich daran erinnern kann.

LA: Und Sie merken sich die Daten?

VP: Ja es sind ja meine Kinder, ich habe sie geboren.

LA: Sind Sie im Besitz von Unterlagen, die die Identität Ihrer Kinder bestätigen?

VP: Ich habe nichts

LA: Wer ist der Vater Ihrer Kinder?

VP: XXXX .

Nachgefragt, von beiden Kindern.

LA: Welcher Volksgruppe gehören Ihre Kinder an?

VP: Sie sind Hawiye.

LA: Welche Gründe hatten Ihre Kinder, ihr Heimatland zu verlassen?

VP: Meine Kinder sind mit mir. Sie haben die gleichen Gründe.

LA: Welche Befürchtungen haben Sie im Fall einer Rückkehr nach Somalia für Ihre Kinder?

VP: Das Problem, von dem ich weggelaufen bin, ist immer noch dort.

Nachgefragt, ich habe Angst vor dieser Familie und dass man meinen Kindern sagt, von welchem Clan ich bin.

LA: Besuchen Ihre Kinder Bildungseinrichtungen in Österreich?

VP: Ja.

Nachgefragt, sie besuchen hier beide die Schule.

LA: Wann hatten ihre Kinder den letzten Kontakt zu ihrem Vater?

VP: 2009.

LA: Hat sich der Vater um seine Kinder gekümmert? Wie hat er die Kinder unterstützt?

VP: Er hat sich nicht um die Kinder gekümmert.

LA: Haben Sie alles angegeben, das Ihnen wichtig erscheint, oder haben Sie noch irgendwelche Ergänzungen zu machen?

VP: Ich habe schon alles gesagt. Ich bin nicht ganz gesund. Ich habe hohen Blutdruck und ich bekomme Medikamente. Röntgenbilder habe ich mit vom Bauch, weil ich manchmal Schmerzen hatte. Den hohen Blutdruck hatte ich schon in Somalia und habe auch dort schon Medikamente bekommen. Andere Medikamente habe ich nicht. (...)"

Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 2.3.2018 wurden die Anträge auf internationalen Schutz von W.H., A.Q. und A.Y. hinsichtlich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten gemäß § 3 AsylG 2005 abgewiesen und ihnen gleichzeitig gemäß § 8 Abs 1 AsylG 2005 der Status von subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt sowie befristete Aufenthaltsberechtigungen gemäß § 8 Abs 4 AsylG 2005 bis zum 2.3.2019 erteilt. Begründend führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Wesentlichen aus, dass die Verfolgung durch die Familie des Ehemanns wegen einer Mischehe nicht glaubhaft sei. Aufgrund der prekären humanitären Situation in Somalia, insbesondere der vorherrschenden Nahrungsversorgungsunsicherheit sowie dem Nicht-Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative sei eine Rückkehr nicht zumutbar, weshalb der Status von subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen sei. Hinsichtlich der von W.H. behaupteten Eheschließung wurde wie folgt beweiswürdigend erwogen (unkorrigiert):

"Die Fortsetzung Ihrer Verschleierungstaktik findet sich in Ihren Ausführungen in Bezug auf Ihre Eheschließung. Es ist den soziokulturellen und religiösen Gegebenheiten Ihres Herkunftslandes geschuldet, dass Kinder im Rahmen einer Ehe entstehen und davon wird auch in Ihrem Fall ausgegangen. In Bezug auf die Eheschließung respektive hinsichtlich Ihres Ehemannes kommt das Bundesamt ausgehend von Ihren Darstellungen zu dem Schluss, dass die von Ihnen aufgestellten Behauptungen nicht der Realität entsprechen. So waren Sie nicht imstand nachvollziehbar anzugeben, wann die überraschende Trennung von Ihrem Ehemann stattgefunden hätte. Nachdem Sie ausführten, dass es sich bei der Eheschließung um eine Liebesheirat gehandelt hätte, ist es unter keinen Umständen plausibel, dass es Ihnen nicht erinnerlich sein sollte, wann die Trennung gewesen wäre. Ergänzend sei an dieser Stelle angeführt, dass sich Ihre Aussagen zur Eheschließung, deren Hintergründe und zu Ihrem Ehemann als äußerst beiläufig und unzulänglich gestalteten. Sämtliche Details mussten im Rahmen der Einvernahme vom 28.02.2018 beharrlich hinterfragt werden.

Im Rahmen der Einvernahme vom 28.02.2018 führten Sie zum Zeitpunkt der Trennung aus, dass es 2008, 2005 gewesen sein könnte. Letztlich legten Sie dar, dass es Mitte 2006 gewesen wäre, dass Sie Ihren Ehemann und Vater Ihrer Kinder das letzte Mal gesehen hätten. Nachdem Sie offensichtlich über eine gewisse Zahlenaffinität verfügen, indem Sie darlegten, Sie hätten sich Ihr eigenes Geburtsdatum gemerkt, nachdem Ihnen das Ihre Tante einmal genannt hätte, ist es verwunderlich, dass Sie sich im Zusammenhang mit der Benennung des Trennungsjahres vergleichsweise schwer taten, wäre dieses Ereignis aus einer objektiven Perspektive gesehen ein besonders markantes Ereignis in Ihrer Vita. Dass Ihr Sohn, dessen Vater Ihr Ehemann gewesen wäre, Ihren Angaben zufolge XXXX geboren worden wäre und der Zeitpunkt einer Zeugung somit nicht mit Ihren Ausführungen kompatibel wäre, ist selbstredend. Ihren Behauptungen folgend müsste Ihr Sohn demnach älter sein, als von Ihnen angegeben oder aber die behauptete Vaterschaft wirft Zweifel auf.

Weitere inhaltliche Schwächen und Widersprüche wurden im Zusammenhang mit Ihren Schilderungen zu Ihrer Eheschließung dahingehend evident, als Sie dazu befragt wurden, wie Sie Ihren Ehemann kennengelernt hätten und vor allem, wann. Ihre Darlegungen in Bezug auf jene Situation, als Sie Ihren Ehemann kennengelernt hätten, vermochten Sie unter keinen Umständen realitätsnahe wiederzugeben, wobei an dieser Stelle ausdrücklich darauf hinzuweisen ist, dass es bei der Wiedergabe jener Situation keiner Schulbildung bedarf.

Darüber hinaus entspricht Ihre Erzählweise grundsätzlich nicht den Grundanforderungen einer Narration, die für sich den Anspruch erhebt, auf Tatsachen zu fußen. Befragt, wann Sie Ihren Ehemann kennengelernt hätten, gaben Sie an, dass Sie nicht wüssten, wann das gewesen wäre, um im weiteren Verlauf der Einvernahme vom 28.02.2018 darzulegen, dass Sie ungefähr 17 Jahre alt gewesen wären und knapp nach der Hochzeit der besagten Freundin selbst die Ehe geschlossen hätten. Zwei Monate nach dem Kennenlernen Ihres Ehemannes wäre die Ehe geschlossen worden und für den Zeitpunkt der Eheschließung gaben Sie XXXX an. Ihre eingangs getätigten Ausführungen, dass Sie nicht wissen würden, wann Sie Ihren Ehemann kennengelernt hätten, sind selbst eingedenk Ihrer geringen Schulbildung definitiv nicht nachvollziehbar und somit auch nicht glaubhaft. Wenn Sie einerseits in der Lage sind, einen Konnex zu Ihrer eigenen Eheschließung herzustellen, dann ist es völlig absurd, dass Sie andererseits nicht wüssten, wann Sie Ihren Ehemann kennengelernt hätten. Diese Widersprüchlichkeit Ihrer Aussagen verdeutlicht einmal mehr, dass Sie sich einer erdachten Geschichte bedienen und nicht gewillt sind, von wahrhaften Ereignissen zu berichten. An dieser Stelle muss auch darauf hingewiesen werden, dass sämtliche Details erst nach beharrlichem Nachfragen durch die Leiterin der Amtshandlung zum Vorschein kamen."

Gegen die Spruchpunkte I. dieser Bescheide wurde Beschwerde erhoben und die Beschwerdeverfahren betreffend § 3 AsylG 2005 sind derzeit beim Bundesverwaltungsgericht anhängig.

In einer ergänzenden Stellungnahme datiert mit 22.8.2019 wurde unter anderem moniert, das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl habe es verabsäumt, "die Fluchtgründe der alleinerziehenden Mutter und ihrer beiden Kinder (...) ausreichend zu würdigen".

Am 27.9.2019 langten beim Bundesverwaltungsgericht Kopien des Mutter-Kind-Passes von W.H. samt Befunden vom 2.7.2019, 30.7.2019, 29.8.2019 und 5.9.2019 ein. Dem Mutter-Kind-Pass ist als errechneter Geburtstermin der XXXX und als Geburtstermin laut Ultraschall der XXXX zu entnehmen. Ebenso ist ersichtlich, dass der gynäkologische Status von W.H. am 16.7.2019 unauffällig war und dass keine besonderen Befunde in der Schwangerschaft vorliegen, zumal die diesbezüglichen Felder nicht angekreuzt sind.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer, ein somalischer Staatsangehöriger, reiste über Italien in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten ein und stellte dort laut EURODAC-Treffermeldung am XXXX .7.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz. In weiterer Folge wurde ihm in Italien im Jahr 2012 subsidiärer Schutz zuerkannt. Auf Grundlage dieses Status wurde ihm zuletzt am XXXX .10.2016 eine Aufenthaltserlaubnis bis zum XXXX .11.2020 erteilt. Es bestehen keine Hinweise, dass ihm der subsidiäre Schutz zwischenzeitlich aberkannt worden wäre.

Nachdem der Beschwerdeführer auch in Schweden, Deutschland, Frankreich und Malta um internationalen Schutz ersucht hatte, stellte er am 6.8.2019 in Österreich den vorliegen Antrag auf internationalen Schutz.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Italien an.

Konkrete, in der Person des BF gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im Zielstaat sprechen würden, liegen nicht vor.

Der Beschwerdeführer ist gesund.

Im österreichischen Bundesgebiet befinden sich die vom Beschwerdeführer als Ehefrau angegebene, derzeit schwangere XXXX (W.H.), die im XXXX geborene, als Tochter bezeichnete XXXX (A.Q.) und der im XXXX geborene, als Sohn angegebene XXXX (A.Y.). Der errechnete Geburtstermin ist der XXXX .

W.H. stellte am 21.12.2017 für sich und ihre zwei minderjährigen Kinder A.Q. und A.Y. Anträge auf internationalen Schutz in Österreich. Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 2.3.2018 wurden die Anträge hinsichtlich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten gemäß § 3 AsylG 2005 abgewiesen und gleichzeitig gemäß § 8 Abs 1 AsylG 2005 der Status von subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt sowie befristete Aufenthaltsberechtigungen gemäß § 8 Abs 4 AsylG 2005 bis zum 2.3.2019 erteilt. Die befristeten Aufenthaltsberechtigungen wurden zuletzt mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 7.5.2019 gemäß § 8 Abs 4 AsylG 2005 bis zum 2.3.2021 verlängert. Die Beschwerdeverfahren betreffend § 3 AsylG 2005 sind derzeit beim Bundesverwaltungsgericht anhängig (W256 2192498-1, W256 2192496-1 und W256 2192497-1).

Der Beschwerdeführer lebt seit rund zehn Jahren getrennt von den oben angegebenen Personen. In Österreich besteht kein gemeinsamer Haushalt. W.H. ist samt Kindern in Wien wohnhaft und sie besuchen den Beschwerdeführer regelmäßig in seiner Unterkunft in XXXX . Es liegen keine finanziellen oder sonstigen Abhängigkeiten zwischen dem Beschwerdeführer und diesen Personen vor.

Der Beschwerdeführer verfügt im österreichischen Bundesgebiet über keine sonstigen Familienangehörigen oder Verwandten und es bestehen keine Anhaltspunkte für besonders ausgeprägte private oder berufliche Bindungen respektive eine fortgeschrittene Integration.

Es bestehen keine Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen betreffend die Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten und die Antragstellungen auf internationalen Schutz beruhen auf den Angaben des Beschwerdeführers, den vorliegenden EURODAC-Treffermeldungen und den Antwortschreiben der französischen, maltesischen, italienischen schwedischen und deutschen Behörden auf die von Österreich gestellten Informationsersuchen. Die Feststellungen zum gegenständlichen Antrag ergeben sich aus dem Verwaltungsakt.

Dass dem Beschwerdeführer in Italien subsidiärer Schutz zuerkannt wurde und seine Aufenthaltserlaubnis bis zum XXXX .11.2020 gültig ist, ergibt sich insbesondere aus dem in Vorlage gebrachten "Travel document for foreigners" und dem italienischen Antwortschreiben vom 19.8.2019. Den eigenen Angaben des Beschwerdeführers anlässlich seiner Erstbefragung lässt sich entnehmen, dass ihm im Jahr 2012 der Schutzstatus zuerkannt wurde. Angesichts des in Vorlage gebrachten "Travel document for foreigners" mit dem darin ersichtlich Vermerk "Titolare di protezione sussidiaria" und des Umstandes, dass die italienischen Behörden selbst, aber auch die schwedischen und maltesischen Behörden auf den subsidiären Schutzstatus des Beschwerdeführers hingewiesen haben, dürfte der Beschwerdeführer offenbar versehentlich vom "Asylstatus" gesprochen haben, zumal auch in der Beschwerde nicht bestritten wurde, dass der Beschwerdeführer in Italien subsidiär schutzberechtigt ist. Da im Antwortschreiben der italienischen Behörden auf die gültige Aufenthaltserlaubnis aufgrund subsidiären Schutzes hingewiesen, jedoch ein allfällig anhängiges Aberkennungsverfahren nicht erwähnt wurde und auch der Beschwerdeführer selbst nicht einmal behauptete, der Status würde ihm aberkannt werden, bestehen keine Hinweise auf eine zwischenzeitige Aberkennung des Schutzstatus in Italien.

Die Gesamtsituation von subsidiär Schutzberechtigten und anerkannten Flüchtlingen resultiert aus den Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Unterbringung von Schutzberechtigten auch Feststellungen betreffend den Zugang zum Arbeitsmarkt, zu Sozialleistungen und zur medizinischen Versorgung getroffen. Zudem trat der Beschwerdeführer den Feststellungen zur Lage in Italien weder vor der Verwaltungsbehörde noch im Beschwerdeverfahren entgegen.

Dass der Beschwerdeführer gesund ist, ergibt sich aus seinen Angaben vor der Verwaltungsbehörde. Bis dato wurden keine gesundheitlichen Probleme oder Beeinträchtigungen geltend gemacht.

Zu den vom Beschwerdeführer behaupteten familiären Anknüpfungspunkten im österreichischen Bundesgebiet ist anzumerken, dass die in den Feststellungen angeführten Personen von ihm im gegenständlichen Verfahren als seine Ehefrau und seine Kinder bezeichnet wurden. Hinsichtlich einer Eheschließung mit W.H. sowie betreffend die Geburt von A.Q. und A.Y. wurden keine Nachweise beigebracht und aus einer Zusammenschau respektive einem Vergleich der Angaben des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren und der Angaben von W.H. in ihrem Asylverfahren sowie als gesetzlicher Vertreterin im Asylverfahren von A.Q. und A.Y. hat sich ergeben, dass angesichts von Unstimmigkeiten respektive Widersprüchen im Vorbringen des Beschwerdeführers und jenem von W.H. zumindest Zweifel am Wahrheitsgehalt der Angaben des Beschwerdeführers angebracht sind. So gab W.H. anlässlich der Erstbefragung am 22.12.2017 zwar als Ehemann XXXX an, führte jedoch im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme am 28.2.2018 XXXX als Ehemann und an weiterer Stelle XXXX als Vater ihrer Kinder an. Auch zur Frage des letzten Kontakts mit ihrem Ehemann machte W.H. unterschiedliche Angaben. Zunächst erwähnte sie das Jahr 2009, dann sprach sie von 2008 oder 2005 und nach nochmaliger Befragung gab sie Mitte 2006 an (siehe Seiten 7 und 8 der Niederschrift vom 28.2.2018). Der Beschwerdeführer selbst gab im Laufe des gegenständlichen Verfahrens an, Somalia im Juni 2008 verlassen zu haben und seit zehn Jahren getrennt von seiner Familie zu leben.

Im gegenständlichen Verfahren kann jedoch eine nähere Prüfung der familiären Verhältnisse des Beschwerdeführers dahingestellt bleiben, zumal sich auch unter Zugrundelegung der vom Beschwerdeführer behaupteten familiären Anknüpfungspunkte in Österreich keine entscheidungsrelevante Änderung in casu ergibt, insbesondere erfolgt kein unverhältnismäßiger Eingriff in das Recht auf Achtung des Familien- und Privatlebens gemäß Art 8 EMRK (siehe dazu Punkt 3.1.3.). Das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach W.H. seine schwangere Ehefrau und A.Q. sowie A.Y. seine minderjährigen Kinder seien, wird daher ohne nähere Prüfung der rechtlichen Beurteilung des gegenständlichen Erkenntnisses zugrunde gelegt. Da der Beschwerdeführer bis dato nicht ausdrücklich behauptete, Vater des ungeborenen Kindes zu sein, und W.H. entsprechend der Aktenlage in den Beschwerdeverfahren W256 2192498-1, W256 2192496-1 und W256 2192497-1, ebenso kein diesbezügliches Vorbringen erstattete, konnte jedenfalls nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer tatsächlich der Vater des ungeborenen Kindes ist.

Die Feststellungen zu den Anträgen auf internationalen Schutz von W.H., A.Q. und A.Y., zum Ablauf respektive Stand ihrer Asylverfahren und zu ihrem Status in Österreich ergeben sich aus einer Einsichtnahme in die Verwaltungs- und Gerichtsakten bezüglich der Beschwerdeverfahren W256 2192498-1, W256 2192496-1 und W256 2192497-1, aus einer Einsicht in das Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister und den vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ergänzend in Vorlage gebrachten Aktenbestandteilen (Aktenvermerk vom 3.5.2019 und Bescheide vom 7.5.2019). Dem im Rahmen dieser Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegten Mutter-Kind-Pass lässt sich der errechnete Geburtstermin in Bezug auf die bei W.H. vorliegende Schwangerschaft entnehmen.

Dass zwischen den genannten Personen kein gemeinsamer Haushalt besteht, lässt sich aktuellen Auszügen aus dem Zentralen Melderegister und aus dem Betreuungsinformationssystem über die Gewährleistung der vorübergehenden Grundversorgung entnehmen. Während aus dem Zentralen Melderegister ersichtlich ist, dass W.H. sowie ihre Kinder in Wien wohnhaft sind, geht aus dem Grundversorgungsinformationssystem und auch aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers hervor, dass er in XXXX untergebracht ist. Aus seinen Angaben bei der niederschriftlichen Einvernahme am 5.9.2019 ergibt sich, dass regelmäßige Besuche stattfinden ("Jeden Abend kommen sie hier her nach XXXX ") und dass der Beschwerdeführer seit zehn Jahren getrennt von W.H. samt Kindern lebt.

Dass zwischen dem Beschwerdeführer und W.H., A.Q. sowie A.Y. keine finanziellen oder sonstigen Abhängigkeiten bestehen, ergibt sich zum einen aus den Angaben des Beschwerdeführers anlässlich der niederschriftlichen Einvernahme am 5.9.2019, wonach er die Frage nach einem bestehenden finanziellen Abhängigkeitsverhältnis ausdrücklich verneinte, und zum anderen aus dem Umstand, dass sowohl der Beschwerdeführer als auch W.H., A.Q. sowie A.Y. Leistungen im Rahmen der Grundversorgung beziehen. Auch wenn der Beschwerdeführer regelmäßig von W.H. samt Kindern besucht wird, vermag darin noch keine existenzielle Abhängigkeit erblickt werden, die einer Überstellung des Beschwerdeführers nach Italien entgegenstehen würde, zumal zu berücksichtigen ist, dass er von W.H., A.Q. sowie A.Y. zehn Jahre getrennt war und im österreichischen Bundesgebiet kein gemeinsamer Haushalt besteht. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass W.H. hinsichtlich der Betreuung ihrer Kinder auf den Beschwerdeführer angewiesen wäre, zumal sie auch während seiner Abwesenheit die Kinderbetreuung bewerkstelligen konnte. Im Übrigen machte der Beschwerdeführer selbst auch nicht geltend, sich an der Kinderbetreuung beteiligt zu haben beziehungsweise sich zu beteiligen. Vielmehr gab W.H. anlässlich ihrer niederschriftlichen Einvernahme im Asylverfahren am 28.2.2018 ausdrücklich an: "Er (Anmerkung: der Vater) hat sich nicht um die Kinder gekümmert".

Dass keine Anhaltspunkte für besonders ausgeprägte private oder berufliche Bindungen respektive eine fortgeschrittene Integration bestehen, ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers. Abgesehen vom Verrichten von Hilfstätigkeiten wie etwa Geschirrspülen und Putzen in der Unterkunft, wofür er neun Euro pro Tag erhält, machte der Beschwerdeführer keine sonstigen Integrationsbemühungen geltend (wie etwa sonstige soziale Kontakte, Teilnahme an Deutschkursen, ehrenamtliche Tätigkeiten oder Vereinsmitgliedschaften). Im Übrigen trat er auch nicht im Rahmen der Beschwerde den Feststellungen der Verwaltungsbehörde entgegen, wonach keine weiteren sozialen Kontakte bestehen würden und keine besondere Integrationsverfestigung seiner Person vorliege.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

Die vorrangig maßgeblichen Bestimmungen des nationalen Rechts sind § 4a, § 10 Abs 1 Z 1, § 57, § 58 Abs 1 Z 1 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und § 61 FPG.

3.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides

3.1.1.

Nach dem klaren Wortlaut des § 4a AsylG 2005 ist für die Beurteilung der Frage, ob ein Antrag auf internationalen Schutz gemäß dieser Bestimmung als unzulässig zurückzuweisen ist, darauf abzustellen, ob dem Fremden in einem EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und er dort Schutz vor Verfolgung gefunden hat (vgl VwGH 24.01.2018, Ra 2016/01/0127 und 0128).

Dem Beschwerdeführer wurde infolge seiner Antragstellung auf internationalen Schutz am XXXX .7.2011 im Jahr 2012 subsidiärer Schutz in Italien zuerkannt und er verfügt über eine bis XXXX .11.2020 gültige Aufenthaltserlaubnis.

Insofern in der Beschwerde darauf verwiesen wird, der "subsidiäre Schutz" sei bis XXXX .11.2020 befristet, ist zu entgegnen, dass keine Anhaltspunkte für die Befristung des subsidiären Schutzes in Italien bestehen. Vielmehr ergibt sich aus den Feststellungen zur allgemeinen Lage in Italien, dass bloß die mit diesem Schutzstatus einhergehende Aufenthaltserlaubnis befristet wird und daher ein entsprechender Antrag auf Verlängerung des Aufenthaltsdokuments zu stellen ist. Dies deckt sich auch mit den eigenen Erfahrungen des Beschwerdeführers, zumal aus seinen Angaben anlässlich der Erstbefragung am 6.8.2019 hervorgeht, dass er im Oktober 2016 in Italien gewesen sei, "um sein ‚Travel Document' zu erneuern".

Im Übrigen ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach sich § 4a AsylG 2005 nicht entnehmen lässt, dass der Fremde im EWR-Staat oder der Schweiz abgesehen vom Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zudem über einen aufrechten Aufenthaltstitel verfügen muss (vgl VwGH 3.5.2016, Ra 2016/18/0049). In diesem Erkenntnis hielt das Höchstgericht auch fest, dass § 4a AsylG 2005 lediglich darauf abstellt, ob dem Fremden von einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten bereits zuerkannt wurde. Ob der Fremde bei der Rückkehr in den nach Ansicht Österreichs zuständigen Staat eine Verlängerung seiner Aufenthaltsgenehmigung erlangen könnte oder diesem etwa die Aberkennung seines in der Vergangenheit zuerkannten Schutzstatus drohen könnte, ist gemäß § 4a AsylG 2005 nicht zu prüfen.

Vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellung, wonach der Beschwerdeführer in Italien aufgrund einer dort erfolgten Antragstellung auf internationalen Schutz bereits subsidiären Schutz genießt und somit in Italien Schutz vor Verfolgung gefunden hat, ging das Bundesamt zutreffend davon aus, dass sich dessen nunmehr in Österreich gestellter Antrag auf internationalen Schutz im Lichte des § 4a AsylG 2005 wegen Unzuständigkeit Österreichs als unzulässig erweist.

Die Wahrnehmung der Unzuständigkeit Österreichs wäre allerdings dann unzulässig, wenn der Beschwerdeführer dadurch in seinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt würde. Dies trifft allerdings gegenständlich aus den folgenden Erwägungen nicht zu:

3.1.2. Mögliche Verletzung von Art 4 GRC beziehungsweise Art 3 EMRK:

Gemäß Art 4 GRC beziehungsweise Art 3 EMRK darf niemand Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zu Art 3 EMRK haben die Vertragsstaaten der EMRK aufgrund eines allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsatzes - vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen einschließlich der EMRK - das Recht, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden zu regeln. Jedoch kann die Ausweisung eines Fremden durch einen Vertragsstaat ein Problem nach Art 3 EMRK aufwerfen und damit die Verantwortlichkeit dieses Staates nach der EMRK auslösen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass die betreffende Person im Fall ihrer Abschiebung mit einer realen Gefahr rechnen muss, im Zielstaat einer dem Art 3 widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden. Unter diesen Umständen beinhaltet Art 3 die Verpflichtung, die betreffende Person nicht in diesen Staat abzuschieben (siehe zB EGMR, Große Kammer, 27.5.2008, 26565/05, N., Rn 30; Große Kammer, 28.2.2008, 37201/06, Saadi, Rn 124-125).

Die bloße Möglichkeit einer Art 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigenden notorischen Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der EU in Bezug auf Art 3 EMRK vorliegen (VwGH 27.9.2005, 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter, auf den betreffenden Fremden bezogene Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung in Bezug auf seine Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (VwGH 9.5.2003, 98/18

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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