Entscheidungsdatum
10.10.2019Norm
AsylG 2005 §12a Abs2Spruch
I413 2181681-2/3E
BESCHLUSS
In dem amtswegig eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle Ost (EASt-Ost) vom XXXX, Zl. XXXX, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX, geb. XXXX, StA. Algerien, hat das Bundesverwaltungsgericht durch den Richter Dr. Martin ATTLMAYR, LL.M. als Einzelrichter beschlossen:
A)
Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 22 Abs. 10 AsylG 2005 sowie § 22 BFA-VG rechtmäßig.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer stellte am 09.11.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Er gab an, am XXXX geboren zu sein und die algerische Staatsangehörigkeit zu haben. Zu seinem Fluchtgrund befragt führte der Beschwerdeführer aus, dass er familiäre Probleme gehabt habe, er sei von seinem Onkel geschlagen worden.
2. In der Folge wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: belangte Behörde) ein Gutachten zur Feststellung des Alters des Beschwerdeführers eingeholt. Im medizinischen Sachverständigengutachten wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer spätestens am XXXX geboren ist.
3. Im Rahmen seiner niederschriftlichen Befragung am 20.11.2017 vor der belangten Behörde gab der Beschwerdeführer an, dass er gesund sei und keine Medikamente nehme. Seine Eltern seien bei einem Verkehrsunfall gestorben, als er 6 Jahre alt gewesen sei. Er habe keine Geschwister. Er habe aber sehr viele Verwandten mütterlicherseits und väterlicherseits. In Österreich habe er keine Familienangehörigen. Er habe in Algerien 6 Jahre die Schule besucht und dann in der Landwirtschaft als Saisonarbeiter gearbeitet. Er habe immer bei Verwandten gewohnt. Bei Onkeln väterlicherseits und mütterlich. Sie hätten immer für ihn gesorgt. Er sei wegen familiärer Probleme ausgereist. Er sei aus wirtschaftlichen Gründen in Österreich. Er lebe in Österreich in keiner Lebensgemeinschaft, und sei von keiner Person in Österreich abhängig. Er gehe in Österreich Kickboxen, sei aber in keinem Verein Mitglied. Bei einer Rückkehr nach Algerien würde er keine Arbeit finden, sonst habe er keine Befürchtungen.
4. Mit dem Bescheid vom XXXX, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Algerien (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Algerien zulässig ist (Spruchpunkt III.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht (Spruchpunkt IV.). Zugleich erkannte die belangte Behörde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt V.). Ferner wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 7 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.). Die belangte Behörde stellte fest, dass der Beschwerdeführer im arbeitsfähigen Alter sei, er 6 Jahre lang die Schule besucht und im Anschluss gearbeitet habe. Er verfüge in Algerien über familiäre und verwandtschaftliche Beziehungen, zumal zahlreiche Verwandte wie Onkeln, Tanten, Cousins und Cousinen dort leben würden. Es sei weiters davon auszugehen, dass er soziale Kontakte in Form von Schulfreunden und Arbeitskollegen im Herkunftsstaat habe. Es sei dem Beschwerdeführer zuzumuten, sich mit Hilfe der eigenen Arbeitsleistung und der Unterstützung seiner dort lebenden Angehörigen den Lebensunterhalt wie bisher zu sichern. In Österreich würde er keine Familienangehörigen haben, in keiner Lebensgemeinschaft leben und kein Deutsch sprechen. Außerdem sei er bereits zweimal von einem österreichischen Gericht verurteilt worden. Weiters wurden ausführliche Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Algerien getroffen.
5. Die sich ausschließlich gegen die Spruchpunkte II. bis VI. dieses Bescheids richtende Beschwerde wurde durch das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom XXXX, mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, als das in Spruchpunkt VI. gemäß § 53 Abs. 1 iVm Absatz 3 Z. 1 FPG verhängte Einreiseverbot auf die Dauer von 5 Jahren herabgesetzt wird. Dieses Erkenntnis blieb unbekämpft und ist rechtskräftig.
6. Am 20.09.2019 stellte der Beschwerdeführer im Stadium der Schubhaft den gegenständlichen, zweiten Asylantrag, den er im Rahmen der polizeilichen Erstbefragung am 21.09.2019 damit begründete, dass seine Eltern einen Autounfall gehabt hätten. Er wäre von seinen beiden Onkeln aufgezogen worden. Er hätte im Jahr 2016 eine Affäre mit seiner gleichaltrigen Cousine gehabt. Sein Onkel hätte davon erfahren. Dieser sei streng gläubig und sehr einflussreich. Der Einfluss würde bis nach Europa reichen. Er würde jedoch nicht wissen, dass er sich in Österreich befinden würden. Er würde den Beschwerdeführer umbringen, wenn er ihn finden würde. Er hätte bei einer Rückkehr Angst um sein Leben.
7. Bei der Einvernahme durch die belangte Behörde am 07.10.2019 gab der Beschwerdeführer darüber hinaus an, dass er eine Beziehung mit seiner Cousine väterlicherseits gehabt hätte. Sein Onkel habe dies mitbekommen und ihn daraufhin bedroht.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der in Punkt I. dargestellte Verfahrensgang wird festgestellt.
Darüber hinaus werden nachstehende Feststellungen getroffen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der volljährige Beschwerdeführer ist ledig, kinderlos, Staatsangehöriger von Algerien und bekennt sich zum moslemischen Glauben. Seine Identität steht nicht fest.
Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.
Die Eltern des Beschwerdeführers sind verstorben. Es leben aber noch mehrere Familienangehörigen sowohl väterlicher- als auch mütterlicherseits in Algerien. Vor seiner Ausreise hat der Beschwerdeführer bei diesen Verwandten gewohnt und sie haben auch immer für ihn gesorgt.
Der Beschwerdeführer besuchte in Algerien 6 Jahre lang die Grundschule und arbeitete anschließend als Saisonarbeiter in der Landwirtschaft. Er wird auch hinkünftig im algerischen Arbeitsmarkt eine Beschäftigung finden und/oder durch die Unterstützung seiner Familie seinen Lebensunterhalt finanzieren.
In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen. Der Beschwerdeführer ist in Österreich vorbestraft:
Er wurde vom Landesgericht XXXX zu XXXX am 14.06.2017 wegen § 83 (1) StGB, § 27 (2a) SMG, § 15 StGB § 269 (1) StGB, §§ 83 (1), 84 (1) StGB, § 125 StGB, § 15 StGB § 127 StGB, §§ 127, 129 (2) Z 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten, davon 8 Monate bedingt verurteilt. Als mildernd berücksichtigte das Gericht die Unbescholtenheit, die teilweise Schadensgutmachung und die Tatsache, dass es beim Versuch geblieben ist. Erschwerend wertete das Gericht das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einer Vielzahl von Vergehen, die Tatbegehung in Gesellschaft und die Tatbegehung während eines anhängigen Verfahrens.
Weiters wurde er vom Landesgericht für Strafsachen XXXX zu XXXX am 18.09.2017 wegen § 241e (3) StGB, §§ 27 (2a), 27 (3) SMG § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten verurteilt. Als mildernd wurde das Alter von unter 21 Jahren und der Umstand, dass es beim Suchtgiftverkauf beim Versuch geblieben ist. Erschwerend wurden die einschlägige Vorstrafe und der rasche Rückfall gewertet.
Zuletzt wurde er vom Landesgericht XXXX zu XXXX am 12.10.2018 wegen § 15 StGB, § 269 Abs 1 1. Fall StGB und § 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten verurteilt.
Der Beschwerdeführer geht in Österreich keiner Beschäftigung nach. Derzeit befindet sich der Beschwerdeführer in Schubhaft.
Der Beschwerdeführer weist in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf. Er spricht nicht Deutsch und ist in keinem Verein tätig.
1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:
In Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführer in seinem Folgeantrag und aufgrund der allgemeinen Lage im Land wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Algerien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten asylrelevanten Verfolgung oder sonstigen existenziellen Bedrohungen ausgesetzt sein wird.
Der aus Algerien stammende Beschwerdeführer brachte im ersten rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren zusammengefasst familiäre Probleme mit seinem Onkel für seine Flucht vor.
Im nunmehr gegenständlichen Verfahren hält der Beschwerdeführer seine bisherigen Fluchtgründe, wonach er familiäre Probleme mit seinem Onkel habe aufrecht und führt darüberhinaus unsubstantiiert aus, dass er eine Beziehung mit seiner Cousine väterlicherseits gehabt hätte. Sein Onkel habe dies mitbekommen und ihn daraufhin bedroht.
Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Algerien aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt wurde oder werden wird. Dies wurde von ihm auch nicht glaubhaft behauptet.
In Bezug auf den gesunden und arbeitsfähigen Beschwerdeführer besteht kein schützenswertes Privat- und/oder Familienleben im Bundesgebiet. Es ist nicht ersichtlich, dass eine Abschiebung des Fremden nach Algerien eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen. Es existieren keine Umstände, welche einer Abschiebung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden. Der Beschwerdeführer verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung.
Eine entscheidungswesentliche Änderung der Ländersituation in Algerien ist nicht eingetreten.
Algerien gilt als ein "sicherer Herkunftsstaat" im Sinne des § 1 Z 10 der Herkunftsstaaten-Verordnung, BGBl II Nr. 177/2009, in der Fassung BGBl II Nr. 145/2019.
Der Folgeantrag wird voraussichtlich zurückzuweisen sein.
2. Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und der festgestellte Sachverhalt ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes des ersten und des aktuellen Verfahrens.
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Fremden vor diesem und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie in den zu überprüfenden Bescheid.
2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zu seiner Herkunft, seinem Gesundheitszustand, seiner Arbeitsfähigkeit, sowie zu den Lebensumständen gründen sich auf seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, vor der belangten Behörde und aus dem Akt.
Da der Beschwerdeführer den österreichischen Behörden keine Dokumente vorgelegt hat, steht seine Identität nicht fest.
Die Feststellungen zum Privat- und Familienleben des Fremden ergeben sich aus den Angaben des Fremden und den vorliegenden Verwaltungsakten. In Bezug auf das Privat- und/oder Familienleben des Fremden im Bundesgebiet ist seit dem Vorverfahren keine entscheidungsrelevante Änderung des Sachverhaltes erkennbar.
Die Feststellung über die strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 08.10.2019.
2.2. Zu den Fluchtmotiven des Fremden:
Im rechtskräftig abgeschlossenen Vorverfahren brachte der Fremde vor, seine Heimat Algerien aus familiären Problemen mit seinem Onkel verlassen zu haben.
Sein nunmehriges Vorbringen in seinem weiteren Antrag auf internationalen Schutz, wonach er Probleme mit seinem Onkel habe, da er mit seiner Cousine geschlafen habe, ist als ein gesteigertes Fluchtvorbringen anzusehen, da neben der Tatsache, dass dieses Vorbringen laut seinen eigenen Angaben bereits anlässlich seines ersten Asylverfahren bestanden hat, auch der Beschwerdeschriftsatz in seinem Vorverfahren keinerlei Ausführungen dazu enthält.
Dies zeigt sich vor allem auch in seinen oberflächlichen, unschlüssigen und nicht nachvollziehbaren Erklärungsversuchen, warum er dies nicht früher angegeben habe. (Protokoll der niederschriftlichen Einvernahme vom 07.10.2019, S. 4).
Im vorliegenden Beschwerdefall ist somit der belangten Behörde nicht entgegen zu treten, wenn sie zur Auffassung gelangt ist, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht glaubhaft ist, nur auf einen bereits abgehandelten Fluchtgrund aufbaut und daher von einer entschiedenen Sache auszugehen sein wird. Angesichts der zum Vorverfahren widersprüchlichen Angaben und der detailarmen und nicht nachvollziehbaren Schilderungen seiner nunmehr angeführten Gründe, sowie der im Vorverfahren festgestellten Gründe, liegt vielmehr nahe, dass er diesen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz im Stand der Schubhaft nur gestellt hat, um eine Abschiebung zu vereiteln. Das Bundesverwaltungsgericht verkennt in diesem Zusammenhang auch nicht, dass sich die angebliche Bedrohung auf einen Sachverhalt bezieht, der bereits vor Stellung seines ersten Asylantrages verwirklicht worden ist.
Ein Abgleich zwischen den Länderfeststellungen des ersten Asylverfahrens und dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Algerien im gegenständlichen Verfahren ergibt keine Verschlechterung der allgemeinen Situation in Algerien. Eine solche würde auch nicht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes entsprechen und wurde vom Fremden auch nicht behauptet. Es ist nicht ersichtlich, dass eine Abschiebung des Fremden nach Algerien eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringt. Es existieren keine Umstände, welche einer Abschiebung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden.
Im gegenständlichen Asylverfahren bringt der Fremde somit keine neuen Gründe für die Stellung des Antrages auf internationalen Schutz vor.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist
Zu A) Rechtmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes
§ 12a Abs. 1 und 2 sowie § 22 Abs. 10 Asylgesetz 2005, BGBl. I 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 53/2019, lauten:
"Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen
§ 12a. (1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn
1. gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,
2. kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt,
3. im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben., und
4. eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.
(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn
1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,
2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und
3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
(3) ...
Entscheidungen
§ 22. ...
(10) Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.
...".
§ 22 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012, in der Fassung BGBl. I Nr. 53/2019, lautet:
"Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes
§ 22. (1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.
(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.
(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."
Zunächst ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer einen Folgeantrag iSd § 2 Abs. 1 Z 23 Asylgesetz 2005 gestellt hat und dass kein Fall des § 12a Abs. 1 Asylgesetz 2005 vorliegt.
Auch die übrigen Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 Z 1 bis 3 Asylgesetz 2005 liegen vor:
Mit Bescheid des Bundesamtes für Asyl und Fremdenwesen vom XXXX, wurde der erste Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz, als unbegründet abgewiesen. Dieser Bescheid erwuchs nach Erhebung einer Beschwerde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.01.2018, Zl. I404 2181681-1/3E, in Rechtskraft. Dem Beschwerdeführer droht demzufolge in Algerien keine asylrelevante Verfolgung.
Mit seinem nunmehrigen gesteigerten Vorbringen, dass er in Algerien familiäre Probleme mit seinem Onkel habe, da er mit seiner Cousine mehrfach 2013 oder 2014 Geschlechtsverkehr gehabt habe, baut er auf einem Sachverhalt auf der bereits zum Zeitpunkt seines ersten Asylverfahrens bestanden hat und ist dieses Vorbringen, wie bereits in der Beweiswürdigung dargelegt, letztlich auch als unglaubhaft zu werten.
Auch dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Algerien die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (zur "Schwelle" des Art. 3 EMRK vgl. VwGH 16.07.2003, 2003/01/0059), gibt es im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte, zumal der Beschwerdeführer gesund ist, über Berufserfahrung verfügt und daher erwerbsfähig ist. Es ist daher kein Grund ersichtlich, warum der Beschwerdeführer seinen Lebensunterhalt nach seiner Rückkehr nicht wieder bestreiten können sollte, zumal der Beschwerdeführer in Algerien noch über Familienangehörige verfügt und somit auch eine Unterkunftnahme bei diesen möglich ist. Außerdem besteht ganz allgemein in Algerien keine solche extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK ausgesetzt wäre.
Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch keine Umstände bekannt geworden, die nahelegen würden, dass bezogen auf dem Beschwerdeführer ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenen Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.
Auch führt der Beschwerdeführer in Österreich kein im Sinne des Art. 8 EMRK geschütztes Familienleben in Österreich und weist sein Privatleben keine besonders ausgeprägte Intensität auf.
Der Folgeantrag des Beschwerdeführers wird voraussichtlich zurückzuweisen sein, weil - unter Zugrundelegung der unter II. 1. getroffenen Feststellungen - keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, jedenfalls wurden keine Tatsachen neu vorgebracht, die zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen, bzw. die nicht bereits zum Zeitpunkt des ersten Asylverfahrens bestanden haben (vgl. VwGH 19.02.2009, 2008/01/0344, mwN).
Zudem ist grundsätzlich festzuhalten, dass (auch) im Verfahren zur allfälligen Aberkennung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durch die belangte Behörde ein Ermittlungsverfahren durchzuführen ist, wobei auch der Grundsatz der notwendigen Einräumung von rechtlichen Gehören zu beachten ist. Ein solches Ermittlungsverfahren wurde ordnungsgemäß durchgeführt; es wurde dem Beschwerdeführer Parteiengehör eingeräumt, er wurde am 21.09.2019 von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie am 07.10.2019 durch die belangte Behörde einvernommen, und es wurden ihm die Länderfeststellungen zur Kenntnis gebracht und Gelegenheit zur Stellungnahme gewährt.
Im Lichte des § 22 BFA-VG hatte keine mündliche Verhandlung stattzufinden.
Somit sind die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 gegeben, sodass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes nicht rechtswidrig ist; da § 22 Abs. 10 AsylG 2005 dies ausdrücklich vorsieht, war die vorliegende Entscheidung nicht mit Erkenntnis, sondern mit Beschluss zu treffen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:I413.2181681.2.00Zuletzt aktualisiert am
28.01.2020