Entscheidungsdatum
16.10.2019Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W239 2214059-1/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Theresa BAUMANN als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA. Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.01.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und der bekämpfte Bescheid wird behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin, eine nigerianische Staatsangehörige, wurde im österreichischen Bundesgebiet am 24.10.2018 einer polizeilichen Kontrolle unterzogen und konnte sich lediglich mit einer abgelaufenen deutschen "Aufenthaltsgestattung zur Durchführung des Asylverfahrens" ausweisen; im Zuge der Amtshandlung stellte sie den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Zur Person der Beschwerdeführerin liegen folgende EURODAC-Treffer vor:
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EURODAC-Treffer der Kategorie 1 (Asylantragstellung) zu Italien vom 19.04.2017
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EURODAC-Treffer der Kategorie 1 (Asylantragstellung) zu Frankreich vom 09.08.2017
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EURODAC-Treffer der Kategorie 1 (Asylantragstellung) zu Deutschland vom 20.03.2018
Im Rahmen der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag (24.10.2018) führte die Beschwerdeführerin zur Reiseroute bzw. zu ihren Voraufenthalten aus, sie sei auf dem Landweg von Nigeria über den Niger nach Libyen gereist, sei dort zwei Monate geblieben und sei anschließend im April 2017 nach Italien gelangt. Ab Mai 2017 sei sie etwa neun Monate oder ein Jahr in Frankreich gewesen. Die genauen Daten und Zeiträume könne sie leider nicht angeben. Ab März 2018 sei sie sechs Monate in Deutschland gewesen. Danach sei sie ab September 2018 für drei Wochen nach Italien gekommen und letztlich am 24.10.2018 in Österreich eingereist.
Eine näher bezeichnete Frau, die ihr zur Flucht verholfen habe, habe gedroht, sie mit Hilfe eines Voodoo-Zaubers umzubringen, falls die Beschwerdeführerin nicht zu ihr nach Frankreich komme. Die Frau sei in Nigeria zu ihnen nach Hause gekommen und habe der Beschwerdeführerin eine Arbeit als Babysitterin in Frankreich versprochen. Die Beschwerdeführerin fürchte sich vor dieser Frau; die Frau habe ihr auch verboten, Geld an die Mutter nach Nigeria zu schicken.
Die Beschwerdeführerin habe in Italien, Frankreich und Deutschland um internationalen Schutz angesucht. In Italien habe sie ihr Verfahren nicht abgewartet und sie wolle auch nicht dorthin zurück, da die Fluchthelferin dort viele Leute habe, die sie nicht in Ruhe lassen würden. Auch nach Frankreich und Deutschland wolle sie nicht. In Österreich fühle sie sich sicher; sie denke, die Fluchthelferin könne sie hier nicht finden.
2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) richtete am 30.10.2018 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin-III-VO) gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Italien.
Mit Schreiben vom 12.11.2018 lehnte die italienische Dublin-Behörde die Wiederaufnahme der Beschwerdeführerin mit der Begründung ab, dass sie am 20.03.2018 in Deutschland um internationalen Schutz angesucht habe, wobei Deutschland kein Konsultationsverfahren mit Italien eingeleitet habe, sodass die Zuständigkeit nunmehr bei Deutschland liege.
Am selben Tag (12.11.2018) richtete das BFA daher ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin-III-VO gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Deutschland.
Mit Schreiben vom 16.11.2018 lehnte die deutsche Dublin-Behörde die Wiederaufnahme der Beschwerdeführerin ab und führte begründend aus, dass Deutschland am 28.03.2018 ein Ersuchen an Frankreich gerichtete habe, welches von der französischen Dublin-Behörde unter Verweis auf die Zuständigkeit Italiens am 04.04.2018 abgelehnt worden sei. Daraufhin sei am 05.04.2018 ein Ersuchen an Italien gerichtet worden (siehe Empfangsbestätigung take-back-request). Italien habe der Wiederaufnahme der Beschwerdeführerin am 20.04.2018 gemäß Art. 25 Abs. 2 Dublin-III-VO zugestimmt. Am 09.05.2018 sei Italien über ein Rechtsmittel mit aufschiebender Wirkung informiert worden (siehe Mitteilung zu legal action with suspensive effect). Seit 09.08.2018 sei die Beschwerdeführerin unbekannten Aufenthaltes. Es werde Italien für zuständig erachtet.
Vor diesem Hintergrund richtete das BFA am 19.11.2018 - und sohin innerhalb offener Frist - ein Remonstrationsschreiben an Italien; Italien stimmte der Wiederaufnahme der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom selben Tag (19.11.2018) letztlich gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin-III-VO ausdrücklich zu.
3. Aus einem Schriftverkehr zwischen der Opferschutzeinrichtung LEFÖ-IBF (Interventionsstelle für Betroffene des Frauenhandels), der Grundversorgungskoordination des BMI und dem Beratungszentrum Betreutes Wohnen des Fonds Soziales Wien ergibt sich, dass die Aufnahme der Beschwerdeführerin in die Grundversorgung Wien organisiert wurde, um sie in einer geheimen Schutzwohnung des Vereins LEFÖ-IBF unterbringen zu können. Dort ist sie seit 19.11.2018 durchgehend aufrecht gemeldet (per Adresse des Vereins).
4. Nach Durchführung einer Rechtsberatung und in Anwesenheit einer Rechtsberaterin sowie einer Vertrauensperson fand am 04.12.2018 die niederschriftliche Einvernahme der Beschwerdeführerin vor dem BFA statt. Dabei gab die Beschwerdeführerin zusammengefasst an, dass sie gesund sei, im Bereich der EU keine Verwandte oder Bekannte habe und in Österreich eine Beziehung zu einem näher genannten Mann führe, aber nicht mit ihm zusammenwohne.
Zu ihrem Voraufenthalt in Italien gab sie an, sie sei in XXXX untergebracht gewesen, habe einen Asylantrag gestellt und das Leben sei schwer gewesen; sie kenne den Ausgang des Verfahrens nicht, da sie sich nicht lange dort aufgehalten habe. Sie wolle nicht nach Italien zurück, da sie sich nicht neuerlich der Prostitution aussetzen wolle.
Dazu führte die Beschwerdeführerin aus, dass sie gemeinsam mit anderen Leuten zur Prostitution gezwungen worden sei. Sie sei sicher, dass sie diese Arbeit wieder ausführen müsse, egal, wo sie in Italien sei. Die "Madam" habe in Italien Vertrauensleute, die die Beschwerdeführerin bedrohen würden. Im Jahr 2016 sei sie in einem Flüchtlingslager in XXXX gewesen. Sie hätten kein Taschengeld bekommen. Die anderen Mädchen hätten gesagt, dass sie der Prostitution nachgehen sollten. Deswegen wolle sie nicht mehr dorthin zurückkehren. Sie sei in der Vergangenheit bereits bedroht worden.
Die Beschwerdeführerin sei sowohl in Italien als auch für längere Zeit in Frankreich der Prostitution nachgegangen. In Italien habe sie damit freiwillig ihren Lebensunterhalt verdient. In Frankreich hingegen habe sie der Frau, die sie nach Europa gebracht und ihr eigentlich eine Arbeit als Kindermädchen versprochen habe, das Geld zurückzahlen müssen. Bei der Frau handle es sich um eine Bekannte aus Nigeria, die sie dort angesprochen habe, ob sie als Kindermädchen nach Frankreich kommen wolle; von Prostitution habe sie ursprünglich nichts gesagt. Die Frau lebe zurzeit in Frankreich; im Jahr 2016 habe die Beschwerdeführerin bei ihr gelebt. Derzeit bestehe kein Kontakt mit der "Madam". Die Beschwerdeführerin habe weder in Italien noch in Frankreich Anzeige erstattet, weil sie Angst gehabt habe und weil sie in Nigeria einen Eid geleistet habe.
Der Beschwerdeführerin wurden die aktuellen Länderfeststellungen zu Italien ausgehändigt und ihr eine Frist zur Stellungnahme gewährt. Abschließend führte die Beschwerdeführerin aus, eine Außerlandesbringung nach Italien würde ihr Leben [negativ] beeinflussen und ihre [in Österreich geführte] Beziehung beeinträchtigen; in einem anderen Land müsse sie sterben. Über Nachfrage der Rechtsberaterin ergänzte die Beschwerdeführerin zudem, dass sie plane, in Österreich eine Anzeige zu erstatten. Die Polizei habe zu ihr gesagt, dass sie den Fall sehr gerne weiterverfolgen werde. Es sei ausgemacht, dass die Polizei sie anrufen werde.
5. Am 13.12.2018 langte beim BFA eine von der Vertretung der Beschwerdeführerin (LEFÖ-IBF) verfasste Stellungnahme ein. Darin wurde zum Sachverhalt im Wesentlichen ergänzend ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin sowohl in Italien als auch in Deutschland von Personen des Netzwerkes der Menschenhändlerin, die die Beschwerdeführerin von Nigeria nach Europa gebracht habe, aufgesucht und unter Druck gesetzt worden sei. Die Beschwerdeführerin habe somit in Italien bereits die konkrete Erfahrung von mangelndem Schutz gemacht. Da sie dem Druck nicht standhalten habe können, habe sie sich dazu gezwungen gesehen, sich von einer offensichtlichen Kontaktperson der "Madam" nach Frankreich bringen zu lassen; dort sei sie zur Prostitution gezwungen worden. Die Beschwerdeführerin habe daher die begründete Furcht, dass sie im Falle einer Überstellung nach Italien dort erneut vom Netzwerk der "Madam" ausgeforscht werde. Zudem befürchte sie ein gewaltsames Vorgehen gegen ihre Person (Vergeltungsmaßnahmen), als Bestrafung dafür, dass sie sich bereits durch Flucht dem Zugriff ihrer "Madam" entzogen habe.
Die Befürchtungen der Beschwerdeführerin zum mangelnden Schutz in Italien würden durch den letzten Bericht (Jänner 2017) des Kontrollgremiums GRETA zur Konvention des Europarates zur Bekämpfung des Menschenhandels (CETS) bestätigt: Zusammengefasst habe GRETA festgestellt, dass es in Italien nicht ausreichend adäquate Unterbringungen für vulnerable Opfer von Menschenhandel gebe. Die Beschwerdeführerin sei im Falle einer Rückführung nach Italien der realen Gefahr einer Verletzung von Art. 3 EMRK ausgesetzt.
6. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 18.01.2019 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin-III-VO Italien für die Prüfung des Antrags zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen die Beschwerdeführerin gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG eine Abschiebung nach Italien zulässig sei (Spruchpunkt II.).
7. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin am 01.02.2019 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde; gleichzeitig wurde der Antrag gestellt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Inhaltlich wurde insbesondere gerügt, dass das BFA es verabsäumt habe, die Stellungnahme von LEFÖ-IBF ausreichend zu berücksichtigen. Das BFA sei nicht ansatzweise auf die Identifizierung der Beschwerdeführerin als Opfer von Menschenhandel und auf die rechtlichen Auswirkungen dieser Identifikation eingegangen. Das BFA habe im konkreten Fall keine ausreichenden Länderfeststellungen getroffen und habe den Bericht von GRETA vom 30.01.2017 außer Acht gelassen. Der Bericht belege, dass Italien die Beschwerdeführerin nicht schützen könne, da es in Italien keine adäquate Unterbringung für vulnerable Opfer von Menschenhandel gebe. Eine Überstellung der Beschwerdeführerin nach Italien verletzte daher Art. 3 EMRK. Wenn der Hauptakteur im Identifizierungsprozess (LEFÖ-IBF) die Beschwerdeführerin als Opfer von Menschenhandel identifiziere und sie in einer geheimen Schutzwohnung unterbringe, wie das im gegenständlichen Fall geschehen sei, so würden die diesbezüglich seitens des BFA verabsäumten Ermittlungen und mangelnden Feststellungen grobe Verfahrensfehler darstellen.
Des Weiteren lege Art. 4 EMRK den Mitgliedstaaten eine positive Verpflichtung auf, operative Maßnahmen zum Schutz der Opfer zu ergreifen und potentielle Opfer von Menschenhandel zu schützen. Die Dublin-III-VO könne Österreich nicht von diesen Verpflichtungen befreien. Bei einer Überstellung der Beschwerdeführerin nach Italien bestehe eine tatsächliche Gefahr, dass die Beschwerdeführerin erneut ihren Menschenhändlern ausgesetzt oder ausgebeutet werde, da sie nicht mehr unter dem ihr zustehenden Schutz in Österreich stünde und gezwungen wäre, das ihr hier zustehende Schutzhaus zu verlassen. Eine Überstellung nach Italien verletze daher auch die sich aus Art. 4 EMRK ergebenden Verpflichtungen.
Weitere Verpflichtungen des BFA würden sich direkt aus den folgenden Rechtsinstrumenten ergeben: (i) Dem Übereinkommen des Europarates von 2005 zur Bekämpfung des Menschenhandels (CETS); (ii) der Richtlinie 2011/36/EU vom 05.04.2011 zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer; (iii) dem Zusatzprotokoll zur Verhütung, Bekämpfung und Bestrafung des Menschenhandels, insbesondere des Frauen- und Kinderhandels, zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität (BGBl. III Nr. 220/2005).
8. Die Beschwerdevorlage langte am 05.02.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 08.02.2019 wurde der Beschwerde gemäß § 17 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
9. Einer Mitteilung der Zentralstelle Bekämpfung Schlepperkriminalität/Menschenhandel des Bundeskriminalamtes (BKA) vom 02.04.2019 ist zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin am 22.03.2019 zum Sachverhalt befragt worden sei und als Opfer geführt werde; nationale und internationale Ermittlungen seien im Laufen.
Aus der im Akt aufliegenden Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion (LPD) vom 24.04.2019 ergibt sich, dass keine fremdenpolizeilichen Bedenken gegen einen Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG 2005 bestünden; die Voraussetzungen gemäß § 57 Abs. 1 Z 2 bzw. Z 3 AsylG 2005 würden vorliegen. Laut eigenem Vorbringen sei die Beschwerdeführerin Opfer einer strafbaren Handlung (Menschenhandel, Zwangsprostitution) geworden. Laut Mitteilung der aktenführenden Dienststelle des BKA sei ein Abschlussbericht noch nicht ergangen und seien weitere Erhebungen und Ermittlungen im Laufen. Das Verfahren sei derzeit noch nicht abgeschlossen, sodass somit vorerst die Voraussetzungen zur Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zur weiteren Gewährleistung der Strafverfolgung bzw. zur Durchsetzung von allfälligen zivilrechtlichen Ansprüchen vorliegen würden.
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes wurden Ermittlungen hinsichtlich des beim BFA anhängigen Verfahrens zur möglichen Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" getätigt. Laut telefonischer Auskunft eines Mitarbeiters des BFA, Regionaldirektion Wien, Koordinationsbüro, vom 08.10.2019 sei das Verfahren noch offen und werde derzeit seitens des BFA auf eine neuerliche Stellungnahme der zuständigen LPD gewartet.
Am 15.10.2019 wurde dem Bundesverwaltungsgericht vom Koordinationsbüro des BFA ein Schriftverkehr weitergeleitet, in dem ein mit dem Fall befasster Mitarbeiter des BKA der Zentralstelle Bekämpfung Schlepperkriminalität/Menschenhandel unter anderem ausführt, dass die Angaben der Beschwerdeführerin als glaubwürdig eingeschätzt würden. Trotz genauer Beschreibungen der Örtlichkeiten der Ausbeutung in Frankreich bzw. Täterin in Frankreich inklusive übermittelter Bilder habe die Verdächtige bis dato nicht ausgeforscht werden können. Es sei geplant, den Fall demnächst noch einmal mit den französischen Kollegen zu besprechen. Fakt sei, dass in Österreich bislang keine Ausbeutung stattgefunden habe, die Beschwerdeführerin jedoch über verschiedenste Personen bedroht werde, wieder nach Frankreich zurückzukehren.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Festgestellt wird der eben dargelegte Verfahrensgang; insbesondere wird festgestellt, dass die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 Abs. 1 Z 2 oder Z 3 AsylG 2005 gestellt hat und das diesbezügliche Verfahren derzeit beim BFA anhängig ist.
Die Beschwerdeführerin ist seit 19.11.2018 durchgehend in einer geheimen Schutzwohnung der Opferschutzeinrichtung LEFÖ-IBF untergebracht. Laut Mitteilung des BKA vom 02.04.2019 sowie vom 15.10.2019 wird die Beschwerdeführerin als Opfer geführt und sind nationale und internationale Ermittlungen nach wie vor im Laufen. Aus der Stellungnahme der zuständigen LPD vom 24.04.2019 ergibt sich, dass vorerst keine fremdenpolizeilichen Bedenken gegen einen Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG 2005 bestehen.
2. Beweiswürdigung:
Die festgestellten Tatsachen ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes. Dass die Beschwerdeführerin erstmals am 19.04.2017 in Italien und danach in weiterer Folge am 09.08.2017 in Frankreich und am 20.03.2018 in Deutschland um internationalen Schutz angesucht hatte, lässt sich den entsprechenden EURODAC-Treffern entnehmen. Die nunmehr erfolgte Einleitung eines Konsultationsverfahrens mit Italien und Deutschland, welches letztlich zur Zustimmung Italiens vom 19.11.2018 führte, ergibt sich aus dem Schriftverkehr zwischen der österreichischen und der italienischen sowie der deutschen Dublin-Behörde.
Dass die Beschwerdeführerin seit 19.11.2018 durchgehend in einer geheimen Schutzwohnung der Opferschutzeinrichtung LEFÖ-IBF untergebracht ist, lässt sich dem Zentralen Melderegister (ZMR) entnehmen und steht mit dem im Verfahren erstatteten Vorbringen hinsichtlich der Schutzbedürftigkeit der Beschwerdeführerin als mögliches Opfer von Menschenhandel und grenzüberschreitendem Prostitutionshandel in Einklang. Ihre diesbezügliche Antragstellung auf Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz", die Mitteilung des BKA vom 02.04.2019 und vom 15.10.2019 sowie die Stellungnahme der zuständigen LPD vom 24.04.2019 ergeben sich aus dem Akteninhalt (vgl. OZ 4 und OZ 7). Dass das Verfahren nach wie vor beim BFA anhängig ist, ergibt sich aus einer eingeholten telefonischen Auskunft (vgl. Aktenvermerk OZ 6).
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Stattgabe der Beschwerde und Behebung des Bescheids:
§ 5 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012, lautet:
"§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin - Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.
(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin - Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.
(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet."
§ 57 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 70/2015, lautet:
"Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz"
§ 57 (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:
1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,
2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 und § 73 AVG gehemmt.
(3) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 2 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein Strafverfahren nicht begonnen wurde oder zivilrechtliche Ansprüche nicht geltend gemacht wurden. Die Behörde hat binnen sechs Wochen über den Antrag zu entscheiden.
(4) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 3 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO nicht vorliegt oder nicht erlassen hätte werden können."
Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin-III-VO lauten:
"Artikel 3
Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz
(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.
(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.
Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.
Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.
(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.
Artikel 7
Rangfolge der Kriterien
(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.
(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.
(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 [Anmerkung: gemeint 16] genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.
Artikel 13
Einreise und/oder Aufenthalt
(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.
(2) Ist ein Mitgliedstaat nicht oder gemäß Absatz 1 dieses Artikels nicht länger zuständig und wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verzeichnissen festgestellt, dass der Antragsteller - der illegal in die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten eingereist ist oder bei dem die Umstände der Einreise nicht festgestellt werden können - sich vor der Antragstellung während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens fünf Monaten in einem Mitgliedstaat aufgehalten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.
Hat sich der Antragsteller für Zeiträume von mindestens fünf Monaten in verschiedenen Mitgliedstaaten aufgehalten, so ist der Mitgliedstaat, wo er sich zuletzt aufgehalten hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.
Artikel 16
Abhängige Personen
(1) Ist ein Antragsteller wegen Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, schwerer Krankheit, ernsthafter Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung seines Kindes, eines seiner Geschwister oder eines Elternteils, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, angewiesen oder ist sein Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des Antragstellers angewiesen, so entscheiden die Mitgliedstaaten in der Regel, den Antragsteller und dieses Kind, dieses seiner Geschwister oder Elternteil nicht zu trennen bzw. sie zusammenzuführen, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsland bestanden hat, das Kind, eines seiner Geschwister oder der Elternteil in der Lage ist, die abhängige Person zu unterstützen und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben.
(2) Hält sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil im Sinne des Absatzes 1 rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat als der Antragsteller auf, so ist der Mitgliedstaat, in dem sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil rechtmäßig aufhält, zuständiger Mitgliedstaat, sofern der Gesundheitszustand des Antragstellers diesen nicht längerfristig daran hindert, in diesen Mitgliedstaat zu reisen. In diesem Fall, ist der Mitgliedstaat, in dem sich der Antragsteller aufhält, zuständiger Mitgliedstaat. Dieser Mitgliedstaat kann nicht zum Gegenstand der Verpflichtung gemacht werden, das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil in sein Hoheitsgebiet zu verbringen.
(3) Der Kommission wird die Befugnis übertragen gemäß Artikel 45 in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung des Abhängigkeitsverhältnisses zu berücksichtigen sind, in Bezug auf die Kriterien zur Feststellung des Bestehens einer nachgewiesenen familiären Bindung, in Bezug auf die Kriterien zur Beurteilung der Fähigkeit der betreffenden Person zur Sorge für die abhängige Person und in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung einer längerfristigen Reiseunfähigkeit zu berücksichtigen sind, delegierte Rechtsakte zu erlassen.
(4) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für Konsultationen und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten fest. Diese Durchführungsrechtsakte werden nach dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.
Artikel 17
Ermessensklauseln
(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.
Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat, der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde.
Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.
(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen.
Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen.
Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitgliedstaat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen.
Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertragen.
Artikel 18
Pflichten des zuständigen Mitgliedstaats
(1) Der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat ist verpflichtet:
a) einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Artikel 21, 22 und 29 aufzunehmen;
b) einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;
c) einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;
d) einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen.
(2) Der zuständige Mitgliedstaat prüft in allen dem Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstaben a und b unterliegenden Fällen den gestellten Antrag auf internationalen Schutz oder schließt seine Prüfung ab.
Hat der zuständige Mitgliedstaat in den in den Anwendungsbereich von Absatz 1 Buchstabe c fallenden Fällen die Prüfung nicht fortgeführt, nachdem der Antragsteller den Antrag zurückgezogen hat, bevor eine Entscheidung in der Sache in erster Instanz ergangen ist, stellt dieser Mitgliedstaat sicher, dass der Antragsteller berechtigt ist, zu beantragen, dass die Prüfung seines Antrags abgeschlossen wird, oder einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, der nicht als Folgeantrag im Sinne der Richtlinie 2013/32/EU behandelt wird. In diesen Fällen gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Prüfung des Antrags abgeschlossen wird.
In den in den Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstabe d fallenden Fällen, in denen der Antrag nur in erster Instanz abgelehnt worden ist, stellt der zuständige Mitgliedstaat sicher, dass die betreffende Person die Möglichkeit hat oder hatte, einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Artikel 46 der Richtlinie 2013/32/EU einzulegen.
Artikel 19
Übertragung der Zuständigkeit
(1) Erteilt ein Mitgliedstaat dem Antragsteller einen Aufenthaltstitel, so obliegen diesem Mitgliedstaat die Pflichten nach Artikel 18 Absatz 1.
(2) Die Pflichten nach Artikel 18 Absatz 1 erlöschen, wenn der zuständige Mitgliedstaat nachweisen kann, dass der Antragsteller oder eine andere Person im Sinne von Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe c oder d, um dessen/deren Aufnahme oder Wiederaufnahme er ersucht wurde, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten für mindestens drei Monate verlassen hat, es sei denn, die betreffende Person ist im Besitz eines vom zuständigen Mitgliedstaat ausgestellten gültigen Aufenthaltstitels.
Ein nach der Periode der Abwesenheit im Sinne des Unterabsatzes 1 gestellter Antrag gilt als neuer Antrag, der ein neues Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats auslöst.
(3) Die Pflichten nach Artikel 18 Absatz 1 Buchstaben c und d erlöschen, wenn der zuständige Mitgliedstaat nachweisen kann, dass der Antragsteller oder eine andere Person im Sinne von Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe c oder d, um dessen/deren Wiederaufnahme er ersucht wurde, nach Rücknahme oder Ablehnung des Antrags das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten auf der Grundlage eines Rückführungsbeschlusses oder einer Abschiebungsanordnung verlassen hat.
Ein nach einer vollzogenen Abschiebung gestellter Antrag gilt als neuer Antrag, der ein neues Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats auslöst."
Vorweg ist festzuhalten, dass dem BFA im gegenständlichen Fall nicht entgegengetreten werden kann, wenn es nach Durchführung von Konsultationsverfahren mit Italien und Deutschland grundsätzlich zur Annahme einer Zuständigkeit Italiens gelangt; dies vor dem Hintergrund, dass die Beschwerdeführerin illegal aus einem Drittstaat (Libyen) kommend über die Seegrenze nach Italien eingereist war, dort am 19.04.2017 ihren ersten Antrag auf internationalen Schutz gestellt hatte, Italien in das inhaltliche Verfahren eingetreten war und die Beschwerdeführerin während der Prüfung ihres dortigen Antrages in anderen Mitgliedstaaten (und zwar am 09.08.2017 in Frankreich, am 20.03.2018 in Deutschland und letztlich am 24.10.2018 in Österreich) weitere Anträge gestellt hat (vgl. dazu die ausdrücklich Zustimmung Italiens gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin-III-VO vom 19.11.2018).
Im gegenständlichen Fall kommt jedoch auch der Bestimmung des Art. 19 Abs. 1 Dublin-III-VO Bedeutung zu, wonach jenem Mitgliedstaat die Pflichten nach Art. 18 Abs. 1 Dublin-III-VO obliegen, welcher dem Antragsteller einen Aufenthaltstitel erteilt.
Aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin in Zusammenschau mit dem Akteninhalt ergeben sich hinreichend konkrete Hinweise darauf, dass die Beschwerdeführerin Opfer von Menschenhandel bzw. grenzüberschreitendem Prostitutionshandel geworden ist. Die Beschwerdeführerin hat sich bereits zu Beginn ihres (Zulassungs-)Verfahrens in Österreich an die anerkannte Opferschutzeinrichtung LEFÖ-IBF gewandt, wurde von dieser offenbar - wie auch den Schriftsätzen zu entnehmen ist - als Opfer von Menschenhandel identifiziert und ist seit 19.11.2018 durchgehend in einer geheimen Schutzwohnung untergebracht. Aus dem Akteninhalt ergibt sich zudem, dass die Beschwerdeführerin seitens des BKA als Opfer geführt wird und in Zusammenhang mit einem möglichen französischen Menschenhandelsring nationale und internationale Ermittlungen getätigt werden, die nach wie vor nicht abgeschlossen sind (vgl. dazu insbesondere die letzte Mitteilung vom 15.10.2019). Laut Stellungnahme der zuständigen LPD vom 24.04.2019 bestehen keine fremdenpolizeilichen Bedenken gegen einen Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG 2005. Über den von der Beschwerdeführerin gestellten Antrag auf Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 Abs. 1 Z 2 oder Z 3 AsylG 2005 wurde seitens des BFA noch nicht entschieden.
Vor dem Hintergrund von Art. 19 Abs. 1 Dublin-III-VO lag nun in der gegenständlichen Fallkonstellation zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides des BFA noch keine Entscheidungsreife vor - und liegt diese im Übrigen auch zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht vor -, zumal nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann, dass der Beschwerdeführerin in Österreich eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu gewähren ist, was gemäß Art. 19 Abs. 1 Dublin-III-VO eine Zuständigkeit Österreichs nach sich ziehen würde.
Da das diesbezügliche Verfahren derzeit beim BFA anhängig ist, war der gegenständlichen Beschwerde stattzugeben und der angefochtene Bescheid zu beheben, um das BFA - im Sinne des Effizienzgebotes - in die Lage zu versetzen, den Dublin-Sachverhalt im Einklang mit der noch ausständigen Entscheidung über den Antrag auf Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu beurteilen.
Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben, zumal die Beweise bereits vom BFA erhoben wurden und der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint; die Beweismittel wurden seitens des Bundesverwaltungsgerichtes der freien Beweiswürdigung unterzogen. Es ergab sich kein Hinweis auf die Notwendigkeit, den maßgeblichen Sachverhalt mit der Beschwerdeführerin zu erörtern (vgl. VwGH 23.01.2003, 2002/20/0533, VwGH 01.04.2004, 2001/20/0291).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Menschenhandel, Schutzmaßnahmen,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W239.2214059.1.01Zuletzt aktualisiert am
29.01.2020