Entscheidungsdatum
22.10.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W226 2174719-1/17E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. WINDHAGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX ; StA:
Ukraine, vertreten durch Kocher & Bucher RA OG, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.10.2017, Zl. 1031735402-14997404, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005, § 8 Abs. 1 AsylG
2005, § 57 AsylG 2005, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, § 52 Absatz 9 FPG § 46 FPG, § 55 Absatz 1 bis 3 FPG, als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) ist Staatsangehöriger der Ukraine, gehört der tschetschenischen Volksgruppe an und bekennt sich zum muslimischen Glauben.
2. Der BF stellte am 22.09.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
Im Zuge der Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 24.09.2014 gab der BF zum Grund für das Verlassen seines Herkunftsstaates an, der ukrainische Geheimdienst "SBU" habe seit August 2014 gewollt, dass er in die Ostukraine fahre und dort alles auf tschetschenisch übersetze bzw. er mit dem Geheimdienst zusammenarbeite. Er habe denen gesagt, dass er nicht tschetschenisch könne, somit sei dann sein Vater statt ihm dorthin geschickt worden. Aus diesem Grund habe ihn sein Vater dann nach Österreich geschickt. Er sei auch bedroht worden und hätte in der Ostukraine auch kämpfen sollen. Bei einer Rückkehr fürchte er nicht um sein Leben, sondern um das Leben seines Vaters.
Weiters gab der BF an, ledig zu sein und aus XXXX zu stammen und dort gelebt zu haben. Seine Muttersprache sei Russisch, er spreche auch Ukrainisch, schlechtes Deutsch und Englisch. Er habe in der Ukraine die Grundschule besucht und eine Ausbildung an der Bauakademie gemacht. Zuletzt sei er Ingenieur/Technologe gewesen. Seine Eltern würden in der Ukraine ( XXXX ) leben.
Der ukrainische Personalausweis des BF wurde sichergestellt.
3. Am 15.03.2017 wurde der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), niederschriftlich einvernommen.
Der BF gab zu seinen persönlichen Verhältnissen ergänzend an, sunnitischer Moslem, aber moderat zu sein. Er und seine Eltern hätten in XXXX je in einer Wohnung gelebt. Seine Wohnung würden die Eltern vermieten und ihm das Geld (etwa 100 EUR/Monat) überweisen. Er stehe mit seinen Verwandten jeden Tag in Kontakt. Seine Eltern seien krank und Pensionisten. Sie würden auch nebenbei als Gymnastiktrainer und im Supermarkt arbeiten. Er habe im XXXX als Beleuchter gearbeitet. In der Ukraine habe er nur seine Eltern, viele Verwandten würden in Tschetschenien und Russland leben.
Zu seinem Leben in Österreich gab er an, dass er einer Familie beim Hausbau helfe und in einer Pizzeria zeitweise ausgeholfen habe. Er habe auch Schnee geräumt und Rasen gemäht. Zwei Großonkel würden in Österreich leben.
Zu seinen Fluchtgründen befragt, führte der BF zusammengefasst aus, dass sein Nachbar, der jetzt bei der Staatsanwaltschaft arbeite, ihm im Sommer 2014 eine Arbeit als Tschetschenisch-Übersetzer für den SBU anbieten habe wollen. Er habe auch gefragt, ob der Vater tschetschenisch spreche. Sie würden Übersetzer für die Verhöre oder das Gericht brauchen. Der Vater habe aber auch abgelehnt. Anfang August habe der BF mit zwei Männern (SBU-Mitarbeiter) mitgehen müssen und hätte sich als Freiwilliger für den Krieg melden sollen. Er hätte bei Verhandlungen der Seperatisten mitmachen sollen. Der BF habe abgelehnt, aber man habe ihn überreden wollen. Er sei in den Keller gebracht, gefesselt und geschlagen worden. Er sei dann freigelassen worden und zum Arzt gegangen. Ende August sei er wieder abgeholt und zur SBU gebracht worden und hätten diese gemeint, dass der Vater gehen solle, was dieser aber nicht machen habe wollen. Sie hätten dann angefangen, die Listen an den XXXX zu schicken. Die anderen sechs auf der Liste seien schon beim Militär gewesen, weswegen die Liste eigentlich nur ihm gegolten habe. Der XXXX habe dann gesagt, der BF sei im Urlaub und komme am 15. wieder zur Arbeit. Der Direktor sei verpflichtet worden, den BF zur Militärbehörde zu bringen, wenn er komme. Durch eine fingierte Kündigung habe sich der Direktor aus der Situation am 12.09. hinausreden können. Am 14.09. sei der BF schon bei einem Freund in XXXX gewesen, am 20.09. habe er die Ukraine verlassen. Nach seiner Abreise sei der SBU nochmal bei ihm zu Hause gewesen, aber der Vater hätte ihnen die Tür zugeschlagen. Auch Verwandte in Tschetschenien seien wegen ihm bedroht worden. Auch bei seiner Oma in Russland habe er im Juni 2014 für die Ukraine und gegen Putin gesprochen. Der FSB sei zur Oma gekommen und habe Fragen gestellt.
Im Zuge der Einvernahme legte der BF folgende Unterlagen vor:
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Geburtsurkunde ausgestellt am XXXX in XXXX ;
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Einberufungskarte zur Stellung, für den Bezirk XXXX ;
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Versicherungskarte;
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Identifikationsnachweis für die Steuerbehörde, ausgestellt am 21.03.2001 vom Bezirk XXXX ;
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Zwei Studiendiplome Bauingenieurwesen von 2006 (Bachelor) und 2007 (Spezialist = Master);
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Arbeitsbuch;
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Mitarbeiterausweis XXXX ;
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Einberufungsbefehl für August 2014;
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Auszug aus der Ambulanzkarte des medizinischen Zentrums XXXX , wonach der BF ein geschlossenes Schädel-Hirntrauma und Gehirnerschütterung aufweist, vom 20.08.201;
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Medizinische Unterlagen eines Landeskrankenhauses nach einem Infarkt;
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Antrag auf Kur- und Rehaaufenthalt;
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Medizinische Unterlagen der Pensionsversicherungsanstalt;
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Deutschkursbestätigungen (Niveau A1 und A2);
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Vier Empfehlungsschreiben für den BF.
In weiterer Folge legte der BF einen Kundenbeleg von Western Union vor (Auszahlungsbetrag EU 150,-).
4. Mit Bescheid des BFA vom 10.10.2017 wurde unter Spruchteil I. der Antrag auf internationalen Schutz des BF bezüglich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen und unter Spruchteil II. gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 leg. cit. dieser Antrag auch bezüglich der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf die Ukraine abgewiesen. Unter Spruchteil III. wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigenden Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF in die Ukraine gemäß § 46 FPG zulässig ist. In Spruchteil IV. wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt.
Glaubhaft sei, dass der BF im August 2014 vom ukrainischen Geheimdienst aufgrund der Empfehlung eines Nachbarn sowie aufgrund seiner tschetschenischen Herkunft aufgefordert worden sei, im Zuge des Ostukrainekonfliktes als Dolmetscher zu arbeiten. Da der BF aber der tschetschenischen Sprache gar nicht mächtig sie, hätte der SBU auf den Vater zurückgreifen wollen, dieser sei aber für eine Rekrutierung bereits zu alt gewesen. Der SBU hätte dem BF nach einer zweitätigen Inhaftierung dann angedroht, ihn direkt an die Front zu schicken, wenn der Vater nicht für den SBU dolmetschen würde. Aufgrund eines Einberufungsbefehls, den der damalige Arbeitgeber beim XXXX am 12.09.2014 erhalten habe, hätte der BF dann die Ukraine verlassen.
Die belangte Behörde führte im Wesentlichen aus, dass die Schilderungen des BF betreffend die Mitnahme zum SBU glaubhaft sei, auch, dass er dort mit einer mit Wasser gefüllten Plastikflasche geschlagen worden sei. Derartige unrechtmäßige Befragungsmethoden oder "Überzeugungsversuche" würden auch aus westeuropäischen Ländern berichtet werden und würden in ihrer Verfolgung den nationalen Behörden unterliegen. Die Ukraine unternehme vermehrt Anstrengungen, solche Fälle von Behördenwillkür zu unterbinden bzw. die Täter der Strafverfolgung zuzuführen.
Zudem habe der BF nicht davon berichtet, dass er beim zweiten "Zusammentreffen" mit dem SBU Ende August 2014 nochmals geschlagen oder sonst irgendwie misshandelt worden wäre. Dem BF sei nur die drohende Einberufung angekündigt worden, unabhängig davon, ob der Vater mit dem SBU zusammenarbeiten würde oder nicht. Es könne somit davon ausgegangen werden, dass der SBU in der Zwischenzeit die Angaben betreffend der Nichtbeherrschung der tschetschenischen Sprache überprüft habe und deshalb am BF kein besonderes Interesse mehr gehabt hätte. Der Behörde erscheine es zudem unrealistisch, dass der BF als gebürtiger Tschetschene tatsächlich und gegen seinen Willen direkt an die Frontlinie gebracht worden wäre, denn dann wäre ja auch eine entsprechende Bewachung des BF durch den SBU oder das Militär nötig gewesen, und dessen Desertation zu verhindern.
Die belangte Behörde führte weiters aus, dass auch wegen einer allfälligen Nichtbefolgung eines Einberufungsbefehls eine asylrelevante Verfolgung nicht festgestellt werden könne.
Für den Fall der Rückkehr verwies die belangte Behörde darauf, dass die Eltern unverändert in der Ukraine leben würden, der BF verfüge über eine eigene Wohnung und eine weitere Unterbringungsmöglichkeit bei den Eltern. Daraus leitete die belangte Behörde ab, dass dem BF weder Asyl noch subsidiärer Schutz zu erteilen sei. Die Rückkehrentscheidung wurde von der belangten Behörde dahingehend begründet, dass der BF in Österreich keine engen Verwandten habe, sehr wohl aber in der Ukraine. Der BF sei zwar strafrechtlich unbescholten und bemühe sich, Deutsch zu lernen, sei jedoch illegal eingereist, habe keine intensiven Bindungen zu Österreich vorzuweisen.
5. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht vollinhaltliche Beschwerde erhoben. Es wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Behörde festgestellt habe, dass der BF im August 2014 vom ukrainischen Geheimdienst SBU inhaftiert und gefoltert worden sei. Zudem hätte die Behörde festgestellt, dass der BF einen Einberufungsbefehl erhalten habe und daraufhin sein Heimatland verlassen habe. Trotz der Feststellungen gehe die Behörde aber davon aus, dass ihm keine asylrelevante Verfolgung drohe. Der VwGH vertrete aber die Ansicht, dass unter dem Gesichtspunkt des Zwangs zu völkerrechtswidrigen Militäraktionen - etwa gegen die Zivilbevölkerung - auch eine bloße Gefängnisstrafe asylrelevante Verfolgung darstellen könne. Es sei davon auszugehen, dass dem BF im Falle einer Rückkehr nach wie vor Strafverfolgung drohe und sei daher von einer aktuellen Verfolgungsgefahr auszugehen. Der ukrainische Staat sei nicht schutzfähig bzw. schutzwillig. Dem BF sei daher Asyl, allenfalls subsidiärer Schutz zu gewähren gewesen. Die Haftbedingungen würden nicht internationalen Standards entsprechen und droh eine Verletzung von Art. 3 EMRK. Eine IFA stehe nicht offen, eine Abschiebung des BF sei unzulässig.
6. Der BF wurde im Zuge einer Beschwerdeverhandlung vom durch das erkennende Gericht nochmals ergänzend zu seinen Fluchtgründen, seinen Aufenthaltsorten, seinen Familienangehörigen in der Ukraine, seinem Leben in der Ukraine sowie zu sonstigen Fluchtgründen und seiner Integration in Österreich befragt
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat nach Durchführung einer Beschwerdeverhandlung wie folgt erwogen:
Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes des BF, beinhaltend die niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA, die Beschwerde, die Stellungnahme, durch Einsicht in Auszüge aus ZMR, GVS, IZR und Strafregister und schließlich durch Berücksichtigung aktueller Länderinformationen zum Herkunftsstaat.
1. Feststellungen:
Feststellungen zum BF:
Die BF ist Staatsangehöriger der Ukraine, gehört der tschetschenischen Volksgruppe an und bekennt sich zum sunnitisch-muslimischen Glauben. Die Identität des BF steht infolge der Vorlage unbedenklicher Dokumente fest.
Der BF stammt aus XXXX .
Der BF stellte am 22.09.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
Die BF konnte nicht glaubwürdig dartun, dass ihm in der Ukraine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine an asylrelevante Merkmale anknüpfende Verfolgung maßgeblicher Intensität - oder eine sonstige Verfolgung maßgeblicher Intensität - gedroht hat oder ihm aktuell droht.
Nicht festgestellt werden kann, dass der BF im Fall der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Ukraine in seinem Recht auf Leben gefährdet wäre, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen würde oder von der Todesstrafe bedroht wäre.
Es konnte ferner nicht festgestellt werden, dass der BF im Fall ihrer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat in eine existenzgefährdende Notlage geraten würde und ihm die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre.
Der BF war in der Ukraine in der Lage sich seinen Lebensunterhalt zu sichern. In der Ukraine halten sich zudem zahlreiche Verwandte des BF, vor allem seine Eltern, auf.
Der BF leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheiten, welche einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat entgegenstehen würden. In der Westukraine besteht eine ausreichende medizinische Grundversorgung.
Der unbescholtene BF hält sich seit etwa 5 Jahren im Bundesgebiet auf. Er war während seines Aufenthaltes im Bundesgebiet aber nicht selbsterhaltungsfähig und hat laufend Leistungen aus der Grundversorgung bezogen. Der BF verfügt nur über geringe Deutschkenntnisse. Der BF gehört keinem Verein und keiner sonstigen Gruppierung in Österreich an. Der BF war in Österreich nicht ehrenamtlich tätig.
Eine nachhaltige Integration des BF im Sinne einer tiefgreifenden Verwurzelung im Bundesgebiet kann nicht erkannt werden. Der BF führt kein Familienleben in Österreich und hat auch sonst keine engen sozialen Beziehungen.
Länderfeststellungen zum Herkunftsstaat des BF:
1. Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen
KI vom 30.08.2019 (relevant für Abschnitt 2/Politische Lage)
Am 29.8.2019 ist die ukrainische Oberste Rada zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammengetreten. Die Partei von Präsident Wolodymyr Selenskyj, Diener des Volkes, hatte bei der Wahl mehr als 250 der insgesamt 450 Sitze gewonnen (DS 29.8.2019; vgl. Ukrinform 30.8.2019).
Sechs Fraktionen wurden gebildet: Diener des Volkes mit 254 Sitzen, die Oppositionsplattform "Für das Leben" mit 44 Sitzen, Europäische Solidarität (Ex-Block Poroschenko) mit 27 Sitzen, Batkivshchyna (Julia Timoschenkos Partei) mit 25 Sitzen, Holos (Stimme) mit 17 Sitzen und schließlich die aus unabhängigen Abgeordneten bestehende Fraktion "Für die Zukunft" mit 23 Sitzen (KP 29.8.2019).
Für die neue Regierung stimmten 281 Parlamentarier. Neuer Premierminister ist der 35-jährige Jurist Olexij Hontscharuk (DS 29.8.2019; vgl. Ukrinform 30.8.2019).
Zum neuen Ministerkabinett gehören:
Vizepremierminister für europäische und euroatlantische Integration Dmytro Kuleba
Vizepremierminister und Minister für IT-Transformation Mychailo Fedorow
Minister des Ministerkabinetts Dmytro Dubilet
Außenminister Wadym Prystaiko
Verteidigungsminister Andrij Sahorodnjuk
Innenminister Arsen Awakow (Bereits in der Vorgängerregierung tätig)
Minister für Wirtschaftsentwicklung, Handel und Landwirtschaft Tymofij Mylowanow
Justizminister Denys Maljuska
Finanzministerin Oxana Markarowa (Bereits in der Vorgängerregierung tätig)
Minister für Energiewirtschaft und Kohleindustrie Olexij Orschel
Minister für Infrastruktur Wladyslaw Kryklij
Ministerin für Entwicklung von Gemeinden und Territorien Olena Babak
Ministerin für Bildung und Wissenschaft Hanna Nowosad
Gesundheitsministerin Zorjana Skalezka
Minister für Kultur, Jugend und Sport Wolodymyr Borodjanskyj
Ministerin für Sozialpolitik Julia Sokolowska
Ministerin für Angelegenheiten von Veteranen, vorläufig besetzen Gebieten und Binnenflüchtlingen
Oxana Koljada
(Ukrinform 30.8.2019)
Zu den unmittelbaren Vorhaben der neuen Regierung zählen nun wirtschaftspolitische Maßnahmen, die Aufhebung der Abgeordnetenimmunität (eine weithin geforderte Maßnahme zur
Korruptionsbekämpfung, welche allerdings eine Zweidrittelmehrheit verlangt), die Schaffung einer Möglichkeit zur Absetzung des Präsidenten und ein Gesetz zum Whistleblowing in Korruptionsangelegenheiten (RFE/RL 30.8.2019).
Quellen:
-
DS - Der Standard (29.8.2019): Ukrainischer Präsident bekommt sein Wunschkabinett,
https://www.derstandard.at/story/2000107945934/selenskyj-nominiert-ukrainischen-premier-undmehrere-minister, Zugriff 30.8.2019
-
KP - Kyiv Post (29.8.2019): Ukraine's new parliament sworn in, Dmytro Razumkov becomes speaker, https://www.kyivpost.com/ukraine-politics/ukraines-new-parliament-sworn-in.html?cnreloaded=1, Zugriff 30.8.2019
-
RFE/RL - Radio Free Europe / Radio Liberty (30.8.2019): Ukraine's Zelenskiy Inducts Politically
Untested Government,
https://www.rferl.org/a/ukraine-zelenskiy-new-government-honcharuk/ 30137220.html, Zugriff 30.8.2019
-
Ukrinform (30.8.2019): Parlament billigt neue Regierung, https://www.ukrinform.de/rubric-polytics/
2769759-parlament-billigt-neue-regierung.html, Zugriff 30.8.2019
KI vom 23.07.2019 (relevant für Abschnitt 2/Politische Lage)
Die Partei "Sluha Narodu" (Diener des Volkes) von Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die ukrainische Parlamentswahl vom 21.07.19 gewonnen. Noch liegt das amtliche Endergebnis nicht vor, aber nach Auszählung von etwa 70% der Stimmen steht fest, dass die Partei auf rund 42,7% kommt. Es folgen die russlandfreundliche Oppositionsplattform mit etwa 13%, die Partei "Europäische Solidarität" des früheren Präsidenten Petro Poroschenko mit etwa 8,4%, die Vaterlandspartei der Ex-Ministerpräsidentin Julia Timoschenko mit 7,4% und die Partei "Holos"
(Stimme) des Rocksängers Swiatoslaw Wakartschuk mit 6,2%. Dies sind die fünf Parteien, die die
5%-Hürde überwinden konnten. Die Wahlbeteiligung war mit knapp 50% geringer als vor fünf Jahren. Die OSZE sprach trotz des klaren Ergebnisses von einer fairen Konkurrenz. Zwar bemängelte sie fehlende Transparenz bei der Finanzierung des Wahlkampfs, insgesamt registrierten die Wahlbeobachter bei der Abstimmung allerdings keine gröberen Verstöße (BAMF
22.7.2019, DS 22.7.2019).
Zusammen mit den gewonnenen Sitzen aus den Direktwahlkreisen kommt Selenskyjs Partei auf knapp 250 der insgesamt 450 Sitze im Parlament. Das gute Ergebnis über die Parteiliste war vorausgesagt worden, jedoch überrascht der Gewinn von mehr als 120 Direktmandaten , da die Kandidaten durchwegs Polit-Neulinge sind und über keinerlei Erfahrung im Parlament verfügen. Die enorme Wählerzustimmung für Selenskyjs Partei bedeutet, dass das erste Mal in der Ukraine eine politische Kraft die absolute Mehrheit der Sitze in der Rada erreicht hat. Damit entfallen die komplizierten Koalitionsverhandlungen, mit denen im Vorfeld der Wahl viele Experten gerechnet hatten. Offenbar wurde auch Selenskyj selbst davon überrascht, denn noch am Wahlabend hatte er Wakartschuks "Holos", auch diese eine erst vor kurzem gegründete Partei mit ausschließlich politisch unerfahrenen Kandidaten und radikaler Antikorruptions-Agenda, Koalitionsverhandlungen angeboten. Dies dürfte nun unnötig geworden sein (BAMF 22.7.2019, DS 22.7.2019).
Quellen:
-
BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Deutschland) (22.7.2019): Briefing Notes, per E-Mail
-
DS - Der Standard (22.7.2019): Diener des Volkes werden Kiew regieren,
https://www.derstandard.at/story/2000106566433/diener-des-volkes-werden-kiew-regieren, Zugriff 23.7.2019
2. Politische Lage
Die Ukraine ist eine parlamentarisch-präsidiale Republik. Staatsoberhaupt ist seit 20.05.2019 Präsident Wolodymyr Selensky, Regierungschef ist seit 14.4.2016 Ministerpräsident Wolodymyr Hroisman.
Das ukrainische Parlament (Verkhovna Rada) wird über ein Mischsystem zur Hälfte nach
Verhältniswahlrecht und zur anderen Hälfte nach Mehrheitswahl in Direktwahlkreisen gewählt (AA 20.5.2019). Das gemischte Wahlsystem wird als anfällig für Manipulation und Stimmenkauf kritisiert. Auch die unterschiedlichen Auslegungen der Gerichte in Bezug auf das Wahlrecht sind Gegenstand der Kritik. Ukrainische Oligarchen üben durch ihre finanzielle Unterstützung für verschiedene politische Parteien einen bedeutenden Einfluss auf die Politik aus. Die im Oktober 2014 abgehaltenen vorgezogenen Parlamentswahlen wurden im Allgemeinen als kompetitiv und glaubwürdig erachtet, aber auf der Krim und in von Separatisten gehaltenen Teilen des Donbass war die Abstimmung erneut nicht möglich. Infolgedessen wurden nur 423 der 450 Sitze vergeben (FH 4.2.2019). Der neue Präsident, Wolodymyr Selensky, hat bei seiner Inauguration im Mai 2019 vorgezogene Parlamentswahlen bis Ende Juli 2019 ausgerufen (RFE/RL 23.5.2019).
In der Rada sind derzeit folgende Fraktionen und Gruppen vertreten:
Partei
Sitze
Block von Petro Poroschenko (Blok Petra Poroschenka)
135
Volksfront (Narodny Front)
81
Oppositionsblock (Oposyzijny Blok)
38
Selbsthilfe (Samopomitsch)
25
Radikale Partei von Oleh Ljaschko (Radykalna Partija Oleha Ljaschka)
21
Vaterlandspartei (Batkiwschtschyna)
20
Gruppe Wolja Narodu
19
Gruppe Widrodshennja
24
Fraktionslose Abgeordnete
60
(AA 20.5.2019)
Nach der "Revolution der Würde" auf dem Kiewer Maidan im Winter 2013/2014 verfolgte die Ukraine unter ihrem Präsidenten Petro Poroschenko eine europafreundliche Reformpolitik, die von der internationalen Gemeinschaft maßgeblich unterstützt wird. Zu den Schwerpunkten seines Regierungsprogramms gehörte die Bekämpfung der Korruption sowie eine Verfassungs- und
Justizreform. Dennoch wurden die Erwartungen der Öffentlichkeit zu Umfang und Tempo der Reformen nicht erfüllt. Die Parteienlandschaft der Ukraine ist pluralistisch und reflektiert alle denkbaren Strömungen von national-konservativ und nationalistisch über rechtsstaats- und europaorientiert bis links-sozialistisch. Die kommunistische Partei ist verboten. Der Programmcharakter der Parteien ist jedoch kaum entwickelt und die Wähler orientieren sich hauptsächlich an den Führungsfiguren (AA 22.2.2019).
Der ukrainische Schauspieler, Jurist und Medienunternehmer Wolodymyr Oleksandrowytsch
Selenskyj gewann am 21. April 2019 die Präsidentschaftsstichwahl der Ukraine gegen den Amtsinhaber Petro Poroschenko mit über 73% der abgegebenen Stimmen (Wahlbeteiligung: 61,4%). Poroschenko erhielt weniger als 25% der Stimmen (RFE/RL 30.4.2019). Beobachtern zufolge verlief die Wahl im Großen und Ganzen frei und fair und entsprach generell den Regeln des demokratischen Wettstreits. Kritisiert wurden unter anderem die unklare Wahlkampffinanzierung und die Medienberichterstattung in der Wahlauseinandersetzung (KP 22.4.2019). Selenskyj wurde am 20.5.2019 als Präsident angelobt. Er hat angekündigt möglichst bald parlamentarische Neuwahlen ausrufen zu lassen, da er in der Verkhovna Rada über keinen parteipolitischen Rückhalt verfügt und demnach kaum Reformen umsetzen könnte. Tatsächlich hat er umgehend per Dekret vorgezogene Parlamentswahlen bis Ende Juli 2019 ausgerufen (RFE/RL
23.5.2019).
Es ist ziemlich unklar, wofür Präsident Selenskyj politisch steht. Bekannt wurde er durch die beliebte ukrainische Fernsehserie "Diener des Volkes", in der er einen einfachen Bürger spielt, der eher zufällig Staatspräsident wird und dieses Amt mit Erfolg ausübt. Tatsächlich hat Selenskyj keine nennenswerte politische Erfahrung, ist dadurch jedoch auch unbefleckt von politischen Skandalen. Eigenen Aussagen zufolge will er den Friedensplan für den umkämpften Osten des Landes wiederbeleben und strebt wie Poroschenko einen EU-Beitritt an. Über einen Nato-Beitritt der Ukraine soll jedoch eine Volksabstimmung entscheiden (DS 21.4.2019; ZO 21.4.2019). Selenskyj hat sich vor allem den Kampf gegen die Korruption auf seine Fahnen geschrieben (UA
27.2.2019).
Kritiker sehen Selenskyj als Marionette des Oligarchen Igor Kolomojskyj, dessen weitgehende Macht unter Präsident Poroschenko stark beschnitten wurde, und auf dessen Fernsehsender 1+1 viele von Selenskyjs Sendungen ausgestrahlt werden. Diesen Vorwurf hat Selenskyj stets zurückgewiesen (UA 27.2.2019; CNN 21.4.2019; Stern 23.4.2019).
Quellen:
-
AA - Auswärtiges Amt (22.2.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine, https://www.ecoi.net/en/file/local/1458484/4598_1551701473_auswaertiges-amt-berichtueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-ukraine-stand-februar-2019-22-022019.pdf, Zugriff 18.3.2019
-AA - Auswärtiges Amt (20.5.2019): Ukraine, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/ukraine-node/ukraine/201830, Zugriff 27.5.2019
-
CNN - Cable News Network (21.4.2019): Political newcomer Volodymyr Zelensky celebratesvictory in Ukraine's presidential elections, https://edition.cnn.com/2019/04/21/europe/ukraineelection-results-intl/index.html, Zugriff 24.4.2019
-
DS - Der Standard (21.4.2019): Politikneuling Selenski wird neuer Präsident der Ukraine, https:// derstandard.at/2000101828722/Politik-Neuling-Selenski-bei-Praesidenten-Stichwahl-in-derUkraine-vorn, Zugriff 24.4.2019
-
FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Ukraine,
https://www.ecoi.net/de/dokument/2002619.html, Zugriff 24.4.2019
-
KP - Kyiv Post (22.4.2019): Election watchdog Opora: Presidential election free and
fair,https://www.kyivpost.com/ukraine-politics/election-watchdog-opora-presidential-election-free-andfair.html, Zugriff 24.4.2019
-
Stern (23.4.2019): Ihor Kolomojskyj, der milliardenschwere Strippenzieher hinter der SensationSelenskyj, https://www.stern.de/politik/ausland/ukraine--ihor-kolomojskyj--der-strippenzieher-hinterder-sensation-selenskyj-8678850.html, Zugriff 24.4.2019
-
UA - Ukraine Analysen (27.2.2019): Präsidentschaftswahlen 2019, per E-Mail
-
RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (23.5.2019): Zelenskiy's Decree On DisbandingUkrainian Parliament Enters Into Force, https://www.rferl.org/a/zelenskiy-s-decree-on-disbandingukrainian-parliament-enters-into-force/29958190.html, Zugriff 27.5.2019
3. Sicherheitslage
In den von Separatisten kontrollierten Gebieten Donezk und Luhansk sowie auf der Krim haben ukrainische Behörden und Amtsträger zurzeit keine Möglichkeit, ihre Befugnisse wahrzunehmen und staatliche Kontrolle auszuüben (AA 22.2.2019).
Durch die Besetzung der Krim, die militärische Unterstützung von Separatisten im Osten und die Verhängung wirtschaftlicher Sanktionen gegen die Ukraine, kann Russland seinen Einfluss auf den
Verlauf des politischen Lebens in der Ukraine aufrechterhalten. Menschen, die in den besetzten Gebieten des Donbass leben, sind stark russischer Propaganda und anderen Formen der Kontrolle ausgesetzt (FH 4.2.2019).
Nach UN-Angaben kamen seit Beginn des bewaffneten Konflikts über 10.000 Menschen um; es wurden zahlreiche Ukrainer innerhalb des Landes binnenvertrieben oder flohen ins Ausland. Das im Februar 2015 vereinbarte Maßnahmenpaket von Minsk wird weiterhin nur schleppend umgesetzt. Die Sicherheitslage hat sich seither zwar deutlich verbessert,
Waffenstillstandsverletzungen an der Kontaktlinie bleiben aber an der Tagesordnung und führen regelmäßig zu zivilen Opfern und Schäden an der dortigen zivilen Infrastruktur. Der politische Prozess im Rahmen der Trilateralen Kontaktgruppe (OSZE, Ukraine, Russland) stockt trotz hochrangiger Unterstützung im Normandie-Format (Deutschland, Frankreich, Ukraine, Russland). Besonders kontrovers in der Ukraine bleibt die im Minsker Maßnahmenpaket vorgesehene Autonomie für die gegenwärtig nicht kontrollierten Gebiete, die u.a. aufgrund der Unmöglichkeit, dort Lokalwahlen nach internationalen Standards abzuhalten, noch nicht in Kraft gesetzt wurde. Dennoch hat das ukrainische Parlament zuletzt die Gültigkeit des sogenannten
"Sonderstatusgesetzes" bis Ende 2019 verlängert (AA 22.2.2019).
Ende November 2018 kam es im Konflikt um drei ukrainische Militärschiffe in der Straße von Kertsch erstmals zu einem offenen militärischen Vorgehen Russlands gegen die Ukraine. Das als Reaktion auf diesen Vorfall für 30 Tage in zehn Regionen verhängte Kriegsrecht endete am 26.12.2018, ohne weitergehende Auswirkungen auf die innenpolitische Entwicklung zu entfalten.
(AA 22.2.2019; vgl. FH 4.2.2019).
Der russische Präsident, Vladimir Putin, beschloss am 24.4.2019 ein Dekret, welches Bewohnern der selbsternannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk den Erwerb der russischen Staatsbürgerschaft im Eilverfahren erleichtert ermöglicht. Demnach soll die Entscheidung der russischen Behörden über einen entsprechenden Antrag nicht länger als drei Monate dauern. Internationale Reaktionen kritisieren dies als kontraproduktiven bzw. provokativen Schritt. Ukrainische Vertreter sehen darin die Schaffung einer rechtlichen Grundlage für den offiziellen Einsatz der russischen Streitkräfte gegen die Ukraine. Dafür gibt es einen historischen Präzedenzfall. Als im August 2008 russische Truppen in Georgien einmarschierten, begründete der damalige russische Präsident Dmitrij Medwedjew das mit seiner verfassungsmäßigen Pflicht, "das Leben und die Würde russischer Staatsbürger zu schützen, wo auch immer sie sein mögen". In den Jahren zuvor hatte Russland massenhaft Pässe an die Bewohner der beiden von Georgien abtrünnigen Gebiete Abchasien und Südossetien ausgegeben (FAZ 26.4.2019; vgl. SO 24.4.2019).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (22.2.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in derUkraine, https://www.ecoi.net/en/file/local/1458484/4598_1551701473_auswaertiges-amt-berichtueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-ukraine-stand-februar-2019-22-022019.pdf, Zugriff 18.3.2019
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FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (26.4.2019): Ein Signal an Selenskyj,https://www.faz.net/aktuell/politik/putin-verteidigt-russische-staatsbuergerschaft-fuer-ukrainer-
16157482.html?printPagedArticle=true#pageIndex_0, Zugriff 26.4.2019
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FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Ukraine,
https://www.ecoi.net/de/dokument/2002619.html, Zugriff 24.4.2019
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SO - Spiegel Online (24.4.2019): Putins Provokation, https://www.spiegel.de/politik/ausland/ukraine-wladimir-putin-kuendigt-an-russische-paesse-imbesetzten-donbass-auszuteilen-a-1264280.html, Zugriff 29.3.2019
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USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018
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Ukraine, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004269.html, Zugriff 10.4.2019
3.1. Halbinsel Krim
Auf der Krim haben ukrainische Behörden und Amtsträger zurzeit keine Möglichkeit, ihre Befugnisse wahrzunehmen und staatliche Kontrolle auszuüben (AA 22.2.2019).
Im Feber 2014 besetzten russische Truppen die Halbinsel Krim militärisch. Im März wurde die Krim nach einem Scheinreferendum schließlich annektiert und zum Teil der Russischen Föderation erklärt. Die Vereinten Nationen verurteilten diesen Schritt und riefen dazu auf, dies nicht anzuerkennen. Auf der Krim gilt seither de facto russisches Recht, es wurde eine russische Regierung installiert, die von Sergey Aksyonov als "Premierminister" des "Staatsrats der Republik Krim" geführt wird. Der "Staatsrat" ist für die tägliche Verwaltung und andere Regierungsfunktionen zuständig. Es werden unverhältnismäßig repressive Gesetze verhängt und angewendet. Die russischen Sicherheitsbehörden auf der Krim schränken die Menschenrechte ein. Die schwerwiegendsten Probleme beinhalten: Verschwindenlassen; Folter, einschließlich strafweise psychiatrische Einweisung; Misshandlung von Inhaftierten als Strafe oder zur Erpressung von Geständnissen; harte Haftbedingungen und Überführung von Gefangenen nach Russland; willkürliche Festnahme und Inhaftierung, auch aus politischen Gründen; allgegenwärtige Missachtung der Privatsphäre; schwerwiegende Einschränkungen der Meinungsfreiheit und der Medien einschließlich Schließungen und Gewalt gegen Journalisten; Beschränkungen des Internets; grobe und weit verbreitete Unterdrückung der Versammlungsfreiheit; starke Einschränkung der Vereinigungsfreiheit, einschließlich Verbot der Selbstverwaltung (Mejlis) der Krimtataren; Einschränkung von Bewegungsfreiheit und Teilnahme am politischen Prozess; systemische Korruption; und systematische Diskriminierung von Krimtataren und ethnischen
Ukrainern .Die russischen Behörden unternehmen kaum Schritte, um Menschenrechtsverletzungen strafrechtlich zu verfolgen, wodurch eine Atmosphäre der Straflosigkeit und Gesetzlosigkeit geschaffen wurde (USDOS 13.3.2019b).
Die Einwohner der Krim wurden pauschal in die Russische Föderation eingebürgert und es wurde begonnen, sie mit russischen Inlandspässen, seit September 2014 auch mit russischen Auslandsreisepässen, auszustatten. Besorgniserregend sind weiterhin Meldungen, wonach exponierte Vertreter der tatarischen Minderheit aufgrund politisch motivierter Vorwürfe inhaftiert werden, verschwinden, nicht mehr auf die Krim zurückreisen dürfen bzw. vielfältigen
Diskriminierungen ausgesetzt sind. Außerdem werden tatarische Vereine in ihrer Handlungsfähigkeit beschnitten und unter Druck gesetzt, teilweise auch kriminalisiert oder zur Auflösung gezwungen. Die gewählte Versammlung der Krimtataren wird von den de-factoBehörden als terroristische Vereinigung eingestuft, ihre Mitglieder verfolgt. Versuche, die tatarisch