Entscheidungsdatum
23.10.2019Norm
AsylG 2005 §35Spruch
W144 2220524-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Huber hat über die Beschwerde der XXXX , XXXX geb., StA. von Irak, gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft in Teheran vom 30.08.2018, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 35 Abs. 1 und 4 AsylG idgF als
unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin (BF), eine Staatsangehörige des Irak, stellte am 13.03.2017 bei der österreichischen Botschaft in Teheran (im Folgenden: ÖB) einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gem. § 35 Abs. 1 AsylG.
Begründend führte die BF aus, dass sie die Ehegattin des XXXX geb., StA von Irak, sei, dem mit Bescheid des BFA vom 05.02.2016, Zl. XXXX der Status des Asylberechtigten gem. § 3 AsylG zuerkannt worden sei.
In Bezug auf die Antragsmodalitäten führte die BF aus, dass sie sich bemüht habe, innerhalb von drei Monaten nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten an die Bezugsperson den gegenständlichen Antrag bei der Botschaft einzubringen. Sie habe diesbezüglich per Mail um einen Termin ersucht, doch habe sie in der Folge keine Rückmeldung von der Botschaft erhalten und habe auch wieder in den Irak zurückreisen müssen, und sei es ihr letztlich erst im März 2017 wieder möglich gewesen, einen derartigen Antrag bei der Botschaft in Teheran zu stellen.
Die ÖB führt über eingelangte Mails kein Archiv, die BF selbst konnte das von ihr ins Treffen geführte E-Mail ebenfalls nicht nachweisen, sodass letztlich eine frühere Antragstellung als zum 13.03.2017 nicht erweislich ist und somit dieses Datum als Antragsdatum zu qualifizieren ist.
In der Folge übermittelte die ÖB nach fruchtlosen Verbesserungsaufträgen zur Vorlage von Nachweisen über Unterkunft, Krankenversicherung und gesichertem Lebensunterhalt den Antrag und den Sachverhalt an das BFA zur Erstattung einer Stellungnahme gemäß § 35 Abs. 4 AsylG und einer diesbezüglichen Wahrscheinlichkeitsprognose, ob die Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten an die BF im Familienverfahren wahrscheinlich erscheine.
Mit Schreiben vom 27.06.2018 erstattete das BFA eine solche Stellungnahme und führte darin im Wesentlichen aus, dass die Bezugsperson in Österreich die bedarfsorientierte Mindestsicherung beziehe. Der gegenständliche Einreiseantrag sei am 13.3.2017 gestellt worden, sodass in casu die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z. 1-3 AsylG zu erfüllen seien. Die Bezugsperson habe als Einkommensnachweis einen Bescheid der XXXX über die bedarfsorientierte Mindestsicherung vorgelegt. Weitere Einkommen seien weder behauptet, noch diesbezügliche Beweise vorgelegt worden. Es ergebe sich auch aus einem Versicherungsdatenauszug kein sonstiges Einkommen. Der Bezug von bedarfsorientierter Mindestsicherung sei jedoch, so wie bisher der Bezug von Sozialhilfe, kein Einkommensbestandteil. Sohin lägen die Voraussetzungen gemäß § 60 AsylG nicht vor, da der Aufenthalt der Antragstellerin seiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte. Im Übrigen wurde darauf hingewiesen, dass nach ständiger Rechtsprechung des EGMR durch die EMRK kein Recht eines Fremden begründet werde, in ein bestimmtes Land einzureisen oder sich dort niederzulassen. Auch aus Art. 8 EMRK könne nicht abgeleitet werden, dass einem Staat eine allgemeine Verpflichtung auferlegt werde, die Wahl von Ehepaaren, in welchem Land sie sich niederlassen wollen, anzuerkennen.
Mit Schreiben vom 28.06.2018 wurde die BF seitens der ÖB aufgefordert, zur Gleichzeitig vorgehaltenen Stellungnahme des BFA Stellung zu nehmen.
Die BF erstattete in der Folge mit Schreiben vom 30.07.2018 eine solche Stellungnahme und führte dabei im Wesentlichen aus, dass von den Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z. 1-3 AsylG gemäß § 35 Abs. 4 Z. 3 leg cit. abgesehen werden könne, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat-und Familienlebens dringend geboten sei. Den Materialien zu dieser Bestimmung sei zu entnehmen, dass dabei als wesentliche Kriterien die Fragen, ob die Trennung aus den Asylgründen bedingt sei und ob das Familienleben auch in einem anderen Staat fortgeführt werden könnte, anzusehen seien. Im vorliegenden Fall würden die Kriterien des § 60 Abs. 2 Z. 1-3 AsylG nicht erfüllt, dennoch sei eine Asylgewährungen an die Antragstellerin wahrscheinlich, da der Ausnahmetatbestand des § 35 leg.cit. hier zur Anwendung komme. Zwischen der Antragstellerin und der Bezugsperson bestehe zweifelsfrei ein Familienleben, die Fortführung dieses Familienlebens sei im Hinblick auf die Ehepartner dringend geboten und könne die Ehe auch in keinem anderen Staat fortgeführt werden. Die Trennung der Familie sein direktes Resultat der Fluchtgründe der Bezugsperson, die Trennung habe nicht freiwillig stattgefunden.
Nach neuerlicher Befassung des BFA teilte dieses der ÖB mit Schreiben vom 28.08.2018 mit, dass die in der schriftlichen Stellungnahme der Antragstellerin angeführten Gründe nicht ausreichen, um eine andere Entscheidung zu bewirken.
Mit Bescheid vom 30.08.2018, zugestellt am selben Tag, verweigerte die ÖB das beantragte Visum mit der Begründung, dass die Antragstellerin die Erfüllung der Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z. 1-3 AsylG nicht hätte nachweisen können und die Einreise der Antragstellerin zur Aufrechterhaltung des Privat-und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geboten erscheine.
Gegen diesen Bescheid erhob die BF mit Schreiben vom 26.09.2018 fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Begründend wiederholte die BF im Wesentlichen ihre Einwendungen, die sie in ihrer Stellungnahme erhoben hat. Zudem brachte die BF vor, dass das BFA selbst davon ausgegangen sei, dass zwischen der BF und der Bezugsperson ein Familienleben bestehe. Die belangte Behörde sei bei ihrer Rechtsansicht verblieben und habe die Argumente in der Stellungnahme inhaltlich in keiner Weise beachtet.
Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 24.06.2019 wurde am 27.06.2019 dem Bundesverwaltungsgericht der Verwaltungsakt übermittelt; ferner wurde mitgeteilt, dass eine Beschwerdevorentscheidung nicht habe fristgerecht erlassen werden können.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1.) Feststellungen:
Festgestellt wird zunächst der oben wiedergegebene Verfahrensgang.
Die BF hat kein eigenes Einkommen, das ihr im Bundesgebiet zur Verfügung stehen würde, die Bezugsperson lebt von der bedarfsorientierten Mindestsicherung.
Weiters wird festgestellt, dass die Bezugsperson der BF im Juni 2015 ihren Asylantrag eingebracht hat, sodass seit etwa 4 1/2 Jahren zwischen der BF und der Bezugsperson kein persönlicher Kontakt besteht.
2.) Beweiswürdigung:
Die Festgestellungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus dem Akt der ÖB.
So ist etwa daraus ersichtlich, dass die Bezugsperson mit Bescheid des BFA vom 05.02.2016, rechtskräftig sei 02.03.2016, als Flüchtling anerkannt worden ist, der Antrag der BF in der Folge erst am 13.03.2017 eingebracht wurde. Eine frühere Antragstellung kann nicht festgestellt werden, da es hiefür keine nachvollziehbare Grundlage gibt - die BF selbst kann das von ihr ins Treffen geführte email nicht darlegen und auch die ÖB konnte mangels Archivierung von emails keine derartige Zuschrift bestätigen.
Die Feststellungen zum Einkommen der BF sowie der Bezugsperson ergeben sich aus deren Angaben. Insbesondere ist unstrittig, dass die Bezugsperson im Bundesgebiet von der Mindestsicherung lebt. Ein eigenes Einkommen hat die BF niemals ins Treffen geführt.
Die Feststellung, dass die BF und die Bezugsperson seit etwa 4 1/2 Jahren keinen persönlichen Kontakt zueinander hatten, ergibt sich aus den Zeitpunkten der Einreisen der BF und der Bezugsperson ins Bundesgebiet.
3.) Rechtliche Beurteilung:
Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG) idgF lauten wie folgt:
"§ 2 Soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch den Senat vorsehen, entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter (Rechtspfleger).
Verfahren vor dem Verwaltungsgericht
Anzuwendendes Recht
§ 17 Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte."
§§ 11, 11a Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lauten:
"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.
(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.
(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.
(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung ist auch die Rechtsmittelinstanz anzugeben.
(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.
(6) Kann dem Antrag auf Erteilung eines Visums D auf Grund zwingender außenpolitischer Rücksichten oder aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht stattgegeben werden, so ist die Vertretungsbehörde ermächtigt, sich auf den Hinweis des Vorliegens zwingender Versagungsgründe zu beschränken. Der maßgebliche Sachverhalt muss auch in diesen Fällen im Akt nachvollziehbar sein.
(7) Der Fremde hat im Antrag auf Erteilung eines Visums D den jeweiligen Zweck und die beabsichtigte Dauer der Reise und des Aufenthaltes bekannt zu geben. Der Antrag ist zurückzuweisen, sofern der Antragsteller, ausgenommen die Fälle des § 22 Abs. 3 FPG, trotz Aufforderung und Setzung einer Nachfrist kein gültiges Reisedokument oder gegebenenfalls kein Gesundheitszeugnis vorlegt oder wenn der Antragsteller trotz entsprechenden Verlangens nicht persönlich vor der Behörde erschienen ist, obwohl in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.
(8) Minderjährige Fremde, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können bei Zustimmung des gesetzlichen Vertreters die Erteilung eines Visums selbst beantragen.
(9) Für Entscheidungen über die Erteilung eines Visums für Saisoniers (§2 Abs. 4 Z 13) ist Art. 23 Abs. 1 bis 3 Visakodex sinngemäß anzuwenden.
Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.
(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.
(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.
(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt."
Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 idgF (AsylG) lauten wie folgt:
Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden
§ 35. (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.
(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.
(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.
(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.
(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn
1.
gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),
2.
das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und
3.
im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.
Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.
(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.
Allgemeine Erteilungsvoraussetzungen
§ 60. (1) Aufenthaltstitel dürfen einem Drittstaatsangehörigen nicht erteilt werden, wenn
----------
1.-gegen ihn eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 iVm 53 Abs. 2 oder 3 FPG besteht, oder
2.-gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht.
(2) Aufenthaltstitel gemäß § 56 dürfen einem Drittstaatsangehörigen nur erteilt werden, wenn
----------
1.-der Drittstaatsangehörige einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird,
2.-der Drittstaatsangehörige über einen alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist,
3.-der Aufenthalt des Drittstaatsangehörige zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (§ 11 Abs. 5 NAG) führen könnte, und
4.-durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden.
(3) Aufenthaltstitel dürfen einem Drittstaatsangehörigen nur erteilt werden, wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen nicht öffentlichen Interessen widerstreitet. Der Aufenthalt eines Drittstaatsangehörigen widerstreitet dem öffentlichen Interesse, wenn
----------
1.-dieser ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass dieser durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt oder
2.-im Falle der §§ 56 und 57 dessen Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.
§ 11 Abs. 5 NAG lautet wie folgt:
(5) Der Aufenthalt eines Fremden führt zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (Abs. 2 Z 4), wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z 3) oder durch eine Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 15) ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage.
Richtsätze
§ 293. (1) Der Richtsatz beträgt unbeschadet des Abs. 2
----------
a)-für Pensionsberechtigte aus eigener Pensionsversicherung,
aa)-wenn sie mit dem Ehegatten (der Ehegattin) oder dem/der eingetragenen PartnerIn im gemeinsamen Haushalt leben --1 120,00 €
(Anm. 1),
bb)-wenn die Voraussetzungen nach sublit. aa nicht zutreffen und sublit. cc nicht anzuwenden ist --882,78 € (Anm. 2),
cc)-wenn die Voraussetzungen nach sublit. aa nicht zutreffen und die pensionsberechtigte Person mindestens 360 Beitragsmonate der Pflichtversicherung auf Grund einer Erwerbstätigkeit erworben hat --1 000 € (Anm. 3),
b)-für Pensionsberechtigte auf Witwen(Witwer)pension oder Pension nach § 259 --747,00 € (Anm. 2),
c)-für Pensionsberechtigte auf Waisenpension:
aa)-bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres --274,76 € (Anm. 4),
-falls beide Elternteile verstorben sind --412,54 € (Anm. 5),
bb)-nach Vollendung des 24. Lebensjahres --488,24 € (Anm. 6),
-falls beide Elternteile verstorben sind --747,00 € (Anm. 2).
Der Richtsatz nach lit. a erhöht sich um 120,96 € (Anm. 7) für jedes Kind (§ 252), dessen Nettoeinkommen den Richtsatz für einfach verwaiste Kinder bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres nicht erreicht.
(2) An die Stelle der Richtsätze und der Richtsatzerhöhung gemäß Abs. 1 treten ab 1. Jänner eines jeden Jahres, erstmals ab 1. Jänner 2001, die unter Bedachtnahme auf § 108 Abs. 6 mit dem Anpassungsfaktor (§ 108f) vervielfachten Beträge.
(3) Hat eine Person Anspruch auf mehrere Pensionen aus einer Pensionsversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz, so ist der höchste der in Betracht kommenden Richtsätze anzuwenden. In diesem Fall gebührt die Ausgleichszulage zu der Pension, zu der vor Anfall der weiteren Pension Anspruch auf Ausgleichszulage bestanden hat, sonst zur höheren Pension.
(4) Haben beide Ehegatten oder eingetragenen PartnerInnen Anspruch auf eine Pension aus einer Pensionsversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz und leben sie im gemeinsamen Haushalt, so besteht der Anspruch auf Ausgleichszulage bei der Pension, bei der er früher entstanden ist.
Die aktuellen Werte für diese Richtsätze betragen für das Jahr 2019 laut www.oesterreich.gv.at:
Richtsätze für die Ausgleichszulage ab Jänner 2019
Richtsätze für die Ausgleichszulage-pro Monat im Jahr 2019
Für alleinstehende Pensionistinnen/Pensionisten (gilt auch für Witwen/Witwer)-933,06 Euro
Für alleinstehende Pensionistinnen/Pensionisten (gilt nicht für Witwen/Witwer), die mindestens 360 Beitragsmonate der Pflichtversicherung auf Grund einer Erwerbstätigkeit erworben haben-1.048,57 Euro
Für Pensionistinnen/Pensionisten, die mit der Ehepartnerin/dem Ehepartner oder der/dem gleichgeschlechtlichen eingetragenen Partnerin/Partner im gemeinsamen Haushalt leben-1.398,97 Euro
Erhöhung pro Kind, dessen Nettoeinkommen 334,49 Euro nicht übersteigt (nicht bei Witwer- oder Witwenpension)-143,97 Euro
Pensionsberechtigte auf Waisenpension: bis zum 24. Lebensjahr-343,19 Euro
Pensionsberechtigte auf Waisenpension: bis zum 24. Lebensjahr, falls beide Elternteile verstorben sind-515,30 Euro
Pensionsberechtigte auf Waisenpension: nach dem 24. Lebensjahr-609,85 Euro
Pensionsberechtigte auf Waisenpension: nach dem 24. Lebensjahr, falls beide Elternteile verstorben sind-933,06 Euro
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt ihr keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. das im Beschwerdefall im ersten Rechtsgang ergangene Erkenntnis VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034 unter Hinweis auf VwGH 17.10.2013, 2013/21/0152; VwGH 19.06.2008, 2007/21/0423).
Nach dieser Rechtsprechung ist zur Frage des Prüfungsumfangs der österreichischen Vertretungsbehörde bei der Entscheidung über den Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels im Sinne des § 35 Abs. 1 letzter Satz AsylG 2005 auf die Gesetzesmaterialien zur Stammfassung der Vorgängerbestimmung (§ 16 AsylG 1997) zurückzugreifen. Danach sollten die bei den österreichischen Berufsvertretungsbehörden im Ausland gestellten Asylanträge an die Durchführung eines Vorverfahrens gebunden sein. Bei diesem speziellen Sichtvermerksantrag sollte nämlich ein relativ formalisiertes Ermittlungsverfahren betreffend eine mögliche Asylgewährung stattfinden, in welches das Bundesasylamt einzubinden sei. Treffe das Bundesasylamt die Prognose, dass eine Asylgewährung wahrscheinlich sei, habe die Berufsvertretungsbehörde ohne Weiteres einen entsprechend befristeten Sichtvermerk zur Einreise zu erteilen, worauf das eigentliche Asylverfahren stattzufinden habe. Dieser Mechanismus solle auf der Ebene eines Sichtvermerksverfahrens dazu dienen, die im Hinblick auf eine potentielle Schutzbedürftigkeit heiklen Fälle aus der Vielzahl der Asylanträge im Ausland herauszufiltern, ohne zugleich - im Hinblick auf das relativ formalisierte Verfahren vor der österreichischen Vertretungsbehörde - durch eine negative Asylentscheidung res iudicata zu bewirken und den Asylwerber für immer von einem ordentlichen Asylverfahren auszuschließen. Werde ein Sichtvermerk nicht erteilt, sei der betreffende Asylantrag als gegenstandslos abzulegen (RV 686 BlgNR 20.GP 23).
Schon diese Ausführungen lassen erkennen, dass die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Visumserteilung an die Mitteilung des (nunmehr) Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Prognose einer Schutzgewährung gebunden ist. Das Gesetz stellt nur klar, dass es bei einer positiven Mitteilung über die voraussichtliche Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten keiner weiteren Voraussetzungen für die Visumserteilung bedarf, somit die Erteilungsvoraussetzungen und Versagungsgründe des FPG diesfalls unbeachtet zu bleiben haben. Daraus kann nicht abgeleitet werden, dass die Vertretungsbehörde im Falle einer negativen Mitteilung des Bundesamtes noch einmal eine eigene Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Asylgewährung vorzunehmen hätte und zu einem gegenteiligen Ergebnis als die zur Entscheidung über Asylanträge sachlich zuständige Behörde kommen könnte. Für diese Auffassung gibt das Gesetz keine ausreichenden Anhaltspunkte. Es würde auch dem Zweck der Erteilung dieses Einreisetitels zuwiderlaufen, dem Familienangehörigen einer schutzberechtigten Ankerperson im Hinblick auf die voraussichtliche Gewährung von Asyl bzw. subsidiären Schutz die Einreise zu ermöglichen, wenn das zur Beurteilung des Schutzantrages zuständige Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Stattgebung unter diesem Titel nicht für wahrscheinlich erachtet (siehe zu dem ganzen BVwG 12.01.2016, W184 2112510-1ua).
Soweit es innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems allerdings dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr offen steht, auch die Einschätzung des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002), so führt diese Überprüfung im Beschwerdefall zu keinem anderen Ergebnis, weil die Prognose des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes zutreffend ist:
Im vorliegenden Fall wurde am 13.03.2017 ein Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 gestellt und als Bezugsperson der in Österreich seit 02.03.2016 rechtskräftig asylberechtigte Ehegatte der BF, XXXX geb., StA von Irak, genannt.
Da der Antrag der BF vom 13.03.2017 gem. § 35 AsylG mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten an die Bezugsperson (am 02.03.2016) gestellt wurde, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG zu erfüllen, was in casu jedoch nicht gegeben ist:
Die Bezugsperson müsste für sich und die BF gem. § 60 Abs. 2 Z 3 AsylG iVm § 11 Abs. 5 NAG iVm § 293 ASVG ein monatliches Einkommen von jedenfalls € 1.398,97 aufbringen, um erst einmal den Nominalwert der aktuellen Ausgleichszulagenrichtsätze zu erreichen, wobei Aufwendungen für Mietbelastungen (in casu € 582,87 monatlicher Mietzins [abzüglich der "freien Station"], plus € 46,20 für die mitvermietete Kücheneinrichtung) noch hinzuzurechnen wären.
Der BF hat tatsächlich jedoch gar kein Einkommen, sondern bezieht die bedarfsorientierte Mindestsicherung, die als Sozialleistung kein Einkommen in diesem Sinne darstellt. Damit steht jedenfalls unzweifelhaft fest, dass der Aufenthalt der BF zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft iSd § 60 Abs. 2 Z3 AsylG und § 11 Abs. 5 NAG führen könnte.
In casu sind daher die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z. 3 AsylGH nicht gegeben, sodass in der Folge zu prüfen ist, ob die Ausnahmebestimmung des § 35 Abs. 4 Z 3, letzter Halbsatz, AsylG zur Anwendung gelangt, wonach von der Erfüllung dieser Voraussetzungen abzusehen ist, wenn die Stattgebung des Antrags gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat-und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist:
Wie sich aus den Feststellungen und den diesen zugrundeliegenden Erwägungen zur Beweiswürdigung ergibt, liegt in casu ein persönlicher Kontakt der BF zur Bezugsperson seit etwa 4 1/2 Jahren nicht mehr vor. Es wird nicht verkannt, dass bei vorübergehenden Trennungen von Ehegatten ein Familienleben nicht per se und nicht sofort untergeht, doch ist die Zeitspanne von viereinhalb Jahren bereits derart lange, dass von einer bloß vorübergehenden und zeitlich überschaubaren Trennung nicht mehr gesprochen werden kann. Die BF hat auch nicht geltend gemacht, dass etwa besondere, außergewöhnliche Umstände vorliegen würden, wie etwa Unterhaltsleistungen der Bezugsperson an sie oder besonders intensiver Kontakt über soziale Medien, etc., die eine ausgeprägte Beziehungsintensität indizieren könnten.
Auch der Umstand, warum der Antrag zum Nachzug zur Bezugsperson erst über ein Jahr später eingebracht worden ist, ist letztlich nicht zwingend nachvollziehbar, da die BF ihren Angaben in ihrer Stellungnahme vom 30.7.2018 zufolge jedenfalls im Iran gewesen ist und sie dort auch persönlich bei der ÖB hätte vorsprechen können. Warum die BF letztlich erst ein Jahr später die ÖB erneut hätte kontaktieren können, bleibt unerfindlich, zumal sie selbst angegeben hat, dass sie zunächst mit einem E-Mail mit der Botschaft Kontakt aufnehmen wollte und emails auch vom Irak hätten geschickt werden können. Zudem wäre in dem Zusammenhang auch denkbar, dass die BF mit der Bezugsperson in Kontakt treten hätte können, damit die Bezugsperson allenfalls Nachforschungen über den Stand des Visaverfahrens anstrengt. Derartige Versuche die Familieneinheit voranzutreiben bzw. zu beschleunigen wurden jedoch mit keinem Wort vorgebracht, sodass der Eindruck entsteht, dass kein besonders intensives Naheverhältnis mit wechselseitiger Sorge und Unterstützung vorgelegen hat und nach nunmehr etwa viereinhalbjähriger Dauer ohne jeglichen persönlichen Kontakt zueinander davon ausgegangen werden muss, dass ein Familienleben der BF mit der Bezugsperson aktuell nicht besteht.
Damit erscheint jedoch die Stattgebung des Antrags der BF nicht geboten, um ein Familienleben mit der Bezugsperson "aufrechtzuerhalten".
Schließlich hat - sofern man das Bestehen eines Familienlebens hypothetisch bejahen würde - das BVwG zur Frage der Familienzusammenführung und dem Verhältnis von § 35 AsylG zu den Bestimmungen des NAG bereits ausgeführt (vgl. W144 2219193-1/5E):
"Aber auch der Beschwerderüge iZm S 35 Abs. 4 Z 3 AsylG 2005 ist nicht zu folgen:
Diese Regelung bedeutet nämlich auch unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK nicht, dass in jedem Fall durch die Nichterteilung eines Einreisetitels in das Recht auf Privat- und Familienleben nach Art. 8 EMRK in unzulässiger Weise eingegriffen würde. Mit der hier gegenständlichen Regelung sollen Gesichtspunkte des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Familienleben nach Art. 8 EMRK - und zwar im Rahmen des Familienverfahrens nach den SS 34 und 35 AsylG 2005 - Berücksichtigung finden. Ist doch davon auszugehen, dass damit eine Verletzung dieses verfassungsgesetzlich geschützten Rechts durch die Nichterteilung des asylrechtlichen Schutzstatus hintangehalten werden soll, weil § 34 darauf abstellt, dass dem Familienangehörigen entweder der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen ist (s. etwa § 34 Abs.
4). Hingegen lässt sich aus dieser Bestimmung nicht ableiten, dass - was offenbar die Beschwerde vor Augen hat - die Voraussetzung des § 35 Abs. 4 Z 3 AsylG 20054 immer schon allein dann erfüllt wäre, wenn überhaupt der Anwendungsbereich des Art. 8 EMRK eröffnet ist (vgl. im Grundsatz VwGH 22.11.2017, Ra 2017119/0218).
Auch aus anderen Bestimmungen ergibt sich (wie der VwGH im vorzitierten Erkenntnis vom
22.1 1.2017 ausführt), dass der Gesetzgeber - und zwar selbst dann, wenn die Familienzusammenführung unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK geboten sein sollte nicht jedem Angehörigen eines Asylberechtigten ebenfalls diesen Status eines Asylberechtigten einräumen wollte (vgl. zur aus dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK gegebenen verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der insoweit vergleichbaren früheren
Rechtslage des S 10 und § 1 1 AsylG vor der AsylG-Novelle 2003 VwGH 12.06.2003,
99/20/0426, insbes. Pkt. 41, der Entscheidungsgründe).
[ ... ]
Nach dem Erkenntnis des VwGH 22.11.2017, Ra 2017/19/0218 steht es auch nicht mit der
Familienzusammenführungsrichtlinie im Widerspruch, wenn sich eine Familienzusammenführung durch Inanspruchnahme des § 35 AsylG 2005 als nicht möglich erweist und von einem Antragsteller ein anderer Weg im Rahmen weiterer - ebenfalls die Familienzusammenführungsrichtlinie umsetzender- Vorschriften zu beschreiten um die Familienzusammenführung zu erreichen. Insbesondere ist hier nochmals auf die Regelungen im NAG zu verweisen, die im Rahmen der Familienzusammenführung die Erteilung eines Aufenthaltstitels an einen Familienangehörigen ermöglichen.
Dass einem Drittstaatsangehörigen die Zuerkennung desselben Schutzstatus wie dem bereits in Österreich lebenden Fremden versagt bleibt, kann somit von vornherein nicht zur Verletzung der Familienzusammenführungsrichtlinie führen.
Nach dem oben Gesagten ist aber auch dann, wenn die Familienzusammenführung unter dem Blickwinkel des Art., 8 EMRK geboten sein sollte, nicht jedem Angehörigen eines Asylberechtigten (ebenfalls) den Status eines Asylberechtigten einzuräumen, um die
Familienzusammenführung zu erreichen, sondern ist hier insbesondere (nochmals) § 46 NAG zu erwähnen, der im Rahmen der Familienzusammenführung - für den Regelfall die Erteilung eines Aufenthaltstitels an einen Familienangehörigen ermöglicht
Nur dann - in einem solcherart besonders gelagerten Fall - ist auf die Regelung des § 35 Abs. 4 Z 3 letzter Halbsatz AsylG 2005 zurückzugreifen, wenn die
Erteilungsvoraussetzungen des S 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 nicht vorliegen, aber "im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2' - also zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 oder zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß S 34 Abs. 1 Z 2 iVm S 2 Abs. 1 Z 13 - die Stattgebung des Antrages gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist.
Nur dann also, wenn (ausnahmsweise) eine Familienzusammenführung im Grunde von (insb) § 46 NAG nicht hinreicht, sondern für den Familienangehörigen Art. 8 EMRK einen asylrechtlichen Schutzstatus nach 34 und 35 AsylG 2005 gebietet, kommt die Regelung des § 35 Abs. 4 Z 3 letzter Halbsatz AsylG 2005 ("die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten") zum Tragen.
Eine solche Ausnahmesituation ist jedoch nicht zu sehen.
[ ... ]
Auch wenn man vom Bestehen eines aufrechten Familienlebens zwischen den Beschwerdeführern und der Bezugsperson ausgehen sollte, kann die familiäre Situation - zumindest - nicht als so außergewöhnlich angesehen werden, dass (ausnahmsweise) eine Familienzusammenführung im Grunde von (insb.) S 46 NAG nicht hinreichen würde, sondern für die Beschwerdeführer Art. 8 EMRK einen asylrechtlichen Schutzstatus nach 34 und 35 AsylG 2005 gebieten würde."
Im Ergebnis erweist sich eine Schutzgewährung an die BF im Rahmen eines Familienverfahrens gem. § 34 AsylG aus dem genannten Grund als unwahrscheinlich und war der Einreisetitel daher gem. § 35 Abs. 1, 4 und 5 AsylG zu versagen.
Eine mündliche Verhandlung war gemäß § 11a Abs. 2 FPG nicht durchzuführen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im den vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidungen nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei obigen Erwägungen wiedergegeben.
Schlagworte
Einreisetitel, finanzielle Mittel, Privat- und FamilienlebenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W144.2220524.1.00Zuletzt aktualisiert am
27.01.2020