Entscheidungsdatum
04.11.2019Norm
AsylG 2005 §12a Abs2Spruch
I422 2224900-1/7E
BESCHLUSS
In dem amtswegig eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.10.2019, Zl. 1070579404-191054593 erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend den XXXX), StA. Marokko (alias Algerien alias unbekannt), hat das Bundesverwaltungsgericht durch den Richter Mag. Thomas BURGSCHWAIGER als Einzelrichter beschlossen:
A)
Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 22 BFA-Verfahrensgesetz rechtmäßig.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Der Fremde reiste in das Bundesgebiet ein und stellte im Zuge einer fremdenrechtlichen Kontrolle und Festnahme am 23.05.2015 erstmalig unter der Identität XXXX und dem Geburtsdatum XXXX und der Staatsangehörigkeit Marokkos einen Antrag auf internationalen Schutz. Aufgrund des Vorliegens eines EURODAC-Treffers wurde ein Konsultationsverfahren mit den ungarischen Behörden eingeleitet, die darauf hinwiesen, dass der Fremde dort unter der Identität XXXX, dem Geburtsdatum XXXX und der Staatsangehörigkeit Marokkos einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat. Nach Zustimmung der ungarischen Behörde zur Rückübernahme des Fremden wurde der erste Antrag des Fremde mit Bescheid vom 29.07.2015 infolge der Zuständigkeit Ungarns zurückgewiesen. Die Entscheidung erwuchs - nachdem sich der Fremde seinem Verfahren in der Zwischenzeit durch Untertauchen entzogen hatte - am 18.08.2015 durch Hinterlegung in Rechtskraft.
2. Am 18.08.2017 stellte der Fremde im Bundesgebiet unter der Identität XXXX, dem Geburtsdatum XXXX und der Staatsangehörigkeit Marokkos einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Nachdem die Überstellungsfrist nach Ungarn trotz Erstreckung abgelaufen war, erfolgte eine Zulassung des Asylverfahrens durch die österreichischen Behörden. Mit Bescheid vom 05.09.2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den zweiten Antrag auf internationalen Schutz ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung und erklärte seine Abschiebung nach Marokko für zulässig. Der Fremde entzog sich seinem Asylverfahren erneut durch Untertauchen und erwuchs die Entscheidung am 23.09.2017 unbekämpft in Rechtskraft.
3. Letztmalig wurde Fremde am 16.10.2019 im Rahmen einer fremdenpolizeilichen Kontrolle im Bundesgebiet betreten und stellte er unter der Identität XXXX, dem Geburtsdatum XXXX und der Staatsangehörigkeit Marokkos einen dritten Antrag auf internationalen Schutz. Am 23.10.2019 erfolgte eine niederschriftliche Einvernahme des Fremden durch die belangte Behörde. Dabei brachte er nach Hinweis auf sein bereits rechtskräftig abgeschlossenes Asylverfahren auf die Frage, weshalb er nun einen neuerlichen Antrag stelle, im Wesentlich vor, dass er keinen Vater und kein Bezug zu seiner Familie habe. Er sei zudem krank, besitze kein Geld um sich Medikamente kaufen zu können und könne ihm auch niemand in Marokko helfen. Weiters führte er aus, dass er nach Europa gekommen wäre, weil er Atheist sei und er deshalb in Marokko eine Verfolgung befürchte. Zudem werde er in seinem Herkunftsstaat vom Geheimdienst gesucht, da er den marokkanischen König öffentlich kritisiert habe.
4. Am 29.10.2019 wurde der Fremde in Anwesenheit seiner Rechtsberatung durch die belangte einvernommen. Neuerlich befragt nach seinen Fluchtgründen bestätigte der Fremde die Richtigkeit seines bisherigen Vorbringens. In weiterer Folge wurde im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme der faktische Abschiebeschutz des Fremden mit mündlich verkündetem Bescheid gemäß § 12 AsylG iVm § 12a Abs. 2 AsylG aufgehoben.
5. Im Zuge des amtswegig eingeleiteten Beschwerdeverfahrens wurde der Verwaltungsakt am 31.10.2019 der zuständigen Gerichtsabteilung I422 zur Entscheidung vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der volljährige Fremde ist ein Staatsangehöriger von Marokko. Er ist ledig, kinderlos, gehört der arabischen Volksgruppe an und spricht arabisch als Muttersprache. Seine Identität steht fest.
Der Fremde leidet an keinen derartigen psychischen oder physischen Beeinträchtigungen, die einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat entgegenstehen.
In Marokko hält sich die Familie des Fremden auf, zu der nach wie vor ein aufrechter Kontakt besteht. Er weist eine mehrjährige Schulbildung und Ausbildung als Elektriker und Restaurantfachmann auf.
Der Fremde verfügt über keine Familienangehörigen und Verwandte in Österreich. Es ist auch kein Privatleben des Fremden in Österreich gegeben. Der Fremde spricht nicht Deutsch. Er geht in Österreich keiner Beschäftigung nach und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Er weist keine Integration in sozialer und kultureller in Österreich auf.
Der Fremde ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.
Den ersten Antrag auf internationalen Schutz vom 23.05.2015 begründete der Fremde ausschließlich mit wirtschaftlichen Gründen. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.07.2015, Zl. IFA: 1070579404, Verfahren: 150552103, wurde dieser wegen der Zuständigkeit Ungarns als unzulässig zurückgewiesen, Ungarn für die Prüfung seines Asylverfahrens für zuständig erklärt und die Abschiebung nach Ungarn für zulässig erachtet. Diese Entscheidung erwuchs unangefochten in Rechtskraft.
Den zweiten Antrag auf internationalen Schutz stellte der Fremde am 18.08.2017 und wurde aufgrund der Verfristung Österreich für die inhaltliche Prüfung seines Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme durch die belangte Behörde vom 05.09.2017 begründete der Fremde seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz erneut ausschließlich mit wirtschaftlichen Gründen. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.09.2017, Zl. 1070579404/170961598, wurde der Antrag des Fremden als unbegründet abgewiesen, ihm kein Aufenthaltstitel erteilt und seine Abschiebung nach Marokko für zulässig erklärt. Der Bescheid erwuchs unangefochten in Rechtskraft.
Den gegenständlichen dritten Antrag auf internationalen Schutz stellte der Fremde am 16.10.2019. Diesen begründete der Fremde mit familiären sowie gesundheitlichen Problemen. Zudem gab der Fremde eine drohende Verfolgung wegen Apostasie und Majestätsbeleidigung an.
Der Fremde versuchte die österreichischen Behörden von seiner tatsächlichen Identität zu täuschen, entzog sich mehrfach seinen Asylverfahren durch Untertauchen und stellte auch mehrmals in den Niederlanden, in Deutschland, der Schweiz und Luxemburg Anträge auf internationalen Schutz.
Dem Fremden droht im Fall seiner Rückkehr nach Marokko keine Verfolgung. Es droht dem Fremden keine Todesstrafe, keine Folter oder menschenunwürdige Behandlung oder Strafe im Falle der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat. Eine Verfolgung aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung droht dem Fremden nicht.
Der nunmehrige Folgeantrag wird voraussichtlich zurückzuweisen sein.
Der Fremde stammt aus einem sicheren Drittstaat. Marokko ist fähig und willens, seine Bürger zu schützen.
Der Fremde ist nicht gewillt freiwillig aus dem Bundesgebiet auszureisen.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und der festgestellte maßgebliche Sachverhalt gründet sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der Verwaltungsakte des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie aus dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.
Die Feststellungen zur Volljährigkeit des Fremden, seiner marokkanischen Staatsangehörigkeit, seinem Familienstand und seiner Volksgruppen- und Sprachzugehörigkeit ergeben sich aus seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben in den vorangegangenen Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl. Die Identität des Fremden ist durch eine Identifizierung seitens der marokkanischen Botschaft vom 14.03.2018 bestätigt.
Dass der Fremde an keinen derartigen psychischen oder physischen Beeinträchtigungen leidet, die einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat entgegenstehen, ergibt sich aus der Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und den sich darin befindlichen medizinischen Unterlagen. Demnach wurde der Fremde aufgrund seiner Aggressivität, seiner augenscheinlichen Alkoholisierung, seiner auffälligen Bewusstseins- und Orientierungsstörung und aufgrund seiner Selbstverletzung am 21.10.2019 in die psychiatrische Abteilung des Krankenhauses V [...] gebracht. Dem Arztbrief der Abteilung für Psychiatrie und psychotherapeutischen Medizin des Krankenhauses V [...], dass der Fremde an einer Alkoholintoxikation mit aggressiver Verhaltensstörung sowie an zahlreichen Schnittwunden (v. sciss. 4 Stk. crur. dext.) im Bereich des linken Unterschenkels litt. Der Fremde wurde ohne Verdacht auf eine weitere Selbst- oder Fremdgefährdung aus dem Krankenhaus entlassen. Ein durchgeführter Drogentest zeigt sich nicht positiv auf Benzodiazepine. Eine sonstige, psychische Beeinträchtigung des Fremden wurde seitens des Krankenhauses nicht festgestellt. Hinsichtlich der vom Fremden geforderten Verabreichung der Medikamente Lyrica und Rivotril sahen die behandelnden Mediziner aufgrund einer fehlenden Indikation für die Verabreichung und dem Verdacht einer allenfalls missbräuchlichen Verwendung durch den Fremden ab. Am 29.10.2019 wurde der Fremde aufgrund seines aggressiven Verhaltens erneut in das Krankenhaus V [...] eingeliefert. Laut Arztbrief der Abteilung für Psychiatrie und psychotherapeutischen Medizin des Krankenhauses V [...] vom 28.10.2019, wurde beim Fremden eine Alkoholintoxikation mit aggressiver Verhaltensstörung, eine Benzodiazepinabhängigkeit, der Verdacht auf eine emotionale instabile Persönlichkeitsstruktur attestiert. Der Fremden wurde bereits am nächsten Tag detoxikiert und ohne weitere Verhaltensstörungen in die stationäre Behandlung entlassen.
Aus den diesbezüglich glaubhaften Angaben des Fremden vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gründet sich die Feststellung bezüglich seiner familiären Anknüpfungspunkte in Marokko. Demzufolge leben seine Mutter, sein Bruder und seine Schwester nach wie vor in Marokko. Aus seiner Angabe vor der belangten Behörde vom 29.10.2019, wonach er mit seiner Mutter gesprochen und er sich anschließend geärgert habe und dies der Grund für seine starke Alkoholisierung vom 28.10.2019 gewesen sei, leitet sich die Feststellung ab, dass nach wie vor Kontakt zu seiner Familie in Marokko besteht. Die Feststellungen zu seiner Schul- und Berufsausbildung ergeben sich aus seinen glaubhaften Angaben in den vorangegangen Asylverfahren. So gab er hierbei glaubhaft an, dass er die Schule bis zur siebten Schulstufe besucht habe. Die Feststellungen zu seiner familiären, sozialen und integrativen Situation in Österreich ergeben sich ebenfalls unzweifelhaft aus der Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsakt und den getätigten Angaben des Fremden. Allfällige integrationsbezeugende Dokumente scheinen nicht auf.
Die strafgerichtliche Unbescholtenheit gründet sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich.
Die Feststellungen zu den beiden vorangegangen, bereits rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren ergibt sich ebenfalls aus dem Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes. Aus seinem Vorbringen ("Nach Beendigung meiner Ausbildung in der Gastwirtschaft bzw. als Elektriker fand ich keine Arbeit. Ich möchte hier arbeiten und Geld verdienen um meine Familie zu unterstützen") vom 24.05.2015 bzw. ("Ich habe in Marokko keine Arbeit gefunden. Ich möchte hier arbeiten um auch meine Familie unterstützen zu können.") vom 07.09.2017, leitet sich die Feststellung zur Begründung seiner ersten beiden Asylanträge mit wirtschaftlichen Gründen.
Die Feststellungen um verfahrensgegenständlichen dritten Antrag auf internationalen Schutz und dessen begründen, basieren auf den sich im Verwaltungsakt befindlichen Einvernahmeprotokollen vom 23.10.2019 und vom 29.10.2019.
Aus den sich im Verwaltungsakt befindlichen Anträgen und den darin angegebenen unterschiedlichen Identitäten resultiert die Feststellung, dass der Fremde die österreichischen Behörden von seiner tatsächlichen Identität zu täuschen beabsichtigte. Dass sich der Fremde mehrfach seinen Asylverfahren durch Untertauchen entzog, ist durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsakt nachgewiesen. Aus den Eintragungen im IZR basiert die Feststellung über die weiteren Anträge auf internationalen Schutz in Deutschland, der Schweiz und den Benelux-Staaten.
Dass dem Fremden im Fall seiner Rückkehr nach Marokko keine Verfolgung droht, ergibt sich zunächst aus seinen diesbezüglichen glaubhaften Angaben vor der belangten Behörde, wonach er aufgrund wirtschaftlicher Probleme seinen Herkunftsstaat verlassen habe. Dieses Vorbringen wurde bereits in der rechtskräftigen Entscheidung der belangten Behörde vom 05.09.2017 berücksichtigt und begründete für sich gesehen im gegenständlichen Fall keine Asylrelevanz. Zu seiner nunmehr geschilderten Verfolgung wegen Apostasie zeigte die belangte Behörde zutreffend auf, dass es sich hierbei um ein gesteigertes Vorbringen handelt, welchem insbesondere auch aufgrund von Widersprüchlichkeit [vgl. AS 241] und wegen der Unsubstantiiertheit die Glaubhaftigkeit zu versagen war. Hinsichtlich seiner Behauptung in Marokko wegen Majestätsbeleidigung einer Verfolgung bedroht zu sein, zeigt die belangte Behörde ebenfalls vollkommen schlüssig und richtig auf, dass der Fremde eine Verfolgung durch die heimatstaatlichen Behörden offenkundig mutwillig herbeizuführen versucht und damit die Prüfung und positive Erledigung seines dritten Asylantrages beabsichtigt. Insbesondere seine mehrfachen Antragsstellungen in Verbindung mit seinem Verhalten im gegenständlichen Antrag (Bekanntgabe eines unrichtigen Facebook-Accounts [AS 201] und der bewussten Veröffentlichung der eigenen, kritischen Meinung nach seiner letzten Einvernahme durch die belangte Behörde vom 23.10.2019 [AS 197ff]) deuten auf die gezielt rechtsmissbräuchliche Absicht des Fremden hin, dass der Fremde mit seinem Folgeantrag eine (bevorstehende) Abschiebung verhindern oder verzögern möchte.
Die Feststellung, dass sein Folgeantrag zurückzuweisen sein wird, ergibt sich aus der Überlegung, dass seine wirtschaftlichen Fluchtmotive bereits in seinem vorangegangen Verfahren berücksichtigt wurden und seinem nunmehr gesteigerten Vorbringen die Glaubhaftigkeit zu versagen ist.
Die Feststellung, dass Marokko ein sicherer Drittstaat ist und willens und fähig ist, seine Bürger zu schützen, ergibt sich unzweifelhaft aus dem aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für Herkunftsstaat samt den dort publizierten Quellen, die dem Fremden im Rahmen seiner Einvernahme vom 29.10.2019 zur Kenntnis gebracht wurden. Der Fremde bringt keine Anhaltspunkte vor, die eine andere Beurteilung erlauben würden. Die Seriosität der Quellen des Länderinformationsblattes führen zum unzweifelhaften Schluss, dass Herkunftsstaat ein sicherer Herkunftsstaat ist.
Dass der Fremde nicht gewillt ist freiwillig aus dem Bundesgebiet auszureisen, ergibt sich aus seiner Aussage vom 29.10.2019. Hierbei verneinte er explizit die Frage, ob er zu einer freiwilligen Ausreise aus Österreich bereit sei. Seine Weigerung bestätigt sich auch in seinem weiteren Vorbringen, wonach er seinen nunmehrigen Asylantrag aus politischem Grund stelle und auch politisches Asyl in Österreich erhalten wolle.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes:
Gemäß § 12a Abs. 2 AsylG, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden unter nachstehenden Voraussetzungen aufheben, wenn der Fremde einen Folgeantrag im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG gestellt hat und kein Fall des § 12a Abs. 1 AsylG vorliegt:
1. Gegen den Beschwerdeführer besteht eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG,
2. der Antrag ist voraussichtlich zurückzuweisen, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und
3. Die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung würde keine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für den Beschwerdeführer als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen.
Als Folgeantrag im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG ist jeder einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag nachfolgender weiterer Antrag zu qualifizieren. Im gegebenen Fall hat der Fremde einen Folgeantrag im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG gestellt. Als Staatsangehöriger von Marokko ist der Fremde ein Drittstaatsangehöriger im Sinne der § 2 Abs. 1 Z 20b AsylG.
Im gegenständlichen Verfahren sind die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG gegeben:
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 05.09.2017 wurde der Antrag auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Marokko rechtskräftig negativ entschieden. Dem Fremden droht keine asylrelevante Verfolgung in Marokko. Mit selbigem Bescheid hat die belangte Behörde auch rechtskräftig einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und eine Rückkehrentscheidung einschließlich der Feststellung erlassen, dass die Abschiebung des Fremden nach Marokko zulässig ist. Diese Entscheidung erwuchs am 23.09.2017 in Rechtskraft.
Beim gegenständlichen Antrag des Fremden auf internationalen Schutz vom 16.10.2019 handelt es sich somit um einen Folgeantrag iSd § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG und liegt auch kein Fall des § 12a Abs. 1 AsylG vor.
Der gegenständliche Folgeantrag des Fremden wird voraussichtlich zurückzuweisen sein, weil keine entscheidungsrelevante Änderung des Maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist. Es ergibt sich aus dem Vorbringen des Fremden kein entscheidungswesentlicher neuer Sachverhalt, der voraussichtlich eine in der Hauptsache anderslautende Entscheidung ergeben würde. Sowohl dem Vorbringen hinsichtlich seiner wirtschaftlichen Gründe als auch den neuen - zum Teil unglaubhaften - Gründen fehlt es an Asylrelevanz, sodass eine entscheidungswesentliche Änderung nicht zu erwarten ist (vgl. VwGH 18.09.2019, Ra 2019/18/0338)
Eine entscheidungswesentliche Änderung der Rückkehrentscheidung ist ebenfalls nicht zu erwarten, nachdem das neue Vorbringen diesbezüglich keine stichhaltigen Argumente zu liefern vermag. Der Fremde weist eine mehrjährige Schulbildung und Ausbildung als Elektriker und Restaurantfachmann auf. Es ist daher kein Grund ersichtlich, warum der Fremde seinen Lebensunterhalt nach seiner Rückkehr dort nicht bestreiten können sollte. Zudem verfügt er nach wie vor über familiäre Anknüpfungspunkte, zumindest in Form seiner Mutter und hält er nach wie vor den Kontakt zu ihr aufrecht, sodass er auch nicht vollkommen auf sich alleine gestellt ist. Selbst im Falle, dass der Fremde aufgrund seines Verhaltens mit seiner Familie bzw. seiner Mutter gebrochen hat, vermag dies im Hinblick auf sein Alter und seine Erwerbsfähigkeit nicht am Ergebnis der Rückkehrentscheidung zu ändern.
Eine Rückkehrentscheidung kann gerechtfertigt in das Grundrecht auf das Familienleben eingreifen, wenn öffentliche Interessen schwerer wiegen, als das Interesse des Fremden an der Aufrechterhaltung seines Privat- und Familienlebens in Österreich. Ein Privat- und Familienleben des Fremden ist in Österreich nicht gegeben und wurde derartiges von ihm als solches auch nicht behauptet. Es liegt de facto keine Integration des Fremden in Österreich vor. Hierbei ist auch beachtlich, dass die strafgerichtliche Unbescholtenheit seine persönlichen Interessen nicht entscheidend zu stärken vermag (VwGH 25.02.3010, 2010/18/0029). Daher würden die öffentlichen Interessen an der Sicherheit und Ordnung in Österreich keine Änderung der Rückkehrentscheidung zu Gunsten des Fremden bewirken können.
Dass dem Fremden im Fall der Rückkehr nach Marokko die nötigsten Lebensgrundlagen entzogen würden und damit die Schwelle des Art 3 EMRK überschritten wäre, ist nicht anzunehmen, da der Fremde an keiner derartigen gesundheitlichen Beeinträchtigung leidet, die seiner Rückkehr nach Marokko entgegensteht und er zudem erwerbsfähig ist. Ein Grund dafür, dass er seinen Lebensunterhalt nach seiner Rückkehr nicht wieder bestreiten könnte, ist nicht ersichtlich.
Wie sich aus den Länderberichten ableitet, deuten keine Umstände darauf hin, dass den Fremden ein reales Risiko gegen Art 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung oder der Todesstrafe besteht.
Das Verfahren zur allfälligen Aberkennung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG durch die belangte Behörde erfordert ein Ermittlungsverfahren, wobei der Grundsatz des rechtlichen Gehörs zu beachten ist. Im vorliegenden Fall liegt ein Ermittlungsverfahren, das diesen rechtsstaatlichen Anforderungen genügt, vor. Der Fremde hatte die Möglichkeit des Parteiengehörs im Rahmen seiner Vernehmung am 29.10.2019, als ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu den Länderfeststellungen und zu den sonstigen Ergebnissen des Verfahrens gegeben wurde.
Die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung durch das Bundesverwaltungsgericht musste aufgrund des § 22 Abs. 1 BFA-VG, wonach in Verfahren betreffend eine Entscheidung der belangten Behörde, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde, ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden ist, entfallen.
Damit liegen die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG vor, sodass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes nicht rechtswidrig ist; da dies § 22 Abs. 1 BFA-VG ausdrücklich vorsieht, war die vorliegende Entscheidung mit Beschluss zu treffen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Im gegenständlichen Fall wurde sich eingehend mit der Zulässigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes - insbesondere der Grobprüfung eines Fluchtvorbringens und der (späteren) Zurückweisung eines Folgeantrages - auseinandergesetzt. Wie die vorangegangenen Ausführungen und die erwähnte Judikatur (VwGH 18.09.2019, Ra 2019/18/0338) zeigen, weicht die gegenständliche Entscheidung weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:I422.2224900.1.01Zuletzt aktualisiert am
28.01.2020