TE Vwgh Beschluss 1998/9/9 98/04/0136

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Veröffentlicht am 09.09.1998
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
58/01 Bergrecht;

Norm

AVG §8;
BergG 1975 §100 Abs3;
BergG 1975 §98 Abs1;
BergG 1975 §98 Abs2;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Urban, in der Beschwerdesache der Marktgemeinde X, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 14. Juni 1998, Zl. 63.220/11-VII/A/4/98, betreffend Erteilung einer Gewinnungsbewilligung nach dem Berggesetz (mitbeteiligte Partei: K Gesellschaft m.b.H. in Y), den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Nach dem Vorbringen in der Beschwerde im Zusammenhang mit dem Inhalt des angefochtenen Bescheides hat die Berghauptmannschaft der mitbeteiligten Partei mit Bescheid vom 24. November 1997 eine Gewinnungsbewilligung für ein näher bezeichnetes Abbaufeld, befristet bis 11. November 2001, erteilt.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 14. Juni 1998 wurde die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG sowie §§ 95 und 98 des Berggesetzes 1975 als unbegründet abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerde ist nicht zulässig.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid "in ihrem Recht auf Durchführung eines gesetzmäßigen Verwaltungsverfahrens sowie in ihrem Recht gemäß § 8 AVG in Verbindung mit dem Berggesetz 1975 in der geltenden Fassung auf volle Parteistellung im Verfahren zur Erlassung des angefochtenen Bescheides und in ihrem Recht auf Nichterteilung einer Gewinnungsbewilligung an die mitbeteiligte Partei als verletzt". In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes bringt sie zur Frage ihrer Beschwerdelegitimation vor, die der Gemeinde mit § 98 Abs. 2 BergG eingeräumte Stellung im bergrechtlichen Verfahren sei die einer Formalpartei, eingeschränkt auf die Angelegenheiten von drei Verwaltungsmaterien, die die Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich zu vollziehen habe. Zwar fehle nach der Rechtsprechung einer Formalpartei in Ansehung der materiell-rechtlichen Bestimmungen ein subjektives Recht, dessen Verletzung sie vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts geltend machen könne, die Formalpartei habe jedoch ein subjektives Recht auf Teilnahme am Verwaltungsverfahren. Die Stellung als Formalpartei umfasse daher auch das Recht, ordentliche und außerordentliche Rechtsmittel, sohin auch eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, zu ergreifen. Die Beschwerdeführerin sei in subjektiv-öffentlichen Rechten beeinträchtigt. Das subjektive Recht der Gemeinde liege in der Nichterteilung der Gewinnungsbewilligung gemäß § 95 BergG unter Beachtung des (auf Grund der verfassungsrechtlich garantierten Selbstverwaltung von der Gemeinde erlassenen) Flächenwidmungsplanes. Durch die Erteilung der Gewinnungsbewilligung werde das Interesse der Gemeinde an der Erhaltung des Flächenwidmungsplanes bzw. auch des überörtlichen Raumordnungsprogrammes verletzt. Da das Berggesetz der Gemeinde gerade dann eine Parteistellung zubillige, wenn hiedurch die im eigenen Wirkungsbereich zu vollziehende Raumplanung berührt sei, so würde es der Intention des Gesetzgebers widersprechen, wenn der Beschwerdeführerin zwar einerseits durch das Berggesetz Formalparteistellung zugebilligt werde, andererseits das Recht, die Erteilung einer Gewinnungsbewilligung zu verhindern, als nicht gegeben erachtet werde. Die Gemeinde als Verkörperung der öffentlichen Gemeinschaft sei neben ihrer Stellung als Selbstverwaltungskörper als jene Gebietskörperschaft anzusehen, die am intensivsten mit der Wahrnehmung von öffentlichen Interessen, die einem Bergbauvorhaben entgegenstehen könnten, betraut sei. Durch die Bestimmung des § 95 BergG und durch den angefochtenen Bescheid sei die Beschwerdeführerin gehindert, eine entsprechende vorausschauende und zukunftsweisende Raumplanung vorzunehmen, weil sie durch den angefochtenen Bescheid gehindert sei, andere Argumente gegen die Erteilung einer Gewinnungsbewilligung als jene der Nichterfüllung der Voraussetzungen, die in den §§ 95 und 96 genannt seien, zu relevieren. Nach der systematischen Stellung des Aufschluß- und Abbauplanes im Berggesetz baue dieser im tatsächlichen und rechtlichen Zusammenhang zunächst auf die Schürfbewilligung, dann auf das Arbeitsprogramm und zuletzt auf die hier in Rede stehende Gewinnungsbewilligung auf. Sinn der aufeinander aufbauenden Bewilligungen zum Schürfen und zur Gewinnung grundeigener mineralischer Rohstoffe sei es, möglichst frühzeitig sämtliche widerstreitenden Interessen zu erfassen, sobald als möglich zu berücksichtigen und über sie bescheidmäßig abzusprechen. Das Berggesetz gewähre jedoch ausdrücklich erst im § 100 Abs. 3 den Eigentümern der angrenzenden Grundstücke die Stellung als Partei. Gemäß § 100 Abs. 2 BergG sei der vom Bewilligungswerber vorgelegte Aufschluß- und Abbauplan zu bewilligen, wenn die im § 100 Abs. 2 Z. 1 bis 3 leg. cit. genannten Voraussetzungen erfüllt seien. Der Bewilligungswerber habe daher einen Rechtsanspruch auf Genehmigung des Aufschluß- und Abbauplanes, wenn die soeben genannten Voraussetzungen erfüllt seien. Durch diese starke rechtliche Position des Bewilligungswerbers habe auch in diesem Verfahrensstadium die Gemeinde weder als Formalpartei noch als Eigentümerin des angrenzenden Grundstückes die Möglichkeit, die Genehmigung des Aufschluß- und Abbauplanes zu verhindern, wenn die Gewinnungsbewilligung einmal vorliege. Die Beschwerdeführerin erachte daher eine Bestimmung, welche ihr die Wahrnehmung ihrer rechtlichen Interessen zu jenem Zeitpunkt, welcher sachlich gerechtfertigt sei, unmöglich mache, für verfassungswidrig. Auf Grund der dargestellten Umstände müsse der Gemeinde bei verfassungskonformer Auslegung der Bestimmungen des Berggesetzes 1975 schon in jenem Zeitpunkt, in welchem sich die bergrechtliche Raumplanung verwirkliche (Erteilung der Gewinnungsbewilligung), Parteistellung nach § 8 AVG in Verbindung mit den Bestimmungen des Berggesetzes 1975 zustehen. In weiterer Folge wird in der Beschwerde dargetan, aus welchen Gründen die Beschwerdeführerin die Erteilung der Gewinnungsbewilligung an die mitbeteiligte Partei als rechtswidrig erachtet.

Gemäß § 98 Abs. 1 BergG 1975 sind Parteien im Verfahren zur Erteilung einer Gewinnungsbewilligung der Bewilligungswerber, die Eigentümer der Grundstücke, auf denen das begehrte Abbaufeld zu liegen kommt, ferner, soweit sie durch die Erteilung der Gewinnungsbewilligung berührt werden (§ 95 Abs. 1 Z. 4), Gewinnungs- und Speicherberechtigte sowie Personen und Personengesellschaften des Handelsrechtes, denen der Grundeigentümer das Gewinnen sonstiger mineralischer Rohstoffe einschließlich des Rechtes der Aneignung dieser mineralischen Rohstoffe überlassen hat.

Nach dem Abs. 2 dieser Gesetzesstelle ist als Partei auch das Land, in dessen Gebiet das begehrte Abbaufeld gelegen ist, anzusehen, soweit durch die Erteilung der Gewinnungsbewilligung ihm zur Vollziehung zukommende Angelegenheiten des Naturschutzes, der Raumordnung, des Fremdenverkehrs oder des Umweltschutzes berührt werden, weiters die Gemeinde, in deren Gebiet das begehrte Abbaufeld gelegen ist, soweit durch die Erteilung der Gewinnungsbewilligung ihrem eigenen Wirkungsbereich zur Vollziehung zukommende Angelegenheiten der Gesundheitspolizei, des Umweltschutzes oder der Raumplanung berührt werden. Hiedurch wird eine allfällige Parteistellung des Landes oder der Gemeinde als Träger von Privatrechten (Abs. 1) nicht beeinträchtigt.

Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit nach Erschöpfung des Instanzenzuges Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erheben, wer gegen diesen Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, wobei nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zumindest die Möglichkeit bestehen muß, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid im Rahmen des von ihm geltend gemachten Beschwerdeunktes in einem gesetzlich normierten subjektiven Recht verletzt wurde (vgl. z.B. den hg. Beschluß vom 3. September 1996, Zl. 96/04/0141).

Nach Art. 131 Abs. 2 B-VG wird in den die einzelnen Gebiete der Verwaltung regelnden Bundes- oder Landesgesetzen bestimmt, unter welchen Voraussetzungen auch in anderen als den in Abs. 1 angeführten Fällen Beschwerden gegen Bescheide von Verwaltungsbehörden wegen Rechtswidrigkeit zulässig sind.

Im Hinblick auf die zitierten Bestimmungen des Bundesverfassungsgesetzes vermag sich der Verwaltungsgerichtshof der Rechtsansicht der Beschwerdeführerin, die Stellung einer Partei im Verwaltungsverfahren umfasse auch das Recht zur Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, nicht anzuschließen. Voraussetzung der Zulässigkeit der Bescheidbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ist vielmehr - unabhängig von einer allfälligen Parteistellung im zugrunde liegenden Verwaltungsverfahren, sofern nicht, was hier aber nicht zutrifft, die Voraussetzungen des Art. 131 Abs. 2 B-VG gegeben sind - die Möglichkeit der Verletzung eines subjektiven Rechtes der Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid.

Eine solche Möglichkeit der Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes der Beschwerdeführerin im Rahmen des von ihn geltend gemachten Beschwerdepunktes ist im vorliegenden Fall nicht gegeben. Unter Berücksichtigung ihres gesamten Beschwerdevorbringens wird von ihr nämlich als Beschwerdepunkt eine Verletzung in dem Recht auf Berücksichtigung des von ihr erlassenen Flächenwidmungsplanes geltend gemacht. Ein derartiges Recht ist allerdings im Berggesetz als ein subjektives Recht der Gebietskörperschaft Gemeinde nicht niedergelegt. Daran vermag die Bestimmung des § 98 Abs. 2 BergG 1975 nichts zu ändern. Denn durch diese Regelung wird der Standortgemeinde zwar der Anspruch eingeräumt, die dort genannten Interessen im Bewilligungsverfahren zu vertreten und es kommen ihr dabei die (prozessualen) Rechte einer sonstigen Verfahrenspartei zu. Weitere subjektive Rechte sind der Standortgemeinde dadurch aber nicht eingeräumt (vgl. den bereits zitierten hg. Beschluß vom 3. September 1996, Zl. 96/04/0141).

Fehlt es aber solcherart der belangten Behörde an einem subjektiv-öffentlichen Recht auf Berücksichtigung des von ihr erlassenen Flächenwidmungsplanes, so fehlt es ihr auch an der Möglichkeit, im Rahmen des geltend gemachten Beschwerdepunktes durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten im Sinne des Art. 131 Abs. 1 B-VG verletzt zu werden. Entsprechend der oben dargelegten Rechtslage mangelt ihr damit die Beschwerdeberechtigung.

Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen. Wien, am 9. September 1998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998040136.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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