TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/11 W144 2221250-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.11.2019
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Entscheidungsdatum

11.11.2019

Norm

AsylG 2005 §35
AsylG 2005 §60
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W144 2221250-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Huber nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Kairo vom 29.05.2019, Zl. XXXX , aufgrund des Vorlageantrags der XXXX geb., StA. von Eritrea, über ihre Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft in Kairo vom 24.03.2019 zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 35 Abs. 1 und 5 AsylG idgF als

unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (BF), eine Staatsangehörige Eritreas, stellte am 10.10.2018 bei der österreichischen Botschaft in Kairo (im Folgenden: ÖB) einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gem. § 35 Abs. 1 AsylG.

Begründend führte die BF aus, dass sie die XXXX geb., StA von Eritrea, sei, dem mit Bescheid des BFA vom 17.12.2014, Zl. XXXX , der Status des Asylberechtigten gem. § 3 AsylG 2005 zuerkannt worden sei.

Die BF legte im Zuge ihrer Antragstellung eine von UNHCR in Kairo ausgestellte Bescheinigung für Asylsuchende inklusive Übersetzung zur Bestätigung ihrer Identität sowie eine Heiratsurkunde inklusive Übersetzung vor.

Des Weiteren wurden vorgelegt:

* Kopien des Bescheides,

* des Konventionsreisepasses und

* der e-Card der Bezugsperson,

* ein ZMR-Auszug die Bezugsperson betreffend,

* eine Bestätigung des Unterkunftsgebers der Bezugsperson,

* eine Kopie der Wohnplatzvereinbarung,

* Zahlscheine an den Unterkunftsgeber,

* Lohnzettel und

* eine Meldung an den Sozialversicherungsträger der Bezugsperson sowie Lichtbilder der Eheschließung

In der Folge übermittelte die ÖB Kairo den Antrag und Sachverhalt am 25.10.2018 an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) zur weiteren Veranlassung und führte dazu aus, dass die BF kein Reisedokument vorgelegt habe und eine Identitätsfeststellung durch die Botschaft somit nicht möglich gewesen sei.

Mit Schreiben vom 15.02.2019 erstattete das BFA eine Mitteilung an die ÖB, und führte darin im Wesentlichen aus, dass die Zuerkennung des Status nicht wahrscheinlich sei, da es der BF nicht gelungen sei, die Erteilungsvoraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 und 3 AsylG 2005, sohin eines Rechtsanspruches auf eine ortsüblichen Unterkunft sowie des Nachweises, dass es zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft komme, nachzuweisen und sei die Einreise der BF im Sinne des Art. 8 EMRK zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens nicht geboten. Des Weiteren würden die von der BF vorgelegten Dokumente nicht genügen, um ihre Identität einwandfrei nachzuweisen.

In der Stellungnahme gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 führte das BFA aus, dass die BF die Erteilungsvoraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 und 2 AsylG 2005, sohin eines Rechtsanspruches auf eine ortsübliche Unterkunft sowie einen über alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz, nicht erfüllen würde. Die Voraussetzung gemäß § 60 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 des Nachweises über regelmäßige Einkünfte sei als erfüllt anzusehen.

Mit am 19.02.2019 übernommenen Schreiben wurde die BF seitens der ÖB aufgefordert, zur gleichzeitig vorgehaltenen Stellungnahme des BFA Stellung zu nehmen.

Die BF erstattete in der Folge mit am 24.02.2019 einlangenden Schreiben eine solche Stellungnahme und führte dabei im Wesentlichen aus, dass nicht näher konkretisiert worden sei, warum die Einreise der BF nicht im Sinne des Art. 8 EMRK geboten sei. Die Erteilungsvoraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1-3 AsylG 2005 seien als erfüllt anzusehen, da der Bezugsperson eine Wohnung in der Größe von knapp 30 m2 zur Verfügung stehen würde, welche als ortsübliche Unterkunft anzusehen sei. Zum Nachweis des Vorliegens eines entsprechenden Krankenversicherungsschutzes wurde im Zuge der Stellungnahme eine Bestätigung einer Gebietskrankenkasse sowie nochmals ein Versicherungsdatenauszug der Bezugsperson vorgelegt. Darüber hinaus wurde ausgeführt, dass ein Erfordernis der zweifelsfreien Feststellung der Identität der Antragsteller im Einreiseverfahren gemäß § 35 AsylG nicht näher gesetzlich festgeschrieben sei und unter Verweis auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes daher eine eindeutige Verfahrensidentität als ausreichend zu erachten sei, zumal die BF eine UNHCR Registrierung vorgelegt habe, welche laut UNHCR als Identitätsdokument dienen würde.

Nach neuerlicher Befassung des BFA teilte dieses der ÖB mit Schreiben vom 20.03.2019 mit, dass die Behörde nach Durchsicht der Stellungnahme bei der bereits übermittelten negativen Entscheidung bleibe.

Mit Bescheid vom 24.03.2019, zugestellt am 25.03.2019, verweigerte die ÖB Kairo das Visum mit der Begründung, dass das BFA an der negativen Wahrscheinlichkeitsprognose festgehalten habe.

Gegen diesen Bescheid erhob die BF mit Schreiben vom 04.04.2019 fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und hielt die bereits in der Stellungnahme angeführten Argumente aufrecht. Des Weiteren wurde vorgebracht, dass sich die belangte Behörde nicht mit der eingebrachten Stellungnahme auseinandergesetzt und eine Prüfung bezüglich Art. 8 EMRK nicht stattgefunden habe.

In der Folge erließ die ÖB Kairo mit Bescheid vom 29.05.2019, zugestellt am selben Tag, eine Beschwerdevorentscheidung gem. § 14 Abs. 1 VwGVG, mit welcher die Beschwerde abgewiesen wurde. Begründend führte die Botschaft im Wesentlichen aus, dass unabhängig von der Bindungswirkung der österreichischen Vertretungsbehörde an die Mitteilung des BFA über die Prognose einer Asylgewährung die ÖB die Rechtsmeinung des BFA teilen würde. Die BF habe kein gültiges Reisedokument vorgelegt, obwohl gemäß § 15 Abs. 1 FPG Fremde zur rechtmäßigen Einreise in das Bundesgebiet ein gültiges Reisedokument benötigen würden und eine Visaerteilung daher aus faktischen Gründen nicht möglich sei, weshalb eine Visumserteilung ausgeschlossen sei. Des Weiteren seien die Erteilungsvoraussetzungen nach § 60 Abs. 2 Z 1-3 AsylG 2005 bezüglich ausreichender Unterhaltsmittel sowie ortsüblicher Unterkunft nicht erfüllt. Die Regelung des Art. 8 EMRK schreibe darüber hinaus keineswegs vor, dass in allen Fällen der Familienzusammenführung der Status des Asylberechtigten zu gewähren sei, zumal die Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) den gesetzlich vorgeschriebenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige darstellen würden, um einen Aufenthaltstitel zu erlangen.

Dagegen brachte die BF am 29.05.2019 und somit fristgerecht einen Vorlageantrag an das Bundesverwaltungsgericht ein und verwies in inhaltlicher Hinsicht auf die bereits erstattete Stellungnahme sowie auf die Beschwerdeschrift.

Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 09.07.2019 wurde am 15.07.2019 dem Bundesverwaltungsgericht der Vorlageantrag samt dem Verwaltungsakt übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.) Feststellungen:

Festgestellt wird zunächst der oben wiedergegebene Verfahrensgang.

Die Bezugsperson der BF ist seit 17.12.2014 asylberechtigt in Österreich. Der gegenständliche Antrag auf Einreise wurde am 10.10.2018 gestellt.

Die BF legte zum Nachweis ihrer Identität eine UNHCR Registrierung vor. Ein Reisedokument wurde seitens der BF nicht vorgelegt.

Die Bezugsperson der BF lebt in einer 29,9 m2 großen Wohnung. Die diesbezüglich getroffene Wohnplatzvereinbarung wurde mit 02.07.2018 abgeschlossen und ist auf ein Jahr befristet, sodass sie am 01.07.2019 endete; einer Aufkündigung bedurfte es dazu nicht. Die Kosten für die Wohnung betragen in Summe € 316,26 monatlich.

Weiters wird festgestellt, dass die Bezugsperson von Jänner bis Dezember 2018 durchschnittlich (bereits unter Einrechnung von Sonderzahlungen) ein Monatseinkommen von € 1.244,05 ins Verdienen gebracht hat.

Im Fall ihrer Einreise nach Österreich ist für die BF eine Mitversicherung beim Krankenversicherungsträger der Bezugsperson möglich.

2.) Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus dem Akt der ÖB.

So ist etwa daraus ersichtlich, dass die Bezugsperson mit Bescheid des BFA vom 17.12.2014 den Status des Asylberechtigten erlangte und der Antrag der BF in Folge erst am 10.10.2018 eingebracht wurde.

Die Feststellung, dass die BF über kein gültiges Reisedokument verfügt, ergibt sich daraus, dass die BF im bisherigen Verfahren als einziges Identitätsdokument eine UNHCR-Registrierung in Vorlage brachte, sowie der Stellungnahme vom 21.02.2019, in welcher die BF geltend machte, dass es ihr als eritreischer Staatsbürgerin nicht möglich sei, einen Reisepass ausgestellt zu bekommen. Auch im weiteren Verfahren wurde kein Reisepass vorgelegt.

Die Feststellungen zu den Wohnverhältnissen und dem Einkommen der Bezugsperson ergeben sich aus den vorgelegten Unterlagen.

Dass für die BF im Fall der Einreise nach Österreich die Möglichkeit der Mitversicherung besteht, ergibt sich aus dem in Vorlage gebrachten Schreiben des Krankenversicherungsträgers.

3.) Rechtliche Beurteilung:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG) idgF lauten wie folgt:

"§ 2 Soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch den Senat vorsehen, entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter (Rechtspfleger).

Verfahren vor dem Verwaltungsgericht

Anzuwendendes Recht

§ 17 Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte."

§§ 11, 11a und 15 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lauten:

"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung ist auch die Rechtsmittelinstanz anzugeben.

(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.

(6) Kann dem Antrag auf Erteilung eines Visums D auf Grund zwingender außenpolitischer Rücksichten oder aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht stattgegeben werden, so ist die Vertretungsbehörde ermächtigt, sich auf den Hinweis des Vorliegens zwingender Versagungsgründe zu beschränken. Der maßgebliche Sachverhalt muss auch in diesen Fällen im Akt nachvollziehbar sein.

(7) Der Fremde hat im Antrag auf Erteilung eines Visums D den jeweiligen Zweck und die beabsichtigte Dauer der Reise und des Aufenthaltes bekannt zu geben. Der Antrag ist zurückzuweisen, sofern der Antragsteller, ausgenommen die Fälle des § 22 Abs. 3 FPG, trotz Aufforderung und Setzung einer Nachfrist kein gültiges Reisedokument oder gegebenenfalls kein Gesundheitszeugnis vorlegt oder wenn der Antragsteller trotz entsprechenden Verlangens nicht persönlich vor der Behörde erschienen ist, obwohl in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.

(8) Minderjährige Fremde, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können bei Zustimmung des gesetzlichen Vertreters die Erteilung eines Visums selbst beantragen.

(9) Für Entscheidungen über die Erteilung eines Visums für Saisoniers (§2 Abs. 4 Z 13) ist Art. 23 Abs. 1 bis 3 Visakodex sinngemäß anzuwenden.

Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt."

Voraussetzungen für die rechtmäßige Ein- und Ausreise

§ 15 (1) Fremde benötigen, soweit durch Bundesgesetz oder durch zwischenstaatliche Vereinbarung nicht anderes bestimmt oder nicht anderes internationalen Gepflogenheiten entspricht, zur rechtmäßigen Einreise in das Bundesgebiet und Ausreise aus diesem ein gültiges Reisedokument (Passpflicht).

(2) Passpflichtige Fremde brauchen, soweit dies nicht durch Bundesgesetz, durch zwischenstaatliche Vereinbarungen oder durch unmittelbar anwendbare Rechtsakte der Europäischen Union anders bestimmt ist, zur rechtmäßigen Einreise in das Bundesgebiet ein Visum (Visumpflicht). Fremde, die eine gültige Aufenthaltsberechtigung oder eine Bewilligung zur Wiedereinreise während der Gültigkeitsdauer eines Einreiseverbotes oder Aufenthaltsverbotes innehaben, entsprechen der Visumpflicht.

Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 idgF (AsylG) lauten wie folgt:

Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden

§ 35. (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.

(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

1.

gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),

2.

das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und

3.

im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.

Allgemeine Erteilungsvoraussetzungen

§ 60. (1) Aufenthaltstitel dürfen einem Drittstaatsangehörigen nicht erteilt werden, wenn

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1.-gegen ihn eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 iVm 53 Abs. 2 oder 3 FPG besteht, oder

2.-gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht.

(2) Aufenthaltstitel gemäß § 56 dürfen einem Drittstaatsangehörigen nur erteilt werden, wenn

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1.-der Drittstaatsangehörige einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird,

2.-der Drittstaatsangehörige über einen alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist,

3.-der Aufenthalt des Drittstaatsangehörige zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (§ 11 Abs. 5 NAG) führen könnte, und

4.-durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden.

(3) Aufenthaltstitel dürfen einem Drittstaatsangehörigen nur erteilt werden, wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen nicht öffentlichen Interessen widerstreitet. Der Aufenthalt eines Drittstaatsangehörigen widerstreitet dem öffentlichen Interesse, wenn

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1.-dieser ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass dieser durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt oder

2.-im Falle der §§ 56 und 57 dessen Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.

§ 11 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz idgF lautet:

§ 11 Abs. 5 NAG lautet wie folgt:

(5) Der Aufenthalt eines Fremden führt zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (Abs. 2 Z 4), wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z 3) oder durch eine Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 15) ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage.

§ 293 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz idgF lautet:

Richtsätze

§ 293. (1) Der Richtsatz beträgt unbeschadet des Abs. 2

Tabelle kann nicht dargestellt werden. Der Richtsatz nach lit. a erhöht sich um 120,96 € (Anm. 7) für jedes Kind (§ 252), dessen Nettoeinkommen den Richtsatz für einfach verwaiste Kinder bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres nicht erreicht.

(2) An die Stelle der Richtsätze und der Richtsatzerhöhung gemäß Abs. 1 treten ab 1. Jänner eines jeden Jahres, erstmals ab 1. Jänner 2001, die unter Bedachtnahme auf § 108 Abs. 6 mit dem Anpassungsfaktor (§ 108f) vervielfachten Beträge.

(3) Hat eine Person Anspruch auf mehrere Pensionen aus einer Pensionsversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz, so ist der höchste der in Betracht kommenden Richtsätze anzuwenden. In diesem Fall gebührt die Ausgleichszulage zu der Pension, zu der vor Anfall der weiteren Pension Anspruch auf Ausgleichszulage bestanden hat, sonst zur höheren Pension.

(4) Haben beide Ehegatten oder eingetragenen PartnerInnen Anspruch auf eine Pension aus einer Pensionsversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz und leben sie im gemeinsamen Haushalt, so besteht der Anspruch auf Ausgleichszulage bei der Pension, bei der er früher entstanden ist.

Die aktuellen Werte für diese Richtsätze betragen für das Jahr 2019 laut www.oesterreich.gv.at:

Richtsätze für die Ausgleichszulage ab Jänner 2019

 

Richtsätze für die Ausgleichszulage

pro Monat im Jahr 2019

Für alleinstehende Pensionistinnen/Pensionisten (gilt auch für Witwen/Witwer)

933,06 Euro

Für alleinstehende Pensionistinnen/Pensionisten (gilt nicht für Witwen/Witwer), die mindestens 360 Beitragsmonate der Pflichtversicherung auf Grund einer Erwerbstätigkeit erworben haben

1.048,57 Euro

Für Pensionistinnen/Pensionisten, die mit der Ehepartnerin/dem Ehepartner oder der/dem gleichgeschlechtlichen eingetragenen Partnerin/Partner im gemeinsamen Haushalt leben

1.398,97 Euro

Erhöhung pro Kind, dessen Nettoeinkommen 334,49 Euro nicht übersteigt (nicht bei Witwer- oder Witwenpension)

143,97 Euro

Pensionsberechtigte auf Waisenpension: bis zum 24. Lebensjahr

343,19 Euro

Pensionsberechtigte auf Waisenpension: bis zum 24. Lebensjahr, falls beide Elternteile verstorben sind

515,30 Euro

Pensionsberechtigte auf Waisenpension: nach dem 24. Lebensjahr

609,85 Euro

Pensionsberechtigte auf Waisenpension: nach dem 24. Lebensjahr, falls beide Elternteile verstorben sind

933,06 Euro

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt ihr keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. das im Beschwerdefall im ersten Rechtsgang ergangene Erkenntnis VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034 unter Hinweis auf VwGH 17.10.2013, 2013/21/0152; VwGH 19.06.2008, 2007/21/0423).

Nach dieser Rechtsprechung ist zur Frage des Prüfungsumfangs der österreichischen Vertretungsbehörde bei der Entscheidung über den Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels im Sinne des § 35 Abs. 1 letzter Satz AsylG 2005 auf die Gesetzesmaterialien zur Stammfassung der Vorgängerbestimmung (§ 16 AsylG 1997) zurückzugreifen. Danach sollten die bei den österreichischen Berufsvertretungsbehörden im Ausland gestellten Asylanträge an die Durchführung eines Vorverfahrens gebunden sein. Bei diesem speziellen Sichtvermerksantrag sollte nämlich ein relativ formalisiertes Ermittlungsverfahren betreffend eine mögliche Asylgewährung stattfinden, in welches das Bundesasylamt einzubinden sei. Treffe das Bundesasylamt die Prognose, dass eine Asylgewährung wahrscheinlich sei, habe die Berufsvertretungsbehörde ohne Weiteres einen entsprechend befristeten Sichtvermerk zur Einreise zu erteilen, worauf das eigentliche Asylverfahren stattzufinden habe. Dieser Mechanismus solle auf der Ebene eines Sichtvermerksverfahrens dazu dienen, die im Hinblick auf eine potentielle Schutzbedürftigkeit heiklen Fälle aus der Vielzahl der Asylanträge im Ausland herauszufiltern, ohne zugleich - im Hinblick auf das relativ formalisierte Verfahren vor der österreichischen Vertretungsbehörde - durch eine negative Asylentscheidung res iudicata zu bewirken und den Asylwerber für immer von einem ordentlichen Asylverfahren auszuschließen. Werde ein Sichtvermerk nicht erteilt, sei der betreffende Asylantrag als gegenstandslos abzulegen (RV 686 BlgNR 20.GP 23).

Schon diese Ausführungen lassen erkennen, dass die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Visumserteilung an die Mitteilung des (nunmehr) Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Prognose einer Schutzgewährung gebunden ist. Das Gesetz stellt nur klar, dass es bei einer positiven Mitteilung über die voraussichtliche Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten keiner weiteren Voraussetzungen für die Visumserteilung bedarf, somit die Erteilungsvoraussetzungen und Versagungsgründe des FPG diesfalls unbeachtet zu bleiben haben. Daraus kann nicht abgeleitet werden, dass die Vertretungsbehörde im Falle einer negativen Mitteilung des Bundesamtes noch einmal eine eigene Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Asylgewährung vorzunehmen hätte und zu einem gegenteiligen Ergebnis als die zur Entscheidung über Asylanträge sachlich zuständige Behörde kommen könnte. Für diese Auffassung gibt das Gesetz keine ausreichenden Anhaltspunkte. Es würde auch dem Zweck der Erteilung dieses Einreisetitels zuwiderlaufen, dem Familienangehörigen einer schutzberechtigten Ankerperson im Hinblick auf die voraussichtliche Gewährung von Asyl bzw. subsidiären Schutz die Einreise zu ermöglichen, wenn das zur Beurteilung des Schutzantrages zuständige Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Stattgebung unter diesem Titel nicht für wahrscheinlich erachtet (siehe zu dem ganzen BVwG 12.01.2016, W184 2112510-1ua).

Soweit es innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems allerdings dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr offen steht, auch die Einschätzung des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002), so führt diese Überprüfung im Beschwerdefall zu keinem anderen Ergebnis, weil die Prognose des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes zutreffend ist:

Die BF legte im gegenständlichen Verfahren kein gültiges Reisedokument vor. Gemäß § 15 Abs. 1 FPG benötigen Fremde grundsätzlich zur rechtmäßigen Einreise in das Bundesgebiet ein gültiges Reisedokument. Unabhängig von der Visumspflicht steht der Einreise der BF daher das faktische Hindernis entgegen, dass diese nicht im Besitz eines gültigen Reisedokuments ist. Des Weiteren ist die Visumerteilung ebenfalls aus diesem Grund faktisch nicht möglich, da die Visummarke im Reisedokument angebracht werden muss. Eine Visumerteilung ohne Vorlage eines gültigen Reisedokuments ist daher, unabhängig vom Vorliegen der übrigen Voraussetzungen zur Erteilung eines Visums, ausgeschlossen.

Darüber hinaus sind auch die übrigen Voraussetzungen für die Erteilung eines Einreisetitels nicht erfüllt:

Im vorliegenden Fall wurde am 10.10.2018 ein Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 gestellt und als Bezugsperson der in Österreich seit 17.12.2014 asylberechtigte Ehegatte der BF, XXXX geb., StA von Eritrea, genannt.

Da der Antrag der BF vom 10.10.2018 gem. § 35 AsylG mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten an die Bezugsperson (am 17.12.2014) gestellt wurde, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG zu erfüllen, was in casu jedoch nicht gegeben ist:

Die Bezugsperson müsste somit für sich und die BF als seine Ehegattin gem. § 60 Abs. 2 Z 3 AsylG iVm § 11 Abs. 5 NAG iVm § 293 ASVG ein (regelmäßiges) monatliches Einkommen ("Haushaltsnettoeinkommen") von jedenfalls € 1.398,97 [=Ehegattenrichtsatz 2019; (€ 1.363,52 für 2018) ] aufbringen, um erst einmal den Nominalwert der notwendigen aktuellen Ausgleichszulagenrichtsätze zu erreichen. Sein durchschnittlicher Verdienst im vergangenen Jahr 2018 ist mit ca. € 1.244,05/Monat bereits geringer und von diesem Betrag wären in der Folge Aufwendungen für Mietbelastungen (€ 316,26,-), die über die "freie Station" des § 292 Abs. 3 ASVG (aktuell € 295,65; für 2018: €

284,32) hinausgehen, somit in casu € 20,61 abzuziehen. Damit steht jedenfalls unzweifelhaft fest, dass die regelmäßig geltend gemachten Einkünfte der Bezugsperson deutlich nicht ausreichen, um davon ausgehen zu können, dass der Aufenthalt der BF zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft iSd § 60 Abs. 2 Z3 AsylG und § 11 Abs. 5 NAG führen könnte.

Zudem kommt, dass die Bezugsperson mit einer Wohnung von 29,9 m2 auch über keine ortsübliche Unterkunft iSd § 60 Abs. 2 Z 1 AsylG für sich und die BF verfügt. Wenngleich die Ortsüblichkeit einer Unterkunft nicht allein an der Quadratmetergröße festgemacht werden kann, so ist doch auszuführen, dass der Durchschnittswert für Haushalte in Wien 36,3 m2 pro Person im Jahr 2018 beträgt (www.statistik.at), - türkischen Haushalten stehen beispielsweise laut Statistik Austria, Registerzählung 2011, in Wien pro Kopf 20,5 m2 Wohnfläche zur Verfügung (vgl. kurier vom 04.12.2013 mit Verweis auf Statistik Austria). Wenn nun in der Wohnung der Bezugsperson die beiden Personen lediglich nur mehr knapp 15 m2 pro Kopf zur Verfügung hätten, erscheint die Ortsüblichkeit, selbst von einem geringen Niveau ausgehend, sehr deutlich unterschritten. Im Vergleich zur durchschnittlichen Wiener Haushaltsgröße ergebe sich, dass die BF nicht einmal die Hälfte der Wohnfläche zur Verfügung hätten und selbst im Vergleich zu türkischen Haushalten wäre die Größe noch um 25% geringer! Dem Einwand in der Beschwerde, dass 30m2 für ein Ehepaar "ausreichend" wären, ist entgegenzuhalten, dass es gem. § 60 Abs. 2 Z 1 AsylG nicht darauf ankommt, was ausreichend wäre, sondern welche Größe als "ortsüblich" anzusehen ist.

In casu sind daher die Voraussetzungen der § 60 Abs. 2 Z 1 und 3 AsylG nicht erfüllt, sodass in der Folge zu prüfen ist, ob die Ausnahmebestimmung des § 35 Abs. 4 Z 3, letzter Halbsatz, AsylG zur Anwendung gelangt, wonach von der Erfüllung dieser Voraussetzungen abzusehen ist, wenn die Stattgebung des Antrags gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat-und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist:

Wie sich aus den Feststellungen und den diesen zugrundeliegenden Erwägungen zur Beweiswürdigung ergibt, ist die Bezugsperson bereits seit Dezember 2014 asylberechtigt und stellte die BF erst knapp vier Jahre später den gegenständlichen Einreiseantrag bei der ÖB. Warum somit der Antrag zum Nachzug der Bezugsperson erst beinahe vier Jahre später eingebracht worden ist, kann nicht zwingend nachvollzogen werden. Dieser Umstand spricht auch gegen ein besonders intensives Naheverhältnis mit wechselseitiger Sorge und Unterstützung der Ehepartner, wenn keine entsprechenden Schritte unternommen werden, eine Zusammenführung zwischen den Ehegatten voranzutreiben und ein Zusammenleben bereits früher zu ermöglichen. Insbesondere im Hinblick auf den bereits verstrichenen Zeitraum und mangels entsprechender Bemühungen muss davon ausgegangen werden, dass ein Familienleben der BF mit der Bezugsperson aktuell nicht mehr besteht.

Es wird nicht verkannt, dass bei vorübergehenden Trennungen von Ehegatten ein Familienleben nicht per se und nicht sofort untergeht, doch ist die Zeitspanne von beinahe vier Jahren bereits derart lange, dass von einer bloß vorübergehenden und überschaubaren Trennung nicht mehr gesprochen werden kann. Damit erscheint jedoch die Stattgebung des Antrags der BF nicht geboten, um ein Familienleben mit der Bezugsperson "aufrechtzuerhalten".

Schließlich hat das BVwG zur Frage der Familienzusammenführung und dem Verhältnis von § 35 AsylG zu den Bestimmungen des NAG bereits ausgeführt (vgl. W144 2219193-1/5E):

"Aber auch der Beschwerderüge iZm § 35 Abs. 4 Z 3 AsylG 2005 ist nicht zu folgen:

Diese Regelung bedeutet nämlich auch unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK nicht, dass in jedem Fall durch die Nichterteilung eines Einreisetitels in das Recht auf Privat- und Familienleben nach Art. 8 EMRK in unzulässiger Weise eingegriffen würde. Mit der hier gegenständlichen Regelung sollen Gesichtspunkte des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Familienleben nach Art. 8 EMRK - und zwar im Rahmen des Familienverfahrens nach den §§ 34 und 35 AsylG 2005 - Berücksichtigung finden. Ist doch davon auszugehen, dass damit eine Verletzung dieses verfassungsgesetzlich geschützten Rechts durch die Nichterteilung des asylrechtlichen Schutzstatus hintangehalten werden soll, weil § 34 darauf abstellt, dass dem Familienangehörigen entweder der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen ist (s. etwa § 34 Abs. 4). Hingegen lässt sich aus dieser Bestimmung nicht ableiten, dass - was offenbar die Beschwerde vor Augen hat - die Voraussetzung des § 35 Abs. 4 Z 3 AsylG 20054 immer schon allein dann erfüllt wäre, wenn überhaupt der Anwendungsbereich des Art. 8 EMRK eröffnet ist (vgl. im Grundsatz VwGH 22.11.2017, Ra 2017119/0218).

Auch aus anderen Bestimmungen ergibt sich (wie der VwGH im vorzitierten Erkenntnis vom 22.11.2017 ausführt), dass der Gesetzgeber - und zwar selbst dann, wenn die Familienzusammenführung unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK geboten sein sollte, nicht jedem Angehörigen eines Asylberechtigten ebenfalls diesen Status eines Asylberechtigten einräumen wollte (vgl. zur aus dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK gegebenen verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der insoweit vergleichbaren früheren Rechtslage des § 10 und § 11 AsylG vor der AsylG-Novelle 2003, VwGH 12.06.2003, 99/20/0426, insbes. Pkt. 41, der Entscheidungsgründe).

[ ... ]

Nach dem Erkenntnis des VwGH 22.11.2017, Ra 2017/19/0218 steht es auch nicht mit der

Familienzusammenführungsrichtlinie im Widerspruch, wenn sich eine Familienzusammenführung durch Inanspruchnahme des § 35 AsylG 2005 als nicht möglich erweist und von einem Antragsteller ein anderer Weg im Rahmen weiterer - ebenfalls die Familienzusammenführungsrichtlinie umsetzender - Vorschriften zu beschreiten um die Familienzusammenführung zu erreichen. Insbesondere ist hier nochmals auf die Regelungen im NAG zu verweisen, die im Rahmen der Familienzusammenführung die Erteilung eines Aufenthaltstitels an einen Familienangehörigen ermöglichen.

Dass einem Drittstaatsangehörigen die Zuerkennung desselben Schutzstatus wie dem bereits in Österreich lebenden Fremden versagt bleibt, kann somit von vornherein nicht zur Verletzung der Familienzusammenführungsrichtlinie führen.

Nach dem oben Gesagten ist aber auch dann, wenn die Familienzusammenführung unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK geboten sein sollte, nicht jedem Angehörigen eines Asylberechtigten (ebenfalls) der Status eines Asylberechtigten einzuräumen, um die

Familienzusammenführung zu erreichen, sondern ist hier insbesondere (nochmals) § 46 NAG zu erwähnen, der im Rahmen der Familienzusammenführung - für den Regelfall die Erteilung eines Aufenthaltstitels an einen Familienangehörigen ermöglicht

Nur dann - in einem solcherart besonders gelagerten Fall - ist auf die Regelung des § 35 Abs. 4 Z 3 letzter Halbsatz AsylG 2005 zurückzugreifen, wenn die Erteilungsvoraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 nicht vorliegen, aber "im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2' - also zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 oder zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm S 2 Abs. 1 Z 13 - die Stattgebung des Antrages gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist.

Nur dann also, wenn (ausnahmsweise) eine Familienzusammenführung im Grunde von (insb) § 46 NAG nicht hinreicht, sondern für den Familienangehörigen Art. 8 EMRK einen asylrechtlichen Schutzstatus nach 34 und 35 AsylG 2005 gebietet, kommt die Regelung des § 35 Abs. 4 Z 3 letzter Halbsatz AsylG 2005 ("die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten") zum Tragen.

Eine solche Ausnahmesituation ist jedoch nicht zu sehen.

[ ... ]

Auch wenn man vom Bestehen eines aufrechten Familienlebens zwischen den Beschwerdeführern und der Bezugsperson ausgehen sollte, kann die familiäre Situation - zumindest - nicht als so außergewöhnlich angesehen werden, dass (ausnahmsweise) eine Familienzusammenführung im Grunde von (insb.) § 46 NAG nicht hinreichen würde, sondern für die Beschwerdeführer Art. 8 EMRK einen asylrechtlichen Schutzstatus nach 34 und 35 AsylG 2005 gebieten würde."

Im Ergebnis erweist sich eine Schutzgewährung an die BF im Rahmen eines Familienverfahrens gem. § 34 AsylG 2005 aus dem genannten Grund als unwahrscheinlich und war der Einreisetitel daher gem. § 35 Abs. 1, 4 und 5 AsylG 2005 zu versagen.

Eine mündliche Verhandlung war gemäß § 11a Abs. 2 FPG nicht durchzuführen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im den vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidungen nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei obigen Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

Einreisetitel, finanzielle Mittel, Privat- und Familienleben,
Reisedokument, Unterkunft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W144.2221250.1.00

Zuletzt aktualisiert am

27.01.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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